Titel: | Bericht über die Versuche, welche im Hafen zu Toulon mit dem Marine- oder Schiffleim angestellt wurden. |
Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XXXVI., S. 136 |
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XXXVI.
Bericht uͤber die Versuche, welche im
Hafen zu Toulon mit dem Marine- oder Schiffleim angestellt wurden.Nach einer der Redaction mitgetheilten Copie des
(franz.) Originals.
Versuche mit dem Marine- oder Schiffleim.
Eine Ministerial-Depesche vom 6. Novbr. 1843 ertheilte den Befehl, im Hafen zu
Toulon mit dem (Jeffery'schen) Marine- oder
Schiffleim (Glue-Marine) mehrere Versuche
anzustellen, wozu der Marine-Präfect eine Commission ernannte, die aus den
HHrn. Briet, Schiffcapitän,
als Präsidenten, Sochet, Marine-Ingenieur, für
welchen später Hr. Doriau,
Unter-Ingenieur der Marine, als Ersazmann eintrat, Lambert, Wasserbau-Ingenieur, und de la
Boissière, Marine-Untercommissär, bestund.
Die Versuche sollten sich erstreken 1) auf die Verfertigung zusammengefügter
(eingelegter) Korb-Mastbäume; 2) auf die Conservirung unter Wasser liegenden
Holzes und Schiffskiele; 3) auf das Kalfatern von Schiffen; 4) auf das Zusammenfügen
von Steinblöken und Ueberziehen von Mauerwerk.
Die Commission dehnte ihre Instruction noch auf die Anwendung des Schiffleims zum
Conserviren des Eisens und schwarzen Eisenblechs aus, wobei sie vorzüglich die Kiele
der eisernen Schiffe im Auge hatte.
Wegen verspäteter Ankunft des Hrn. Jeffery, des Erfinders des Schiffleims, welcher die zwekmäßigsten
Verfahrungsweisen der Anwendung dieser neuen Substanz angeben sollte, konnten die
Versuche vor dem Junius 1844 nicht begonnen werden, und nur die das Kalfatern der
Verdeke und Conserviren des unter Wasser befindlichen Holzes, der Schiffkiele und
des Eisenblechs betreffenden sind so weit vorgeschritten, daß die Commission ihre
Ansicht darüber auszusprechen vermag.
Die Commission wandte, den Anleitungen des Hrn. Jeffery zufolge, den Schiffleim nacheinander zum
Kalfatern der Kampanjen (obersten Hintertheile) des Dampfschiffs
„Titan“, des Seeschiffs „Ocean“ und
der Fregatten „Iphigenie“ und „Proserpina“
an und es wurde dabei wie folgt verfahren. Auf dem „Titan“
wurden am 7. Junius 1844 die Fugen des Bakbords mit einer einzigen Portion Werg (une seule étoupe), die 2 Centimeter tief und 5
Millimeter breit eingestopft wurde, kalfatert und bis auf die Oberfläche des
Bakbords mit Schiffleim überzogen. Die Fugen des Steuerbords wurden ohne Werg
kalfatert. Man machte zwischen jede Schiffsverkleidung eine 25 Millimeter tiefe und 5
Millimeter weite Fuge die mit Schiffleim ausgefüllt wurde; dabei bediente man sich
des Leimes A und des Leimes C (siehe polytechn. Journal Bd. XCIV S.
16) in gleichen Quantitäten mit drei Procent flüssigen Leims.
