Titel: Ueber das Verfahren der HHrn. Gaultier de Claubry und Dechaud, das Kupfer auf galvanischem Wege aus seinen Erzen abzuscheiden; von Hrn. Becquerel.
Fundstelle: Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XII., S. 31
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XII. Ueber das Verfahren der HHrn. Gaultier de Claubry und Dechaud, das Kupfer auf galvanischem Wege aus seinen Erzen abzuscheiden; von Hrn. Becquerel. Aus den Comptes rendus, Jul. 1845, Nr. 4. Becquerel, über die Gewinnung des Kupfers etc. Schon vor neun Jahren machte ich der Akademie der Wissenschaften die Mittheilung, daß es mir mittelst eines sehr einfachen elektrochemischen Verfahrens gelungen sey, das Silber, Kupfer und Blei aus ihren Erzen auszuziehen, ohne hiezu zusammengesezter galvanischer Vorrichtungen zu bedürfen, sondern mit einfachen, mittelst Eisens oder Zinks wirkenden Apparaten. Die allgemeinen Thatsachen, auf welche ich dadurch geführt wurde, bahnten den Weg zur elektrochemischen Vergoldung, zur Galvanoplastik und veranlaßten Gaultier und Dechaud, über deren Abhandlung (im polytechn. Journal Bd. XCVII S. 68) ich zu berichten habe, sie auf die Technik anzuwenden. Vor allem erheischt dieses Verfahren die Umwandlung des Erzes in eine Verbindung, welche in einer an dem Ort der Ausbeutung leicht herbeizuschaffenden Flüssigkeit löslich ist; nur unter dieser Voraussezung können die elektrischen Kräfte die Abscheidung des Metalls aus seinen Verbindungen bewirken. Handelt es sich um Kupfererze, z. B. kohlensaures Kupfer, Kupferoxyd, Schwefelkupfer oder Doppelt-Schwefelkupfer, welche die gewöhnlichsten sind, so werden die beiden ersten mittelst Schwefelsäure aufgelöst, die leztern durch Rösten in schwefelsaure Salze umgewandelt, welche Röstung in Mexico behufs der Bereitung des MagistralsMagistral wird der geroͤstete und gepochte Schwefelkies genannt, welcher viel schwefelsaures Eisenoxydul und Kupferoxyd in wasserfreiem Zustand enthaͤlt., mit großer Vollkommenheit vorgenommen wird. Ist die Bildung des schwefelsauren Salzes vor sich gegangen, so wird das Erz ausgelaugt und die Lösung in einfachen Vorrichtungen der elektrochemischen Zersezung unterworfen. Will man das Kupfer in Platten erhalten, so muß man besorgt seyn, daß die Lösung sich beständig auf dem höchsten Grad der Sättigung befindet. Die HHrn. Gaultier und Dechaud erfüllten diese Bedingung mittelst sehr einfacher Vorrichtungen. Bringt man in einem Gefäße zwei Lösungen übereinander, nämlich eine dichtere, mit schwefelsaurem Kupfer gesättigte, und eine weniger dichte von schwefelsaurem Eisen, und bringt in die erstere eine Kupferplatte und in die andere eine Gußeisenplatte, welche mit der Kupferplatte mittelst eines metallischen Leiters in Verbindung gesezt wird, so hat man eine galvanische Kette, deren Wirkung groß genug ist, um das schwefelsaure Kupfer zu zersezen; der Sauerstoff und die Säure des schwefelsauren Salzes begeben sich an das Gußeisen, wodurch sich schwefelsaures Eisen bildet, während das Kupfer sich auf der Kupferplatte absezt, die den negativen Pol bildet. Das in den ersten Augenbliken sich ablagernde Kupfer ist chemisch rein; da aber die Menge des Eisens fortwährend zunimmt, so reißt das Kupfer beim Niederfallen Eisen mit sich; es wird deßhalb allmählich spröde, dann pulverig, in dem Grade, als die Lösung ärmer wird. Indem diese Lösung an Dichtigkeit abnimmt, nimmt dafür die des schwefelsauren Eisens an Dichtigkeit zu. Hiedurch bilden sich: 1) eine normale Kupferlösung, welche den untern Theil des Gefäßes einnimmt; 2) eine über ihr befindliche, etwas minder dichte Lösung desselben Salzes; 3) eine sehr concentrirte Lösung von schwefelsaurem Eisen (Eisenvitriol); 4) eine zweite solche normale. Um die ursprüngliche Beschaffenheit beizubehalten und das Kupfer in Blechform zu erhalten, war es nothwendig, die minder dichte Kupfervitriollösung und die dichtere Eisenvitriollösung zu entfernen; hierin besteht hauptsächlich