Titel: | Verfahrungsarten um die Bekrustung der Dampfkessel zu verhüten und zu beseitigen, worauf sich L. A. Ritterbandt, Med. Dr. in Gerard-street, Middlesex, am 2. Decbr. 1844 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. CXIV., S. 448 |
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CXIV.
Verfahrungsarten um die Bekrustung der
Dampfkessel zu verhuͤten und zu beseitigen, worauf sich L. A. Ritterbandt, Med. Dr. in Gerard-street,
Middlesex, am 2. Decbr. 1844 ein Patent
ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of arts, August 1845, S.
33.
Ritterbandt's Verfahrungsarten um die Bekrustung der Dampfkessel zu
verhüten.
Die Bekrustung der Dampfkessel, in welchen man frisches Wasser anwandte, wird
hauptsächlich dadurch verursacht, daß die Hize den Kalk (welcher im Wasser als
Bicarbonat aufgelöst ist) in unauflöslichen kohlensauren Kalk verwandelt, dessen
Theilchen beim Hinabsinken auf den Boden des Kessels andere im Wasser schwebende
unauflösliche Substanzen mit sich reißen; in den Kesseln, worin man Salz-
oder Seewasser verwendet, wird die Bekrustung meistens dadurch befördert, daß der
durch die Hize frei gemachte kohlensaure Kalk, noch ehe er sich absezt, im Wasser
schwebend einen Kern für die Anhäufung anderer Substanzen bildet und mehrere Salze,
wie Bittersalz, Kochsalz etc. disponirt viel bälder zu krystallisiren und sich
niederzuschlagen, als es außerdem geschähe.
Der Patentträger bezwekt die Bildung von kohlensaurem Kalk zu verhindern oder
denselben, nachdem er sich gebildet hat, in ein auflösliches Salz zu verwandeln; und
in lezterem Falle die Bildung von Salzkrystallen zu verzögern und dadurch auch die
Ablagerung anderer im Wasser schwebender Substanzen. Er versezt das Wasser im
Dampfkessel oder im Speisereservoir mit einem Ammoniaksalz (salzsaurem, essigsaurem
oder salpetersaurem Ammoniak), dessen Säure mit dem Kalk ein leicht auflösliches
Salz bildet, das sich nicht niederschlagen und folglich weder den Kessel bekrusten
noch zur Bekrustung desselben dadurch beitragen kann, daß es die Krystallisation
oder Fällung anderer Substanzen befördert.
Um das erforderliche Quantum Ammoniaksalz zu erfahren, muß man den Gehalt des Wassers
an kohlensaurem Kalk bestimmen; man dampft daher etwa 10 Pfd. des Wassers langsam in
einer Porzellanschale fast bis zur Trokne ab, sammelt den festen Rükstand, troknet
und wiegt ihn genau; dann versezt man ihn in einem Glasgefäß mit Salzsäure, welche
mit ihrem gleichen Gewicht Wasser verdünnt ist; nach 15 Minuten filtrirt man durch
Papier, troknet das Filter und wiegt den Rükstand. Der Gewichtsunterschied
entspricht dem in der Salzsäure aufgelösten kohlensauren Kalk; wenn z.B. 10 Pfd.
Wasser 10 Gran feste
(unauflösliche) Substanz liefern und nach deren Behandlung mit Salzsäure noch 6 Gran
zurükbleiben, so enthalten die 10 Pfd. Wasser 4 Gran kohlensauren Kalk.
Will man zur Verhinderung der Bekrustung salzsaures Ammoniak (Salmiak) anwenden, so
muß man dem Wasser so viel davon zusezen, als es kohlensauren Kalk enthält, eher
besser noch mehr; also z.B. 54 Theile Salmiak auf 50 Theile kohlensauren Kalk. Wenn
essigsaures Ammoniak angewandt werden soll, so bereitet man eine gesättigte
Auflösung dieses Salzes, indem man gereinigte Holzsäure mit kohlensaurem Ammoniak
versezt, bis sich nichts mehr davon auflöst und nimmt von dieser Auflösung beiläufig
40 Theile auf 15 Th. kohlensauren Kalk. Von salpetersaurem Ammoniak nimmt man
beiläufig 80 Theile krystallisirtes Salz auf 50 Th. kohlensauren Kalk. In jedem
Falle ist zu berüksichtigen, wie viel Wasser in einer gegebenen Zeit verdampft, weil
kohlensaurer Kalk im Verhältniß zum verdampften Wasser frei wird und davon das
erforderliche Quantum Ammoniaksalz abhängt.
Die Wirkung des salzsauren Ammoniaks (dasselbe ist den andern Ammoniaksalzen wegen
seiner Wohlfeilheit vorzuziehen) ist theilweise eine mechanische und theilweise eine
chemische. Eine chemische ist sie insofern, als durch doppelte Zersezung einerseits
salzsaurer Kalt und andererseits kohlensaures Ammoniak entsteht; der salzsaure Kalk
bleibt im Wasser aufgelöst, das kohlensaure Ammoniak aber verflüchtigt sich mit dem
Dampf. Diese Zersezung erfolgt jedoch nur langsam und allmählich. Sezt man dem
Wasser auf einmal eine beträchtliche Menge Ammoniaksalz zu, so bleibt ein Theil
desselben als salzsaures Ammoniak darin zurük, bis der Kessel neuerdings mit Wasser
gespeist wird; es ist daher vortheilhaft, eine beträchtliche Menge Salz auf einmal
zuzusezen, weil dasselbe dann für mehrere Tage oder Wochen hinreicht. Die
mechanische Wirkung des salzsauren Ammoniaks (und der andern Ammoniaksalze) besteht
darin, daß es die Dichtigkeit des Wassers erhöht, so daß in demselben schwebende
Unreinigkeiten, welche sich außerdem zu Boden sezen und denselben bekrusten würden,
zurükgehalten werden können.
Um Kessel von alten Bekrustungen zu reinigen, kann man ebenfalls salzsaures Ammoniak
anwenden, wovon man aber dann zwei- bis dreimal so viel dem Wasser zusezen
muß. Wenn die alte Bekrustung dadurch nicht hinreichend angegriffen wird, bringt man
einmal wochentlich in den Kessel eine Quantität Salzsäure, etwa 1 Maaß auf 400 Maaß
Wasser.