Die Kampanje (dunette) des „Titans“
blieb den ganzen Sommer 1844 hindurch an der Sonne, ohne ein einzigesmal naß zu
werden und beim Eintreten der Winterregen ließen die Fugen keinen Tropfen Wasser
hindurch. Der Schiffleim blieb an der Verkleidung haften bei allen Bewegungen, die
sie in Folge von Trokene oder Feuchtigkeit machte. Im erstern Fall blieb er in der
Fuge, welche sich erweiterte, und im leztern trat er heraus und bildete einen Wulst,
der ohne große Anstrengung nicht hinweggenommen werden konnte. Zwischen beiden Arten
der Kalfaterung mit Schiffleim wurde gar kein Unterschied wahrgenommen, es sey denn,
daß die Fugen, welche Werg enthalten, den Leim, wenn die Verkleidung sich
auseinanderbegibt, mehr heraustreten lassen. Die Kampanje des Seeschiffs
„Ocean“ wurde mehrmals kalfatert, ohne daß es möglich
gewesen wäre die Fugen zu verstopfen. Nachdem der Theer sorgfältig von den Fugen
hinweggenommen und Werg 2 Centimeter tief gestopft worden war, ließ die Commission
dieselben mit Leim A und Leim C in gleichen Quantitäten, mit 3 Proc. flüssigem Leim vermengt, ausfüllen.
Seitdem lag der „Ocean“ den Rest des Jahres 1844 vor Tunis auf
Station und kehrte im Monat December nach Toulon zurük, nachdem er sehr schlechter
Witterung ausgesezt gewesen war, ohne daß die Kalfaterung seiner Kampanje in ihrer
Vollkommenheit etwas verloren hätte. Die Kampanje der
„Iphigenie“ war am 2. und 6. August, ohne Werg in die Fugen
zu bringen, ausgeführt worden; man machte in den Verkleidungen eine 5 Millimeter
weite und 16 Millimeter tiefe Fuge, die mit einem Gemenge des Leims A und des Leims C, lezteren
in etwas größerem Verhältniß und 4 Proc. flüssigen Leims ausgefüllt wurde. Die
Quantität des Leims C und des flüssigen Leims ist hier
aus dem Grunde etwas größer, weil die Rükstände der vorausgehenden Versuche, welche
einen Theil des zur Elasticität des Leims nothwendigen ätherischen Oehls verloren
hatten, dazu verwendet wurden. Die „Iphigenie“ schiffte in sehr
schlechten Meeren, ihre Kampanje wurde stark strapazirt und die
Schiffleim-Kalfaterung ist noch ganz unversehrt. Die am
„Ocean“ und der „Iphigenie“ gemachte
Erfahrung gibt den Beweis, daß der Schiffleim den Bewegungen des Schiffs zur See
vollkommenen Widerstand leistet und der Vorderseite der Verkleidungen nicht
anzuhaften aufhört, sogar wenn die Fugen in Folge der Strapazen des Schiffes sich zu
öffnen anfangen. Die Kampanje der „Proserpina“ wurde am 10.
Julius 1844 auf dieselbe
Weise wie die der „Iphigenie“ präparirt; da diese Fregatte aber
nach den Antillen abgegangen und noch nicht wieder zurükgekommen ist, konnte die
Commission den Zustand ihrer Kalfaterung nicht untersuchen.
Obige Resultate thun klar dar, daß die Kalfaterung mit dem
Schiffleim der gewöhnlichen Kalfaterung, um die Fugen wasserdicht zu machen, bei
weitem vorzuziehen ist. Denselben Vorzug verdient er hinsichtlich seiner
Dauerhaftigkeit, indem er an den Schiffen, wo er nun seit 8 Monaten in Anwendung
ist, noch nicht den geringsten Schaden gelitten hat, während die Kalfaterung mit
Theer nach derselben Zeit wieder neuerdings vorgenommen werden muß. Noch einen
wichtigen Vortheil gewährt der Schiffleim vor dem Theer: daß er nämlich erst bei
weit höherer Temperatur schmilzt. In heißen Gegenden ist es oft der Fall, daß
der Schiffstheer sich so erweicht, daß er durch die Fugen dringt und sich an die
Füße hängt. Dieser Uebelstand kam auf den mit Schiffleim kalfaterten Schiffen
nicht vor.
