Titel: | Ueber Krapp, dessen verschiedene im Handel vorkommende Gattungen, Eigenschaften, Bestandtheile, Färbung und Avivagen, dann über Garancin und Garancé, deren Eigenschaften, Erzeugung, Färbung und Mordants; von Eduard Leitenberger. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XVI., S. 48 |
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XVI.
Ueber Krapp, dessen verschiedene im Handel
vorkommende Gattungen, Eigenschaften, Bestandtheile, Faͤrbung und Avivagen, dann
uͤber Garancin und Garancé, deren Eigenschaften, Erzeugung, Faͤrbung und
Mordants; von Eduard
Leitenberger.
Aus der encyklopaͤdischen Zeitschrift des
Gewerbewesens, Jul. 1845, S. 629.
Leitenberger, über Krapp.
Einleitung.
Aufgefordert von einer löblichen General-Direction des Vereins zur Ermunterung
des Gewerbsgeistes in Böhmen, eine umfassende Mittheilung über Krapp und dessen
neuere Anwendung in der Färberei in Form von Garancin und Garancé zu machen, um
dieselbe in der Zeitschrift des Vereins zur Verbreitung richtiger Kenntnisse darüber
zu veröffentlichen, sehe ich wohl ein, daß es äußerst schwierig ist, den Männern vom
Fach etwas Neues zu sagen, das nicht schon bekannt, und in einer großen Zahl von
technisch-chemischen Schriften und Journalen enthalten wäre; es läßt daher
die Schwierigkeit der Aufgabe gütige Nachsicht erwarten, und ich trage gern mein
Scherflein der Erfahrung zum Gemeingut des allgemeinen Wissens hiermit bei.
Mögen die nachstehend ausgesprochenen Ansichten nicht als Behauptungen angesehen
werden, und höher gestellte Chemiker, deren Studium besonders organische Chemie und
Analyse ist, dem Krapp ihre besondere Aufmerksamkeit widmen, und so Manches
berichtigen, was noch mangelhaft erscheint.
Da die rothe Farbe diejenige der drei Farben-Elemente ist, aus denen die
übrigen Farben durch Vermischung zusammengesezt sind, welche besonders das Auge
afficiren, und im Colorit das Leben gleichsam beherrschen, so ergibt sich hieraus
für die Kattundruk-Fabrication die Wichtigkeit, welche das Krapppigment in
dieser einnimmt, weil es bisher nicht nur die festesten und in gewissen Nüancen die
schönsten Farben von allen bekannt gewordenen rothen Pigmenten liefert, sondern auch
noch ein solides Schwarz und Violett damit verbindet.
Das Krapppigment findet sich am häufigsten in der Wurzel des Krapps oder Färberröthe
(Rubia tinctorum), und ist in mehreren Rubiaceen zu
finden. Obgleich der im Handel als getroknete Wurzel oder auf verschiedene Art
gemahlen vorkommende Krapp von ein und derselben Pflanzenspecies herkommt, so
weichen dessen Eigenschaften nach dem Standpunkt, Alter der Wurzel, Klima und Boden,
in dem die Pflanze gewachsen, bezüglich der färbenden Eigenschaften sehr wesentlich
ab.
Die im Handel am häufigsten vorkommenden Krappgattungen, welche nach ihrem
Erzeugungsorte benannt worden, sind der türkische oder Alizari, der Avignoner, Elsasser, Pfälzer, Holländer und Schlesische.
Unter diesen Namen sind auch die in andern Ländern, als: Bayern, Böhmen und
Steyermark gebauten Krappe mit verkauft worden.
Alizari-Krapp.
Der türkische, smyrnaische oder Alizari-Krapp war der erste, der zum
Rothfärben gebraucht wurde, und ihm verdankt das Türkischrothgarn (Adrianopelroth)
seinen Ruf und Werth. Er wächst in Kleinasien, und der Anbau soll sich neuerer Zeit
auch bis in die Krim gezogen und sehr vermehrt haben. Diese Krappgattung wurde sonst
ausschließend zur Färbung der türkischrothen Garne oder Kattune (Rouge Adrianopel)
verwendet, bis Daniel Köchlin-Schuch und J. Hohfer zeigten, daß Avignoner, und Karl Köchlin, daß Holländer Krapp eben so schöne und solide
Farben liefern. Die getroknete Wurzel kommt in Ballen gepakt in den Handel über
Triest und Venedig zu uns, und wird von dort aus auch nach der Schweiz und
Deutschland versendet. Den meisten Gebrauch macht man davon in den
Türkischroth-Färbereien und in den englischen Fabriken, wo die Wurzel erst
vermahlen wird.
Die Unbequemlichkeit, die Wurzel erst selbst vermahlen zu müssen, ist Ursache, daß
der Alizari bei uns mehr und mehr aus der Anwendung kam. Die Wurzel, in Triest von
der äußern Rinde beraubt, und dort wie in Avignon vermahlen, würde eine rentirende
Unternehmung werden, wenn die vorzüglichen Eigenschaften des Alizari, die der des
Palus von Avignon gleich kommt, Berüksichtigung
fänden, da dieser weit wohlfeiler als der Avignoner Krapp zu stehen kommen
dürfte.
Die vorzüglichen Eigenschaften des Alizari bestehen im dauerhaften Verhalten der
damit erzeugten Farben gegen das Licht, Seifen, und Belebungspassagen aus Seifen,
Zinnsalzen und Chlor.
Diese Eigenschaften sind aber auch an dem Alizari nicht gleich, und ist die im Bruch
mehr röthlich als gelblich erscheinende Wurzel in den erwähnten Eigenschaften
vorzuziehen, was gleichfalls von dem Standpunkt der Wurzel herrühren dürfte.
Avignoner Krapp.
Der Avignoner Krapp kommt im Handel fein gemahlen vor; seine Eigenschaften gleichen
denen des Alizari am meisten, weßhalb man ihn auch französischen Alizari nannte.
Er wird in Verkauf gebracht unter den Benennungen: Palus
(Rochwurzel), Rosé (röthliche Wurzel) und Jaune (gelbe Wurzel). Die auf eine kurze Entfernung von
einander wachsenden Gattungen, wovon der Palus und Rosé in einem magern
kreidehaltigen Sandboden wachsen, liefern seifenfeste, der Jaune aber, welcher im
fetten, schweren Lehmboden wächst, nicht seifenfeste Farben.
Es erregte Aufmerksamkeit, daß die Bestandtheile des Bodens diese differirenden
Eigenschaften hervorbringen. Daniel Köchlin-Schuch
war der erste, der den Beweis lieferte, daß der Kalkgehalt des Bodens dem Krapp die
Eigenschaft ertheilt, seifenfeste Farben zu liefern, indem Krapppflanzen in mit Kalk
oder Kreide künstlich gemischten Boden gesezt, eben so schöne und solide Farben als
die Palus- oder Rosé-Krappe von Avignon lieferten.
Diese überaus wichtige Entdekung gab den Krappbauern die Mittel an die Hand, Krapp
nach Bedarf der Eigenschaften und Bedürfnisse für die Färberei zu erzeugen. Sie
veranlaßte auch mich, die Versuche zu wiederholen, und ich fand diese Angabe
vollkommen bestätigt.
Auf einem und demselben Felde wurde im Herbst der Boden auf abwechselnden Beeten mit
Kreidepulver, gebranntem an der Luft zerfallenen Kalk, mit Chlorkalk, mit Gyps und
Knochenmehl in der Art gemengt, daß immer ein ungemengtes Beet dazwischen blieb, und
diese gaben fünf mit kalkhaltigen Substanzen versezte Erdgemenge, worin die gebaute
Krappwurzel mehr oder minder solide und seifenfeste Farben lieferte, während dieß
von jenen ohne Kalkgehalt nicht der Fall war.
