Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 96, Jahrgang 1845, Nr. CXVI., S. 487
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CXVI. Miszellen. Miszellen. Arago, über elektrische Telegraphen. Die Idee eines elektrischen Telegraphen ist nicht neu. Seitdem man weiß, daß die Elektricitaͤt die Koͤrper mit ungeheurer Schnelligkeit durchlaͤuft, hat schon Franklin daran gedacht, dieselbe zur Ueberbringung von Depeschen zu benuzen. Dessenungeachtet ist dieser große Physiker nicht derjenige, welcher diesen Plan einem anwendbaren System angepaßt hat. Die erste ausfuͤhrbare Anlage eines elektrischen Telegraphen findet man in einem, im Jahr 1774 veroͤffentlichten, nur sehr kurzen Bericht, welcher von einem Gelehrten Namens Lesage, einem gebornen Franzosen, herruͤhrt, der sich in Genf niedergelassen hatte. Dieser Telegraph bestand aus vier Draͤhten, die einer vom andern getrennt und isolirt waren. Jeder Draht stand mit einem eigenen Elektrometer in Verbindung. Wenn man nun, je nach Bedarf, eine gewoͤhnliche Elektrisirmaschine durch einen oder den andern dieser Draͤhte entlud, so wurde hiedurch am andern Ende die Bewegung erzeugt, die diesen oder jenen Buchstaben des Alphabetes bezeichnete. Dieses System wurde, wenn ich nicht irre, in der Umgegend von Madrid von Hrn. v. Betancourt, freilich nur in beschraͤnktem Maaßstabe ausgefuͤhrt. Die gewoͤhnliche Elektrisirmaschine, als eine intermittirende Elektricitaͤts-Quelle, wird jezt mit Erfolg durch eine Volta'sche Saͤule ersezt, die einen constanten Strom unterhaͤlt, welcher faͤhig ist vermittelst Metalldraͤhten uͤbertragen zu werden. In Frankreich war es Ampère, in Deutschland Soͤmmering, die schon daruͤber nachdachten, diesen constanten Strom zur Ueberlieferung von Depeschen anzuwenden. Beider Systeme hatten jedoch die Unbequemlichkeit, einer großen Menge isolirter Draͤhte zu beduͤrfen. Der bei uns einzufuͤhrende Telegraph wird jedoch nur einen Draht haben. Mit einem einzigen Drahte wird man alle zu der vollstaͤndigen Uebertragung von Depeschen nothwendigen Signale erzeugen. Die elektrischen Telegraphen scheinen ausersehen zu seyn, alle jezt im Gebrauch befindlichen Telegraphen vollstaͤndig zu ersezen, und dieß ist die einfache Erklaͤrung, warum der Minister des Innern beschlossen hat, die Versuche auf einen außerordentlichen Credit beginnen zu lassen. Man mußte vor allen Dingen wissen, ob der elektrische Strom, welcher die Signale hervorbringen soll, beim Durchlaufen großer Streken, wie unter anderm die Entfernung zwischen Paris und Lyon, sich merklich schwaͤcht; es mußte entschieden werden, ob die Errichtung von Zwischenstationen auf dieser Streke unumgaͤnglich nothwendig sey. Weder die sinnreichen Experimente, welche in England im Augenblik wo die Commission ihre Arbeiten begann, stattfanden, noch die bereits gemachten, wie z.B. auf der Blackwall-Eisenbahn, hatten diese Frage entschieden. Wir betrachteten diese Angelegenheit aus folgendem Gesichtspunkt: Kann man zwischen Paris und Havre den elektrischen Kreislauf dergestalt anwenden, daß ohne Zwischenstationen, und ohne daß derselbe zu sehr geschwaͤcht wird, mit nur einem Draht regelmaͤßige Communicationen bewerkstelligt