Es sind nun noch die respectiven Kosten der beiden Arten der Kalfaterung zu
vergleichen. Ehe wir aber diese Vergleichung anstellen, muß bemerkt werden, daß die
Kalfaterung mit Schiffleim große Dauerhaftigkeit gewährt, die vielleicht jener der
Verkleidungen selbst gleich kömmt, ohne daß jedoch die Commission dieß behaupten
kann; die Fugen müssen so tief hinunter ausgefüllt werden, daß sie noch kalfatert
sind, wenn die Verkleidungen auch das Minimum ihrer Dike erreicht haben. Bei einer
Verkleidung also von 8 Centimeter Dike und darüber müssen die Fugen 4 Centimeter
tief ausgefüllt werden; denn diese Verkleidungen würden nicht mit neuen verwechselt,
wenn ihre Dike sich auch um 2 bis 3 Centimeter vermindert hätte. Die geringste
Tiefe, welche für die Verkleidung unter 8 Centimeter zugelassen werden könnte, wäre
3 Centimeter. Wenn bei den angestellten Versuchen nicht so verfahren wurde, so
geschah dieß, um den bedeutenden Arbeitslohn zu ersparen, welcher für das Präpariren
der Fugen der auf den Dekbalken schon befestigten Verkleidung nothwendig gewesen
wäre. Wir geben sonach die Kosten der Kalfaterung mit Schiffleim unter Annahme von 3
und 4 Centim. tiefen Fugen an.
Man brauchte zu den Fugen des Steuerbords der Kampanje des
„Titan“ 38 Kilogr. harten Leims, 1,20 Kilogr. flüssigen
Leims und 8 Arbeitstage der Kalfaterer. Vom harten Leim kostet das Kilogramm 1 Fr.
50 Cent.; vom flüssigen Leim 70 Centimes. Nimmt man diese Preise an und rechnet man
1 Fr. 50 Cent. als mittlern Taglohn, so gibt dieß den Betrag von 69 Fr. 84 Cent. Die Anzahl der in
den Fugen enthaltenen Meter ist 313. Der laufende Meter kömmt mithin auf (69 Fr. 84
Cent.)/313, oder zwei und zwanzig Centimes zu stehen. Wäre der Leim 3 und 4
Centimeter tief eingebracht worden, statt 25 Millimeter, so wäre der laufende Meter
auf sechsundzwanzig und fünfunddreißig Centimes gekommen. Die Anzahl der Arbeitstage
wächst jedoch nicht im Verhältniß zur Tiefe, indem ein Theil derselben zum
Wegschaffen des außerhalb der Fugen verbreiteten Leims verwendet wird. Es muß ferner
zu den Kosten von 26 und 35 Centimes der Taglohn hinzugerechnet werden, um zwischen
den Verkleidungen die zur Aufnahme des Schiffleims bestimmten Fugen herzurichten.
Dieser Taglohn, welcher bei angelegter Verkleidung sich ziemlich hoch beliefe,
beschränkt sich auf eine 3 bis 4 Centimeter breite und 5 Millimeter tiefe Belegung
(feuillure), welche vor dem Anlegen der Verkleidung
gemacht und von welcher der laufende Meter zu 15 Cent. in der Schreinerei im Hafen
zu Toulon bezahlt wird. Rechnet man diese 15 Cent. dazu, so ist 41 Cent. und 50
Cent. der Preis des laufenden Meters für die Kalfaterung mit Marineleim zu 3 und 4
Centimeter Tiefe ohne Werg. Bei derselben Berechnung auf den Fregatten
„Iphigenie“ und „Proserpina“ ergaben
sich für erstere 46 und 56 Cent. für den laufenden Meter und für die leztere 47 und
57 Cent. Das Mittel der Kosten, die sich für den „Titan“, die
„Iphigenie“ und „Proserpina“ ergaben,
beträgt demnach für die Kalfaterung zu 3 Centimeter Tiefe 45 Centimes, und für die
zu 4 Centimeter Tiefe 54 Cent. und dieß kann daher als der Preis für den laufenden
Meter Kalfaterung mit Marineleim ohne Werg für die beiden
Fälle der Verkleidung von Tannenholz unter 8 Centimeter Dike und darüber angenommen
werden.
