Titel: Ueber Dent's neues Princip der Compensation; Bemerkungen über die Wahl und Behandlung von Uhren; nach englischen Quellen frei bearbeitet von Dr. Mohr in Coblenz.
Autor: Dr. Karl Friedrich Mohr [GND]
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XII., S. 24
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XII. Ueber Dent's neues Princip der Compensation; Bemerkungen uͤber die Wahl und Behandlung von Uhren; nach englischen Quellen frei bearbeitet von Dr. Mohr in Coblenz. Mit Abbildungen auf Tab. I. Mohr, über Dent's neues Princip der Compensation. Das Publicum hat unzweifelhaft ein großes Interesse an der Mittheilung der Verbesserungen, welche von Zeit zu Zeit von verschiedenen Künstlern an Chronometern gemacht worden sind. Diese Mittheilungen entsprechen dem doppelten Zwek, sowohl die Verbesserungen selbst aufzuzeichnen, als einen klaren Begriff von den Schwierigkeiten zu geben, die jedem bei der Bearbeitung dieses Zweigs der praktischen Mechanik entgegentreten. Das Publicum erhält dadurch eine klarere Anschauung des Gegenstandes, und einen höchst anziehenden Begriff von dem menschlichen Scharfsinn, der nach Erreichung einer mechanischen Vollendung strebt. Nichtsdestoweniger muß man unumwunden zugeben, daß das Resultat aller Geschiklichkeit, Anstrengung und alles Geldaufwandes für die Verbesserung der Chronometer in den lezten fünfzig Jahren wenig Veranlassung gibt uns Glük zu wünschen; es muß jeden, der mit dem historischen Detail bekannt ist, überzeugen, daß die Kunst Chronometer zu machen sehr mühsam ist; daß sie viel häufiger zu ganz vergeblichen Bemühungen führt, als daß sie das Interesse des Künstlers und des Publicums gleichzeitig fördert. Unterdessen ist doch durch solche Bemühungen ein sehr sonderbares Factum an den Tag gekommen, welches in der lezten Zeit die Aufmerksamkeit und den Scharfsinn vieler mit der Herstellung von Chronometern beschäftigten Personen auf sich gezogen hat. Dieses Factum besteht darin: daß Chronometer, wie sie gewöhnlich construirt sind, und die bei einer mittleren Temperatur regulirt sind, sowohl bei hoher Kälte als Wärme nachgehen; oder daß, wenn sie bei den Extremen der Kälte und Wärme auf mittlere Zeit regulirt sind, sie bei mittlerer Zeit vorlaufen. Dieses Factum, welches von verschiedenen bereits bemerkt worden ist, wurde zuerst von Dent in Nr. 14 des Nautischen Magazins von 1833 mit Bestimmtheit aufgestellt, und ist auch seit der Zeit keine Andeutung über den eigentlichen Zusammenhang der Sache laut geworden. Um dieß Factum recht zu verstehen, müssen wir uns beständig vor Augen halten, daß kein Chronometer einen ganz regelmäßigen Gang haben und also die richtige Zeit angeben kann, wenn nicht die Spannung oder bewegende Kraft der Spiralfeder ein ganz unveränderliches Verhältniß zu dem Trägheitsmoment der Unruhe hat. Die bisherigen Methoden der Compensation berührten nur das Trägheitsmoment, indem sie dasselbe beständig gleich zu halten strebten. Wenn durch die Vergrößerung der Unruhe, durch Wärme, das Trägheitsmoment wuchs, so mußten es die Compensationsgewichte durch ihre Beugung nach dem Centrum wieder vermindern. Bei den bis jezt construirten Chronometern konnte dieß konstante Verhältniß nach der Form der Unruhe selbst nicht beibehalten werden, da die Spannung oder Elasticität der Spiralfeder bei einer Temperaturerhöhung nach einem ganz andern Verhältniß sich verändert, als das zugleich geänderte Trägheitsmoment. Die Elasticität der Spiralfeder schwankt nun innerhalb der gewöhnlichen Grenzen ziemlich proportional mit der Temperatur, wie aus dem folgenden Versuch mit einem Chronometer hervorgeht, wo die Unruhe von Glas war, und die Spiralfeder aus gehärtetem und angelassenem Stahl. Temperatur.     Anzahl derSchwingungen in    der Stunde. Differenz in Secunden.          0° R.       3605,74        vor     5,74        55°       3598,20        nach   1,80        30°       3589,70        nach 10,30 Die Spannung der Spiralfeder kann nun, wenn Trägheitsmoment und Reibung wegen der gläsernen Unruhe als gleichbleibend angenommen werden, nach dem Quadrat der Schwingungszahlen in einer gleichen Zeiteinheit gemessen werden. Nehmen wir nun die Spannung der Spiralfeder bei 0° als Einheit, so haben wir Temperatur.   Spannungder Spiralfeder.         0° R.       1,0000       15°       0,9958       30°       0,9911 Die gemessene Spannung der Spirale bei 15° beträgt demnach 0,9958; unter der Voraussezung einer mit der Temperatur proportionalen Abnahme müßte sie das arithmetische Mittel aus 1,0000 und 0,9911 also 0,9956 seyn. Der Unterschied ist demnach nur 0,002 der ganzen Kraft, was ungefähr 8/9° des Thermometers entspricht; dieser Unterschied ist in Betracht der großen Schwierigkeit eine wirklich gleiche Temperatur während des Versuchs zu behaupten so gering, daß man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen kann, daß sich innerhalb der gewöhnlichen Grenzen die Elasticität der Spiralfeder proportional mit der Temperatur ändert; in Betreff der Aenderung des Trägheitsmoments wissen wir aber, daß die von den compensirenden Gewichten durch ihre Annäherung oder Entfernung von der Rotationsachse hervorgebrachten Wirkungen sich wie die Quadrate der Entfernungen von dem Mittelpunkt der Unruhe verhalten; und deßhalb dürfen wir uns nicht wundern, daß das verlangte Verhältniß zwischen Spiralfeder und Trägheitsmoment nur bei zwei Temperaturen vorkomme; auch ist es nicht überraschend, daß wenn die Chronometer nur für mittlere Zeit regulirt sind, sie an den Extremen nachgehen. Für