werden koͤnnen? Die Erledigung dieser Frage ist das erste Geschaͤft, dem sich die durch den Minister des Innern ernannte Commission unterzog. Dieselbe hat laͤngs der Eisenbahn von Rouen uͤber hoͤlzerne Pfosten, von 50 zu 50 Meter angebracht, einen Kupferdraht gezogen. Die angewandten Isolirungsmittel erscheinen vielleicht als uͤberfluͤssige Vorsichtsmaaßregeln, aber bei dem ersten Versuche durfte man nichts vernachlaͤssigen. Vergangenen Sonntag konnten wir zwischen Paris und Mantes, 57 Kilometer Entfernung, operiren: der Erfolg war vollkommen. Der elektrische Strom durchlief zuerst den einen frei in der Luft gespannten und hiezu bestimmten Draht und kam hierauf durch einen andern aͤhnlichen, der unmittelbar unter dem ersteren angebracht war, wieder zuruͤk. Die Staͤrke des Stroms wurde vermittelst der Abweichung, welche derselbe auf eine Magnetnadel ausuͤbte, bestimmt und gemessen. Die Abweichung war bedeutend. Nachdem dieses abgemacht war, stellte die Commission Versuche an, mit welchem Einfluß der durch den ersten Draht uͤbertragene Volta'sche Strom durch die zwischen beiden Stationen aufgehaͤufte feuchte Erde zuruͤkkaͤme. Dieselben Experimente wurden bereits schon fruͤher in Bayern, Rußland, England und Italien auf weit geringere Entfernungen ausgefuͤhrt. Wir haben gefunden, daß der zu Paris erzeugte, und vermittelst des uͤber die Stuͤzen gespannten Drahtes nach Mantes uͤbertragene Strom durch die Erde viel besser zuruͤkgeleitet wurde, als durch den zweiten Draht, und daß also die die Erde weit besser als Leitungsmittel diente, als der zweite Metalldraht. Die mit den beiden hin- und zuruͤkfuͤhrenden Draͤhten bewirkte Abweichung der Nadel betrug 25°; als aber der zweite Draht durch die zwischen Paris und Mantes befindliche Erdschichte ersezt wurde, belief sich die Abweichung auf 50°. Naͤchsten Sonntag werden wir ohne Zweifel den elektrischen Strom bis Rouen uͤbertragen und zwar dahin laͤngs des metallischen Drahtes, zuruͤk durch die Erde, wobei wir gewiß sind, daß uns die ganze Kraft zufließen wird, welche zur Anwendung telegraphischer Zeichen erforderlich seyn duͤrfte. Man wuͤnscht vielleicht zu wissen, auf welche Weise es moͤglich ist, mit einem einzigen Drahte eine so große Menge verschiedener Zeichen hervorzubringen. Die Frage waͤre also: wie kann man mit dem elektrischen Strome eine intermittirende Kraft erzeugen? Es ist klar, daß die auf dem Ankunftspunkte nothwendige Wiedererzeugung eines auf der Abgangs-Station erzeugten Signals nur vermittelst einer Kraft hervorgebracht werden kann. Die Physiker haben gefunden daß, wenn man den elektrischen Strom durch einen schnekenfoͤrmig um eine Stahlplatte gewundenen Draht gehen laͤßt, die Stahlplatte auf bleibende Weise magnetisirt wird; statt der kuͤnstlichen Magnete kann man sich also mir Vortheil des Volta'schen Stromes bedienen, um die Compaß-Nadeln zu magnetisiren. Ist das Stuͤk Metall, um welches die Elektricitaͤt circulirt, von weichem Eisen, so ist die Magnetisirung nur momentan. Waͤhrenddem der Strom circulirt ist das Eisen magnetisch; es hat Pole wie eine Compaß-Nadel. So wie aber die Stroͤmung aufhoͤrt, kehrt auch das Eisen wieder in seinen gewoͤhnlichen