Am vollständigsten bewährten sich die Erdgemenge mit Kreide, die mit zerfallenem Kalk
und die mit Chlorkalk; schon an der Farbe des Krautes war auffallend jedes Beet der
Erdgemenge zu unterscheiden; auf sämmtlichen ungemengten Beeten war das Kraut
gelbgrüner, auf den Beeten mit den Kalkgemengen dunkler grün gefärbt; die Wurzeln
frisch zerbrochen unterschieden sich vom ersten Jahr bis am auffallendsten im
dritten Jahr in der Färbung; die Wurzel aus dem kalkhaltigen Boden gab einen
orangen, die aus ungemengtem Boden einen gelbgefärbten Saft; wurde die Wurzel
getroknet und zerbrochen, so erschien erstere beinahe roth, leztere aber bloß
röthlichgelb, gemahlen
braunrothgelb, und leztere mehr licht orangegelb gefärbt.
Diese Versuche dienten zu meiner Belehrung; jedoch machte ich mehrere
Krappfabrikanten darauf aufmerksam, und Hr. Casimir Lichtenberger in Speyer, Hr. Nitschke und Biebrach in Breslau ließen gleichfalls Felder zum
Krappbau kalken, erhielten sehr gute Producte und mehrere Centner Krappproben, die
sie die Güte hatten mir zu senden, lieferten die zufriedenstellendsten
Resultate.
Die Avignoner Krappe kommen oft verfälscht im Handel vor, daher man sich im Kauf wie
bei keiner andern Krappgattung sehr nach dem Namen der Fabrik erkundigt, und es
vorzieht, von dem Fabrikanten selbst zu kaufen.
Die Verfälschungen sind hauptsächlich folgende:
1) wird ein- und zweijährige Wurzel, die schwache und minder solide Farben
liefern, für dreijährige gemahlen und verkauft;
2) geht eine Menge von Elsasser Mullkrapp nach Avignon, der um billigen Avignoner
Krapp zu liefern, nach Maaßstab des Preises mit hinzugemahlen wird, was einen
farbstoffarmen Krapp gibt;
3) wird die werthlosere gelbe Wurzel zu der Palus- oder Rosé-Wurzel
gemahlen, welche dann die Seifenpassagen minder gut aushalten und fahle Farben
liefern;
4) die verschiedenen Marken von Palus und Rosé sind größtentheils Gemenge von Palus
mit Roséwurzel, Jaune oder Mullkrapp, daher man aus der Färbung des gemahlenen
Avignoner Krapps nicht sicher auf die Qualität schließen kann. Sehr wenig wird reine
sogenannte pur Palus- und reine Roséwurzel gemahlen, und die Firmen, welche
diese liefern, erzielen dafür weit höhere Preise;
5) das Uebelste ist die Zumahlung von Eisenocher (Bolus), der nicht fern von Avignon
sich findet, und dem Krapp eine sehr schöne Färbung gibt. Die Nachtheile sind
augenscheinlich, und geben sich durch die violette Färbung der Krappflotte und
schwache Färbungsfähigkeit zu erkennen.
Ein reiner, guter Avignoner Palus- und Rosékrapp ist unschäzbar für den
Kattunfabrikanten zur Darstellung von schönem Adrianopelroth, Krapprosa und Violett,
und wird hierin von keiner andern Krappgattung übertroffen.
Holländer Krapp und dessen
Gattungen.
Der Holländer Krapp kommt im Handel grob gemahlen als beraubt, das ist von der äußern
Rinde befreit, als unberaubt mit der Rinde vermahlen und als Mullkrapp, das sind die
Krappabfälle, die äußere
Rinde und die daran befindlichen zarten Würzelchen — man könnte sie
Krappkleie nennen — mit Erde und Sand verunreinigt vor.
Die verschiedenen Marken sind Unterabtheilungen, beziehen sich auf mehr und minder
vollständige Beraubung und schöner ausfallendes Product. Man kann auf die Qualität
und Alter nach der Färbung des gemahlenen Krapps schließen; eben so erkennt man auch
seine Beraubung.
Dieser Krapp, als man noch alle gefärbten Waaren auf dem Rasen bleichte und durch
Kleie die durch die Färbung verunreinigten weißen Stellen reinigte, hatte den Vorzug
vor allen Krappgattungen, da er die bleichfestesten Farben lieferte, und dem Licht
am besten widerstand. Doch keine von allen Krappgattungen verunreinigt so stark den
weißen Grund, und bedarf so lange der Wiesenbleiche, als der Holländer. Er ist bei
der Behandlung mit Seifenbädern auch haltbar; doch muß die Waare früher durch Kleie
gereinigt seyn, ehe man sie in die Seifenbäder bringt, sonst erfolgt eine feste
Einfärbung des verunreinigten weißen Grunds und eine schwierigere Bleiche.
Diese Eigenschaft, welche man in der Färberei mit Einfärben bezeichnet, ist Ursache,
daß man den Holländer Krapp in lezterer Zeit, wo man durch Seifenpassagen,
Zinn-Avivagen und Chloriren die gefärbte Waare in kurzer Zeit, ohne sie auf
die Wiese zu legen, bleicht und schöner darstellt, weniger anwendet und besonders
den Avignoner Krapp gebraucht, der diesen Uebelstand nicht bedingt, da er auch die
Eigenschaft besizt, außer schön roth und rosa auch schön violett zu färben, was dem
Holländer Krapp nicht eigen ist.
Der Holländer Krapp wird besonders für Glattroth, wie Rouge Adrianopel etc.
vortheilhaft verwendet, da er reicher als alle übrigen Krappgattungen an Färbestoff
ist. Er entwikelt seine Färbungsfähigkeit hauptsächlich in höhern Temperaturgraden
von 70–80° R. Bei demselben tritt noch eine Eigenschaft besonders
hervor, die auf die Festigkeit der Färbung großen Einfluß nimmt: es ist dieß das
sogenannte Wachsen und Besserwerden im Faß.
Nicht nur, daß von sämmtlichen Krappgattungen die einjährigen Wurzeln weniger solide
Farben als die zwei- und dreijährigen geben, so ist dieß aber auch von den
meisten Krappgattungen nach der Vermahlung der Fall. Es tritt dann eine Art
Gährungsproceß im Faß ein, der staubig mehlige Krapp fängt an sich aufzublähen, und
sein Volumen vermehrt sich, so wie auch sein Gewicht zunimmt; die Faßdekel werden
hoch in die Höhe gedrängt, und bei dem Einkauf schließt man darnach auf das Alter.
Die Krappspeculanten sagen, daß in den ersten drei Jahren die Gewichtszunahme die
Zinsen dekt und ohnedem der Werth nach der zunehmenden Brauchbarkeit steigt. Krapp, der zwei und drei
Jahre sich im Faß befindet, ist der geeignetste zur Färbung, gibt mehr aus und färbt
solider.
Der sogenannte beraubte Krapp färbt reiner, schöner und nicht so stark in den weißen
Grund, als der unberaubte, weßhalb er auch im höhern Werthe steht; seine solide
Färbung sichert ihm den Werth vor allen Krappgattungen, wo diese nämlich in das Auge
zu fassen ist.
Elsasser und Pfälzer Krapp.
Die Elsasser und Pfälzer (rheinbayerischen) Krappe sind in ihren Eigenschaften
einander so ähnlich und gleich, daß man sie unter eine Kategorie stellen kann; sie
sind in der Mahlung etwas gröber, als die Avignoner, und feiner als der
holländische. Die verschiedenen Marken richten sich nach der mehr und mindern
Befreiung von der äußern Wurzelrinde und den Wurzelfäserchen (Krappkleie), und die
Färbung des gemahlenen Krapps läßt gleichfalls auf das Alter und Qualität, so wie
auf größere Reinheit des Products schließen; gewöhnlich ist der Elsasser Krapp
gelber als der rothgelbe Holländer von Farbe.
Für alle Fabricationen, wo die gefärbte Waare durch Kleie-Passagen und
Auslegen auf die Wiese gebleicht wird, bei Mischungen und Färbungen mit Rinden und
Hölzern, sind diese Krappe besonders geeignet, da sie den Grund schnell weiß
bleichen lassen, und auch das Sonnenlicht gut vertragen.
