Titel: | Anweisung zum Gebrauch des Garancins. |
Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LVII., S. 218 |
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LVII.
Anweisung zum Gebrauch des Garancins.
Anweisung zum Gebrauch des Garancins.
Das Berliner Gewerbe-, Industrie- und
Handelsblatt Bd. XV S. 93 enthält folgende Vorschriften zum Färben mit
Garancin, welche besonders für Türkischrothfärber wichtig sind:
Erste Vorschrift.
Beim Färben mit Garancin ist es nöthig das gewöhnliche Verfahren des Krappirens
oder Absiedens gänzlich abzuändern und nachstehende Vorsicht zu beobachten: wenn
man nämlich bemerkt, daß das Färbebad oder der Absud des Garancins sich röthet
oder anfängt in Veilchenfarbe überzugehen, so wird demselben ein kleines Quantum
Essigsäure oder Holzessig unter Beobachtung der erforderlichen Vorsicht
beigefügt; öfters bedarf es auch der Beimischung von etwas Kleie, wodurch
bewirkt werden soll, daß der Farbeton des Absuds ins
Hochgelbrothe übergehe; man verhüte daß er nicht ins Grünliche steche, denn in diesem Fall wäre Ueberfluß
der angewendeten Zusäze vorhanden und dieß hätte gänzliche Untauglichkeit des
Farbstoffs zur Folge. Man wolle dieses genau beobachten und wird dann gewiß mit
diesem Product überall wo man es anwendet, gute Farben herausbringen, und sich
vorzugsweise des Garancins bedienen; wo aber jene Vorschriften nicht
berüksichtigt und die erforderliche Vorsicht unterlassen wird, da ist jeder
Erfolg unmöglich. Wenn anfänglich das Gelingen nicht vollständig wäre, oder man
bei den ersten Versuchen zweifelhaft seyn sollte, so beginne man damit, das
Garancin entweder zu 1/2, 1/3 oder 1/4 Theil mit gewöhnlichem Krapp vermischt
anzuwenden, indem es mit diesem sich sehr leicht verbindet. Auf diese Weise hat
man damit in Rouen begonnen, bis man endlich in der Anwendung desselben eine
solche Fertigkeit erlangte, daß man sich nun dessen ausschließlich bedient. Daß
übrigens die Behandlung weder schwierig noch mühsam sey, geht aus dem Umstand
hervor, daß solche in Rouen durch ganz gewöhnliche Arbeiter, gleichsam spielend,
verrichtet wird. Die Hauptsache, wir wiederholen es, besteht darin, die Wirkung
der Kalksalze, welche im Wasser enthalten sind und einen nachtheiligen Einfluß
auf die Farbbestandtheile ausüben, zu vernichten, welches, wie schon oben
erwähnt, durch Beimischung von ein wenig Essigsäure am besten erzielt wird; das
Verhältniß wird durch den Farbeton des Bades bestimmt, welcher weder
veilchenblau noch grün seyn darf, sondern
hochgelbroth.
Den obigen Vorschriften haben wir ferner beizufügen, daß man in einigen Rouener
Fabriken, wo man dem lebhaften Farbeton der mit Garancin gefärbten Stoffe einen
stärkern Grund geben wollte, durch Beimischung von Krapp nachhilft. In der
Drukerei, welche am meisten davon Gebrauch macht, werden bei diesem Verfahren
folgende Verhältnisse beobachtet:
In einen Kessel, welcher 50 Zuber1 Zuber = 100 Pfd. Wasser. Wasser faßt, und in dem 10 Stük, jedes zu 50 Halstücher, gefärbt werden,
kommen 10 Pfd. Garancin und 12 Pfd. gewöhnlicher gepulverter Krapp hinein; diesem werden bei
einem Wärmegrad von 24–32° Reaumur zwei gewöhnliche Trinkgläser
voll Essigsäure von 7 à 8°
(Baumé), jedoch mit gehöriger Vorsicht beigemischt; das Ausfärben muß
wenigstens 3 Stunden dauern, wovon 1/2 Stunde bei Siedhize.
