Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XIX., S. 72 |
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XIX.
Miszellen.
Miszellen.
Beslay's neuer
Hochdruk-Dampfkessel.
Hr. Beslay hat der franzoͤsischen Akademie der
Wissenschaften im Jahr 1839 einen Hochdruk-Dampfkessel zur Pruͤfung
uͤbergeben (beschrieben im polytechn. Journal Bd. LXXIII S. 241
und Bd. LXXIV S.
81), welcher aus einem horizontalen Cylinder von Eisenblech bestand, von
dem senkrechte schwach conische Siederoͤhren in den Feuerraum sehr nahe am
Rost hinab- und beilaͤufig 7 Zoll tief in die dike gluͤhende
Kohksschicht hineinreichten.
Der neue Kessel Beslay's, chaudière
à vapeur tubulaire à circulation genannt, wurde unlaͤngst in
Gegenwart mehrerer Mitglieder der Akademie gepruͤft; er besteht aus drei
concentrischen Cylindern von 3 Meter Hoͤhe, durch welche Roͤhren von
beilaͤufig 20 Centimeter (7″ 4″′) gehen. Der Cylinder
von 2 Meter innerem Durchmesser steht senkrecht; ein unten am Apparat befindlicher
Rost, welcher 60 Centimeter (1′ 10″) uͤber dem Aschenraum
angebracht ist, nimmt das Brennmaterial auf, welches mit großer Leichtigkeit
verbrennt. Die Flamme steigt bis zur Mitte des Kessels hinauf, biegt sich dann um
und der Rauch entweicht durch den zwischen den concentrischen Cylindern befindlichen
Raum; er vereinigt sich uͤber dem Kessel, wo er durch eine kniefoͤrmig
gebogene Roͤhre einen Ausweg findet. Im Kessel angebrachte Roͤhren
leiten den Dampf auf den Boden des kochenden Wassers, von wo er entweicht, indem er
dieses Wasser in bestaͤndiger Bewegung erhaͤlt, wodurch die Bildung
eines Wassersteins verhuͤtet wird. Da sich der Feuerraum innerhalb befindet,
so kann man sich dem Kessel von allen Seiten naͤhern; er strahlt nicht mehr
Waͤrme aus als heißes Wasser; uͤbrigens laͤßt sich diese
Ausstrahlung durch einen concentrischen Mantel aus Holz vermeiden. (Bulletin de la Société d'Encouragement, August 1845, S.
361.)
Loup's Construction der Oefen für
Dampfkessel.
Um die Uebelstaͤnde zu vermeiden, welche durch die Anwendung langer
Roͤste an der Vorderseite oder vor den Dampfkesseln entstehen und zugleich
den bestmoͤglichen Nuzen aus dem Brennmaterial zu ziehen, hat Hr. Loup eine Anordnung ersonnen, welche darin besteht, den
Rost unter der Mitte des Kessels im Centrum des Ofens anzubringen. Auf diese Weise
theilt sich die Flamme in zwei Theile, zieht unter jeder der zwei Haͤlften
der unteren Kesseloberflaͤche fort und begibt sich dann laͤngs der
beiden Seiten gleichzeitig zuruͤk, indem sie sich neuerdings zertheilt, um
hierauf durch den Kamin zu entweichen, welcher in der Mitte der Osenlaͤnge
angebracht ist. Die Thuͤre durch welche man das Brennmaterial hineinbringt,
befindet sich also an einer der langen Seiten des Ofens, anstatt vor demselben. Die
Laͤnge des Rosts wird hiebei sehr beschraͤnkt und seine Breite kann
auf beiden Seiten ausgedehnt werden, je nach der Dimension, die man ihm im
Verhaͤltniß zu dem erforderlichen Brennmaterial oder der Heizflaͤche
des Kessels zu geben beabsichtigt. (Publication industr. de
M. Armengaud, Bd. IV, 7te Lief.)
Die englischen Eisenbahnen, nach ihrer Spurweite
classificirt.
Folgendes ist ein Verzeichniß der bedeutenderen Eisenbahnen Großbritanniens, geordnet
nach ihren Spurweiten. Die angegebene Laͤnge jeder Bahn in (engl.) Meilen
bezieht sich nur auf die fuͤr den Verkehr gelegten und benuzten
Schienenwege.
