Titel: Einfache Prüfungsweise des Essigs auf einen Gehalt an freier Schwefelsäure; von Dr. Rud. Böttger.
Fundstelle: Band 96, Jahrgang 1845, Nr. XIII., S. 53
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XIII. Einfache Pruͤfungsweise des Essigs auf einen Gehalt an freier Schwefelsaͤure; von Dr. Rud. Boͤttger. Aus dem Journal für praktische Chemie, 1845 Nr. 4. Böttger, Prüfungsweise des Essigs auf freie Schwefelsäure. Es ist bekannt, daß der gewöhnliche Tafelessig nicht selten mit scharfen Mineralsäuren, namentlich mit Schwefelsäure verfälscht im Handel vorkommt, und daß eine solche Verfälschung bisher nur auf einem etwas umständlichen Wege mit Sicherheit konnte dargethan werden, indem die gewöhnlichen Reagentien, wie salpetersaure und essigsaure Baryterde, insofern hier im Stiche ließen, als fast alle Essige ohne Ausnahme geringe Mengen schwefelsaurer Salze enthalten, die bei Zusaz eben genannter Reagentien mit Leichtigkeit sich zu erkennen geben. Da nun das bekannte Verfahren des Hrn. Prof. Runge, einen Gehalt an freier Schwefelsäure im Essig mittelst Zukerlösung nachzuweisen, zwar in der Hand eines erfahrenen und im Experimentiren hinlänglich bewanderten Chemikers recht wohl seinen Zwek erfüllt, dagegen für den Techniker und Nichtchemiker immerhin etwas umständlich und gewissermaßen auch etwas unsicher bleibt, so glaube ich, dürfte folgende eben so einfache, wie leicht und sicher zum Ziele führende Methode gewiß nicht ganz ohne Interesse entgegen genommen werden. Ich habe nämlich die Beobachtung gemacht, daß alle Essige ohne Ausnahme, seyen sie Weinessige, Branntweinessige, Obstessige oder Bieressige, sich, troz ihres etwaigen geringen Gehaltes an schwefelsauren Salzen, gegen eine concentrirte Lösung von Chlorcalcium völlig indifferent verhalten. Fügt man sonach zu irgend einem unverfälschten Essige wenige Tropfen einer concentrirten Lösung von Chlorcalcium, so sieht man nicht die mindeste Trübung, noch viel weniger einen Niederschlag entstehen, weil die Quantität der in dem gewöhnlichen Essige vorkommenden schwefelsauren Salze im Ganzen genommen so gering ist, daß dadurch eine gesättigte Chlorcalciumlösung weder in der Siedehize, noch bei mittlerer Temperatur zerlegt zu werden pflegt. Ganz anders verhält es sich aber bei Anwesenheit von freier Schwefelsäure in Essig. Versezt man nämlich etwa zwei Drachmen Essig, dem kaum der 1000ste Theil freier Schwefelsäure absichtlich beigemischt wurde, mit einem haselnußgroßen Stük krystallisirten Chlorcalciums und erhizt dann den Essig bis zum Sieden, so sieht man, sobald derselbe wiederum völlig erkaltet ist, eine auffallende Trübung und kurze Zeit nachher einen bedeutenden Niederschlag von Gyps entstehen, was, wie gesagt, niemals einzutreten pflegt, wenn man sich zu einer solchen Probe des gewöhnlichen, nicht mit Schwefelsäure verfälschten Essigs bediente Ist der Gehalt an Schwefelsäure im Essige größer als 1/1000, was bekanntlich immer der Fall zu seyn pflegt, wenn der Essig absichtlich von gewinnsüchtigen Fabrikanten oder Verkäufern verfälscht wurde, so sieht man jenen Niederschlag, oder doch wenigstens ein Trübwerden des Essigs, schon vor seinem gänzlichen Erkalten entstehen. Falls ein Essig freie Weinsäure oder Weinstein enthielt oder absichtlich mit diesen Stoffen versezt worden wäre, so würde man bei einem ganz gleichen Verfahren mittelst Chlorcalcium keine ähnliche Reaction entstehen sehen, da bekanntlich weder freie Weinsäure noch Weinstein das Chlorcalcium, selbst nicht in der Siedehize, zu zerlegen im Stande sind; sonach dürfte denn die vorerwähnte Reaction auf freie Schwefelsäure, selbst bei Anwesenheit von Weinsäure oder Weinstein im Essig, weder zweideutig erscheinen, noch überhaupt dadurch beeinträchtigt werden.