den Fall nämlich, daß die Temperatur steigt, bewegen sich die Compensirgewichte nicht genug nach der Mitte, um Compensation zu bewirken; dadurch bleibt das Trägheitsmoment zu groß, und die Uhr muß nachgehen; im Fall die Temperatur sinkt, entfernen sie sich weiter vom Mittelpunkt, als der zunehmenden Kraft der Spiralfeder entsprechen würde. Dieß rührt zunächst davon her, daß die Spiralfeder direct mit der Temperatur, das Trägheitsmoment der beweglichen Gewichte im Quadrat mit der Temperatur sich ändert, und daß die Quadrate sich ganz anders verhalten, als die ihnen entsprechenden Wurzeln. Dieß Gesez von der Aenderung des Trägheitsmoments bezieht sich streng genommen auf jedes einzelne Partikelchen der Unruhe in seinem Verhältniß der Entfernung von der Drehungsachse, und nichts als eine ganze Masse, wenn man sie nicht auf diese Drehungsachse bezieht; da aber nun die Summe des Trägheitsmoments der Unruhe aus dem Trägheitsmoment der festen Armen und der beweglichen Compensirgewichte auf ihrem Ring besteht, so ist es klar, daß jeder Versuch, die Veränderung des Trägheitsmoments bei einer Temperatur zu berechnen, nicht nur eine Betrachtung der ganzen Form der Unruhe, sondern auch eine Kenntniß des Gesezes, wonach die Centralentfernung der Gewichte und des Kreises durch die Wärme sich ändert, in sich einschließen würde; und hievon wissen wir leider heute noch weniger als von der Beziehung zwischen Spannung der Spiralfeder und der Wärme. Das Trägheitsmoment der Unruhe ist eine viel verwikeltere Function der Temperatur als das eben benannte Verhältniß. Dieß bleibt immer eine Quelle der Schwierigkeit. Ein anderer Umstand trägt nun noch dazu bei, den aus der verminderten Spannung der Spiralfeder herrührenden Mangel an Compensation bei hohen Temperaturen und das Uebermaaß derselben bei niedern zu vermehren, nämlich das Streken und Geradwerden des kreisförmigen Halbringes bei niedern und die entgegengesezte Wirkung bei hohen Temperaturen. Durch diese Wirkung des Rings beschreiben die Compensationsgewichte Theile einer Spiralcurve, wodurch die Veränderungen der Centraldistanz, die einer gewissen Temperaturgröße entsprechen, größer bei niedern als bei hohen Temperaturen sind. Nun haben wir oben schon nachgewiesen, daß aus dem Umstand, daß die Wirkungen der Compensationsgewichte nach den Quadraten der Centraldistanz (und insofern die thermometrische Bewegung der zweimetallischen Feder proportional der Temperatur geht, nach der Wärme) sich ändern, dagegen die Abnahme der Spannung der Spiralfeder direct proportional der Wärme fortschreitet, die Bewegung der Compensationsgewichte in der Kälte zu groß und in der Wärme zu klein sey; dasselbe geht nun auch aus dem Streken und Beugen des Rings hervor, so daß diese beiden Fehlerquellen im selben Sinne sind und sich addiren; und obgleich man solche Abweichungen von dem richtigen Gesez der Compensation durch Vermehrung der Gewichte selbst weniger fühlbar machen kann, so werden doch gerade dadurch wieder andere Fehler herbeigeführt, die dieß Verfahren nur in sehr engen Grenzen zulässig machen. Bei der Construction der Unruhe, die wir nun beschreiben werden, wird gerade nicht behauptet, daß das Gesez der Annäherung der Compensationsgewichte mathematisch genau das ist, was es seyn soll, um bei allen Temperaturen dasselbe Verhältniß zwischen der Elasticität der Spiralfeder und dem Trägheitsmoment der Unruhe zu behalten; aber doch kann man mit Sicherheit behaupten, daß bei dieser Construction die Veränderungen der Centralentfernung der Gewichte bei hohen Temperaturen wachsen und bei niedern sich vermindern, welches gerade das Umgekehrte von dem ist, was bis jezt bei den Chronometern stattgefunden hat, und wodurch nothwendig eine bedeutend größere Annäherung an die Wahrheit herbeigeführt werden muß. Ferner ist die hier zu beschreibende Correction des Compensationsfehlers eine ununterbrochene – ein Umstand der sehr erheblich ist, und der bei den Erfindungen, die kürzlich gemacht worden sind, vermißt wird, worin diesem Fehler durch Hülfsgewichte abgeholfen werden soll, die bei mittleren Temperaturen mit dem Rand der Unruhe in Berührung kommen. Obgleich nun Chronometer durch diese Erfindungen wo Berührung wirkt, sowohl bei den Extremen als auch bei mittlerer Temperatur zu richtiger Zeitmessung regulirt werden können, so sind sie doch offenbar einem Fehler derselben Art wie vorher unterworfen, wenn auch nur in einem halb so großen Temperaturintervall; in der andern Hälfte des Ganges des Thermometers, wenn die Hülfsgewichte wirklich mit der Unruhe in Berührung kommen, ist das Gesez der Bewegung das umgekehrte von dem was es seyn sollte. Außerdem ist die Reibung an dem Berührungspunkt ein bedeutender Einwurf gegen diese Correction; sie wird nicht nur jede Zuverlässigkeit des Ganges bei mittleren Temperaturen, wobei doch die meisten Beobachtungen gemacht werden, aufheben, sondern auch eine grobe Verlezung des Gesezes der Stetigkeit seyn, worauf sich doch der richtige Gang des Chronometers gründet. Um das was wir über die gewöhnliche Construction der Chronometer gesagt haben, anschaulicher zu machen, wollen wir folgende Anstellung nach Art der analytischen Geometrie versuchen. Wir nehmen an, die Spannung der Spiralfeder lasse proportional der Temperatur nach. Es seyen demnach in Fig. 26 die Linien BB' und B'B'' einander gleich, so wie sie gleiche Temperaturunterschiede bedeuten. An den äußersten Enden B und B'' sey das Chronometer auf mittlere Zeit regulirt; da nun bei diesen Temperaturen die Spannung