1) Spurweite von 4 Fuß 6 Zoll.
(Meilen engl.)
Ballochney
6
Garnkirk nach Glasgow
8
Slamannan Eisenbahn
12
–––––
Summa
26
2) Spurweite von 4 Fuß 8½ Zoll.
(In dieser Classe sind auch einige Eisenbahnen inbegriffen mit ½ Zoll
groͤßerer Spurweite, um den Raͤdern Spielraum zu lassen.)
Birmingham (von London)
112
Peterborough-Zweigbahn
47
Birmingham-Gloucester
53
Bishop's Auckland und Weardale
8
Bodmin nach Wadebridge
14
Bolton, Leigh und Kenyon
9
Brandling Verbindungsbahn
17
Brighton (von Croydon nach Shoreham)
48
Chester nach Birkenhead
15
Chester und Crewe
21
Croydon
10
Dover (Verbindungsbahn von Reigate)
66
Dublin-Kingston
6
Eastern Counties (oͤstliche Grafschaft) (nach Colchester)
50
Edinburgh-Glasgow
46
Glasgow und Greenock (von Paisley)
16
Glasgow, Kilmarnock und Ayr
51
Grand Junction (große Verbindungsbahn) nach Lancaster
126
Gravesend und Rochester
7
Große Nordbahn von England (Darlington nach York und Nord Midland
Eisenbahn)
45
Hull nach Selby
31
Lancaster und Preston
20
–––––
Summa
818
(Meilen engl.)
Uebertrag
818
Leicester und Swannington
16
Liverpool und Manchester
31
Manchester und Crewe
29
Manchester und Leeds
60
Maryport nach Carlisle
30
Midland-Derby nach Birmingham
41
Derby nach Leeds
78
Rugby nach Derby
48
Newcastle nach Carlisle
60
Newcastle nach Darlington
35
Newcastle und Nord Shields
7
Nord und Ostbahn (von den Bahnen der oͤstlichen Grafschaft
aus)
48
Nord-Verbindungsbayn, von Preston zur
Manchester-Liverpool-Bahn
22
Norwich nach Yarmouth
20
Preston und Wyre
19
Suͤdwestbayn (nach Southampton)
76
Gosport-Zweigbahn
16
Stockton nach Darlington
11
Stockton, Hartlepool und Clarence
32
Taff Vale
30
York und Nord-Midland
27
–––––
Summa
1554
3) Spurweite von 5
Fuß 3 Zoll.
Dublin und Drogheda
31
4) Spurweite von 5
Fuß 6 Zoll.
Soll in die Spurweite von 4 Fuß 8½ Zoll umgeändert
werden Abroath nach Forfar
15
Auf Anrathen der trischen Eisenbahn-Commissäre.
Dundee nach Abroath
16
–––––
Summa
31
Auf Anrathen der trischen Eisenbahn-Commissäre. 5)
Spurweite von 6 Fuß 2 Zoll.
Belfast nach Portadown
25
6) Spurweite von 7
Fuß.
Große Westbahn: Bristol und Gloucester;Soll in die Spurweite von 4 Fuß 8½ Zoll umgeändert
werden.
Cheltenham und Große Westbahn; Bristol und Exeter
278
„Der Werth der verschiedenen Spurweiten, heißt es in einem Artikel im Mining Journal, hat schon zu vielen
Eroͤrterungen Anlaß gegeben. Die Frage uͤber den Einfluß und die
Folgen dieser Verschiedenheit wurde dabei aber nicht sehr ins Auge gefaßt.
