Titel: Ueber das offene Manometer des Hrn. Richard; ein der Société d'Encouragement von Hrn. Le Chatelier erstatteter Bericht.
Fundstelle: Band 97, Jahrgang 1845, Nr. CI., S. 401
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CI. Ueber das offene Manometer des Hrn. Richard; ein der Société d'Encouragement von Hrn. Le Chatelier erstatteter Bericht. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Jun. 1845, S. 223. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Le Chatelier, über Richard's offenes Manometer. Das Instrument des Hrn. Richard, welches man offenes Manometer mit reducirter Queksilbersäule nennen könnte, ist auf ein längst bekanntes und schon früher angewandtes Princip gegründet, nämlich auf das Theilen der Queksilbersäule in mehrere umgekehrte Heber, die durch andere Heber, welche mit Wasser gefüllt sind, wieder vereinigt werden. Drükt nun bei einem ähnlichen System der Dampf oder eine andere Flüssigkeit auf die erste Säule, so senkt sich das Queksilber zu gleicher Zeit in allen Röhren, und tritt dann mit der Dampfspannung wieder ins Gleichgewicht, wenn die Summe aller Niveauunterschiede gleich ist der Höhe der Queksilbersäule in einem gewöhnlichen offenen Manometer, welche dem nämlichen Dampfdruk das Gleichgewicht hielte. Haben alle Röhren des Systems gleichen Durchmesser, so senkt sich in allen das Queksilber um gleichviel, und zwar ist die Größe dieser Senkung gleich der Höhe der Queksilbersäule in einem gewöhnlichen offenen Manometer, dividirt durch die Anzahl der umgekehrten Heber. Vermehrt man also die Anzahl der Heber, so kann man die Höhe der Queksilbersäule, welcher ein Atmosphärendruk entspricht, beliebig reduciren. Wird der Apparat von Schmiedeisen gemacht, was der Dauerhaftigkeit wegen unumgänglich nothwendig ist, so kann man die Bewegung des Queksilbers mittelst eines Schwimmers sichtbar machen, oder man macht noch besser den lezten Heberarm von Glas und befestigt hinter demselben eine eingetheilte Scala. Diese Art offener Manometer wurde schon früher in mehreren Fällen angewandt, vorzüglich von Hrn. Trimot, der sie an den Kesseln von Dampfschiffen anbrachte; ihr Gebrauch wurde aber nicht allgemein. Hr. Richard nahm sich vor, die Construction dieses Instruments so zu vervollkommnen, daß es für die Praxis allen Bedürfnissen entspricht. Diesen Zwek hat er auch vollkommen erreicht; denn sein Instrument kann eben so gut bei feststehenden Dampfmaschinen, als bei Schiffsmaschinen, namentlich auch bei Locomotiven angewandt werden. Hr. Richard versah bereits in Lyon und der Umgegend eine große Anzahl von Dampfkesseln mit diesem Instrument, und zwar sowohl bei den Dampfschiffen der Rhône und der Saône, als auch an den Locomotiven der Eisenbahn nach St.- Etienne. Der Körper des Manometers besteht aus einer hohlen eisernen Röhre von kleinem Durchmesser, welche in Form einer länglichen Spirale gewunden ist, wodurch der Raum, den sie einnimmt, beträchtlich verringert wird. Das Manometer für Locomotiven besteht aus einer Röhre von 5 Millimeter innerem Durchmesser, und hat in einem Kästchen von 5 Decimeter Höhe, 2 Decimeter Tiefe und 1 Decimeter Breite Plaz. An jedem doppelten Heber ist auf der Höhe, bis zu welcher die Queksilbersäulen steigen dürfen, eine Oeffnung angebracht, welche durch eine conische Schraube wieder verschlossen wird. Eine ähnliche Oeffnung, die gerade so verschlossen ist, ist am oberen Ende eines jeden Hebers angebracht, und der lezte Heberarm besteht aus einer Glasröhre, welche genau denselben Durchmesser wie die eiserne Röhre hat. Der Druk des Dampfs wirkt auf die erste Queksilbersäule mittelst einer Wassersäule, an deren unterem Ende ein Hahn angebracht ist, den man von Zeit zu Zeit öffnet, um alle Unreinigkeiten, welche sich in der Wasserröhre gesammelt haben können, zu entfernen. Um das Instrument zu füllen, nimmt man die Schrauben an der Seite heraus und gießt durch die Oeffnung Queksilber in jeden Heber, bis er zur Oeffnung gefüllt ist. Hierauf verschließt man die Oeffnungen wieder durch die Schrauben, und gießt durch die Oeffnungen oben an jedem Heber Wasser in dieselben, bis sie vollständig gefüllt sind. Diese sinnreiche Einrichtung gestattet das Instrument schnell und sicher zum Gebrauch herzurichten, oder es wieder zu justiren, wenn