der Spirale dasselbe Verhältniß zu dem Trägheitsmoment der Unruhe hat, so errichte man auf B die Linie BD und B''B'' senkrecht auf BB'' und nehme ihre Längen entsprechend dem Trägheitsmomente bei diesen Temperaturen. Auch mache man die Stüke BG und B''G'' proportional der Spannung der Spiralfeder bei denselben Temperaturen 30° und 0° R. Vereinigt man nun die Punkte G und G'' durch eine gerade Linie, so muß der Durchschnittspunkt G' der Ort seyn, wo die Linie G'B' die der mittleren Temperatur 15° R. entsprechende Spannung der Spirale darstellt; oder mit andern Worten, da die Spannung der Wärme proportional ist, so müssen die drei Punkte G, G' und G'' in einer geraden Linie liegen, wenn die Punkte B, B' und B'' ebenfalls darin liegen. Da aber das Trägheitsmoment nicht proportional der Temperatur bleibt, sondern dem Quadrat der Centralentfernung, so muß der Ort von D', welcher das der Temperatur 15° R. entsprechende Trägheitsmoment der Unruhe anzeigt, in einer Curve liegen. Aus der bekannten Erfahrung, daß die bei den Extremen regulirten Chronometer bei den mittleren Temperaturen vorlaufen, kann man schließen, daß das Trägheitsmoment relativ zu klein sey; es muß also die Curve nach unten zu gekrümmt seyn, und wir nehmen willkürlich den Punkt D' an. Sollte nun das Chronometer bei allen Temperaturen gleich gehen, so müßte BG : BD = B'G' : B'm = B''G'' : B''D'' seyn, d.h. die Spannung der Spirale müßte zum Trägheitsmoment der Unruhe immer dasselbe Verhältniß haben. Nun sehen wir aber, daß bei der mittleren Temperatur von 15° R. das Trägheitsmoment durch D'B' ausgedrükt ist, während es mB' seyn sollte; es müßte demnach der Punkt D' in den Punkt m fallen, was aber unmöglich ist, da er in einer Curve mit D und D'' liegen muß, weil sich die Trägheitsmomente nicht direct, sondern quadrirt den Temperaturen proportional verhalten. Man sieht nun recht deutlich aus der Zeichnung, daß die Linie D'm, oder der Unterschied des wirklichen Trägheitsmoments von dem was es seyn sollte, gerade in der Mitte der beiden extremen Temperaturen am größten ist, was auch wirklich der Fall ist, indem die Chronometer hier vorlaufen, woraus denn auch, wie bereits oben bemerkt, folgt, daß die Curve ihren convexen Theil gegen die Basis BB'' hat. Wenn nun das Chronometer statt bei den Extremen, bei der mittleren und einer der extremen Temperaturen regulirt ist, z.B. bei der höchsten oder 30°, so sind die Linien BG zu BD und B'D' gleich proportional; dagegen müßte nun dieß Trägheitsmoment bei 0°R. B''n seyn, während es wirklich B''D'' ist; es ist demnach viel zu groß und die Uhr muß nachgehen, was in der That auch stattfindet. Wir werden nun in unserer Betrachtung zu derjenigen Construction übergehen, welche diesem Fehler abhelfen soll. Es ist dieß nicht durch Hülfsgewichte erreicht worden, sondern durch eine größere Uebereinstimmung mit dem Gesez in der Annäherung des Gewichts selbst, wodurch die Correction beständig und gleichzeitig wird. Bevor wir aber die genaue Beschreibung dieser Verbesserungen mittheilen, müssen wir noch einmal unsere Aufmerksamkeit auf die frühere Compensationsmethode hinlenken, und noch einen Umstand nachweisen, wodurch sie sich der abnehmenden und zunehmenden Spannung der Spiralfeder so wenig fügt. Es sey in Fig. 27, a die gewöhnliche Unruhe, b die beiden compensirenden halbkreisförmigen Metallstreifen aus Messing und Stahl, c die Compensirgewichte. Bei einer Temperaturzunahme nähern sich die beweglichen Enden der Segmente dem Centrum der Bewegung, wie die innere punktirte Linie andeutet, und das Umgekehrte findet bei einer Temperaturabnahme statt. Damit nun das Trägheitsmoment der Unruhe der Spannung der Spiralfeder entspreche, müssen sich die Compensirgewichte bei einer Erhöhung der Temperatur dem Centrum der Unruhe mit einer beschleunigten Bewegung nähern und bei Erniedrigung der Temperatur mit einer verzögerten Bewegung. Den Grund davon wird man sogleich einsehen, wenn man sich erinnert, daß sich die Trägheitsmomente ändern nach dem Quadrat der Entfernung, die Spannungen der Spiralfeder aber direct proportional der Temperatur. Da nun die Bewegungen der thermometrischen Segmente sich ebenfalls nach allen Erfahrungen der Temperatur direct proportional verhalten, so wird jede Aenderung in der Entfernung der Gewichte quadrirt, während sie bei der Unruhfeder nur einfach hinzugefügt wird. Es sey z.B. bei einer mittleren Temperatur die Entfernung des Schwerpunkts der Compensirgewichte = 10, bei einer niedrigem 11. Wenn wir nun die Spannung der Spiralfeder bei der mittleren Temperatur ebenfalls = 10 sezen, so wird sie, da sie der Temperatur proportional abnimmt, ebenfalls bei der niederen 11 seyn. Während die Spannung der Spiralfeder von 10 auf 11 steigt, geht das Trägheitsmoment von 100 auf 121 oder von 10 auf 12,1; es ist also zu groß, die Gewichte sind also mit einer zu großen Geschwindigkeit fortgeschritten, indem das Trägheitsmoment statt 11 12,1 geworden ist. Es hätte um das Verhältniß von 10 : 11 beizubehalten von 100 auf 110 wachsen müssen, und folglich hätte die Bewegung der Compensirgewichte nur √110 seyn dürfen, was weniger als 11 ist. Die Bewegung der gewöhnlichen Compensationsunruhe ist demnach gerade die entgegengesezte von der welche sie seyn sollte. Bei fernerer Betrachtung dieses Gegenstandes ist es wichtig sich zu erinnern, daß wenn Metalle von ungleicher Ausdehnung, wie Messing und Stahl, verbunden werden wie bei der Compensationsunruhe, die Enden der Plättchen sich durch einen Temperaturwechsel in einer Spirale