Mit Elsasser Krapp, und kalkhaltigen Wässern gefärbt, entstehen gegen Licht und Seife
festere Farben; dieß entdekte bereits Hr. Hausmann in
Colmar in den 1790er Jahren, und seine Vorschriften lauteten, zur Krappfärberei
Kreide zuzusezen, wo nicht das Wasser genügend kalkhaltig sey. — In späterer
Zeit haben die HHrn. Daniel Köchlin-Schuch und Schlumberger die Ursachen angegeben, und die Thatsachen
bestätigt.
Ohne Zumischung von Kreide, die per Pfund
1–2½ Loth betragen kann, färbt der Elsasser und Pfälzer Krapp nicht
seifenfest, hält die Avivagen und das Chloriren nicht aus, und man erhält
abgeschabte und fahle Farben; beim Zusaz von Avignoner Krapp erhält sich die
Solidität der Farbe besser.
Auch bei Zusaz von Kreide muß man übrigens der mit Elsasser Krapp gefärbten Waare in
den Seifenbädern, Avivagen und bei dem Chloriren weit größere Aufmerksamkeit widmen
und sie gelinder behandeln, als bei dem Avignoner Krapp.
Schlesischer oder Breslauer Krapp und
Röthe.
Dem Elsasser Krapp am ähnlichsten ist der Schlesische oder Breslauer. Er kommt in
zwei Gattungen als Krapp, und in zwei Gattungen als Röthe vor, nämlich gewöhnlicher
Breslauer Krapp mit seinen verschiedenen Marken nach Qualität, und Breslauer Krapp
nach Avignoner Art; ferner kommt er als Sommerröthe und Herbströthe vor.
Der Breslauer Krapp würde vollkommen dem Elsasser gleich kommen, wenn ihm mehr
Sorgfalt im Anbau gewidmet, und die Wurzeln unvermengt vermahlen würden. Durch das
Vermengen von dreijährigen mit zwei- und gar einjährigen Wurzeln wird dem
Product großer Nachtheil gebracht, und er wird so immer dem Elsasser und Pfälzer
Krapp in der Sicherheit der Anwendung nachstehen.
Dreijährige Wurzel in gekalkten Boden nach sogenannter Avignoner Art ist dem
Avignoner Rosé an die Seite zu stellen.
Die günstigen Eigenschaften des Breslauer Krapps sind, daß er ein lebhaftes Roth, und
besser violett als der Elsasser färbt, sonst in seinen Eigenschaften aber bis auf
das Verhalten gegen Seifenpassagen und Zinn-Avivagen dem Avignoner Krapp sich
am meisten nähert, weßhalb er sich sehr gut mit Avignoner Krapp gemengt zum Färben
eignet. Vorzüglich ist er aber zur Darstellung von braunen Farben, wozu in Böhmen,
Sachsen und Preußen meistens die Röthe gebraucht wird, sehr anwendbar.
Röthe ist der einjährige Schlesische Krapp, und nach der Zeit der Herausnahme nennt
man ihn Herbst- oder Sommerröthe. Die Röthe wird in Säken versendet, und
wächst (oder gährt) darin so, wie der Holländer, Elsasser und Breslauer Krapp.
Frisch gemahlen ist dieser loker im Sak, länger aufbewahrt fest wie ein Stein.
Vaterländische Krappe.
Ich gehe nun zu dem vaterländischen, Steyerischen und Ungarischen Krapp über. Leider
kommt gar sehr wenig davon mehr im Handel vor.
Böhmischer Krapp.
Schon im Jahr 1790 brachte ein Emigrant, Namens Picart,
Krappsaamen nach Prag, und baute in der Umgegend dieser Stadt einen guten Krapp; er
war zu unbemittelt, und fand keine Unterstüzung, sein Vorhaben fortzusezen.
Seit dieser Zeit wurden von mehreren Gutsbesizern und Privaten Versuche mit dem
Krappbau gemacht; insbesondere vor wenig Jahren bauten der selige Fürst Taxis
in Dobrawitz und Graf Mathias Thun in Sehuschitz
ausgezeichnet schönen Krapp, so daß die Reisenden der Avignoner, Elsasser und
Breslauer Krappfabriken, die diese Wurzeln bei mir sahen, sie für ganz ausgezeichnet
erklärten.
Der davon erzeugte Krapp war dem besten Elsasser an die Seite zu stellen, und hielt
die Seifenbäder und Avivagen besser als der Elsasser aus, er färbte sich jedoch
etwas mehr in den weißen Grund des Stoffes ein als dieser, was wahrscheinlich von
geringerer Beraubung der Wurzel von der äußern Rinde herrühren mochte.
Es ist ewig Schade, daß der Anbau nicht fortgesezt wurde, der aus dem Umstand keine
günstige Rechnung bringen konnte, weil die Wurzeln nicht vermahlen in den Handel
kamen. Unvermahlen kann dieselbe den wenigsten der Fabrikanten dienen, da sie nicht
die Gelegenheit haben, sich die Wurzel selbst zu mahlen.
In der Wurzel war der Krapp nicht zum vollkommenen Handelsgut geworden, somit durch
Unzwekmäßigkeit zu schlechtem, vielleicht zum vierten Theil des Werths verkauft.
Um im Vaterland den Krappbau permanent zu erhalten, würde es nothwendig seyn, daß mit
dem beginnenden Anbau des Krapps auch eine Krappwurzel-Darre und Mühle
aufgestellt würde, welche übrigens nicht sehr kostspielig sind. Damit das Capital
nicht so lange unverzinset bleibe, könnte man mit Fechsung von einem Theil
einjähriger Wurzeln beginnen und sie zur Röthe vermahlen, von einem Theil der
Pflanzung die Wurzeln aber im Boden lassen, und das folgende Jahr zweijährigen Krapp
erzeugen, so auch einen Theil im dritten Jahr, damit so fortfahren, und dann stets
ein-, zwei- und dreijährigen Krapp, allerdings nach Verschiedenheit
des Alters im Preis steigend zu Markt bringen; der Mühlbesizer könnte sodann leicht
kleinere Landwirthe zum Anbau vermögen, ihnen ein-, zwei- oder
dreijährige Wurzeln abnehmen, und so die Mühle erträglicher machen; der gemahlene
Krapp würde hernach, wenn er mit erforderlicher Kenntniß behandelt wird, mit großem
Vortheil zu verwerthen seyn, was allerdings nach Eigenschaft, Qualität und nach dem
allgemeinen Standpunkt der Preise sich richtet.
Würde der Anbau in kalkmergelhaltigem Boden, oder da wo die Düngung damit leicht und
wohlfeil geschehen kann, in der Nähe von Kalkbrüchen, oder da wo der Kalk billig
ist, beginnen, so würden sich in Kürze die günstigen Eigenschaften des böhmischen
Krapps herausstellen, derselbe guten Kauf finden, und dem Vaterland ein großes
Capital, das alljährlich dafür außer Land geht, erhalten werden, dem Landwirthe aber
eine neue Quelle des Erwerbs sich eröffnen.
Steyerischer Krapp.
Der mir vorgekommene Steyerische Krapp, den ich von einem Wiener Hause bezog, war von
ganz vorzüglicher Qualität, und lieferte, so wie der Böhmische Krapp, den schönsten
Krapplak.
Der Steyerische Krapp näherte sich in seinen Eigenschaften dem Holländer Krapp, so
daß er in Wien für Holländer verkauft worden ist; auch habe ich gefunden, daß er
weniger einfärbt, und die Seifenpassagen gut aushielt; in den Avivagen brauchte er
so wie der Elsasser Krapp größere Schonung und Vorsicht.
Er wurde mir gut gemahlen zugesendet und ich zweifle nicht, daß der Anbau desselben
dort fortgesezt wird. Ich halte den Steyerischen Krapp in seinen Eigenschaften für
vorzüglich.