Wir haben Ursache zu vermuthen, daß das Wasser in Rouen kalkhaltiger sey als
jenes der Flüsse in Mülhausen oder der Schweiz, und ist es da deßwegen genügend
weniger Essigsäure oder Holzessig beizufügen; aus diesem Grund ist es thunlich,
diese gleich von Anfang aber nur in ganz kleinen Dosen beizufügen, bis daß der
violettfarbige Stich des Farbbades ganz verschwunden seyn wird. Mit dem
zunehmenden Wärmegrad des Bades zeigt es sich dann bald, wie viel Säure es im
Ganzen bedarf und kann dann für alle späteren Färbungen das gleiche Quantum
schon beim Beginnen der Operation beigegeben werden. Wir bemerkten, daß selbst
dem destillirten oder gereinigten Wasser noch etwas Essigsäure beizugeben sey,
in diesem Fall jedoch nur äußerst wenig; es ist dieses überhaupt allen
Fabrikanten zu empfehlen, selbst wenn das Wasser, dessen sie sich bedienen, noch
so rein ist.
Zweite Vorschrift.
Damit des Verbrauch des Garancins desto schneller Eingang finde, lassen wir die
ersten Versuche mit Beimischung von 1/2 gewöhnlichem Krapp vornehmen, d.h. so
daß, wenn man in einem gegebenen Fall 40 Pfd. gewöhnlichen Krapp verwenden
müßte, man davon nur 20 Pfd. nehmen würde und diesen dann 5 Pfd. Garancin als
Ersaz der andern 20 Pfd. Krapp beimischte. Wie wir bereits erwähnt haben, ist
dem Bade ein gewisses Quantum Essigsäure oder Holzessig beizufügen und zwar im
Verhältniß von 1–1 1/2 Trinkglas voll auf 70–80 Zuber Wasser; auf
diese Art kann man des besten und sichersten Erfolgs gewiß seyn und es werden
hauptsächlich rothe Farben erzeugt, welche
vermittelst des allerbesten Krapps, wenn er nur auf gewöhnliche Weise gepulvert
ist, nie hervorzubringen sind. Da man in Rouen überall Ersparnisse zu erzielen
sucht, so beobachten die ersten Fabriken folgendes Verfahren: wenn zum Krappiren
von Saktüchern oder Kattunen auf eine Partie 1 1/2 Pfd. Garancin erforderlich
sind, so werden statt dieser 1 6/10 Pfd. Garancin genommen und das Färben wie
gewöhnlich vollzogen; durch diesen Zusaz wird eine ganz vorzüglich schöne Waare
hervorgebracht. Sobald nun das Krappiren beendigt ist, so lassen sie das
Färbebad 1/2 Stunde stehen und schöpfen aus dem Kessel die obere Hälfte der
Flüssigkeit ab, um diese wiederum durch kaltes Wasser zu ersezen, wodurch der
Wärmegrad wieder auf 20–24° R. heruntergeht; sodann wird eine dem beigefügten
Wasser verhältnißmäßige Quantität Säure beigegeben, und wiederum 1 4/10 Pfd.
Garancin hineingethan; wenn nun mit diesem frischen Ansaz gefärbt wird, so kann
man bei der zweiten Operation auf ein eben so befriedigendes Resultat zählen,
wie bei der ersten. Nach dieser kann das Verfahren zum drittenmal wiederholt
werden und es ist dabei alles Obengesagte zu beobachten, nur werden dießmal bloß
1 3/10 Pfd. Garancin verwendet, um die gleiche Anzahl Stüke zu färben, und
dennoch darf man einer eben so lebhaften Farbe wie anfänglich versichert seyn.
Daß durch die Verbindung dieser drei Operationen ein halbes Pfd.Im Original heißt es: „Wenn zum Krappiren auf eine Partie 1 L.
5 Garancin erforderlich sind, so werden 1 L. 6 Garancin genommen
etc., so daß durch die Verbindung dieser drei Operationen 1 L. 2
Garancin erspart werden.“ Wir glauben durch unsere
Abänderung den wahren Sinn der von einem Elsasser
Garancin-Fabrikanten verfaßten Anleitung getroffen zu haben.A. d. R. Garancin erspart wird, wird einem Jeden von selbst einleuchten;
dieselben weiter auszudehnen, wurde nicht versucht, weil bereits das Bad zu dik
wurde. Wir erzählen alle diese Einzelnheiten, um darzuthun, daß das Garancin,
durch die wirklichen Vortheile, welche es dem Manufakturisten verschafft, ganz
dazu geeignet ist, von demselben mit Ausdauer berüksichtigt und in Anwendung
gebracht zu werden.