Zustand zuruͤk. Wie Jedermann weiß, haben zwei Massen unmagnetisirtes Eisen, wenn solche mit einander in Beruͤhrung gebracht werden, keine Einwirkung auf einander. Eben so ist es aber auch bekannt, daß eine Masse magnetisirtes Eisen eine Masse neutrales Eisen anzieht. Jedesmal also, wenn auf einer der Stationen der elektrische Strom in eine, eine Masse weichen Eisens umgebende Spirale eintritt, wird diese Masse momentan zum Magnet und kann eine mechanische Wirkung hervorbringen. Durch dieses Verfahren, die magnetische Kraft in einer Masse Eisens hintereinander zu erzeugen und wieder zu zerstoͤren, ist man im Stande auf bedeutende Entfernung die auf der Abgangs-Station angegebenen Signale zu uͤbertragen. Dieses Princip fuͤhrt zu sehr verschiedenen Systemen, unter welchen die Commission noch nicht gewaͤhlt hat. Ich will eines erwaͤhnen: das des Hrn. Morse z.B. Stellen wir uns vor, daß man auf der Station, welche die Signale empfangen soll, einen langen Streifen Papier habe, welcher mit Huͤlfe irgend einer mechanischen Kraft zwischen zwei Walzen fortbewegt werden kann. Das Stuͤk Eisen, von dem ich vorhin gesprochen, und das dazu bestimmt ist, abwechselnd hintereinander magnetisirt zu werden und neutral zu verharren, ist unmittelbar uͤber dem Papiere angebracht und zieht bei seinen Bewegungen einen Pinsel mit sich fort. Ist der Strom im Umlauf, so wird das in diesem Augenblik in magnetischem Zustande befindliche Eisen durch eine andere stationaͤre Masse gewoͤhnlichen Eisens angezogen, und fuͤhrt den Pinsel bis aufs Papier. Hat der Strom nur einen Augenblik gewaͤhrt, so hinterlaͤßt der Pinsel nur einen Punkt; hat er laͤngere Zeit angehalten, so wird der Pinsel, bevor er sich zuruͤkzieht, auf dem beweglichen Papiere einen Zug oder Strich von betraͤchtlicher Laͤnge ziehen. Man kann auf diese Weise in einer Entfernung von 100 Meilen auf das Papier seines Correspondenten z.B. Punkt an Punkt, Punkt an Strich, Punkt zwischen zwei Striche etc. etc. ziehen, und so die Art Signale bilden, die nach Hrn. Joy, einem competenten Sachverstaͤndigen, zu der complicirtesten telegraphischen Correspondenz genuͤgen. Will man sich eine allgemeine Idee von den Apparaten machen, die jezt in England im Gebrauch sind, so muß man sich vorstellen, daß in dem Locale, in welchem die Signale gegeben werden, ein in Grade abgetheilter drehbarer Kreis sich befindet, an welchem jede Abtheilung einen Buchstaben des Alphabetes bezeichnet. So muß man z.B. im Augenblik, in welchem der Kreis ruht, den oberen Buchstaben lesen, um die Depesche zu haben; die Ruhemomente der Abgangs-Station muͤssen sich in derselben Ordnung auf dem Kreis der Ankunfts-Station zeigen. Wir wollen diese Sache naͤher erlaͤutern: der Kreis der Ankunfts-Station ist mit einer Verzahnung verbunden, welche durch ein Stuͤk weiches Eisen zuruͤkgehalten wird; dieses Stuͤk ist der Abweichung unterworfen. So oft ein benachbartes Stuͤk Eisen, welches von einer Spirale umwunden ist, durch den in derselben circulirenden elektrischen Strom magnetisch wird, bewegt sich der Kreis um einen Zahn vorwaͤrts. So wie der Strom unterbrochen wird, nimmt das besagte Stuͤk (der Sperrkegel) wieder seinen