bewegen. Wenn wir nun in Fig. 27 den Schwerpunkt der Compensationsgewichte mit dem Befestigungspunkt der Plättchen an der mittleren Unruhstange durch die punktirte Linie d vereinigen, und annehmen daß eine Temperaturveränderung von der Hize zur Kälte eintrete, so wird das Messing, welches sich an der Außenseite befindet, sich stärker zusammenziehen als der Stahl an der inneren Seite; der Bogen wird sich dadurch etwas streken und die Sehne d sich natürlich auch verlängern. Dadurch wird nun der Radius der Bewegung und die Zunahme der Entfernung vergrößert, während bei einer Temperaturerhöhung gerade das Entgegengesezte eintritt, indem nun durch das stärkere Krümmen des Bogens die Sehne verkürzt und die Bewegung verlangsamt wird. Durch Kälte sollte aber die Sehne des Bogens verkürzt, und durch Erwärmung vergrößert werden. Dieses Resultat soll durch die nun zu beschreibende Vorrichtung erreicht werden, indem zu der gewöhnlichen ursprünglichen Compensation eine neue secundäre ununterbrochen wirkende hinzugefügt wird, welche die Bestimmung hat, die Compensationsgewichte durch einen der veränderlichen Spannung der Spiralfeder besser proportionalen Raum zu bewegen. Fig. 26 zeigt ein Verfahren dieser Art. Die Compensationsgewichte werden hier von einer primären und ununterbrochen wirkenden secundären Compensationsvorrichtung getragen. Diese Stüke sind, um die Anschauung deutlicher zu machen, gerade gezeichnet; in der Ausführung werden sie häufig gekrümmt und aus einem einzigen Stük bestehend dargestellt. a ist eine einfache Unruhstange als Träger der Compensationsgewichte aus Messing oder sonst einem unmagnetischen Metalle dargestellt. b die beiden primären Compensationsstüke aus Messing und Stahl bestehend, welche Stüke nahe an den Enden der Stange a unveränderlich in einem Pflökchen befestigt sind. Sie laufen parallel der Unruhstange a gegen das Centrum hin. c ist die beständig wirkende secundäre Compensation, befestigt an den freien Enden der Stüke b, und vom Centrum nach der Peripherie laufend. Das Messing ist bei beiden innerhalb, und der Stahl auf der äußern Seite des Winkels. d die Compensationsgewichte. e die Adjustirgewichte. Die Stüke b (Fig. 28) heißen primäre Compensation, weil ihre Wirkung darin besteht, das Trägheitsmoment dadurch zu verändern, daß die Compensationsgewichte d durch eine Wärmezunahme dem Centrum der Bewegung näher gebracht werden, und umgekehrt in der Kälte; und man kann deutlich einsehen, daß dieß das einzige ist, was die bisherigen Chronometer besaßen, um die Fehler der Spiralfeder zu corrigiren. Es ist vorher bemerkt worden, daß die Compensationsgewichte bei der gewöhnlichen Einrichtung nicht genug in der Wärme gegen die Mitte gehen, und dagegen zu viel in der Kälte. Wir wollen nun erklären, wie dieser Fehler durch die vorliegende Einrichtung gehoben ist. Die secundären Compensationsvorrichtungen c bewegen die Compensationsgewichte bei einem Temperaturwechsel fast ganz concentrisch mit dem Mittelpunkt der Unruhe. Sie ändern deßhalb in dem Trägheitsmoment und also auch in der Schwingungszeit fast nichts. Dagegen wird die absolute Bewegung der Gewichte d, welche sie durch die primäre Compensation erlangen, abhängig seyn von dem Winkel, welchen die primäre und secundäre Compensation mit einander machen. Dieser Winkel ändert sich aber durch Temperaturwechsel vermöge der Bewegung der secundären Compensation allein. Bestünde c aus einem Metall statt aus zweien, so würde sich b zwar krümmen und auch die Gewichte d bewegen, allein der Winkel innerhalb b und c würde sich nicht verändern. Nun aber krümmt sich c auch, und folglich ändert sich dieser Winkel, und es wird demnach die absolute Bewegung der Gewichte d um so größer seyn, je größer der Winkel zwischen b und c ist. Offenbar würde d sich am stärksten bewegen, wenn c senkrecht auf b stünde, denn in diesem Fall würden sich die Gewichte d ebensoviel bewegen, wie das freie Ende der primären Compensation. Da nun das Messing innen ist, so wird sich der Winkel zwischen b und c bei Erwärmung vergrößern, und c wird eine auf b senkrechtere Stellung einnehmen. Es wird deßhalb um so mehr der nach innen gerichteten Bewegung der Stange b folgen; oder die Bewegung der Compensationsgewichte d wird in der Wärme beschleunigt seyn, wie wir oben verlangt haben. Umgekehrt wird in der Kälte der genannte Winkel sich verkleinern, und dadurch die Bewegung nach außen, welche von der Stange b herrührt, um so kleiner werden, je größer die Kälte ist, da nämlich d immer näher an den Befestigungspunkt der primären Compensation gelangt. Die Entfernungen des Schwerpunkts der Gewichte d von dem Befestigungspunkt der beiden Compensationen, welche durch die punktirte Linie f angedeutet ist, wächst also in der Wärme und vermindert sich in der Kälte, also gerade umgekehrt wie bei der alten Compensationsunruhe. Es ist also hiemit die Aufgabe durch die Compensation zugleich der wechselnden Spannkraft der Spiralfeder zu Hülfe zu kommen gelöst. Man sieht leicht ein, daß die Chronometerfabrication hiedurch einen bedeutenden Fortschritt gemacht hat, indem nicht nur durch immer exactere Arbeit und kleine Abänderungen, sondern durch Einführung eines ganz neuen Princips, was aus richtiger Beurtheilung aller concurirenden Verhältnisse hervorging, wesentlich neues Terrain gewonnen worden ist. Es scheint zwar sehr einfach, die Convexität der Compensationsvorrichtung nach innen zu legen, statt daß sie sonst nach außen gerichtet war. Aber um dieß zu thun, müßte man erst die Natur des Fehlers