Dritte Vorschrift.
Wir haben eine sehr wichtige Verbesserung mitgetheilt, welche die Rouener
Fabrikanten gegenwärtig bei der Anwendung von Garancin in Ausübung bringen. Wie
aus dem vorigen Abschnitte hervorgeht, besteht dieselbe hauptsächlich darin:
sich mehreremal der Rükstände auf einander folgender Farboperationen zum Ansezen
neuer Farbebäder bedienen zu können. Dieses Verfahren verschafft ihnen den
Vortheil von kräftigern Farben und Ersparniß an Farbstoff. Dieser Vortheil ist
aber in jenen Färbereien am hervorspringendsten, wo man sich zum
Garancin-Färben des reinen destillirten Wassers bedient. Denn in diesem
Falle wird das ausgeschöpfte Wasser einfach wieder durch anderes ersezt, ohne
daß man eines Beisazes oder Verbesserungsmittels bedarf, nebstdem bleibt sich
das Verfahren gleichartiger.
Zur Notiz mögen es sich diejenigen nehmen, denen es nicht bereits bekannt ist,
daß es eine gänzliche Unmöglichkeit wäre mit gewöhnlichem Krapp dieses Verfahren
anzuwenden, d.h. von dem Rükstande desselben, nachdem man darin gefärbt hat,
wieder irgend einen Nuzen zu ziehen, denn bei einem gewissen Hizegrad löst das
Wasser des Farbebades eine Menge fremdartiger Theile auf, die wieder einen flokigen
Niederschlag bilden, sobald der Wärmegrad um etwas vermindert wird. So wie aber
diese Umgestaltung stattgefunden, so ist jede Spur von Farbstoff verschwunden;
was daher von diesem vor dem Erkalten des Bades nicht abgegeben wurde, bleibt
unwiderruflich verloren. Dieses ist der gewöhnliche Grund, weßhalb die
Fabrikanten gefehlte Farben bekommen, und wenn der nämliche Krapp in kurz auf
einander folgenden Zeiträumen gute und schlechte Resultate liefert; nicht in
diesem liegt der Fehler, sondern an den Arbeitern, welchen die Feuerung unter
den Krappkesseln anvertraut ist. Sehr oft feuern sie zu stark und halten dann
wieder ganz damit inne, fangen dann aber von neuem an, bis die vorgeschriebene
Zeit, welche zum Garanciren auf 2 Stunden berechnet wird, vorüber ist. Mit dem
Garancin werden alle diese Uebelstände vermieden; man kann nämlich das Farbebad
nur zur Hälfte vollenden, selbiges bei einem beliebigen Wärmegrad wieder
erkalten lassen, und wenn man es für gut findet, erst am folgenden Tag wieder
ausbeuten; der darin enthaltene Farbstoff kann immer wieder benuzt werden; dabei
muß jedoch beobachtet werden, daß solches von Anbeginn gehörig behandelt werde,
daß die Einwirkung der Kalksalze durch Anwendung von Säuren bei gewöhnlichem
Wasser vernichtet und dem Entwiklungsgange des Farbestoffs die erforderliche
Zeit gegeben werde, damit dieser sich gehörig mit den Beizmitteln verbinde. Wir
geben die Versicherung, daß sich das Garancin hauptsächlich zum Färben von
Tüchern und Garnen in Türkischroth eigne, besonders wo es darum zu thun ist eine
ganz schöne Farbe zu erzielen, die feurig und lebhaft seyn muß. In dieser
Beziehung eignet es sich namentlich für die Fabriken in Mariakirch und in der
Schweiz, wo die ganz schönen rothen Tücher und Garne gefärbt werden.
Um Vorzügliches zu leisten, beobachtete man dabei folgendes Verfahren: in einem
100 Zuber Wasser haltenden Kessel werden etwa 70 Flotten Baumwollengarn gefärbt;
dazu bedarf es 36 Pfd. gepulverten Krapp SFF,
9 Pfd. von gutem Garancin (diese enthalten noch einmal von 36 Pfd. Krapp den
Farbstoff); man gießt ferner 1 Flasche Essig in das Farbebad und fügt nachher
die noch übrigen Stoffe hinzu, welche die Rothfärber gemeiniglich anwenden,
bestehend in 5 Pfd. Sumach und 2 Zuber Ochsenblut; viele Fabrikanten lassen aber
lezteres ganz bei Seite. Nach dieser Behandlungsweise kann man, laut
Versicherung vieler Fabrikanten, auf einen so günstigen Erfolg zählen, wie
solches früher ohne Anwendung des Garancins nie der Fall war.