fruͤheren Standpunkt ein. Auf diese Weise kann derjenige, der die Depesche abfertigt, auf 100 Meilen Entfernung die Bewegung des Kreises, auf welchem sein Correspondent sie lesen soll, reguliren. Diese beiden Beispiele werden hinreichen. – Als wir diese Versuche begannen, war der einzige noch in Frage stehende Punkt, auf welche Entfernung die Zeichen mit einem einzigen Drahte uͤbertragen werden koͤnnten. Vermittelst mehrfacher Hin- und Herfuͤhrung des Drahtes, der jezt von unsern Stuͤzen getragen wird, werden wir erfahren, ob die Entfernung von Paris nach Lyon der Zwischen-Stationen bedarf oder nicht. Ohne Furcht mich zu compromittiren, wage ich die Behauptung aufzustellen, daß die Resultate des kommenden Sonntags (4. Mai) alle unsere Voraussezungen erfuͤllen werden. Wir werden nicht nur physikalische Versuche gemacht, sondern die Commission wird die Grundlagen eines vervollkommneten Telegraphen begruͤndet haben, der geeignet ist, unserem Lande unabsehbare Dienste zu erzeigen. (Echo du monde savant 1845, No. 34.) Wheatstone's Apparate zum Messen der Geschwindigkeit der Kanonen- und Flintenkugeln, des Schalles, der Dauer des Blizes etc. Schon seit laͤngerer Zeit hat Wheatstone einen Apparat zusammengestellt, wodurch er die Geschwindigkeit der Kugeln, die aus einer Kanone oder einer Flinte geschossen werden, mit außerordentlicher Genauigkeit mißt. Die Kanone befindet sich zu diesem Zwek in einem doppelten elektromagnetischen Kreise. Ein Metallfaden, der die Verbindung und Schließung des Kreises bewirkt, geht vor der Muͤndung der Kanone vorbei; ein zweiter befindet sich am Zielpunkt. Im Moment des Austritts der Kugel aus dem Laufe wird der erste Metallfaden zerrissen, und dadurch die Schließung des Kreises aufgehoben; sie wird wieder hergestellt bei der Zerreißung des Metallfadens, der sich am Ziel befindet. Die Leitung ist demnach unterbrochen waͤhrend der Zeit welche die Kanonenkugel braucht, um von der Muͤndung der Kanone bis zu dem Ziel zu fliegen, und diese kurze Zeit, die nur einen Bruchtheil einer Secunde darstellt, wird dadurch gemessen, daß zwei Uhren mit dem elektrischen Apparat in Verbindung stehen, deren eine ein wenig schneller geht als die andere. Beide sind gehemmt; die Zerreißung des ersten Fadens hebt die Hemmung der einen Uhr auf; die Zerreißung des zweiten Fadens bringt die andere Uhr in Bewegung, und aus der Differenz beider Uhren kann dann die von der Kugel gebrauchte Zeit mit groͤßter Genauigkeit bestimmt werden. Die mannichfachsten Veraͤnderungen dieser und aͤhnlicher Apparate zur Messung des Falles der Koͤrper, der Geschwindigkeit des Schalles und aͤhnlicher Erscheinungen sind schon von Hrn. Wheatstone theils ausgefuͤhrt, theils moͤglich gemacht. Ja sogar die Dauer der elektrischen Funken und der Blize mißt er auf eine aͤußerst sinnreiche Weise. Eine Scheibe, welche sich um ihre Achse dreht und an einer Stelle einen hellen Radius hat, oder ein im Kreise geschleuderter Funken erscheinen uns bekanntlich als helle Scheibe oder als gluͤhender Kreis, sobald die Schnelligkeit der Umdrehung einen gewissen Grad erreicht, indem die schnell auf einander folgenden Lichtempfindungen in eine anhaltende Empfindung