Allerdings erfuͤllt, wie Hr. Cobden bemerkt,
die Spurweite von 4 Fuß 8½ Zoll sowohl, als die von 7 Fuß ihren Zwek sehr gut, woraus also gefolgert werden muͤßte,
daß es auf die Groͤße der Spurweite gar nicht ankommt. Man muß gestehen,
daß die Reisenden jezt die verschiedenen Richtungen ihrer Bestimmung mit
ziemlicher Puͤnktlichkeit und mit nur selten vorkommenden
Ungluͤksfaͤllen erreichen, so daß sie wenigstens 20 englische
Meilen in einer Stunde machen, wobei unter 100 Fahrten hoͤchstens einmal
eine Achse bricht. Alles dieß gereicht den Bediensteten zur Ehre und den
Reisenden zur Beruhigung. Allein die eigentliche Frage ist, ob eine
groͤßere Geschwindigkeit und groͤßere Sicherheit erreicht werden
koͤnnen. Die Moͤglichkeit ist nicht in Abrede zu stellen, daß die
Schienen und Waͤgen dereinst so construirt werden, daß sie viel groͤßere
Raͤder in Gang sezen, daß viel groͤßere und festere Schienen und
viel groͤßere Spurweiten in Anwendung kommen, als man jezt fuͤr
anwendbar haͤlt. Es ist mit dem Geist des Fortschritts daher nicht
vereinbar, daß wir uns durch Parlaments-Acte an eine fixe Spurweite
binden.“ (Civil Engineer and Architects'
Journal, Aug. 1845, S. 247.)
Coriolis und Poncelet, über das neue Schleußensystem mit Schwimmer von D. Girard.
Das Absehen Girard's bei seiner Schleuße mit Schwimmer ist
darauf gerichtet, das Durchschleußen von Fahrzeugen moͤglich zu machen, ohne
deßhalb die zu jeder Fuͤllung der Schleußenkammer erforderliche Wassermenge
aufopfern zu muͤssen. Es wurden schon fruͤher mehrfach verschiedene
Vorrichtungen zur Erreichung desselben Zwekes angegeben, z. B. die geneigten
Flaͤchen von Rainolds und Foulton, Mercadier's Schleußen mit Wagen, die
mit beweglicher Kammer von Solage und Bossut, die mit Schwimmer und Gegengewicht von Bétancourt, endlich die mit Kolben und Heber von Burdin. Thilorier schlug vor,
durch Pferde- oder Windskraft das verloren gegangene Wasser wieder in die
Hoͤhe zu heben. Nach dem Systeme von Raynolds, Foulton und Mercadier bedient
man sich der Kraft eines niedergehenden Fahrzeuges, um ein anderes aufzuheben. Nach
der Einrichtung von Solage und Bossut wird die Schleußenkammer von einem Gefaͤße getragen, welches
in einen Wasserbehaͤlter taucht; Hebung und Senkung wird durch
Zufuͤhrung des Wassers in die Schleußenkammer oder Ableitung daraus
hervorgebracht. Nach Bétancourt wird ein
Wasserbehaͤlter mit der Schleußenkammer in Verbindung gesezt und das Wasser
in dieser Schleußenkammer dadurch zum Steigen gebracht, daß sich ein durch ein
Gegengewicht mit veraͤnderlicher Wirkung aͤquilibrirter Schwimmer in
den Behaͤlter senkt, oder aus demselben heraushebt. Bei dem Burdin'schen Systeme ist ebenfalls ein zur Seite
liegender Behaͤlter angewendet; der leztere ist allseitig gegen den Zutritt
der Luft geschuͤzt; auf ihn wirkt ein Kolben, welcher wie bei einer Saugpumpe
ein Volumen Wasser, wie es die Schleußenkammer fordert, entweder austreibt oder
einzieht, ohne daß der Schwerpunkt der in beiden Behaͤltern enthaltenen
Wassermasse seine Lage veraͤndert, weßhalb bei Bewegung des Kolbens nur die
Reibungswiderstaͤnde zu uͤberwinden sind.
Nach dem Girard'schen Systeme wird zur Seite der Schleuße
ein großer Wasserbehaͤlter von entsprechender Tiefe hergestellt; ein
prismatischer Kasten, welcher durch einen Schwimmer von moͤglichst kleiner
Dimension getragen wird, schwimmt in diesem Wasserbehaͤlter und
enthaͤlt selbst bis zu einer gewissen Hoͤhe Wasser und zwar so viel
als zur Fuͤllung der Schleußenkammer erforderlich ist. Wenn nun die
Schleußenkammer leer ist und man will sie fuͤllen, so steht der Wasserspiegel
in dem schwimmenden Gefaͤße um ein wenig, etwa 5 Centim. hoͤher als
der Wasserspiegel in der Schleußenkammer. Den mit Wasser gefuͤllten Raum des
schwimmenden Behaͤlters sezen nun 10 große immer mit Wasser
angefuͤllte Heber in Verbindung mit der Schleußenkammer; werden dieselben nun
geoͤffnet, so tritt das Wasser aus dem Behaͤlter in die
Schleußenkammer, zugleich hebt sich das leichter werdende schwimmende Gefaͤß
und es ist die Berechnung der entsprechenden Gewichte so ausgefuͤhrt, daß die
Hebung dieses Gefaͤßes in derselben Art erfolgt, wie das Steigen des
Wasserspiegels in der Schleußenkammer. Hat das Niveau in der Schleußenkammer die
gewuͤnschte Hoͤhe erlangt, so werden die Heber geschlossen; es erfolgt
dieß durch die Vorrichtung selbst, wenn der Wasserspiegel in der Schleußenkammer
etwa 10 Centim. unter dem Wasserspiegel des Oberwassers liegt. Wird nun das Fahrzeug
nach der oberen Canalhaltung durchgeschleußt, so hat man nur ein Wasserprisma von 10
Centim. Hoͤhe aus derselben zu entnehmen.