es in Folge eines Stoßes oder wegen Wasserverlust in Unordnung gekommen seyn sollte. Die Scala ist mittelst Stellschrauben so befestigt, daß man, ohne das ganze Instrument zu untersuchen, die Anzeigen rectificiren kann, indem man den Nullpunkt derselben mit dem Niveau der Queksilbersäule zusammenstellt. Dieß ist bisweilen nothwendig, entweder weil sich die Säule ausgedehnt hat oder auf andere Weise das Instrument etwas in Unordnung kam. Ueber der Glasröhre befindet sich noch eine gekrümmte eiserne Röhre, welche mit einem Reservoir endet, worin sich das Queksilber sammelt, wenn es durch zu schnelles Einlassen von Dampf aus dem Instrument geschleudert wurde. Das so construirte Instrument kann unmittelbar graduirt werden, wie ein gewöhnliches offenes Manometer, ohne daß Vergleichungen nothwendig wären. Der Genauigkeit wegen kann man auch noch das Gewicht der Wassersäulen in Rechnung bringen, welches jedoch nur einen sehr unbedeutenden Einfluß hat. Es scheint uns, daß dieses Instrument von großer Wichtigkeit ist, besonders für Locomotiven und Schiffsmaschinen mit Hochdruk, für welche bisher noch ein guter Anzeiger des Dampfdruks fehlte. Die Anzahl der von Hrn. Richard ausgeführten Manometer beläuft sich schon auf 261, nämlich für feststehende Maschinen 220, für Schiffsmaschinen 30, für Locomotiven 11; gegen 200 sind für verschiedene Etablissements noch bestellt. Beschreibung des offenen Manometers. – Fig. 59 stellt das vollständig zusammengesezte Manometer von der Seite gesehen dar, an welcher sich die Scala befindet; leztere ist so angebracht, daß man sie beständig im Auge behalten kann. Fig. 60 ist eine Seitenansicht, senkrecht auf Fig. 59. Fig. 61 horizontaler Durchschnitt nach der Linie 1–2. Fig. 62 anderer horizontaler Durchschnitt nach der Linie 3–4. Fig. 63 verticaler Durchschnitt durch die Mitte des Apparats. Fig. 64 Ansicht von hinten, also der Ansicht Fig. 59 entgegengesezt. Fig. 65 horizontaler Durchschnitt nach der Linie 5–6. Fig. 66 Durchschnitt der Dampfzulassungsröhre und des Hahnes. Das Instrument wird mit dem Dampfkessel durch eine kupferne Röhre a, Fig. 66, in Verbindung gesezt, welche mit einem Hahn bversehen ist, mittelst dessen man die Verbindung beliebig unterbrechen kann. Ist dieser Hahn offen und der Kessel in Thätigkeit, so tritt der Dampf durch ersteren in die verticale Röhre c, deren oberer Theil, welcher einen größeren Durchmesser hat und mit Wasser gefüllt ist, auf den unteren mit Queksilber gefüllten Theil aufgeschraubt ist. Diese Röhre, welche unten, wie Fig. 64 zeigt, gebogen ist, geht wieder in die Höhe und bildet den zweiten Arm d, der oben wieder umgebogen ist und den dritten Arm e bildet, welcher eben so hoch wie der erste in die Höhe steigt, dann mit dem vierten Arm f vereinigt ist, und so fort bis zum sechsten Arme g Dieser leztere erhebt sich nicht ganz bis zur halben Höhe des Instruments, wo er etwas gebogen ist und sich an die Glasröhre anschließt, welche dazu dient den Dampfdruk anzuzeigen. Nimmt man nun an, daß jeder Arm der gekrümmten Röhre bis zur Mitte mit Queksilber gefüllt ist, während der obere Theil voll Wasser oder einer anderen Flüssigkeit ist, und läßt man dann Dampf von mehr als einfacher Atmosphärenspannung in die erste Röhre treten, so wird das Queksilber des ersten Arms zum Theil in den zweiten Arm treten, oder das Niveau wird nothwendig sich eben so hoch über die mittlere Stellung erheben, als es im ersten Arm unter die mittlere Stellung gefallen ist; und da durch das eingeschlossene Wasser eine Verbindung zwischen dem zweiten und dritten Arm hergestellt ist, so wird in diesem das Queksilber sich senken müssen und zum Theil in den vierten Arm übergehen und so fort, so daß die Summe der Niveauunterschiede in allen Röhren die Höhe der Queksilbersäule angeben wird, welche dem Dampfdruk in dem Kessel, über dem einfachen Atmosphärendruk, das Gleichgewicht hält. Um das Instrument mit Queksilber und Wasser füllen zu können, wurde oben an jeder Röhrenwindung ein ausgebohrter Ansaz angebracht, welcher durch eine Schraube i, Fig. 60 und 64, wieder luftdicht zugeschraubt ist; zwischen den Schraubenkopf und den Ansaz wird deßhalb ein Lederscheibchen gelegt, welche Einrichtung aus Fig. 67 ersichtlich ist. Nimmt man die Schrauben weg, so kann man