verschmelzen. Ein anderes ist es aber wenn die Scheiben nur momentan, durch einen Funken oder einen Bliz erleuchtet werden. Dann entsteht nur eine momentane Lichtempfindung, und der helle, auf der drehenden Scheibe verzeichnete Strich erscheint in Ruhe als Strich; dauert das Licht etwas laͤnger, so wird die Helligkeit auf der Drehscheibe einen gewissen Raum einnehmen, der um so groͤßer seyn muß, je schneller sich die Scheibe dreht. Auf diesen Grundsaͤzen beruht Wheatstone's Blizmesser. Mit einem Uhrwerk sind leichte Papierscheiben in Verbindung gebracht, welche verschieden schnell sich um ihre Achse drehen – 2mal, 20mal, 200mal in der Secunde. Auf jeder Scheibe wird ein Heller Strich gezeichnet. Wurden nun die drehenden Scheiben durch einen einfachen Funken erleuchtet, so erschienen uͤberall nur Striche; dauerte der Bliz nur 1/2000 einer Secunde, so zeigte sich auf der Scheibe, die am schnellsten drehte, ein Kreisausschnitt von 36 Graden; dauerte der Bliz 1/200 einer Secunde, so erschien die erste Scheibe vollstaͤndig erleuchtet, indem sie waͤhrend dieser Zeit sich einmal vollstaͤndig um ihre Achse drehen konnte; die zweite zeigte einen Kreisausschnitt von 36 Graden; auf der dritten, die sich am langsamsten drehte, erschien der helle Strich nur als Strich in Ruhe. Nachtrag zu der Vorschrift eines Dekgrundes für galvanische Vergoldungen etc. etc. Der von mir (im polytechn. Journal Bd. XCI S. 381) mitgetheilte Dekgrund zur Anwendung fuͤr galvanische Vergoldungen, Versilberungen etc. findet bei den Praktikern immer mehr und mehr Eingang, und ist die Bemerkung gemacht worden daß, wenn derselbe bei sehr concentrirten Cyankalium-Goldloͤsungen (ein Fall, der uͤbrigens in den meisten Faͤllen nicht vorkommt) und bei Erwaͤrmung derselben angewendet wird, er nicht dicht genug halte; daß jedoch dieser Umstand dadurch beseitigt werden koͤnne, wenn der mit Terpenthinoͤhl bereiteten Aufloͤsung des Dekgrundes etwas spirituoͤser Copallak beigesezt wird. Dieses nicht ganz Dichthalten des oben angegebenen Laks tritt jedoch erst dann ein, wenn eine Cyankaliumloͤsung angewendet wird, bei der das Verhaͤltniß von Cyankalium gegen Wasser wie 1 : 10 sich herausstellt. Dr. Elsner. (Berliner Gewerbe-, Industrie- u. Handelsblatt Bd. XV Nr. 10.) Ueber die nicht gänzliche Fällbarkeit des Goldes aus dessen Auflösung durch Eisenvitriol. Es ist allgemein bekannt, daß die Aufloͤsung des Eisenvitriols gebraucht wird, um das Gold aus seiner Aufloͤsung in Koͤnigswasser wieder regulinisch niederzuschlagen; nicht so bekannt scheint es aber zu seyn, daß diese Faͤllung keine vollstaͤndige ist, wie das Resultat nachstehenden Versuchs ergab. Zu einer Goldloͤsung, welche jedoch kein freies Koͤnigswasser, die aber gleichzeitig Zinnchlorid, salzsaures Zinnoxyd enthielt, durch welche Verbindung bekanntlich das Gold nicht gefaͤllt wird, wurde ein großer Ueberschuß einer waͤsserigen Aufloͤsung von frisch bereitetem, voͤllig oxydfreiem Eisenvitriol hinzugesezt und so einige Tage hingestellt, bis die obere Fluͤssigkeit ganz klar geworden war und das Gold als brauner Niederschlag sich gaͤnzlich abgesezt hatte. Nach Abfiltration des Goldes wurde durch die mit Salzsaͤure