Titel: | Ueber ein bei der schottischen Whiskyfabrication aus gemalzter Gerste entstehendes Oehl; von C. J. O. Glaßford. |
Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. LX., S. 227 |
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LX.
Ueber ein bei der schottischen Whiskyfabrication
aus gemalzter Gerste entstehendes Oehl; von C. J. O. Glaßford.
Im Auszug aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, April
1845, S. 104.
Glaßford, über ein bei der Whiskyfabrication entstehendes
Oehl.
Folgende Bemerkungen sollen nur die Existenz eines neuen eigenthümlichen Fettäthers
und einer Säure, welche in dem, aus gemalzter Gerste fabricirten Whiskyöhl
vorkommen, darthun, ohne eine genaue Beschreibung und Analyse aller Bestandtheile
dieses öhligen Products anzuführen, da ich die Absicht habe, dieß später
gelegentlich zu thun. So weit die Untersuchung bis jezt gediehen, iß sie unter der
gütigen Aufsicht des Hrn. Prof. Liebig im Laboratorium zu Gießen ausgeführt, und würde nicht so
unvollständig ausgegeben worden seyn, wenn mir hinreichend Material zu Gebot
gestanden hätte, denn meine Entfernung von Schottland erschwerte lehr die Erlangung
desselben.
Dieses Oehl entsteht bei der Destillation von Weingeist oder Whisky aus gegohrener
Würze oder dem Auszug des gemalzten Getreides. Gerste oder Weizen wird einige Zeit
in Wasser eingeweicht, bis sie aufgequollen und weich ist, das Wasser alsdann
abgelassen und das Getreide auf einen glatten Stein- oder Lehmboden nur
wenige Zoll dik aufgestreut; die Keimung beginnt bald und die Temperatur der ganzen
Masse erhöht sich; damit sie aber stellenweise nicht zu hoch steige, wird das Ganze
mit breiten Schaufeln öfters umgewendet. Ist die Keimung weit genug fortgeschritten,
so bringt man das Getreide auf eine Malzdarre, worauf es allmählich von + 31 bis
56° R. erhizt wird. Hiedurch wird das Korn getroknet und weitere Keimung
gänzlich verhindert.
Diese Operation erfordert viele Sorgfalt, da von dieser eigenthümlichen Trokenmethode
der Wohlgeruch oder das Aroma des Getränks abhängt. In Schottland wird das Getreide
durch den Rauch von Lohkuchen getroknet und seiner Keimfähigkeit beraubt, und erhält
dadurch, so wie der daraus bereitete Whisky einen eigenthümlichen rauchigen
Geschmak. Einen ähnlichen Geruch besizt auch das Oehl und ist in einigen
Bestandtheilen desselben schwach bemerklich. Ob diese eigenthümliche Trokenmethode
des Malzes irgend Einfluß auf die öhligen Producte hat oder nicht, und welcher Art
dieser Einfluß seyn mag, kann nur durch eine vergleichende Untersuchung von Oehlen
welche aus nach beiden Arten getroknetem Malz erhalten sind, entschieden werden. Die
Malzlösung oder Würze wird abgekühlt und in weiten hölzernen Bütten durch Hefe auf gewöhnliche
Weise in Gährung gebracht. Die gegohrene Masse wird in eine Kupferblase gebracht und
durch Kohlenfeuer erhizt; die Spiritus-, Wasser- und Oehldämpfe,
welche übergehen, werden in der in kaltes Wasser tauchenden Schlangen- oder
Kühlröhre verdichtet; die entstehende Flüssigkeit läuft durch feinen Sand und wird
dann je nach der Beschaffenheit des Products durch Rinnen in verschiedene Fässer
geleitet. Von dem Destillate werden nämlich verschiedene Portionen besonders
aufgefangen. Der zuerst übergehende Theil ist eine Mischung von ganz rohem Spiritus
und Oehl, Vorlauf (Feints) genannt und wird in eigenen
Fässern zu einer zweiten Destillation aufbewahrt; der zweite Theil ist reiner
starker Whisky, welcher mit etwas Wasser verdünnt und dann in den Handel gebracht
wird; der lezte Theil ist schwacher Spiritus oder Whisky, welcher „Low Wines“ genannt und in eigenen Fässern
aufbewahrt wird, um bei einer zweiten Destillation allen Whisky daraus zu gewinnen.
Auf der Oberfläche des in den Fässern enthaltenen Vorlaufs (Feints) findet man das Oehl, aber in verhältnißmäßig so geringer
Quantität, daß das Verhältniß des Oehls zum angewandten Malz noch nicht bestimmt
ist. Weit mehr Oehl erhält man aus der Würze ungemalzten Getreides, und auch dieses
Oehl hat einen äußerst unangenehmen Geruch. Keine Spur Oehl erhält man aus einer
Würze, welche vor der Gährung mit einer sehr kleinen Quantität Hopfen gekocht wird.
Hieraus erhellt, warum bei der Darstellung von Ale, Porter und andern Vieren, aus
gemalztem Getreide, kein Oehl erhalten wird; die Erklärung davon ist jedoch noch
nicht gegeben. Die Beleuchtung dieser Punkte öffnet dem Chemiker ein weites Feld, da
die so wichtige Bierfabrication der Chemie noch so wenig zu verdanken hat. Das von
dem Vorlauf abgenommene Oehl ist völlig durchsichtig, von dunkelgrüner Farbe, hat
einen starken, nicht ganz unangenehmen Geruch, ist frisch durchsichtig, wird aber
nach längerem Stehen, besonders mit Luft in Berührung dik. Der vollkommen von dem
Fuselöhl des Getreide- oder Kartoffelbranntweins verschiedene Geruch dieses
Oehls ließ mich vermuthen, es seyen verschiedene Oehle, und bestimmte mich es einer
Untersuchung zu unterwerfen. Hinlänglich durch Thatsachen unterstüzt, kann ich
versichern, daß jeder der oben erwähnten Körper eine sehr verschiedene Reihe von
Verbindungen darstellt. Ich behandelte das Oehl auf dieselbe Weise wie Mulder das Branntwein-Fuselöhl mit einer Lösung
von kohlensaurem Kali und erhielt ein leicht zu sammelndes ätherisches Oehl.
Durch die Einwirkung von Kali wird dieser Aether völlig zerlegt, unter Bildung einer
großen Quantität von Alkohol, und es werden nun zwei neue Seifen in der Kalilösung gefunden,
wovon eine die Verbindung von Kali mit einer fetten krystallinischen, die andere mit
einer flüssigen öhlartigen Säure ist.