Queksilber und Wasser in die Röhren eingießen. Eine conische Schraube j, Fig. 68, die mitten an jedem Heberarm angebracht ist, dient um zu erkennen, wann die Röhre halb voll Queksilber ist. Sind diese Schrauben abgenommen, und das Queksilber fließt aus den kleinen Oeffnungen, welche sie verschließen, so sind die Röhren hinlänglich gefüllt. Hierauf werden sie wieder zugeschraubt und die Röhren dann ganz mit der gehörigen Flüssigkeit gefüllt. Der obere Theil der ersten Röhre c trägt einen kleinen Ellenbogen, woran der Hahn b befestigt wird, der sich an der Communicationsröhre mit dem Kessel befindet und durch eine Schraube mit Mutter k, Fig. 66, mit derselben verbunden ist. Der obere Theil des lezten Röhrenarms g, welcher schwach gekrümmt ist, um ihn vor das Instrument vortreten zu machen, nimmt eine Glasröhre h auf, die gut darauf befestigt ist, wie aus dem Durchschnitt Fig. 63 zu ersehen ist. Außen auf die Röhre g ist ein Gewinde geschnitten, über welches eine Mutter l paßt, die die Glasröhre umgibt und den Verschluß dadurch hervorbringt, daß sie auf eine Lederscheibe drükt. Das obere Ende der Glasröhre ist eben so mit der krummen Röhre m vereinigt, welche die Verbindung zwischen derselben und dem Queksilberreservoir n herstellt. Die Glasröhre kann sich auf diese Weise der Länge nach ausdehnen, ohne daß ihre Verbindungsstellen dadurch undicht würden. Die Reservoirröhre n hat einen viel größeren Durchmesser als die anderen, weil sie das Queksilber aufnehmen muß, welches durch einen zufällig eingetretenen zu großen Druk im Kessel oben aus der Blasrohre ausgetrieben werden könnte. Durch eine Schraube und Mutter ist die krumme Röhre m mit der Reservoirröhre n verbunden, wie aus Fig. 63 ersichtlich ist. Auf jeder Seite der Glasröhre ist eine doppelte, graduirte Scala o angebracht, welche die Theilung für ganze und zehntels Atmosphären und nach Bedürfniß die dem Druk entsprechenden Temperaturgrade enthält. Diese doppelte Scala ist unten an einem eisernen oder kupfernen Bügel p fest, welcher den eisernen Röhrenarm g umfaßt. Die Scala ist oben mit zwei Lappen mit Schlizen q versehen, welche sie mittelst der Schrauben q', q' mit den Trägern r vereinigen. Diese Schlize gestatten die Scala genau in die gehörige Lage zu bringen. Die Scala ist deßwegen beweglich, um den Unterschied in der Ausdehnung des Queksilbers und Wassers in Folge der Temperaturveränderungen, deßgleichen den Unterschied des Druks, welcher durch die Wassersäulen oder den condensirten Dampf verursacht wird, compensiren zu können. Man kann das Instrument selbst justiren, indem man den Hahn b Meßt und die Schraube s, Fig. 64 und 69, welche die erste Wasserröhre c verschließt, losschraubt. Beide Enden des Manometers werden so der Einwirkung der äußeren Luft ausgesezt. Nachdem man nun den Nullpunkt der Scala nach dem Queksilberniveau gestellt hat, bringt man die Schraube s wieder an ihren Plaz, und das Instrument ist mit aller nur wünschenswerthen Genauigkeit regulirt. Die Röhrenarme sind unter sich durch Bügel r, r vereinigt. Vier dieser Bügel r', r' Fig. 61 und 62, sind in den Winkel gebogen und werden entweder an ein Brett oder an eine Mauer, oder eine verticale Kesselwand befestigt. Um die Reservoirröhre n dauerhaft zu befestigen, ist sie oben mit zwei kleinen Vorsprüngen t versehen, welche in Einschnitte passen, die in den oberen Bügeln r, r angebracht sind, wie aus Fig. 64 ersichtlich ist. Unten ist sie mit einer kleinen Schraube u versehen, welche sie mittelst einer Mutter v fest mit der Querplatte x verbindet. Es ist nun leicht einzusehen daß, wenn die Vorsprünge t in den Einschnitten liegen und die Schraube u durch die Platte geht, nach dem Anziehen der Mutter v die Reservoirröhre sich nicht verrüken kann. Oben an der Röhre n wurden kleine Oeffnungen y, y angebracht, damit die Luft in das Instrument eindringen kann. Der Erfinder brachte in der Mitte der ersten Röhre c eine Schraube mit vierekigem Kopfe z an, welche das Innere der Röhre zu reinigen gestattet. Will man dieses thun, so schraubt man diese Schraube heraus und öffnet den Hahn b ein wenig, um Dampf einzulassen, welcher, indem er durch das Wasserreservoir streicht, dasselbe in wenigen Augenbliken vollkommen reinigt.

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