angesaͤuerte Eisenloͤsung, Schwefelwasserstoffgas hindurchgeleitet, wobei ein hellbraͤunlicher Niederschlag entstand, welcher eben eigentlich hellgelb haͤtte seyn muͤssen, wenn derselbe reines Schwefelzinn gewesen waͤre. Die braͤunliche Faͤrbung kam demnach von einem geringen Ruͤkhalt von Gold her, welcher selbst durch den Ueberschuß von Eisenvitriol nicht niedergeschlagen worden war. Zu einem andern Theil der von metallischem Golde abfiltrirten Eisenloͤsung wurde eine Aufloͤsung von Zinnchloruͤr (salzsaures Zinnoxydul) hinzugesezt, wodurch sogleich die fruͤher klare farblose Fluͤssigkeit eine schoͤnrothe Farbe annahm, jedoch klar blieb, ohne daß ein Niederschlag sich bildete. Diese Reaction zeigt eben so wie die mit Schwefelwasserstoffgas, daß selbst durch den in Ueberschuß zugesezten Eisenvitriol das in der Loͤsung enthalten gewesene Gold nicht gaͤnzlich niedergeschlagen worden war. Da diese Beobachtungen fuͤr die Quantitaͤten-Bestimmung des Goldes in Legirungen von großer Bedeutung ist, so soll durch eine quantitative Analyse einer goldhaltigen Legirung ermittelt werden, wie viel Gold wieder gewonnen wird und wie viel in der Eisenloͤsung zuruͤkbleibt; die zu erhaltenden Resultate, wichtig fuͤr die Wissenschaft sowohl als fuͤr die Technik, werde ich spaͤter veroͤffentlichen. – Ich bemerke nur noch, daß aͤhnliche Verluste an Gold bei der Faͤllung desselben durch Eisenvitriol auch schon von Muͤnzprobirern beobachtet worden sind. Dr. Elsner. (Berliner Gewerbe- Industrie- und Handelsblatt, Bd. XV Nr. 12.) Graham, über Anwendung des zum Reinigen von Steinkohlengas benuzten Kalks. Aus einer Abhandlung, welche Prof. Graham uͤber diesen Gegenstand in der Chemical Society zu London vorlas, geht hervor, daß das trokene Kalkhydrat, welches zum Reinigen des Steinkohlengases benuzt worden ist, wenn es nur einige Stunden, selbst in großer Masse der Luft ausgesezt wurde, keinen Schwefelwasserstoff mehr enthaͤlt, sondern bloß die sauren Oxyde des Schwefels und freien Schwefel; daß es 7 bis 8 Procent schweflige Saͤure enthaͤlt, nachdem es mehrere Monate der Luft ausgesezt war und daher in hohem Grade desoxydirend wirken muß. Er empfiehlt solches Kalkhydrat stark zu darren oder zu roͤsten, ehe man es als Duͤnger in der Landwirthschaft anwendet. Dieser Kalk aus den Reinigungsapparaten bietet auch ein Mittel dar, sich wohlfeil unterschwefligsaure Salze zu verschaffen. (Chemical Gazette, Jun. 1845 Nr. 63.) Blaßgelbe Metalllegirung, zur galvanischen Versilberung bestimmt. Erwaͤhnte Legirung wurde in Frankreich aus England eingefuͤhrt. Sie dient vorzuͤglich zur Verfertigung von Tischbesteken, welche dann auf galvanischem Wege versilbert werden. Eine sorgfaͤltige Analyse derselben ergab, daß sie bloß aus Kupfer, Zink, Blei und Spuren von Eisen besteht, aber kein Nikel enthaͤlt und zwar in folgendem Verhaͤltnisse: Kupfer   68,2 Zink   31,6 Blei     0,2 Spuren von Eisen. ––––– 100,0. Diese Composition hat sonach die groͤßte Aehnlichkeit mit dem Messing der Metalldreher. (Journal de Chimie médicale, Mai 1845, S. 237.) Erkennungsmittel, ob Wollen- und Seidenstoffe Leinen oder Baumwolle enthalten. Von den vielen hiezu angegebenen Methoden sind