Um den Kostenpreis der Schiffleim-Kalfaterung mit Werg zu erhalten, müssen von
obigen Zahlen die 15 Cent. für das Zurichten der Fugen zwischen den Verkleidungen
abgerechnet und der Werth des in die Fugen gebrachten Wergs und der für das
Einbringen desselben zu bezahlende Taglohn hinzugerechnet werden. Nun waren für die
313 Meter Fugen am „Titan“ 20 Kilogr. Werg à 36 Cent. und 16 1/2 Taglöhne à 1 Fr. 50 Cent. erforderlich, was zusammen 31
Fr. 95 Cent., oder 10 Cent. für den laufenden Meter ausmacht. Diese leztere Art der
Kalfaterung mit Schiffleim würde demnach ungefähr um 13 bis 22 Cent. für den
laufenden Meter billiger zu stehen kommen, als die Kalfaterung ohne Werg; allein sie
hat den Uebelstand, den Schiffleim mehr aus den Fugen treten zu lassen, wenn die Verkleidung sich
auseinander begibt, mehr Kalfaterer zu erfordern und hiedurch die gute Ausführung
minder sicher zu gewähren. Die Commission hält also dafür, daß die
Schiffleim-Kalfaterung ohne Werg vorzuziehen sey.
Wir vergleichen nun den Werth dieser Kalfaterung mit der gewöhnlichen mit Werg und
Schiffstheer. Die erste gewöhnliche Kalfaterung auf einem Verdek von Tannenholz
kömmt per Meter aus 11 Cent. und jede neue Kalfaterung
auf 7 Cent., Material und Arbeitslohn zusammen, zu stehen. Von diesen Kosten kommen
wenigstens 5/7 auf den Arbeitslohn. Die zweite Kalfaterung hat in der Regel vier
Monate nach der ersten zu geschehen und jede neue acht Monate darauf. Nach drei
Jahren kömmt die gewöhnliche Kalfaterung eben so hoch zu stehen, wie die Kalfaterung
mit Schiffleim von 3 Centimeter Tiefe und nach Verlauf von 3 Jahren 8 Monaten so
hoch wie die von 4 Centimeter Tiefe. Die Kalfaterung mit Schiffleim braucht also nur
3 Jahre oder 3 Jahre und 8 Monate auszuhalten, um nicht kostspieliger zu seyn, als
die gewöhnliche. Ohne sich nun hierüber mit Gewißheit aussprechen zu können, indem
die Versuche erst vor kurzer Zeit begonnen wurden, hofft die Commission dennoch, daß
dieses Resultat erreicht, ja sogar noch übertroffen werde. Uebrigens wurde die
Vergleichung bezüglich Verkleidungen von Tannenholz angestellt; nähme man nun aber
Eichenholz in Anschlag, welches klameiet (mit dem Klameieisen kalfatert) werden
müßte, wie dieß manchmal mit solchen von Batterien auf Schiffen und Fregatten der
Fall ist, so käme die erste Kalfaterung mit Theer auf 33 Cent. per Meter, und jede nachfolgende auf 11 Cent., und es
wäre also der Kostenunterschied zwischen den beiden Arten der Kalfaterung um vieles
geringer, indem die Kosten mit Schiffleim nur um 5 Cent. höher ausfallen würden, da
die Belegung (les feuillures) auf Eichenholz 20 Cent.
statt 15 kosten würde. Außerdem wären bei den Kosten der gewöhnlichen Kalfaterung
auch in Rechnung zu bringen: die oft durch sie nothwendig gemachte Versezung der
Verschläge, die in den Kammern des Schiffraums in Folge der unvollkommenen
Kalfaterung eintretenden Verluste durch Verderben der Lebensmittel, das
Zugrundegehen des Schiffrumpfes aus gleicher Ursache, welche Uebelstände alle durch
den Schiffleim vermieden werden, der außerdem noch den großen Vorzug hat, das
Schiffsvolk vor Feuchtigkeit zu schüzen. Die Wichtigkeit dieser Betrachtungen ist
einleuchtend, wenn der Werth derselben sich auch nicht durch Zahlen bestimmen
läßt.