Dieses sind bestimmte, unwiderrufliche Thatsachen und sie scheinen uns für die
Rothfärber in Garnen und Tüchern von Bedeutung zu seyn; sie dürfen sich nur
genau an unsere Vorschriften halten und können dann eines befriedigenden
Resultates versichert seyn.
Wir erachten für nothwendig noch folgende Beobachtungen mitzutheilen, welche auf
das Färben von rochen Garnen und Tüchern Bezug haben. Man lasse sich durch die
Lebhaftigkeit der Farbe beim Herausnehmen der Garne aus dem Farbkessel nicht
verleiten zu glauben, die Beize dürfeIm Original heißt es: „das avivage
müsse etc.“
A. d. R. schwächer seyn, im Gegentheil ist es besser, daß diese so kräftig wie
möglich gemacht werde. Es ist erforderlich, daß man sich dazu gekochten Gallus
bediene und die Garne troken in die Farbe nehme; dieses Alles gilt auch für die
Behandlung der Tücher.
Was auf diese Weise gefärbt wurde, war ausnehmend schön, und man hat uns Garne
der Häuser Lefevre, Louis Dechamps und Le Normann in Rouen zugesandt,
welche bei der Pariser Ausstellung ausgestellt wurden. Die Erfahrung hat
gelehrt, daß bei der Anwendung von 1/2 gewöhnlichem Krapp und 1/2 Garancine,
welche viermal so viel Farbstoff enthält als der Krapp, der Erfolg stets
befriedigend war. Wenn das Verfahren auf geringe Baumwollgarne angewendet wird,
so darf man keine so schöne Farbe erwarten, als wenn man solche dazu bestimmt,
wovon der Werth einer Partie (zu drei Farbeoperationen) sich wenigstens auf 500
Frcs. beläuft; am auffallendsten und schönsten bewährt es sich bei Garn im
Werthe von 600 Frcs., welches nach Art der von Mariakirch vorbereitet war und
dann vereint mit Garancin und gewöhnlichem Krappe, jedes zur Hälfte, gefärbt
wurde.
Wir können uns wirklich nicht erklären, woher es wohl kommen mag, daß man häufig
die Bemerkung hört, daß die Stoffe, welche mit Garancin gefärbt wurden, sich
schwieriger im Bleichen zeigen. In Rouen ist es gerade umgekehrt, denn eines der
ersten Häuser daselbst gibt den auf solche Weise gefärbten Stüken den Vorzug,
weil es, um dieselben zu bleichen, nicht 1/4 der Mühe und des Zeitaufwandes
bedarf, als bei den mit gewöhnlichem Krapp gefärbten.
Wir hatten Gelegenheit zu bemerken, daß selbst als wir ganz reines Wasser zum
Färben verwendeten, die Farben besser und der Grund haltbarer wurde, wenn wir
ganz wenig Essigsäure beimischten, jedoch nur in kleinem Quantum, z.B. 1 Tropfen
auf 4 Pfd. Wasser. Wir haben ferner bedachtet, daß wenn man statt dieses kleinen
Quantums Essigsäure zu 7 Grad Baumé etwas Kleie beisezt, der Grund viel
mehr Halt bekömmt, sich zum Bleichen besser eignet, und überhaupt die dem Färben
folgenden Operationen leichter vollzogen werden können. Diese Bemerkungen
sollten bei reservirten weißen Stellen benuzt werden,
es werden dadurch bessere Resultate wie bis dahin zu erreichen seyn. Zugleich
mache ich wiederholt darauf aufmerksam, daß das Farbebad von aller violetten
Färbung gänzlich befreit werde, wenn es den Erfordernissen gehörig entsprechen
soll.Ueber die Prüfung des Garancins auf seine Güte verweisen wir auf
Girardin's
Abhandlung im polytechn. Journal Bd.
XCI S. 157.A. d. R.