Ungarischer Krapp.
Der aus Wien erhaltene Ungarische Krapp hatte ebenfalls dem Aeußern nach Aehnlichkeit
mit dem Holländischen und war gut gemhlen.
Er färbte wie der Steyerische nicht so stark in den weißen Grund, und bleichte sich
sehr gut, färbte bei niederer Temperatur gut an, und war sehr avivage- und
seifenfest, so daß er darin dem Avignoner äbnelte. Aus diesem wird ersichtlich, daß
der Anbau von Krapp in Böhmen, Steyermark und Ungarn sehr wohl gelingen kann und
nüzlich würde, so wie auch die schönsten Resultate sich davon erwarten lassen.
Krapp-Analysen.
Die verschiedenen färbenden Eigenschaften dieser Krappgattungen machten es den
Fabrikanten höchst wünschenswerth, das Krapppigment genau kennen zu lernen. Obgleich
eine Anzahl von Analysen des Krapps bereits bekannt war, so verdanken wir doch dem
Impuls durch die Preisaufgaben der Société industrielle
in Mülhausen die neuern Analysen des Krapps.
Insbesondere lieferten die Arbeiten von Kuhlmann, Robiquet und Colin, Köchlin-Schuch, Persoz,
Schlumberger, Gaultier de
Claubry, Runge und Andern genauere Kenntniß über den Krapp und seine
färbenden Pigmente.
Dessenungeachtet ist noch viel Licht in die Sache zu bringen, und sind diese Arbeiten
nicht als geschlossen zu betrachten.
Es ist auch wünschenswerth zu untersuchen, ob die verschiedenen im Krapp
vorgefundenen Pigmente nicht ein und dasselbe Pigment in verschiedenen
Oxydationsstufen nach verschiedenem Alter der Wurzel sind, und ob nicht nach und
nach eines in das andere übergeht.
Wenn ich auch zugebe, daß in der einjährigen Wurzel, in welcher das in kaltem Wasser
größtentheils schon lösliche unsolide rothe Pigment, Runge's Krapppurpur, in weit größerer Quantität enthalten ist, sich darin
auch schon fertiges Krapppigment, Runge's Krapproth,
findet, welches solid färbt, so bin ich durch meine Versuche auch fest überzeugt,
daß in den ältern Krappwurzeln sich weniger unsolides und dagegen weit mehr solid
färbendes Pigment vorfindet; daß hierin nach der Vermahlung mit diesem Pigment im
Faß noch eine wesentliche Veränderung durch das sogenannte Wachsen vorgeht, und daß
dieß bei dem Avignoner Krapp nur deßhalb im mindern Grad der Fall ist, weil er
weniger des unsoliden, gleichsam unfertigen Pigments. (Krapppurpur) enthält.
Das solid färbende Krapppigment ist von den vorstehenden Chemikern Alizarin oder Krapproth, das
unsolide Krapppurpur, Rosafärbestoff, das gelbe Pigment
des Krapps Xanthin, und endlich das braune harzige
Pigment Krappbraun benannt worden. Alle übrigen
Bestandtheile, als Holzfaser, Zuker, vegetabilisches Eiweiß, Schleim, Fett, Oehl,
Gallertsäure, Weinsteinsäure, Aepfelsäure, Magnesia sind bis auf den Kalkgehalt
weniger der Beachtung würdig gefunden worden. Die Analysen müssen von einander
abweichen, weil die verschiedenen Krappgattungen abweichende Bestandtheile
enthalten, selbst verschiedene Krappe von einer Gattung, verschiedenen Jahrgängen
und Alter nicht ganz gleiche, noch viel weniger quantitativ gleiche Bestandtheile
zeigen.
Richtige Analysen der verschiedenen Krappgattungen in ihrem verschiedenen Alter
zusammengestellt, würden sehr erwünscht seyn, und vieles Wissenswerthe
aufklären.
Ferner wäre zu wünschen, daß die nüzliche oder schädliche Rolle, welche die
Bestandtheile des Krapps bei dem Färben selbst spielen, genauer geprüft, daß der
gefärbte Stoff in den verschiedenen Operationen des Kleiens, des Seifens, des
Avivirens oder Chlorirens bei Durchnahme durch Säuren oder Alkalien untersucht und
nachgewiesen würde, welche Veränderungen jedesmal vorgegangen und welche
Bestandtheile entzogen worden sind; ferner, welche Bestandtheile des Krapps das
Roth, Rosa, Violett und Schwarz in ihrer Vollkommenheit und Solidität bedingen,
welche Bestandtheile ihnen schädlich, und wodurch solche am zwekmäßigsten entfernt
werden können.
Meinen Versuchen und Erfahrungen zufolge hat man bei der Krappfärberei mit vier
Bestandtheilen des Krapps wesentlich zu thun, nämlich mit dem fahlen Gelb und
unsolid färbenden rothen Pigment des Krapps, mit dem solid färbenden rothen Pigment, und
mit dem Krappbraun.
Daß übrigens die Nebenbestandtheile des Krapps, als: die Gallertsäure, Eiweiß,
vegetabilisches Fett und Oehl, Zuker, Harz etc. ebenfalls Einfluß bei dem Färben
ausüben, ist nicht zu bezweifeln, doch. nicht gehörig ermittelt.
Die Krappwurzel, wie sie gemahlen vorkommt, besonders die Holländer und Elsasser, ist
niemals so fein zertheilt, daß durch irgend eine auflösende Behandlung die in den
Wurzelzellen und Gefäßen eingeschlossenen Bestandtheile, ohne diese Gefäße vorher zu
zerstören, gänzlich gelöst werden können.
Bei der Färbung kommt dieser Umstand in Erwägung zu ziehen, da bei Erhöhung der
Temperatur diese Gefäße theilweise erweicht, ausgedehnt, erweitert und geöffnet
werden. Daß hiebei das Gerinnen des Eiweißes in höherer Temperatur eine Rolle
spielen mag, und zu rasches Ueberschreiten des Gerinnungspunkts nachtheilig wird,
läßt sich vermuthen. Das fahle gelbe Pigment, Xanthin nach Kuhlmann, löst sich, so wie ein Theil des unsoliden rothen Pigments bei
niederen Temperaturen im Wasser auf. Beide sind nicht wohl von einander zu trennen.
Ich vermuthe, daß dieß fahlgelbe Pigment nur durch Einwirkung der in der Wurzel
vorhandenen organischen Säuren, als: Weinsteinsäure, Aepfelsäure, Gallertsäure etc.
auf das unsolide rothe Pigment erzeugt sey. Dieß Pigment wirkt nachtheilig auf den
Glanz der Farben, besonders des Violett, Rosa, wo es am ersichtlichsten wird,
besonders aber bei der Darstellung des Krapplaks.
Das unsolide rothe Pigment des Krapps löst sich leicht im kalten Wasser, in Säuren
und Salzen auf, und bildet so im Gegensaz mit dem soliden rothen Pigment mit
schwefelsaurer, essigsaurer, salpetersaurer und salzsaurer Thonerde in der Kälte
leichtlösliche Verbindungen, während sich das solidrothe Pigment fällt. — Auf
dieser Auflösung und Verbindung des unsolid rothen Krapp-Pigments in den
Thonerde-Salzen beruht die Krapplak-Bereitung und dessen Nüancen,
nachdem man mit Alkalien oder Salzen, z. B. Borax, arseniksaurem Kali etc., die
Fällung aus der Auflösung veranlaßt.