die Verbesserung der HHrn. Gaultier und Dechaud bei Behandlung der Kupfererze. Ihre Vorrichtung besteht aus einem mit Blei gefütterten und dann mit Wachs oder einem ähnlichen Körper überzogenen Kasten, welcher zur Aufnahme des Eisenvitriols bestimmt ist. Dieser Kasten ist mit zwei Oeffnungen versehen, durch deren obere die Normalflüssigkeit eingelassen wird, und deren untere zum Ablassen der dichtern Flüssigkeit mittelst Heber dient. In diesen Kasten tauchen in zwekmäßigen Entfernungen von einander Gehäuse von Kupfer oder mit Blei überzogenem Eisenblech, deren Ränder und Boden von Metall, die Seitenwände aber durchbrochen und mit gut befestigten Pappendekeln versehen sind. Eine untere Oeffnung führt auch hier mittelst Heber die concentrirte Kupferlösung herbei und eine andere, beinahe ganz oben befindliche, befördert den Abfluß der geschwächten Lösung. In diese Gehäuse bringt man das zur Aufnahme des sich ablagernden Kupfers bestimmte negative Metall und zwischen jedem derselben, so wie auch außerhalb der beiden äußersten Gehäuse, befinden sich bleibend angebrachte gußeiserne Platten, welche zur Hervorrufung der galvanischen Wirkung dienen. Metallene Leiter stellen zwischen allen Theilen der Kette die Verbindung her, und man richtet den Apparat so vor, daß in jedem Augenblik eben so viel concentrirte Kupfervitriollösung und schwache Eisenvitriollösung zufließen, als geschwächte Kupferlösung und concentrirte Eisenlösung abfließen; es geht dieß ohne alles Zuthun so fort. Andererseits sind, um den Uebergang des Stroms zwischen den beiden mit einander in Berührung befindlichen und durch Scheidewände von Pappendekel getrennten Lösungen zu befördern, die Scheidewände über dem obern Niveau der negativen Platte mit Löchern versehen, so daß die den obern Theil des Kastens einnehmende normale Eisenvitriollösung sich über die Kupfervitriollösung verbreiten muß, folglich die Vorrichtung auf ihre ursprüngliche Beschaffenheit zurükgeführt wird. Ist der Apparat einmal vorgerichtet, so brauchen nur die Kupferbleche, wenn sie die gehörige Dike erlangt haben, herausgenommen und die Gußeisenplatten, nachdem sie (größtentheils) aufgelöst sind, durch neue ersezt zu werden. Die Bewegung der Flüssigkeiten wird mittelst Hebern bewerkstelligt, welche mit großen Behältern von constantem Niveau in Verbindung stehen; die Qualität des angewandten Gußeisens hat hierbei wenig Einfluß; das schlechteste thut dieselben Dienste. Die Kupferbleche können sogleich in den Handel geliefert oder vorher gewalzt werden; sie bekommen dieselbe Dichte wie anderes gewalztes Kupfer. Nicht alles Kupfer wird in Blechform erhalten; nur etwa drei Fünftel oder gar nur die Hälfte; das andere hat Pulverform oder bildet kleine Stükchen, welche zusammengeschmolzen werden. Das elektrochemische Verfahren zur Behandlung der Kupfererze nach der Verbesserung der HHrn. Gaultier und Dechaud scheint Vortheile vor den ältern Verfahrungsweisen zu gewähren; allein es erheischt, daß die Erze vollständig und zu geringen Kosten in schwefelsaure Salze umgewandelt werden können; hierin liegt die ganze technische Frage. Andererseits nimmt die zum Theil erschöpfte Kupferlösung immer mehr Eisen in sich auf, so daß, wenn man sie neuerdings über die Erze leitet, um sie mit schwefelsaurem Salze zu sättigen, und dann in den Apparat zurükbringt, ein Augenblik eintritt, wo die Menge des in ihr enthaltenen Eisens so groß ist, daß das niedergeschlagene Kupfer eine gewisse Quantität Eisen enthält, worunter seine Güte leidet; um diesem Uebelstand zu begegnen, wird man wohl gezwungen seyn, die zu eisenhaltigen Lösungen nicht mehr über die Erze zu leiten und das in ihnen enthaltene Kupfer mittelst Eisens auszufällen. Nach den Versuchen, welche ich in Gesellschaft der HHrn. Berthier und Dumas anstellen sah, ist man anzunehmen berechtigt, daß die Anwendung des elektrochemischen Verfahrens im Großen zur Ausbeutung der Kupfererze guten Erfolg haben wird.