Kurz wiederholt, verdient die Kalfaterung mit Marineleim bei
weitem den Vorzug vor der gewöhnlichen Kalfaterung, um die Fugen wasserdicht zu machen; der
Mehrbetrag ihrer ersten Kosten gegen diese wird durch ihre Vorzüge und ihre
längere Dauer wohl aufgewogen. Die Commission hält es sonach für vortheilhaft
für den Staat, den Schiffleim anstatt des Schiffstheers und Wergs
einzuführen. Sie empfiehlt die Anwendung des Marineleims ohne Werg bei allen neu zu
bauenden Schiffen, die Beibehaltung des Wergs aber nur bei den zur Zeit schon
verkleideten Schiffen, wo es zu kostspielig wäre, zwischen den Verkleidungen eine
Fuge anzubringen.
Die Commission schritt, ebenfalls unter Leitung des Hrn. Jeffery, zu folgenden Versuchen, um sich von der
Zwekmäßigkeit des Schiffleims als Schuzmittel gegen das Seegewürm, die Seegewächse
und Schaalthiere zu überzeugen, welche die im Meerwasser befindlichen Gegenstände
angreifen. Sie ließ einen Kasten Herrichten, von welchem vier Seiten jede aus 5
Tannenholzbrettern von 1,55 Meter Länge und 23 Centimeter Breite bestund, die
übrigen zwei Seiten aber leer blieben. Die vier vollen Seiten wurden mit den
Buchstaben A, B, C und D und
die Bretter jeder Seite mit den Ziffern 1, 2, 3, 4, 5 bezeichnet. Die äußern Seiten
der Bretter 1, 2, 4 und 5 der Seiten A, B und C wurden wie folgt zubereitet. Zuerst wurde eine Schicht
flüssigen Leims aufgetragen, der vermengt war mit 5 Proc. harten Leims und 2 Proc.
einer vergifteten Flüssigkeit, die aus einem Drittheil Queksilbersublimat in 2
Drittheilen Holzgeist aufgelöst, bestund. Nachdem diese Schicht getroknet war, ließ
man nacheinander zwei Schichten flüssigen Leims auftragen, der mit einem Drittheil
harten Leims vermengt und auf dieselbe Weise wie die erste vergiftet war; hierauf
noch eine Schicht Queksilbersublimat in Holzgeist aufgelöst. Endlich überzog man
einen horizontalen Streifen von 25 Centimeter Breite mit einer Mischung von
flüssigem Leim, hartem Leim und Theer. Die Außenseiten der Bretter 1, 2, 4 und 5 der
Seite D wurden mit einer Schicht harten Leims und einer
Schicht vergifteter Flüssigkeit überzogen. Die Bretter Nr. 3 endlich von jeder Seite
erhielten gar keine Zubereitung mit Ausnahme eines 50 Centimeter breiten,
horizontalen Streifens, welcher mit einer Schicht flüssigen Leims und harten Leims,
in gleichen Quantitäten vermengt und einer Schicht vergifteter Flüssigkeit überzogen
wurde. Diese am 10. Junius 1844 angefangenen Operationen waren am 27. desselben
Monats beendigt, wo dann der Kasten in einem Theil des Binnenhafens zu Toulon in das
Wasser gebracht wurde, welcher Theil wegen der hier sehr häufigen Angriffe des
Seegewürms und der Seegewächse bekannt ist. Die Commission ließ den Kasten am 9.
Septbr. 1844 zum erstenmal wieder ans Land bringen. Die nicht präparirten Bretter waren von
Würmern stark verstochen und mit Schaalthieren und Pflanzen überzogen; die
präparirten Bretter hingegen zeigten keine Spur von Wurmstichen; jedoch war unter
diesen lezten jener Theil, welcher auf seiner Oberfläche keine Schicht vergifteter
Flüssigkeit erhalten hatte, ebenfalls mit Gewächsen und Schaalthieren überzogen,
während der andere nur schwache Spuren zeigte, die überdieß nicht stark anhafteten.