Das unsolide Krapp-Pigment durch Säuren ausgezogen, fällt sich mit Ammoniak,
Kali und Natron nicht, wohl aber mit Kalk, Thonerde und Metallsalzen, wenn keine
freie Säure vorhanden ist. Mit den ersten drei Alkalien bleibt es in der Auflösung,
die sich roth, mit Kali violettroth färbt, durch Zusaz von Säuren aber gelb wird,
und sich ähnlich wie das Lakmus-Pigment verhält. Die Verbindung mit
Thonerde-Salzen ist eben so unsolid, wird mit Säuren gelb und mit Alkalien wieder
roth, ob diese in der Flüssigkeit oder auf Kattun hergestellt wird. Bemerkenswerth
ist übrigens, daß Fällungen mit Seife, und wo ein Doppelsalz gebildet wird, das mit
der Thonerde schwer lösliche Salze bildet, z. B. Fällungen mit Arsenik oder
arseniksauren Alkalien, eine Vermehrung der Solidität bemerkbar machen.
Dieses unsolide Pigment ist es, welches im Beginn der Färbung rasch und bereits in
den niedern Temperaturen färbt, daher früher die Thonerde-Verbindung auf dem
Stoff sättigt, ehe es dem soliden rothen Pigment, das in geringen Mengen in gewissen
Quantitäten warmen oder heißen Wassers erst löslich ist, möglich wird sich mit der
Thonerde zu verbinden.
Es ist ersichtlich, daß so gefärbte Waare in den Säuren und Seifenbädern die unsolid
rothe Pigment-Verbindung verliert, und nur die wenige solid aufgefärbte rothe
Verbindung zurükhält, folglich matte und schlechte Farben liefern muß.
Um diesem Uebel zu begegnen, ist die Erfahrung mit verschiedenen Mitteln zu Hülfe
gekommen.
Die ältesten Rothfärber sezten Blut, Milch, Leim, kurz eiweißhaltige Substanzen den
Krappfarben zu, die mit dem unsoliden Pigmente, das saure Eigenschaften besizt, bei
mäßigen Temperaturen sich verbinden und gerinnen.
Weil hiedurch das unsolide Pigment unwirksam gemacht wird, und das solid färbende
Krapproth somit weit mehr den Thonerde-Mordant sättigt, wirken secundär die
eiweißhaltigen Substanzen auf Festigung der Farbe.
Ein zweites Mittel ist die Hinzusezung von Kreide, welche in den niedern Temperaturen
schon das unsolide Pigment sättigt, und unlöslich zu Boden fällt, wodurch ebenfalls
der Mordant sich mehr mit dem solidfärbenden Krapproth verbindet. Auch der Kalk
(Kreide) scheint auf diese Weise nur secundär auf die Festigkeit der Farbe zu
wirken, denn sezt man mehr Kreide als nöthig das unsolide Pigment zu binden hinzu,
so bindet sie auch das solide Pigment, und die Farben werden hungrig und schwach. Es
ist daher das Quantum des Zusazes der Kreide bei den verschiedenen Krappgattungen
genau auszumitteln, wenn man nicht unsolide Farben erzielen, oder viel Krapp beim
Färben verlieren will.
Durch Absorbirung des unsoliden Krapp-Pigments mittelst Kali oder Natron, kann
dieser Zwek nicht erreicht werden, weil die Verbindungen in Wasser löslich sind,
durch Wahlanziehung der basischen Thonerde-Salze (der Mordants auf dem Stoff)
zersezt werden und auf diese Weise wieder unsolide Verbindungen entstehen
müssen.
Deivignoner Palus und der gute Alizari, selbst
ein guter Avignoner Rosé bedürfen keiner Abstumpfungsmittel, weil das unsolide
Pigment, wie erwähnt, durch den Kalkgehalt des Bodens bereits in der Wurzel
neutralisirt ist.
Nimmt man die minder solidfärbenden Krappe, als Elsasser, Breslauer etc., und mit
Mordant imprägnirten Stoff, und zieht man mit leztern bei niedern Temperaturgraden,
z. B., 16, 24–30° R. eine Zeit lang das unsolidfärbende rothe Pigment
heraus, färbt dann aber jene Stoffe, welche man solid färben will, hinten nach, so
erreicht man wohl den Zwek, doch die Gränzlinie anzugeben, wann nämlich das unsolide
Pigment absorbirt ist, kann nur durch Aufmerksamkeit beiläufig errathen werden. Das
vollkommen heiß ausgefärbte Zeug wird sodann die Seifenpassagen und Avivagen eben so
gut vertragen, als jene Stoffe mit dem Kreidezusaz.
Der durch Waschen mit kaltem Wasser von seinem unsoliden Pigment größtentheils
befreite Krapp färbt daher ebenfalls etwas solider, d. h. er hält Seifenbäder besser
aus, bedarf der Seifenbäder übrigens auch weniger für die Bleiche, da die Stoffe in
gewaschenem Krapp nicht einfärben, sondern das Seifen bloß zur Belebung der Farbe
dient.
Das solidfärbende Krapproth, wie es bei dem Färben mit der Krappwurzel erscheint, ist
nur in geringer Quantität im heißen und kochenden Wasser löslich, und das durch den
Mordant auf den Zeugen der Flüssigkeit entzogene Quantum Krapproth wirb durch neue
Auflösung desselben wieder ersezt.
Das Krapproth scheint in inniger Verbindung mit dem Krappbraun zu seyn, und die
Trennung ohne Zersezung beider nicht zu gelingen. Dieß möchte wohl die Ursache seyn
daß, wenn man das Krapproth vom gefärbten Stoff abgezogen darstellt und damit wieder
färbt, man ein Product erhält, welches nicht vollständig die Eigenschaften besizt,
die ein mit Krapp gut gefärbter Stoff sonst besizt.
Ich bin daher versucht zu glauben, daß das uns bekannte Alizarin nicht das in der
soliden Krappfärberei bekannte Krapproth sey, welches wir seiner Eigenschaften wegen
schäzen, wenn ich die Darstellung desselben nach allen mir bisher bekannten Methoden
betrachte.
Behandelt man den gewaschenen Krapp mit Alkalien, so dürfte, wenn das Krapproth z. B.
gleich einer Säure wirkt, dasselbe allerdings unverändert aufgelöst, das harzige
Krappbraun aber alsdann verseift werden, somit diese Verbindung geändert, und ein
Doppelsalz aus zwei Säuren und einer Base entstehen, abgesehen von den übrigen in
der Lauge gelösten Stoffen.
Zersezt man diese Auflösung mit Säuren, so fällen sich die in kaltem Wasser schwer
löslichen beiden Säuren heraus. Diese gefällte kaffeebraune Masse färbt allerdings
ungefähr so solid wie Elsasser Krapp, besizt aber nicht die Eigenschaft, so solid
als Avignoner Krapp zu färben. Die Färbung beginnt übrigens rasch von 60° an
und gelingt bei 75–80° R. am besten.
Diese Verbindung, mit Stärkekleister oder Gummiwasser abgerieben, auf mit
Thonerde-Mordant imprägnirten Stoff gedrukt, gut getroknet, sodann auf einen
Senker gespannt, in einen Wasserbottich getaucht, worin das Wasser rasch bis zum
Kochen erhizt und dabei der Senker vorsichtig bewegt wird, gibt einen sehr soliden
topischen Aufdruk des Krapps, der durch Seifenpassage befestigt und geschönt werden
kann.
Den Aufdruk durch Dämpfen zu befestigen, kann den Zwek nicht wohl erfüllen, weil das
in der Fällung enthaltene Alizarin bei der Temperatur des Wasserdampfs schon
flüchtig ist, und großentheils, bevor noch die Verbindung mit dem gebeizten Stoff
erfolgt ist, entweicht, wohl auch die in Berührung kommenden unbedrukten Stellen des
Stoffes färbt.
Diese kaffeebraune Masse mit Alaun, salpetersaurer, salzsaurer oder essigsaurer
Thonerde behandelt, gibt das Alizarin ab und bildet filtrirt eine klare hochgefärbte
Lösung, welche, wenn man die freie Säure vollkommen neutralisirt und die Auflösung
verdikt aufdrukt, den Wasserdämpfen aussezt und dann durch arseniksaures Kali
vollständig fällt, sehr schönes topisches Krapprosa liefert, das schwache
Seifenbäder erträgt; da viele Thonerdebasis vorhanden und bereits verbunden ist, so
verträgt es auch das Dämpfen. Die kaffeebraune Verbindung erscheint nun zersezt, und
das Alizarin, durch die Thonerdesalze gelöst, von dem harzigen Krappbraun, das auf
dem Filter bleibt, getrennt.