die meisten schwierig auszufuͤhren und erfordern Saͤuren oder andere chemische Agentien. Folgendes sehr einfache Mittel kann, wenn auch nicht in allen, doch in sehr vielen Faͤllen zur genauen Analyse eines Gewebes dienen. – Man schneidet von dem Gewebe ein vierekiges, 1–1 1/2 Zoll großes Stuͤkchen ab, faͤdelt es der Quere und Laͤnge (der Kette und dem Einschlag) nach aus und verbrennt einen Faden nach dem andern am Kerzenlicht. Die Baumwoll-, Hanf- oder Leinenfaͤden verbrennen mit lebhafter Flamme, hinterlassen keinen Ruͤkstand und geben den aͤchten Geruch verbrannten Leinens; die Wollen- und Seidenfaͤden hingegen brennen schlecht und bilden an der Spize eine schwammige Kohle, welche ihre weitere Verbrennung aufhaͤlt; es entwikelt sich dabei ein starker und unangenehmer Geruch, der zu charakteristisch ist, um einen Augenblik einen Irrthum zuzulassen. Es lassen sich mithin die Anzahl der Wollen- und Seidenfaͤden und die der Baumwolle leicht zaͤhlen. Diese vollkommen genaue Analyse erheischt keine wissenschaftlichen Kenntnisse und ist daher Jedermann zugaͤnglich. (Journal de Chimie médicale, Mai 1845, S. 280.) So sehr dieses Mittel in der thierischen Abkunft der einen, und in der pflanzlichen Abkunft der andern dieser Stoffe, folglich in ihrer chemischen Beschaffenheit begruͤndet ist und daher dem Chemiker bekannt seyn muß, verdient es doch seiner Richtigkeit und Brauchbarkeit wegen besondere Mittheilung und Verbreitung in groͤßern Kreisen. x. Ueber die Anwendung des gekörnten Klebers in den Spitälern der Seemannschaft und am Bord der Schiffe. Des gekoͤrnten Klebers als eines vorzuͤglichen Nahrungsmittels haben wir schon (S. 118 in diesem Bande des polyt. Journals) erwaͤhnt. Vorzuͤglich eignet sich diese stikstoffreiche Substanz, welche in kleinem Raume eine bedeutende Menge nahrhafter Stoffe einschließt, zur Staͤrkung des Magens, der, noch so geschwaͤcht, sie leicht assimilirt. Der gekoͤrnte Kleber ist daher den besten Sazmehlen vorzuziehen, wie dem Reis, der Tapioca, den Nudelkoͤrnern, welche die stikstoffhaltigen Verbindungen oder den Kleber in viel verduͤnnterm Zustand enthalten und daher in viel groͤßerer Menge gegessen werden muͤssen, um eben so naͤhrend zu seyn, aber auch deßwegen fuͤr Reconvalescenten schwerer zu verdauen sind oder ihnen fruͤher zuwider werden. Ich empfehle deßwegen ihn sowohl zur fetten als magern Suppe fuͤr die Kranken am Bord der Schiffe als Analepticum (Staͤrkungsmittel) zu verwenden, wozu in der Regel 10 Gramme (1/3 Unze) fuͤr die Portion erforderlich sind; in gewissen Faͤllen aber auch die doppelte zu verordnen ist. Mit einem angenehmen Geschmak verbindet er ein sammtartiges Gefuͤhl an den Schleimdruͤsen; im Magen wird er von den Chylusgefaͤßen absorbirt und repraͤsentirt ungefaͤhr 2 Unzen des besten Mehls. Fuͤr den Gebrauch auf Schiffen wird der Kleber in gut zusammengefuͤgte, mit Schiebern verschlossene, 10 bis 15 Kilogr. fassende Kisten verpakt. Lesson, Oberapotheker der Marine. (Echo du monde savant, 1845 No. 38.) Gegen die übertriebenen Anpreisungen des Guano's als Dünger. Schon fruͤher enthielt der Moniteur industriel einen Artikel gegen die uͤbertriebenen Lobpreisungen des Guano, und