Die Seite D des Kastens und der präparirte Theil der
Bretter Nr. 3 waren etwas weniger rein als die Seiten A,
B und C. Der Kasten wurde wieder ins Wasser
gebracht und am 15. Januar 1845 ein zweites Mal untersucht. Er fand sich beinahe in
allen Stüken von derselben Beschaffenheit wie bei der ersten Untersuchung; die
Wurmstiche, Pflanzen und Schaalthiere waren an denselben Stellen wie das erstemal
und die andern Theile zeigten davon nur geringe Spuren. Der Schiffleim haftete noch
stark an, ausgenommen an der Seite D des Kastens und auf
den Brettern Nr. 3, wo er anfing sich abzuschuppen. Es geht
aus diesen Versuchen hervor, daß der vergiftete Schiffleim das Holz vor dem
Wurmstich schüzt, daß die Auflösung des Queksilbersublimats, auf den Schiffleim
aufgetragen, wenigstens eine gewisse Zeit lang, die unter Wasser befindlichen
Flächen gegen die Seegewächse und Schaalthiere schüzt, und daß der flüssige
Schiffleim, mit 30 Proc. harten Leims vermischt, dem harten Leim und dem mit einer
größern Quantität harten Leims vermengten flüssigen Leim vorzuziehen ist.
Die mit einem Boot und dem Kiele des Schooners „Topas“
angestellten Versuche bestätigen obige Resultate. Da die erste Auftragung von
Schiffleim auf dem Boote nicht gehörig geschehen war, wurde es vom 24. Septbr. bis
2. Oktober auf folgende Weise präparirt. Der Kiel wurde mit zwei Schichten flüssigen
und harten Leims in gleichen Quantitäten, mit 6 Proc. Gift vermengt, überzogen; dann
mit drei Schichten vergifteter Flüssigkeit, die mit 8 Proc. flüssigen Leims
vermischt war. Die Quantität des Gifts wurde vermehrt, um die Wirkung der im
Mittelmeer sehr starken See-Vegetation besser zu bekämpfen. Das Boot wurde am
14. Januar 1845 ans Land gebracht und der Kiel desselben zeigte nicht die geringste
Spur von Vegetation. Den Schooner „Topas“ anbelangend, erhielt
sein Kiel am Steuerbord eine Schicht flüssigen Leims, die mit 5 Proc. harten Leims
vermengt und vergiftet war, am Bakbord aber eine Schicht derselben, nur nicht
vergifteten, Masse. Diese Operation geschah auf dem Stapel vom 20. bis zum 26.
Junius 1844. Der Schooner ging am 11. Sept. 1844 in den innern Hafen, um zwei neue Schichten flüssigen
Leims, vermischt mit 30 Proc. harten Leims und 5 Proc. Gift, und zwei Schichten
vergifteter Flüssigkeit, vermischt mit 8 Proc. flüssigen Leims, zu erhalten. Der
Kiel, der Vordersteven und der Hintersteven wurden mit Kupfer beschlagen, weil der
Marineleim-Ueberzug durch Reibung zum Theil weggerissen werden könnte. Das
Kupfer wurde übrigens eben so überzogen wie das lebendige Werk. Der
„Topas“ ging am 25. Septbr. 1844 aus dem innern Hafen und
bis jezt ist noch keine Spur von Wurmstichen und von Seegewächsen an dem Kiele,
wenigstens nicht in der Nähe der Tauchlinie zu bemerken, wo sie doch immer am
reichlichsten zu finden sind. Die Kosten dieses Verfahrens die Kiele zu präpariren
sind verschieden je nach dem Verhältniß des harten Leims und des Gifts. Bedient man
sich der Quantitäten wie bei dem „Topas“, welche die besten zu
seyn scheinen, so erhält man folgende Resultate. Es wurden für diesen Schooner
verbraucht 40 Kilogr. harten Leims zu 1 Fr. 50 Cent.; 142 Kilogr. flüssigen Leims zu
0,70 Cent.; 30 Kilogr. vergifteter Flüssigkeit zu 7 Frcs. und 25 Arbeitstage der
Kalfaterer zu 1 Fr. 50 Cent., was die Summe von 406 Fr. 90 Cent. ausmacht. Die
präparirte Fläche beträgt 165 Quadratmeter; der Quadratmeter kömmt also auf 2 Fr. 47
Cent., ein viel geringerer Betrag als 29 Fr. 25 Cent., auf welchen im Touloner Hafen
der Kupferbeschlag, Material und Arbeitslohn zusammen, zu stehen kömmt.