Das Alizarin zeigt sich hier ganz wie eine Säure, indem es die Alkalien, Erden und
Metalloxyde neutralisirt, und ferner sich, wie alle übrigen unsoliden Pigmente der
Art verhält, daß die gebildeten erdigen und metallischen Verbindungen sich in freier
Säure lösen — eine Eigenschaft der gewöhnlichen sauren topischen Farben.
Behandelt man den gewaschenen Krapp mit Säuren, so erfolgt im Verhältniß der Stärke
der Säuren sofort eine Lösung des Krapproth-Pigments mit Zurüklassung des
Krappbraun. Das mit Essigsäure ausgezogene Roth, bei mäßiger Temperatur abgedampft,
krystallisirt und sublimirt sich wie das Alizarin.
Der essigsaure Auszug mit Alaunerde neutralisirt, verdikt und auf Kattun gedrukt, dem
Wasserdampf ausgesezt, und durch schwache Laugen kohlensaurer Alkalien oder Seife genommen, gibt
ebenfalls Krapprosa-Farben von geringerer Haltbarkeit, da sie sich durch
überschüssige Alkalien oder Seife zersezen.
Uebrigens färbt der durch Schwefelsäure, Essigsäure oder Salzsäure ausgezogene, dann
mit Wasser von der Säure gut gereinigte Krapp als Garancin recht gut, jedoch nicht
so solid, als der gute Avignoner Krapp es vermag.
Man sieht, daß eine Zersezung stattgefunden hat, und daß Krappbraun gefällt und
theilweise aus seiner Verbindung mit dem Krapproth geschieden worden.
Säuren und Alkohol vereint lösen zugleich Harzbraun mit auf, ohne daß man den Zwek
erreicht, die Verbindung des Krapproth und Braun mit der Eigenschaft zu erhalten, so
solid zu färben, als wie diese Verbindung in der Krappwurzel enthalten
erscheint.
Der mit Säuren behandelte Krapp, mit Alkohol gewaschen, auf mit Thonerde gebeizten
Stoff gedrukt und gedämpft, liefert ein schönes topisches Krapproth von mäßiger
Solidität.
Hiedurch wird mehr Harz als Pigment ausgezogen, und das Extract ist zu arm an
Farbstoff.
Dieses vorerwähnte Verhalten des Krapproth läßt mich der Vermuthung Raum geben, daß
Verbindung des Krapproth mit dem harzigen Krappbraun erforderlich sey zur
Darstellung der soliden Krappfarben. Diese Verbindung für sich herzustellen, ist
bisher nicht gelungen.
Betrachte ich die Verbindung, welche entstanden ist, wenn man ein mit essigsaurem
Thonerde-Mordant bedruktes Baumwollenzeug in Krapp ausgefärbt hat, so muß ich
glauben, das basisch essigsaure Thonerdesalz sey durch Wahlverwandtschaft zersezt
worden, die Thonerdebasis habe sich mit dem Krapp-Pigment, das die Stelle
einer Säure hier vertritt, verbunden, die Essigsäure ausgeschieden, und diese habe
sich mit dem Eiweißstoff des Krapps oder einer andern im Krapp enthaltenen
vegetabilischen Basis vereinigt.
In diesem Falle erschiene das reine Krapp-Pigment als eine Säure; der z. B.
mit essigsaurer Thonerde gebeizte und gereinigte, im Kochen mit Avignoner Krapp
gefärbte Stoff ist nun satt braunroth; mäßigstarke Säuren verwandeln es in Gelbroth,
Alkalien in Blauroth, neutralisirte Seife durch Behandlung bei 50° R. durch
längere Zeit, z. B. einer Stunde, in vollkommenes Roth.
Die gelbe Nüance des gefärbten Stoffes zeigt daher auf freie Säure im Krapp, die
blaurothe von freiem Alkali. Man besizt darin folglich ein Mittel die Farbennüance
zu beherrschen, und kann sich in den Avivagen gleichfalls darnach richten.
Die Seife aber hat dem gefärbten Zeuge viel von seinem Krappbraun entzogen, das sich
mit dem rothen Pigment aufgefärbt hatte. Die Seifenflotte ist röthlich gefärbt und
sezt Floken ab, die sehr klebrig sind und auf eine Harzverbindung hinweisen.
Das Alkali der Seife ist zum Theil neutralisirt und die Seife zersezt worden, es muß
folglich eine Substanz, die dem krappgefärbten Stoffe entzogen worden ist, Säure
vertretende Eigenschaften besizen, andererseits Stearinsäure sich getrennt und mit
der Krappverbindung vereinigt haben.
Untersucht man die Solidität des geseiften Roth, so findet man, daß Säuren und
Alkalien darauf schwächere Einwirkung zeigen, folglich hat es an Solidität
gewonnen.
Nimmt man nun salpetersäurehaltiges Doppelchlorzinn (salpetersalzsaures Zinn, ein
Theil Zinnsalz in drei Theilen Salpetersäure gelöst), nämlich so viel, daß durch
Vermischung mit 50° R. heißem Wasser in 15 Minuten das Roth sich in ein
schönes Gelborange verwandelt (dieß ist das gewöhnliche Schönen oder Aviviren),
hängt den Stoff ins Wasser, reinigt ihn gut und seift ihn abermals, so ist durch
diese Behandlung des früher geseiften Krapproth auf dem Stoff eine theilweise
Zersezung erfolgt.
Das Zinnoxyd hat theilweise die Stelle der Thonerdebasis vertreten, und die Thonerde
ist durch die freie Säure ziemlich fortgeschafft worden, so wie auch das Krapproth
von einem Theil des Krappbraun getrennt wurde. Nach den Graden der Verbindung des
Krapproth mit dem Zinnoxyde entsteht die Orange-Nüance.
Durch die neue Seifung wird das Zinnoxyd getrennt, verbindet sich mit dem Alkali und
findet sich in der Seifenflüssigkeit, es tritt neuerdings Stearinsäure an die
Krappverbindung. Je vollständiger die Zinnverbindung entfernt wird, um so weniger
prävalirt die gelbe Nüance das Roth, und durch wiederholtes Seifen erreicht man
dieß.
Nimmt man aber nach der vorerwähnten Seifung das Krapproth durch eine 60° R.
heiße Lösung von Zukersäure von 1 Zukersäure auf 400 Wasser, so wird anfänglich die
gelbe Nüance in rein Roth verwandelt, und dann erst durch längeres Einwirken der
Säure wieder gelblich nüancirt.
Ist das lezte erfolgt und nach gutem Auswässern und Reinigen wiederholt kochend
geseift worden, so erhält man ein mehr bläulichrothes Krapproth oder Rosa nach
Stärke des angewendeten ersten Mordants und nach Sattheit und Temperatur der
Ausfärbung.
Die Zukersäure hat hier sowohl das Zinnoxyd als die Thonerde fortgeschafft; auf dem
Stoff befindet sich eine Verbindung von Krapproth mit Stearinsäure. Das Interessante
ist, daß das Krapproth
ohne Alaunerde oder sonstigen Mordant das schöne Roth darzustellen scheint.
Als Reagens, ob sowohl Alaunerde so wie Zinnoxyd vollständig entfernt sind, benüze
ich hier unter andern das Blauholz-Pigment. Bringt man nämlich Krapproth, das
noch Thonerde oder Zinnoxyd enthält, in eine Blauholzflotte zum Färben, so zieht
sowohl die Thonerde als das Zinnoxyd das Blauholz-Pigment rasch an und
verwandelt es in Lilabraun. Sind Thonerde oder Zinnoxyd vollständig entfernt, so
bleibt das Roth und Rosa rein und schön, und färbt sich kein Blauholz-Pigment
darauf an.