erkannt haben, und dann ist die Umkehrung eines durch hundertjährigen Gebrauch fast geheiligten Geräthes selbst ein kühner Gedanke, der zu einem hohem Verdienst wird, wenn damit wirklich glükliche Resultate erreicht werden. Um die Unruhe zu justiren in Betreff der secundären Compensation, so bemerken wir noch, daß wenn der Chronometer bei den Extremen der Temperatur vorläuft, die secundären Compensationsstangen verkürzt werden müssen. Die hiedurch gestörte Schwingungsdauer wird durch die Justirgewichte wieder hergestellt; umgekehrt muß wenn der Chronometer an den Extremen nachgeht, die Stange c verlängert werden. (Man vergl. Dent's Patent im polytechnischen Journal Bd. XCI S. 175.) –––––––––––– Aus einer andern Abhandlung desselben Verfassers (Edward J. Dent) theile ich noch einige Notizen mit über die Wahl und Behandlung einer Uhr, über die Uhrenfabrication in England und der Schweiz, und über die gewöhnlichsten Echappements, wobei nicht aus dem Auge zu lassen ist, daß der Verfasser unter seinen Lesern nur Engländer versteht. Diese Bemerkungen verdienen sowohl wegen ihres Verfassers als ihrer Richtigkeit Beachtung. Man hat ein natürliches Interesse an den Zeitmessern, besonders der Taschenuhr, dem tragbaren Mahner an unsere täglichen Obliegenheiten, dessen Rath wir so oft täglich in Anspruch nehmen müssen. Doch ist Vielen Personen nur Weniges über die Auswahl und Behandlung einer Uhr bekannt. Eine schlechte Uhr wird oft zu hohem Preis gekauft, und eine gute verschlechtert sich durch ungeschikte Behandlung. Nicht selten wird die Vollendung eines Chronometers von einer gewöhnlichen Uhr verlangt, und Unregelmäßigkeiten die von der Natur der Maschine unzertrennlich sind, werden oft der Ungeschiklichkeit oder Unredlichkeit des Verfertigers zugeschrieben. Dem aus solchen Irrthümern hervorgehenden Verlust und Verdruß soll durch die folgenden Bemerkungen begegnet werden. Wer eine Uhr kauft, ob zu hohem oder mäßigem Preis, ob englischer oder ausländischer Arbeit, sollte um mit der größten Wahrscheinlichkeit ein gutes Werk zu erhalten, etwas mit der Behandlung, Regulirung und dem Bau derselben bekannt seyn. Diese Kenntnisse werden zwar in der Eile beim Kaufe gewöhnlich mitgetheilt, wenn sowohl Käufer als Verkäufer mit einer Geldangelegenheit beschäftigt sind, wobei aber auf die Anweisung zur richtigen Behandlung des Instruments selten genügend Acht gegeben wird. Eine geschriebene Belehrung ist immer zwekmäßig, besonders wenn im Auftrag eines andern gekauft wird, oder wenn der Kauf durch Brief geschieht. Wir wollen hier eine kurze Vergleichung der Art und Weise geben, wie dieß Geschäft jezt betrieben wird, und wie es vor sechzig Jahren geschah. Im Jahr 1790 gab es nur zweierlei Art Uhren, die Cylinder- (horizontal) und Spindel- (vertical watch) Uhr. Wenn damals ein Herr, denn ein anderer konnte den Preis nicht erschwingen, eine goldene Cylinderuhr zu erhalten wünschte, so hatte er zuerst eine Wahl unter den wenigen Uhrmachern anzustellen, an die er sich um einen so wichtigen Gegenstand als damals eine Cylinderuhr war, wenden konnte. Wenn er seine Bestellung an den Künstler gegeben hatte, so wurde er in ein Buch eingetragen, nicht bloß der Geschäftsordnung wegen, sondern damit er einmal an die Reihe käme, was selten unter einem, selbst oft in zwei Jahren erst geschah. Diese Verzögerung rührte von der sehr geringen Menge dazu befähigter Künstler her. Die übeln Wirkungen dieses sehr beschränkten Zustands des Geschäfts zeigten sich zunächst in dem bedeutenden Gewinn der auf die wenigen gemachten Uhren gelegt werden mußte, damit der Verfertiger bestehen konnte. In der That wurde auch eine solche Maschine als ein außerordentliches Kunstwerk betrachtet und von seinem Besizer wie ein Erbstük behandelt. Wie unsicher war dieser Handel, wenn er überhaupt Handel genannt werden konnte. Ein Verlauf von fünfzig Jahren hat diese goldne Uhr im Werth von sechzig Guineen auf den Goldwerth des Gehäuses, etwa 8 Pfd. Sterl., heruntergebracht, und die Mode hat so die äußere Form der Uhren verändert, daß der Enkel nicht leicht seine Westentasche mit dem gewichtigen Kleinod seines Großvaters beschweren wird. Diese Preisverminderung haben auch die Chronometer erlitten. Das Seechronometer, welches vor 40 Jahren noch das Publicum und die Regierung 100 Guineen kostete, kostet jezt 40 Guineen, und noch dazu im königlichen Observatorium mehrere Monate einer strengen Prüfung unterworfen. Die Cylinderuhr ist in England fast gänzlich von verbesserten Hemmungen verdrängt worden, da die Höhe des Preises der englischen Uhr solche Verbesserungen erlaubte; hingegen werden die Uhren der Schweizer durch die Mode der sehr flachen Form wahrscheinlich immer dieses Echappement beibehalten. Man muß ihnen mit Recht nachsagen, daß sie nach den allgemeinen Verbesserungen die sie eingeführt haben, Zutrauen verdienen. So groß ist in der That die durch ihre erfolgreichen Anstrengungen vermehrte Anzahl der Production, daß eine goldene Cylinderuhr für 8–14 Pfund und eine silberne für 3 1/2–6 Pfd. zu kaufen ist. Es gibt auch noch schlechtere Uhren von geringerer Arbeit, die bei einem Preis der goldenen von 5 Pfd. und der silbernen von weniger als 1 1/2 Pfd. St. dem Verkäufer noch einen Vortheil abwerfen. Folgende Aufstellung gibt einen annähernden Begriff von dem Umfang der Uhrenfabrication in der Schweiz, Genf nicht mitbegriffen. In Locle und Chaux de Fonds im Fürstenthum Neufchatel wurden im Jahr 1839 gestempelt Goldene Gehaͤuse   36,349 Silberne Gehaͤuse   87,358 ––––––– zusammen 