Titel: Ueber die schwere gebrannte Magnesia; von J. Dalpiez.
Fundstelle: Band 96, Jahrgang 1845, Nr. XCVII., S. 387
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XCVII. Ueber die schwere gebrannte Magnesia; von J. Dalpiez. Aus dem Journal de Pharmacie, April 1845, S. 291. Dalpiez, über die schwere gebrannte Magnesia. Beinahe schon seit einem halben Jahrhundert bereiten die HHrn. Henry zu Manchester eine schwere gebrannte Magnesia, deren Verbrauch ungeachtet ihres sehr hohen Preises sehr bedeutend ist. Lange Zeit besaßen diese HHrn. allein das Geheimniß, diese Art Magnesia darzustellen; seit einigen Jahren aber scheinen zwei oder drei andere englische Fabrikanten auf dieses Verfahren gekommen zu seyn. So ist die gebrannte Magnesia des Hrn. Howard zu London jener der HHrn. Henry ganz gleich; sie hat dieselbe Dichtigkeit, die wenigstens fünfmal größer ist als die der gewöhnlichen gebrannten Magnesia. Hr. Colas entdekte kürzlich das Verfahren diese schwere Magnesia darzustellen, und leistete durch Mittheilung desselben der Wissenschaft und Medicin einen wesentlichen Dienst. Man verfährt nach ihm folgendermaßen: Man bereitet einen sehr festen Teig durch Befeuchten von gepulverter kohlensaurer Magnesia; dieser Teig muß recht durcheinander gestoßen werden, um möglichst wenig Wasser dazu zu brauchen; hierauf läßt man ihn in der Trokenkammer austroknen und brennt ihn, nachdem man ihn in einem Schmelztiegel fest eingestampft hat; er schrumpft durch das Brennen noch ein. Man kann den Tiegel auch mit nicht ausgetroknetem Teig füllen und in die Trokenkammer stellen, um die Masse nach dem Austroknen zu brennen. Nach Hrn. Colas bedarf man zum Brennen der so zubereiteten Magnesia nicht so langer Zeit als zum Brennen der gewöhnlichen. Auch wird seine schwere Magnesia, wenn sie 24 Stunden in kaltem Wasser liegt, so wenig zum Hydrat wie die der HHrn. Henry und Howard. Solche Magnesia ist in Säuren weniger auflöslich und zieht auch nicht so leicht Kohlensäure aus der Luft an, wie die gewöhnliche. Hr. Planche beobachtete schon im Jahr 1841 (Bulletin de Pharmacie Bd. III S. 511), daß man die gebrannte Magnesia mehr oder weniger dicht erhalten kann, je nachdem man sie vor dem Ausglühen mehr oder weniger fest in den Tiegel eindrükt; um sie aber sehr schwer zu erhalten, räth er an, sie 6–8 Stunden der Weißglühhize auszusezen. Später gab Hr. Durand ein Verfahren an, welches sich demjenigen des Hrn. Colas viel mehr nähert. Es besteht darin, kohlensaure Magnesia aus sehr reinem Bittersalz und kohlensaurem Natron zu bereiten; dieselbe, ehe sie noch ganz troken ist, recht fest in eine Form einzudrüken um sie recht compact zu machen, und sodann wenigstens 6–8 Stunden lang der Weißglühhize auszusezen. Hienach scheint Hr. Durand für nothwendig erachtet zu haben, frisch bereitete und noch im Hydratzustand befindliche kohlensaure Magnesia anzuwenden; dieß allein macht sein Verfahren schon nicht sehr praktisch, die 6–8 Stunden andauernde Weißglühhize aber auch sehr kostspielig. Hrn. Colas' Verfahren hingegen ist sehr bequem, indem viel Magnesia auf einmal und mit weniger Brennmaterial gebrannt werden kann; leider aber ist sein Product zum arzneilichen Gebrauch nicht zu empfehlen; die gewöhnliche gebrannte Magnesia verdient nämlich, troz des Uebelstandes ihrer Leichtigkeit, doch immer den Vorzug, weil sie in Säuren viel leichter auflöslich und bei gleichem Gewicht gewiß wirksamer ist. Ich habe Hrn. Colas' Versuche wiederholt und fand seine Angaben alle richtig; ich glaube aber nicht, daß Hrn. Colas' Verfahren in allen Stüken dasselbe ist, wie das der englischen Fabrikanten, indem ihre schwere Magnesia so fein und zart anzufühlen ist, daß man sie beinahe für Talk halten möchte. Gerade diese Eigenschaft ist es, welche Hrn. Colas' Magnesia nicht in so hohem Grade besizt. Was mich ferner zu dieser Meinung veranlaßt ist, daß in denselben Fabriken auch eine schwere kohlensaure Magnesia bereitet wird, deren Dichte der Henry'chen Magnesia ziemlich gleich kömmt, und daß dieses kohlensaure Salz beim Brennen ein eben so schweres und sehr zart anzufühlendes Product gibt. Auch die Darstellung dieser kohlensauren Magnesia ist ein Geheimniß. Die von London kommende leichte gebrannte Magnesia ist sehr wohlfeil und wird deßhalb bei den Apothekern (in Frankreich) überall angetroffen. Hrn. Mialhé's Behauptung, daß diese Magnesia wenig oder keine Kohlensäure enthalte, kann ich nicht beistimmen; ich fand stets Kohlensäure in der englischen gebrannten Magnesia. Auch glaube ich nicht, daß die gewöhnliche gebrannte Magnesia nur dann Kohlensäure anzieht, wenn sie im Hydratzustande ist: ich glaube vielmehr, daß sie Wasser und Kohlensäure zu gleicher Zeit anzieht, und habe mich davon durch Versuche überzeugt. Es erklärt dieß den Kohlensäuregehalt der englischen gebrannten Magnesia; denn wenn die Engländer ihre gebrannte Magnesia der Luft aussezen, wodurch sie um 15–20 Proc. an Gewicht zunimmt, so erzeugt sich dabei nicht, wie Hr. Mialhé meint, bloßes Hydrat, sondern ein Gemenge von Hydrat und kohlensaurem Salze. Man kann aber ein Hydrat mit 1 Atom Wasser darstellen; wenn man nämlich sehr äzende und vorzüglich sehr leichte Magnesia mit Wasser anrührt und in der Trokenkammer austroknen läßt, so verliert sie allmählich an Gewicht, bis sie nur noch 30 Proc. Wasser enthält; nur durch Ausglühen kann sie nachher noch mehr Wasser verlieren.