Es wäre nun die Dauerhaftigkeit des Schiffleim-Ueberzuges und des Kupfers zu
vergleichen. Die Commission kann die Zeit, wie lange der Schiffleim und das Gift die
Kiele schüzen, noch nicht genau angeben; ihre Versuche dauern noch nicht lange genug
und wurden außerdem mit unbeweglichen Körpern angestellt, während ausgemacht ist,
daß die Gewächse sich an die in Bewegung begriffenen Körper, wie an die Kiele der
fahrenden Schiffe, viel weniger anhängen. Nachdem die Zeit, während welcher der
vergiftete Anstrich wirksam bleibt, verstrichen ist, muß das Schiff in den innern
Hafen gebracht und sein Kiel mit frischen Giftschichten angestrichen werden.
Vorausgesezt, wovon sich die Commission noch nicht überzeugen konnte, daß dieser
neue Anstrich eben so wirksam sey wie der erste, so gleicht diese Operation das
Puzen des Kupfers aus, welches jezt, vorzüglich bei Dampfschiffen, sehr häufig
vorgenommen wird. Im Allgemeinen vermag die Commission sich nicht bestimmt darüber
auszusprechen, doch erscheinen ihr die erhaltenen Resultate
hinlänglich vortheilhaft, um es nüzlich zu erachten, die Sache jezt im Großen
auszuführen, und zwar bei Schiffen, welche für schnelle Fahrten bestimmt
sind.
Die Commission stellte überdieß mehrere Versuche über das Conserviren des Eisenblechs
mittelst Schiffleims in der Absicht an, sich desselben auch zu eisernen Schiffen zu
bedienen. Sie verglich diesen Anstrich mit dem Mennig-Anstrich. Sie ließ fünf
Eisenbleche nehmen, wovon das erste gar keine Zubereitung erhielt, das zweite zwei
Schichten eines Anstrichs von Mennig, die drei andern aber auf folgende Weise
präparirt wurden: man bezeichnete ihre eine Seite mit den Nummern 1, 2, 3, 4, 5 und
6. Die Fläche 1 erhielt eine Schicht harten Leims, die Hälfte vom Leim A, die andere vom Leim C,
ohne Gift, dann eine Schicht Gift. Die Flächen 2, 3 und 4 erhielten auf einem
Drittheil ihrer Ausdehnung eine Schicht vergifteten flüssigen Leims, dann 2
Schichten vergifteten flüssigen Leims, vermischt mit einem Drittheil harten Leims
endlich eine Schicht Gift. Die Fläche 5 erhielt 2 Schichten Mennig, eine Schicht
vergifteten flüssigen Leims und eine Schicht Gift. Die Fläche 6 endlich erhielt 2
Schichten Mennig und 2 Schichten Gift. Diese Zubereitungen geschahen zur selben Zeit
wie mit dem Kasten und die Eisenbleche wurden zugleich mit jenem ins Wasser gebracht
und am 9. September herausgenommen. Die Commission fand das nicht präparirte
Eisenblech sehr stark gerostet und beschmuzt, das mit Mennig bestrichene Blech mit
Seegewächsen und Schaalthieren bedekt und im Beginn zu rosten; das Blech 5 befand
sich beinahe in demselben Zustande wie das vorhergehende, indem der Leim dem
Mennig-Anstrich nicht anhaftete, wegen des darin enthaltenen Oehls; alle
andern Flächen waren sehr schmuzig, mit Ausnahme jener Theile, welche zulezt mit
einer Schicht Gift bestrichen wurden. Unter diesen lezten zeigten die Flächen 2, 3,
4 das vortheilhafteste Resultat; dann kam die Fläche 1 und endlich die Fläche 6,