Noch sicherer kommt man zum Ziele, wenn man den krappgefärbten Stoff nach dem ersten
Seifen in eine Mischung von zwei Theilen Salz- und drei Theilen
Salpetersäure, wozu man einen Theil Schwefelsäure hinzusezt, bei einer Temperatur
von 40° R. in einer Verdünnung von einem Theil Mischung auf 600 Theile Wasser
so lange bringt, bis nach dem Auge das Roth in rein Rothgelb verwandelt ist, was in
10 bis 12 Minuten geschehen seyn dürfte, dann eine Seifenpassage, eine
Zukersäure-Passage und noch eine Seifung folgen läßt, wobei bloß die
Alaunerde fortzuschaffen kommt.
Ich erkläre mir dieß folgendermaßen: die Säuren trennen, ohne die bleichende
Eigenschaft dieses Chlorgemisches besonders ins Auge zu nehmen, einmal das Krapproth
von der Thonerde, so wie das Krapproth vom Krappbraun.
Es bleibt somit wahrscheinlich Krapproth mit den Säuren und Stearinsäure verbunden
auf dem Stoffe, welche Verbindung durch die Seifenbäder zersezt, und die Säuren an
das Alkali, die Stearinsäure aber mit dem Krapproth in Verbindung tritt, da das
freie Krappbraun von der Seife gleichfalls fortgeschafft wird.
Ich traue meiner Untersuchung nicht vollständig, ob die Alaunerde gänzlich getrennt
ist, und ob diese Verbindung Stearinsäure-Krapproth sey, und es wäre
wünschenswerth, daß dieß von gewandten Analytikern untersucht würde, besonders da
sich hieraus der Schluß ziehen ließe, daß das Krapproth vielleicht eine Basis bilden
könne. Es wäre daher zu vermuthen, wie ich bereits vorstehend erwähnt, daß das
Krapp-Pigment wahrscheinlich in verschiedenen Oxydationsstufen im Krapp
vorkomme, in welchen es die amphoteren Eigenschaften, nämlich als Säure und Basis zu
wirken, äußere.
Nach den Versuchen wäre die in den Thonerdesalzen lösliche und das unsolide
Krapp-Pigment bildende Substanz für eine Säure, jene aber, die sich mit
Säuren und den Thonerdesalzen fällt und das solide Krapproth auf dem Stoff bildet,
für eine Basis zu halten. Ob die Krappbasis (Krappoxyd) dadurch auflöslicher wird,
indem sich krappsaures
Krappoxyd oder das Krappbraun (vielleicht harzige Krappsäure) mit dem Krapproth
verbindet, und leztere besonders mehr zur Vermittlung diene, um die Verbindung mit
Stearinsäure auf dem Stoffe zu erleichtern, bleibt vorläufig Vermuthung, und muß ich
Chemikern vom Fache zur Prüfung überlassen, da es dem Techniker, den sein tägliches
Wirken so vielseitig anderweitig in Anspruch nimmt, unmöglich wird, einem einzelnen
Gegenstande so viele Aufmerksamkeit und langwierigen, genauen Versuchen seine Zeit
zu widmen, wiewohl ihm die reelle Erörterung sehr am Herzen liegen muß.
Garancin.
Auf der Fällung des soliden Krapproths durch Säuren beruht die Erzeugung des Garancin
und die des Garancé.
Ich glaube Robiquet war der erste, der im Jahre 1827 die
Krappwurzel mit Schwefelsäure präparirte und die durch Aussüßen mit Wasser von der
Säure befreite sogenannte Krappkohle zum Färben benüzte. Das entstandene
Krapp-Präparat ist äußerst wenig in kaltem Wasser, wohl aber über einer
Temperatur von 60° R. in heißem Wasser löslich.
Man sieht aus dem Vorhergehenden, daß die Krappkohle oder das unter dem Namen Garancin von Lagier in Avignon
zuerst in den Handel gebrachte Product ein durch Schwefelsäure präparirter Avignoner
Krapp sey, welche die Nebenbestandtheile des solid färbenden Krapproth theils
verkohlt oder aufgelöst und das harzige Krappbraun vom Krapproth abgeschieden
hat.
Um es zu bereiten, nimmt man beim gewöhnlichen Verfahren mit der Hälfte Wasser
verdünnte concentrirte Schwefelsäure, und rührt ein gleiches Gewicht Krapp in
kleinen Portionen ein; dann läßt man ihn einige Stunden zur vollständigen Verkohlung
stehen und wäscht ihn hierauf so lange mit Wasser aus, bis das Abwaschwasser
Lakmuspapier nicht mehr röthet.
Ich fand, daß es gut sey die Verkohlung allmählicher zu machen, und man
gleichförmigere Producte erhält, wenn der Krapp vorher mit Wasser befeuchtet wird,
bis er eine gleichförmige nasse Masse bildet, und dann nach und nach ¾ vom
Gewichte des Krapps an Schwefelsäure von 40° B. hinzugibt, die Masse
gleichförmig durcharbeitet, 24 Stunden der Verkohlung Zeit läßt, dann dieselbe mit
Wasser übergießt, absezen läßt, die Flüssigkeit abseiht, und dieses Auswässern so
oft wiederholt, bis das Waschwasser wenig Säure zeigt, hierauf so viel kohlensaures
Natron im Wasser gelöst dazu rührt, bis das Wasser neutral ist, dann noch einmal mit
Wasser auswäscht, auspreßt, troknet und mahlt. Man erhält 42 bis 46 Proc.
Garancin.
Auch erhält man ein gutes Garancin, wenn man den Krapp mit sehr verdünnter
Schwefelsäure vollständig benezt, und in Zinn- oder Bleigefäßen unter
Anwendung von Wärme behutsam erhizt.
Es gelingt auch mit Salzsäure und am besten mit Essigsäure, den Krapp vorsichtig bei
mäßiger Wärme zu präpariren.
Die leztere gibt das vorzüglichste Garancin, das am schönsten färbt, und nur wenig
Auswässerung bedarf. Da die Verkohlung nicht so vollständig erfolgt, so bedarf man
von dergleichen Garancin mehr zur Färbung; doch ist das erhaltene Quantum auch
größer.
Es kommt besonders darauf an, bei der Garancin-Bereitung sehr reines Wasser
anzuwenden, kalk- oder eisenhaltige Wässer sind dazu unbrauchbar.
Merkwürdig ist, daß das durch Auswässern mit eisenhaltigem Wasser schwarz gefärbte
Garancin nach dem gehörigen Entwässern den Rothmordant violett anfärbt; es scheint
somit eine im Wasser lösliche Verbindung von Eisenoxydul, Schwefelsäure und
Krapp-Pgment in diesem Garancin enthalten zu seyn.
Man ersieht aus den Eigenschaften des Krapproth, daß das Garancin nur dann gut färben
kann, wenn es frei von Säure ist.
Manche Garancin-Erzeuger trachten dieß durch sorgfältiges Waschen zu erzielen,
andere durch Neutralisiren, durch doppeltkohlensaure Alkalien, weil diese bei dem
Färben, wenn die Neutralisation damit überstiegen ist, nicht so schädlich
wirken.
Man ersieht ferner, daß Kreidezusaz oder wohl gar kalkhaltiges Wasser der
Garancin-Färberei nachtheilbringend seyn müssen, da sie zu viel Krapproth
absorbiren.
Man hat demnach bei der Garancin-Färbung:
1) auf das Wasser bezüglich der Bestandtheile,
2) auf das Garancin, ob es freie Säure, oder
3) ob es freies Alkali enthält, genau Rüksicht zu nehmen.
Nach diesem hat man die Färbemethode abzuändern.
Bei kalkhaltigem Wasser nämlich sezt man so viel Zukersäure hinzu, als nach
Verhältniß der Menge des Kalkgehalts erforderlich ist, um denselben aus dem Wasser
zu fällen, ohne freie Zukersäure in der Flotte gelöst zu behalten, dann bringt man
erst das Garanein ins Wasser.