der Gaͤrtner Paquet, Redacteur des Journal d'horticulture pratique, liefert einen zweiten Artikel nach, der die Richtigkeit des großen Aufhebens darzulegen sucht, welches gewinnsuͤchtige Charlatane einerseits und auf bloße Versuche im Laboratorium sich stuͤzende Gelehrte andererseits von diesem Duͤnger machen. Die Rolle, welche der Guano zu spielen verspricht, ist keine andere, als die aller kuͤnstlichen Duͤngmittel, wie das Laine'sche, Jauffret'sche, sogenannte stikstoffreiche (perazoté), die Universalsubstanz (von welcher die Bouteille zu 5 Frcs. verkauft wird) und viele andere solche Wundermittel. Der Verfasser machte Versuche mit aͤchtem Guano an Melonen und war, wenn er ihn zu 1/12 mit dem Erdreich vermengte, mit welchem bei dieser Pflanze der Boden bedekt werden muß, mit dem Erfolg recht zufrieden; allein die Kosten sind viel zu groß, und am Ende die Fruͤchte doch nicht viel groͤßer; nur die Pflanze war kraͤftiger. Auf feuchtem Rasen that er ebenfalls sehr gute Wirkung, aber nicht bei Anwendung von 300 Kilogr. und daruͤber auf die Hektare, wie er gegenwaͤrtig angepriesen wird, sondern zu beinahe 1500 Kilogr., indem man 75 Kilogr. auf einem kleinen Rasenplaz von kaum 5 Acres ausbreitete. Ich brachte, sagt er ferner, in einem Baumgarten einen Schubkarrenvoll Stallmist an den Fuß je eines Obstbaums, und breitete denselben 1 1/2 Fuß weit entfernt vom Stamm auf eine kreisrunde Oberflaͤche aus, die je nach der Staͤrke des Baumes zwischen 1 1/2 und 3 Fuß differirte; die Erde wurde ungefaͤhr 1/2 Fuß hoch ausgegraben, der Duͤnger ausgebreitet und dann die Erde wieder drauf gelegt. Bei zwoͤlf andern Baͤumen, und zwar Pfirsich-, Birn-, Pflaumen-, Kirschen-, Aprikosen- und Aepfelbaͤumen, wurde der Versuch mit Guano angestellt, man ließ dieselben mit obigen gewoͤhnlich geduͤngten Baͤumen abwechseln; der Guano wurde hier mit der 1/2 Fuß tief abgehobenen Erde gut vermengt. Man nahm 1 1/2 Kilogr. Guano fuͤr einen Baum, welche (100 Kil. = 50 Frcs.) auf 75 Centimes zu stehen kamen, waͤhrend der andere Duͤnger nur 65 Centimes kostete. Lezterer entsprach den Erwartungen; beim Guano aber wurden alle Wurzeln (mit Ausnahme jener der Pflaumenbaͤume) von einer Art Schimmel bedekt. Bei den Pfirsich- und Aepfelbaͤumen hatten sich die Blaͤtter zusammengerollt; einige wurden von einem Heer von Blattlaͤusen befallen; die Birnbaͤume wurden von einer Art Schwaͤmme (Oecidium cancellatum) heimgesucht, welche sich als rothe Fleken auf dem Laube entwikelten und die Vegetation hemmten. Beim Lauch und allen uͤbrigen Liliaceen und Alliaceen gab der Guano gute Resultate, aber er kam auch zu theuer zu stehen. Aus allem diesem geht hervor, daß es absurd ist behaupten zu wollen, daß ein Hektoliter Guano ebenso viel leistet, wie 50 Karren voll guten Duͤngers. Wenn man uns glauben machen will, im Suͤden sey an einem recht heißen Maitag die Feuchtigkeitsanziehung (Hygrophilie) des Guano so groß daß, wenn man die Hand in das Gras einer damit geduͤngten Wiese stekt, sie davon so benezt wird, wie von Wasser, waͤhrend gleich daneben, wo nicht mit Guano geduͤngt war, das Gras so troken ist wie Heu, so ist das laͤcherlich. (Moniteur industriel, 1845, Nr. 918)