123,707 Rechnen wir eine gleiche Summe für Genf, so erhalten wir die enorme Zahl von 247,414 Uhren, welche jährlich aus diesen kleinen Ländern in die ganze Welt verbreitet werden. Diese Kantone sind jedoch nur ein Theil, obwohl der größte, der mit der Uhrenfabrication beschäftigten. Die Schweizer sind als eine uhrfabricirende Nation zu betrachten, die selbst wenige gebrauchen, dagegen alles zur Exportation machen. Zu behaupten daß man in der Schweiz keine guten Uhren machen könnte, wäre eben so unedel als unwahr. Auch wäre es unaufrichtig, wollte man nicht zugeben, daß man in der Schweiz eine goldene flache Uhr nicht wohlfeiler darstellte als man dieß in England kann. Nehmen wir den Handel im redlichen und ganz freien Sinn, so muß ein Uhrmacher seinem Kunden die beste Uhr geben, die er zu dem Zwek selbst machen oder kaufen kann. Gibt man dieß zu, so muß ein englischer Uhrmacher auch Schweizer Uhren einführen und nachdem er sie geprüft hat, ihnen ihren wahren Rang im Handel anweisen. Wir gehen nun zur Betrachtung der Uhrenfabrication in England über. Immer herrscht hier noch dieselbe alte gute Meinung von den englischen Uhren, deren sich unsere Manufactur lange erfreute, eine Ueberzeugung von ihrer Kerngesundheit, Dauerhaftigkeit, Genauigkeit der Arbeit und demgemäß richtigen Gang, selbst wenn sie auf die Nachwelt übergegangen ist – eine Probe die übrigens durch die wechselnden Launen der Mode selten eintritt. Ihre Gestalt, Dike, Mangel an Eleganz, das Gewicht des Gehäuses, sey es nun Gold oder Silber, bieten ein unübersteigliches Hinderniß für die Beibehaltung des alten Dieners, besonders bei jungen Leuten, die ihrem Aeußern besondere Sorgfalt schenken. Die Schweizer Uhr ist ausgezeichnet wegen ihrer Flachheit und Eleganz; die englische wegen ihres starken Baues und ihres langen richtigen Ganges ohne gereinigt oder reparirt werden zu müssen, endlich wegen ihrer Dauerhaftigkeit, schon im eigentlichen Werth, unabhängig vom Werk, sind beide sehr verschieden. Das Gold eines englischen Gehäuses hat einen Werth von 7 bis 8 Pfd. Sterl., das eines Schweizer Gehäuses höchstens 2 Pfund. Die Manufactur von Uhren, bei denen es auf die größtmögliche Richtigkeit des Ganges und die höchste Vollendung der Arbeit ankömmt, ist niemals in der Schweiz in einigem Umfang betrieben worden. Der Grund davon möchte wohl seyn, daß die Darstellung und Adjustirung der Compensationsvorrichtungen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt; durch dieses bedeutende Opfer muß natürlich auch der Preis des Instruments bedeutend steigen, wodurch es sich weniger zu einem allgemeinen Handelsartikel eignet, worauf doch einmal die Richtung aller Schweizer Manufactur hinausläuft. Es läßt sich deßhalb nicht bezweifeln, daß England seine Ueberlegenheit in der Darstellung von Uhren mit Wärmecompensation, und also auch der Chronometer behaupten wird. Betrachten wir ebenfalls die starke Uhr mit Ankerhemmung, sey sie golden oder silbern, jene Art von Uhren, die am meisten eine rauhe Behandlung vertragen kann, so kann eine solche Uhr von dem ausländischen Fabricanten unter keinen Umständen geliefert werden, auch könnte er nicht, wenn er den Versuch machen sollte, bei Berüksichtigung der Qualität der Arbeit und des Werthes des Gehäuses mit England concurriren. Von manchen Uhrmachern ist vielerlei vorgebracht worden um zu beweisen, daß die englische Manufactur durch Einführung fremder Uhren ruinirt würde. Dieß wird jedoch nach meiner Ueberzeugung niemals der Fall seyn, so lange noch der Geist der Unternehmung, und die richtige Beurtheilung sein Capital am nüzlichsten anzulegen unter uns anzutreffen seyn wird. Betrachten wir nur einen Augenblik die große Nachfrage nach Uhren für das einheimische Bedürfniß und fügen noch den Verbrauch der Colonien hinzu, wohin es zweklos seyn würde flache Uhren zu senden, da niemand sie dort zu repariren versteht, so leuchtet ein, daß sowohl für die dauerhafte englische als die flache Schweizer Uhr immer ein Markt seyn dürfte. Auch ist die obige Voraussezung keineswegs durch Thatsachen unterstüzt, indem die englische Manufactur von Jahr zu Jahr noch gestiegen ist. Aus eigner Erfahrung kann ich (E. J. Dent) bezeugen, daß als ich im Jahr 1830 meine frühere Firma (Arnold und Dent) antrat, mehr englische Uhren angefertigt wurden, als jemals vorher; und daß als ich aus derselben ausschied, ich selbst mehr englische Uhren fabricirt habe, als zu irgend einer früheren Zeit, und folglich auch mehr für Arbeit ausgegeben habe. Ich verkaufe ausländische Uhren ohne den geringsten Schaden für meine englische Fabrication, weil viele angesehene Personen, besonders Damen, die gerne für eine goldene ausländische Uhr 8 bis 14 Guineen bezahlten, sich auch ohne dieselbe behelfen würden, oder irgend einen auf dem Continent reisenden Freund mit dem Ankauf einer solchen beauftragen würden, wenn sie dieselben nicht selbst in London kaufen könnten. Die astronomische Wanduhr. Der vollkommenste Zeitmesser ist die astronomische Uhr, besonders in Sternwarten und Sammlungen wissenschaftlicher Männer gebräuchlich. Die darin gebräuchliche Hemmung wird freie Hemmung mit todtem Schlag genannt, weil die Räder während des größern Theils der Schwingung des Pendels stille stehen, und der Secundenzeiger jede Secunde einen Halt macht. Diese Hemmung ist von englischer Erfindung. Die Zeiger der astronomischen Uhr geben oder sollten eine genaue Anzeige geben der während einer ganzen Umwälzung der Erde um ihre Achse verflossenen Zeit, und deßhalb besizt ein Astronom