welche jedoch viel weniger schmuzig war als die bloß mit Mennig angestrichene
Platte. Die Pflanzenkeime auf den mit Gift angestrichenen Flächen hingen nicht fest
an, und wären leztere am Kiele gewesen, so hätte das Kielwasser wahrscheinlich
hingereicht, um sie wieder verschwinden zu machen. Die Eisenbleche wurden wieder ins
Wasser gebracht und am 14. Januar von der Commission zum zweitenmal besichtigt. Die
Resultate waren wieder dieselben; nur bemerkte man, daß der Schiffleim dem Eisen
besser anhängt als der Mennig, welcher sich abzuschuppen angefangen hatte, und daß
der flüssige Schiffleim, mit einem Drittheil harten Leims vermischt, vor dem harten
Leim den Vorzug verdient. Der Schiffleim schüzt folglich das
Eisen vor Oxydation und die vergiftete Flüssigkeit, auf den Schiffleim
aufgetragen, schüzt die Oberfläche des unter Wasser befindlichen Eisenblechs,
wenigstens eine gewisse Zeit lang, vor den Seegewächsen und Schaalthieren. Er eignet
sich hiezu offenbar besser als der Anstrich mit Mennig.
Die respectiven Kosten dieser beiden Substanzen betreffend, kommt das Kilogramm
flüssigen Schiffleims, mit einem Drittheil harten Leims vermischt, ungefähr so hoch
zu stehen wie das Kilogramm Mennig-Anstrich und bedekt ziemlich eine
gleichgroße Oberfläche. Es bliebe also beim Präpariren des Eisenblechs mit
Schiffleim nur der Mehrbetrag der Kosten der vergifteten Flüssigkeit. Diese
Differenz wird aber unstreitig durch die größere Dauer aufgewogen, was allerdings
erst die Zeit zu entscheiden vermag. Der Schiffleim hat aber
noch den sehr großen Vorzug für sich, weit weniger Schmuz anzunehmen als der
Mennig.
Dem Vorhergehenden zufolge glaubt die Commission, daß Versuche im Großen angestellt
werden sollten mit den Kielen von Dampfschiffen und beantragt, den Schiffleim bei
dem zu Toulon im Bau begriffenen „Cato“ in Anwendung zu
bringen. Die Dampfschiffe anbelangend, deren Kiele schon den Mennig-Anstrich
haben, wäre das Auftragen zweier Giftschichten ohne Zweifel vortheilhaft, wie die
Blechplatte beweist, welche auf diese Weise präparirt wurde.
Bezüglich der Anwendung des Schiffleims auf Mauerwerk konnte die Commission keine
Versuche anstellen, weil sie nicht die geringste Anleitung hinsichtlich des dabei zu
befolgenden Verfahrens erhielt, weder zur Vorbereitung der Oberflächen, noch zur
Zusammensezung und Auftragung des fraglichen Ueberzugs; dem Erfinder selbst gingen
hierüber positive Thatsachen ab. Uebrigens wäre das Gelingen solcher Versuche
vielleicht auch keine völlig neue oder sehr wichtige Thatsache. Bekanntlich bedienen
sich z.B. die Steinhauer des Gummilaks, des Hauptbestandtheils des Marineleims, um
abfallende Splitter wieder anzukitten, und unter der Menge von Vorschriften für
wasserabhaltende Ueberzüge bedient man sich nur des Oehlanstrichs oder des
Steinkohlentheers im Großen, weil bei den übrigen der Preis mit dem beabsichtigten
Zwek nicht in Verhältniß steht.
Toulon, den 19. Febr. 1845.
Die Mitglieder der Commission.