Enthält das Garancin freie Säure, was man mit Lakmuspapier und schon daran bemerkt,
daß das Schwarz und Violett schwerer färbt, so sezt man nach Bedarf der Färbeflotte
etwas vollkommen kohlensaures Natron hinzu; auch vertritt etwas Tischlerleim oder
Milch, der Flotte zugesezt, in vielen Fällen dieses Absorbirungsmittel.
Ist jedoch freies Kali in dem Garancin, welches man durch geröthetes Lakmuspapier und
an der violetten Farbe der Färbeflotte und dem gleichfalls schlechten Anfärben
bemerkt, so ist ein Zusaz von Essig oder Essigsäure zu empfehlen, womit zugleich die
überbasischen Mordants auf dem Stoff etwas angesäuert und neutralisirt und hiedurch
die Wahlanziehung befördert wird.
Viel zuzusezen ist jedoch nachtheilig, weil die Solidität der Farben dadurch
auffallend zu leiden scheint, und das Violett grau wird. Uebrigens scheint von den
Säuren die Essigsäure am wenigsten nachtheilig zu wirken.
Es handelt sich allerdings auch sehr um die Nüance, welche man in Roth oder Violett
zu färben beabsichtigt. Will man gelbroth färben, so muß man sehr vorsichtig seyn,
daß man die Säure nicht zu stark abstumpfe. Will man blauroth färben, so muß man
etwas doppeltkohlensaures Natron im Ueberschuß nehmen, bei reinem Roth, Violett und
Schwarz aber das Färbebad sehr neutral erhalten.
Gutes Garancin färbt beiläufig viermal so viel als guter Krapp, darnach richtet sich
das Quantum, das man zum Färben nimmt.
Zur Ersparung oder Substituirung des Garancins sezt man bei Braunfärbung rothen
Sumach und Quercitron mit etwas Leim, bei Schwarzboden rothe Seerose oder Gallus
hinzu.
Sehr solid färbt man, wenn man zum Garancin etwa 10 Proc. Avignoner Krapp zusezt. Die
Färbung selbst gelingt am schönsten, wenn man bei einer Temperatur von 40° R.
zu färben beginnt und bis 70° R. in lebhaft steigender Wärme färbt, die
gefärbten Stoffe sorgfältig reinigt und, wenn es nöthig ist, nach Bedarf kleiet. Um
Blauroth zu erzeugen, wird die Waare durch Kleie mit Seife passirt.
Die mit Garancin gefärbten Waaren sind schöner, doch bei weitem nicht so solid als
mit Avignoner Krapp gefärbte.
Man kann aus dem vorerwähnten Verhalten des Krapps entnehmen, daß man Garancin mit
verkohlter Krappfaser und ohne diese erzeugen kann, nämlich mit Säuren, die die
Faser verkohlen, oder jenen, die dieß nicht vermögen, oder auch dabei künstliche
Wärme zu Hülfe nehmen.
Nach dem vorerwähnten Verhalten der verschiedenen Krappgattungen werden sie
allerdings sämmtlich Garancin geben, das in Beziehung auf das färbende Pigment
gleiche Resultate, wenn auch nicht bezüglich der Reichhaltigkeit des Färbestoffes
liefert, obgleich ich fand, daß Breslauer und Elsasser Krapp mehr Aufmerksamkeit als
Avignoner in der Verkohlung bedürfen, und in ersteren die Zersezung des Färbestoffes
selbst leichter zu erfolgen scheint. Uebrigens gibt nach meinen Versuchen der
Elsasser und Pfälzer Krapp die reichste Ausbeute von Garancin. Das Garancin aus Avignoner
Palus- und Rosé-Krapp zu bereiten, ist wahrlich Schade, da die übrigen
Krappgattungen ebenfalls gutes Garancin liefern, die Avignoner Palus- und
Rosé-Krappe aber sich für solide Krappfarben besser eignen. Noch verdient die
Benüzung des bereits zum Färben gebrauchten Rükstandes der Krappfärbeflotte die
größte Beachtung.
Das Garancé.
Nach meinem Wissen ist Leonard Schwarz in Mülhausen der
erste gewesen, welcher im Jahre 1829 den bereits ausgefärbten Krapp nach Robiquet's Verfahren mit Schwefelsäure verkohlte, und
diese Krappkohle zum Färben empfahl.
Bereits in demselben Jahre machte ich Versuche mit diesem Verfahren so wie mit dem
Garancin, unterließ aber die Benüzung davon, so wie die Mülhauser Fabrikanten, weil
das gefärbte Product nicht die damals geforderten Eigenschaften der Solidität besaß.
Die Anforderungen sind nun nicht mehr so streng, die Kleidung wird durch den großen
Wechsel der Mode schneller geändert, man sieht auf Wohlfeilheit und Schönheit mehr
als auf Solidität und Dauer, und so wird dieser verkohlte ausgebrauchte Krapp (das
Garancé) ein nüzliches Präparat.
Die Bereitung desselben ist folgende: man leitet den ausgefärbten Krapp in eine mit
Stein ausgemauerte Senkgrube, schöpft den diken Krappbrei heraus und trennt ihn
durch Auspressen von der Flüssigkeit. Nun wird der feuchte Brei mit auf 40°
Baumé mit Wasser verdünnter Schwefelsäure in kleinen Portionen angemacht, weil ein
Brausen entsteht, bis man sieht, daß nicht nur das Brausen aufgehört hat, sondern
der Krapprükstand vollständig mit Schwefelsäure benezt und in diken Brei verwandelt
ist. So bleibt derselbe 12 Stunden stehen und wird dann mit Wasser zwei- bis
dreimal ausgewässert. Nun nimmt man auf circa 100 Pfd.
solchen Krapprükstandes ein halbes Pfund Zukersäure in 30° R. warmen Wassers
gelöst, übergießt damit den ausgewässerten Rükstand und fährt nun mit dem Auswässern
mit reinem kaltem Wasser fort, bis Lakmuspapier wenig Säure mehr zeigt; dann
neutralisirt man diesen Rükstand mit etwas wenig kohlensaurem Natron, wäscht ihn und
troknet den Rükstand als Garancé, worauf er wie das Garancin gemahlen wird. Da die
Rükstände des Krapps nicht alle gleich ausgefärbt sind und aus verschiedenen
Krappgattungen bestehen, Kreidezusaz etc. enthalten, so wie Alaunerde und Eisenoxyd
von den Mordants der zu färbenden Zeuge bei dem Färben sich auflösen, so wird das
Garancé nie vollkommen gleiche Qualität besizen, und gewöhnlich 30 bis 50 Proc. von
gutem Garancin sich gleichstellen, die Behandlung des ausgefärbten Krapps aber nach
den erwähnten Bestandtheilen Berüksichtigung erheischen. Die Behandlung mit
Zukersäure ist erforderlich, um das Eisen und die Thonerde fortzuschaffen, was die
Schwefelsäure nicht vollständig zu thun scheint, und das Resultat ist ein schöneres
Roth.
Da das Garancé aus einem Abfalle erzeugt wird, welcher bis jezt unbenüzt verloren
ging und dem Staate große Summen erspart, die für Krapp oder Garancin außer Land
gehen, so verdient dieses Präparat ernstliche Aufmerksamkeit.
Die Mordants für Garancin und Garancé sind dieselben, wie für die gewöhnlichen
Krappfarben. Da man von dem Garancin mehr die gelbrothen Farben vorzieht, so bedient
man sich eines Rothmordants von essigsaurer Thonerde von 8 bis 10° Baumé, dem
man auf 3 Pfd. verdikte Farbe 1½ bis 2 Loth Zinnsalz (salzsaures Zinnoxydul
in Krystallen) zusezt, zu violetten Farben nach der Nüance essigsaures Eisenoxydul
zu 2 bis 3° Baumé.
Reichstadt, den 6. Jun. 1845.