die wahre Zeit des Intervals, was zwischen irgend zwei Erscheinungen verstreicht; er hat also in dieser vollkommensten aller horometrischen Vorrichtungen einen getreuen Spiegel von der Bewegung der himmlischen Körper. Alle Hülfe, welche die Kunst bei der genauen Ausführung leisten kann, ist in Anwendung gebracht, und die regulirende oder zeitmessende Kraft ist die immer gleiche Intensität der Erdschwere. Um in der Präcision des Gangs das höchste zu erreichen, hat man jezt die Einrichtung getroffen, daß der Stoß der Räder auf das Pendel an dem Mittelpunkt der Bewegung des Pendels, so weit sich solcher bestimmen läßt, angreift. Bei der früheren Einrichtung war das Pendel niemals frei von dem Einfluß des Mechanismus der Uhr, und außerdem wurde der Impuls unter den ungünstigsten Umständen gegeben, da der größte Theil der Kraft die durch das Steigrad mitgetheilt wurde, am Aufhängungspunkt verloren ging. Wenn dagegen in der neuern Uhr das Pendel zwei Grade schwingt, so ist es einen Grad und 40 Minuten ganz frei von der Uhr, und demnach außer der Wirkung aller störenden Einflüsse die durch die Reibung veranlaßt werden. Chronometer. Den nächsten Grad der Vollendung erreicht das Chronometer, welches nur wenig unter der astronomischen Uhr steht. Leztere ist bekanntlich befestigt, das Chronometer dagegen ist tragbar, weil es statt der nur in einer Richtung wirkenden Schwerkraft eine elastische Feder als bewegende Kraft, und statt des Pendels ein im Gleichgewicht der Schwere befindliches Körpersystem, die Unruhe, hat. Die elastische Kraft dieser Feder ändert sich nach der Temperatur. Für 68° Fahrenheit kann die Veränderung in 24 Stunden 6 Minuten und darüber erreichen. Durch Wärme dehnt sich die metallene Unruhe aus, wodurch ihre Dimensionen und ihr Trägheitsmoment größer werden. Da nun durch Wärme auch die bewegende Kraft der Spirale abnimmt, so tragen beide Umstände dazu bei, daß der Gang in der Wärme sich verzögere. Dieser Fehler wird bekanntlich durch die Compensation gehoben. Die Uhr würde nur dann ganz richtig gehen, wenn Trägheitsmoment und Kraft der Spirale ein unveränderliches Verhältniß zu einander behaupten. Ueber die Mittel dieser Anforderung sich möglichst zu nähern, ist in dem vorhergehenden Aufsaz ausführlich gehandelt. So wie Hize überhaupt die Cohäsion aufhebt oder schwächt, so übt sie auch einen Einfluß auf die davon resultirenden Eigenschaften der Elasticität, Sprödigkeit und Härte. Man kann die Wirkungen im höchsten Maaße an einem Stük Siegellak sehen; während es in der Kälte hart, spröd, innerhalb gewisser Gränzen sogar elastisch ist, läßt es sich warm biegen und kneten, ja es trägt sogar sein eignes Gewicht nicht mehr. Ganz dasselbe findet auch bei den Metallen statt, nur daß die Temperaturgränzen viel weiter auseinander liegen; denn es gibt auch eine Temperatur, wobei Stahl weich und biegsam, eine andere wobei er geschmolzen wie Wachs ist. Die Wirkung der Wärme auf die Spiralfeder ist nun zweierlei Art, nämlich ausdehnend nach den Dimensionen und Cohäsionvermindernd. Durch einen bei der Versammlung brittischer Naturforscher in Cambridge 1833 angestellten Versuch ist bewiesen worden, daß durch einen Temperaturwechsel von 0° auf 30° R. von dem was die Uhr nachgeht, 306 Secunden auf die Abnahme der Elasticität der Spiralfeder und nur 79 Secunden auf ihre Verlängerung kommen. Wenn demnach eine Uhr keine Wärmeausgleichung hat, so wird sie für die angezeigte Temperatur über sechs Minuten täglich abweichen. Die gewöhnliche Construction der Compensationsunruhe ist bekannt, und kann deßhalb übergangen werden: sie ist bis jezt ganz gleich in allen Uhren gewesen. Nie Hemmung im Chronometer ist fast immer eine sogenannte freie Federhemmung, wobei die Unruhe, nachdem sie den Impuls erhalten, ganz frei umläuft. Beim Zurükkehren schlägt sie mit einem an ihrer Achse angebrachten Stift eine kleine Feder weg, welche mit einem hervorragenden Steinchen einen Zahn des Steigrads und folglich das Räderwerk arretirte. Dadurch wird dieses wieder frei und gibt nun einem kleinen Hebel an der Unruhe wieder einen Schlag. So wie die Unruhe fortfliegt, läßt sie das Federchen wieder los; und dieß fällt nun mit seinem Steinchen wieder vor die Spize eines Steigradszahns, bis sich der ganze Vorgang wiederholt. Diese Hemmung ist in Frankreich erfunden, aber in England verbessert worden. Sie hat den großen Vorzug kein Oehl zu bedürfen. Diese Hemmung ist so lange schon erprobt, und genau in ihrem Dienst, daß eine bedeutende Verbesserung kaum mehr zu erwarten steht Aus der folgenden Ausstellung kann man ersehen, bis zu welcher Genauigkeit der Gang der Chronometer gebracht worden ist. Abschrift. Königliches Observatorium zu Greenwich, 1. August 1829. Ich habe Sie zu benachrichtigen, daß Ihr Chronometer Nr. 114, welches bei dem öffentlichen Concurs ausgestellt war, zum ersten Preis berechtigt ist. Ich bin etc.                                             für J. Pond Esq. königl. Astronom                                                   Thomas Taylor. An Hrn. Dent. Gang des obigen Chronometers. Mittlerer  Gang  Aeußerste Abweichung          zweier Tage. 1828 August +    3,43 Secunden        0,7 Secunden. Sept. +    3,85      –        1,7      – Okt. +    3,73      –        0,8      – Nov. +    3,87      –        0,9      – Dec. +    3,93      –        1,2      – 1829 Januar +    3,59      –        1,4      – Febr. +    3,59      –        1,1      – März +    3,74      –        1,6      – April +    3,60      –        1,1      – Mai +    3,58      –        1,2      – Jun. +    3,77      –        0,8      – Jul. +    3,97      –        1,6      – Größte Abweichung im Julius 3,97'' Kleinste Abweichung im August 3,43. Wirkliche Differenz in einem ganzen Jahr 0,54 einer Secunde. Um das tägliche Aufziehen zu vermeiden, hat der Verfasser eine Construction angegeben, wo statt einer Hauptfeder vier einzelne schwächere Federn in einen gemeinschaftlichen Trieb eingreifen. Der Gang der Uhr kann dadurch auf 8–32 Tage gebracht werden, auch ist der sehr große Druk auf einen einzelnen Zahn bedeutend vermindert, und die Dünne der Federn gibt eine große Sicherheit gegen das Springen derselben; und sollte dieß auch eintreten, so ist dadurch der Gang der Uhr noch nicht unterbrochen. Alle vier Federn werden von einem Zapfen aufgezogen. Ferner hat der Verfasser die Spiralfeder galvanisch vergoldet, welches besonders bei See-Uhren von Bedeutung ist, wo die eindringende Luft mit Feuchtigkeit und Salztheilchen beladen ist. Die Wichtigkeit der Chronometer für die Schifffahrt ist so groß, daß alle bei derselben betheiligten Nationen Preise auf die Vervollkommnung derselben gesezt haben; und so groß war der Erfolg, der diese Bemühungen gekrönt hat, daß man jezt die Chronometer als eine Vergleichungsweise sehr verbreitete Manufactur betrachten kann, die ferner nicht mehr vom Patronat der Regierung abhängig ist. Die Nachfrage darnach ist durch den allgemein anerkannten Nuzen so erhöht worden, daß eine kräftige Concurrenz unter den Künstlern eingetreten ist, wodurch ein wirklicher Handelsartikel producirt wird. Die Duplex-Uhr. Sie hat ihren Namen von der Form des Steigrads, welches eine doppelte Reihe Zähne hat, nämlich lange Randzähne in der Ebene des Rads, und senkrecht darauf kurze Stifte, parallel mit der Achse. Die erstem bewirken die Hemmung, indem sie auf ein Steincylinderchen auffallen, welches auf der Unruhachse sizt; durch einer Längenschnitt dieses Rouleau's echappiren sie. Die Stifte geben der Unruhe an einem Hebel den Impuls. Die Duplex-Uhr rangirt zunächst nach dem Chronometer, besonders was die Länge der Zeit betrifft, in der sie weder Reinigung noch Reparatur bedarf. Unterdessen hat sie auch einige Nachtheile, die man bei der Wahl einer Uhr berüksichtigen muß. Sie ist von sehr delicater Construction, und wenn sie nicht von ausgezeichneten Künstlern herstammt, sehr leicht dem Stehenbleiben unterworfen. Sollte dieselbe einen Fall erleiden, so kann die Reparatur leicht 4 bis 5 Pfd. St. kosten. Deßhalb sollte sich kein Herr damit tragen, der nicht entschlossen ist, derselben einige Sorgfalt zu schenken; sie paßt nicht beim Jagen, Reiten, Fechten oder gymnastischen Hebungen, wo sie theils Schaden nehmen, theils leicht stehen bleiben kann. Aus demselben Grund eignet sie sich nicht zur Damenuhr, weil die pendelartige Bewegung beim Hängen an einem Haken sie leicht arretirt. Die Ankeruhr. Sie hat ihren Namen von dem ankerförmigen Haken, der zwischen Steigrad und Unruhe steht. Auch diese Hemmung ist englische Erfindung, wie die vorige, und hat bedeutende Vorzüge vor allen andern. Vor noch nicht langer Zeit wurden die zum öffentlichen Concurs bestimmten Chronometer mit dieser Hemmung versehen, und werden zu besondern Zweken noch so gemacht. Man hat der Verbesserung dieser Hemmung so vielen Fleiß zugewandt, daß sie zum gewöhnlichen Gebrauch die beste geworden ist. Sie ist stark, wohlfeil, verträgt heftige Bewegung, und ist wohlfeil in der Reparatur. Außer diesen Vorzügen hat sie noch den, daß sie eine große Bertheilung der Arbeit zuläßt. Dadurch ist sie auch so sehr im Preis ermäßigt worden, daß man jezt eine gute Ankeruhr zu demselben Preis kauft, wie vor wenigen Jahren noch eine Spindeluhr. Keine Hemmung verträgt so gut heftige Stöße; auch kann dabei nichts zerbrechen als die Unruhachse, die man für einige Schillinge repariren lassen kann. Ankeruhren verkauft man von 6 Pfd. an aufwärts. Die Cylinderuhr (horizontal watch). Sie hat ihren deutschen Namen von dem wesentlichsten Theil der Hemmungsvorrichtung, nämlich einem kleinen hohlen ausgeschnittenen Cylinderchen, worauf die Steigradszähne während des Schwunges der Unruhe innen und außen aufliegen. Der englische Name rührt davon her, weil das Steigrad ebenfalls in einer horizontalen Ebene wie die andern Räder liegt. Da diese Hemmung zunächst nach jener der Spindeluhren kam, worin das Steigrad in einer Verticalebene liegt, so läßt sich der Name erklären, der jezt nichts Auszeichnendes mehr hat, da alle andern Hemmungen außer der gemeinen Spindelhemmung diese Lage des Steigrads haben. Die Schweizer haben diesem Echappement, weil es sich besonders zu flachen Uhren eignet, die größte Aufmerksamkeit geschenkt, und übertreffen darin England. Die Vorzüge besserer Hemmungen haben in England den Sieg davon getragen, und deßhalb die freie Ankerhemmung hier den Cylindergang gänzlich verdrängt. Die Schweizer Uhren entsprechen vortrefflich ihrem Zwek, besonders wenn sie auf specielle Bestellung von England aus gemacht werden. Diese Anweisungen werden sehr pünktlich befolgt, was schon aus dem einfachen Umstand einleuchtet, daß die drei häufigsten Hemmungen, Cylinder, Anker und Duplex englischer Erfindung sind. Die Spindeluhr (vertical watch). Der Spindel- oder Lappengang ist die älteste Hemmung. Sie wird vielleicht nie ganz verdrängt werden, weil sich in der ganzen Welt alle Uhrmacher auf deren Reparatur verstehen. Diese Uhren passen am besten für junge Leute, Handwerker und zur Exportation.

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