Nach vollbrachtem Durchgange kann leicht hierauf das umgekehrte Spiel der Vorrichtung
eingeleitet werden, naͤmlich ein Fahrzeug zu Thale durchzuschleußen und
zugleich das Wasser aus der Schleußenkammer in den schwimmenden
Wasserbehaͤlter uͤberzufuͤhren. Da naͤmlich zu Anfange
des beschriebenen Spieles das Niveau in dem schwimmenden Behaͤlter 5 Centim.
hoͤher lag als in der Schleußenkammer, so muß es jezt um eben so viel tiefer
liegen und wenn man nun die Heber oͤffnet, so wird der Uebertritt aus der
Schleußenkammer in den schwimmenden Behaͤlter eben so erfolgen, wie vorher umgekehrt.
Es wird dieß fortgesezt, bis der Wasserspiegel in der Kammer wieder 10 Cent.
hoͤher liegt, als der des Unterwassers.
Die Baukosten einer solchen Schleuße werden bei 33 Meter Laͤnge und 5 Meter
Breite der Kammer zu 60,000 Fr. von Girard
geschaͤzt; Coriolis glaubt dieselben auf 70,000
Fr. annehmen zu muͤssen, und haͤlt sie im Vergleich mit der Anlage von
kraͤftigen Dampfmaschinen fuͤr den Fall, wenn Wasser nicht vorhanden
ist, fuͤr nicht zu hoch. Um die Heber uͤbrigens immer in
gehoͤriger Thaͤtigkeit zu erhalten, wuͤrde man ebenfalls eine
kleine Bewegkraft zum Auspumpen der sich ansammelnden Luft anwenden
muͤssen.
Durch spaͤtere Abaͤnderungen wurde das Girard'sche Schleußensystem zwekmaͤßig modificirt; der ganze
schwimmende Apparat besteht naͤmlich bei dieser verbesserten Einrichtung aus
einem prismatischen Blechkasten, welcher durch einen Zwischenboden in zwei
Abtheilungen getheilt ist; jede Abtheilung communicirt mit der aͤußeren Luft;
der Behaͤlter wird aus Blech von 3 Millimet. Staͤrke gefertigt und
durch eingeschraubte gegossene Rahmen in der erforderlichen stabilen Form erhalten;
ein Schwimmer, welcher auf dem Wasser des unteren Behaͤlters steht, zeigt in
jedem Augenblike die Wasserstandhoͤhe in demselben oder die Dike seiner
Wasserschicht; die Verbindung zwischen den Behaͤltern und den Canalhaltungen
wird nicht mehr durch oberhalb angebrachte Heber, sondern durch unterhalb liegende
Grundverbindungen, Roͤhren und Schlaͤuche bewirkt; die
Ventiloͤffnungen fuͤr dieselben werden von dem schwimmenden
Behaͤlter selbst durch Ausloͤsungen und Hebel am Ende der von ihm zu
durchlaufenden Bahn in gehoͤriger Art gestellt. Die Niveaux der oberen und
unteren Canalhaltung werden als constant vorausgesezt; jede Abtheilung des
Blechkastens erhaͤlt eine diesem Niveauabstande entsprechende Hoͤhe,
und einen dem Querschnitt der Schleußenkammer gleichen Querschnitt.
In dem Zeitpunkte, wo die oberen Schleußenthore geschlossen, die unteren
geoͤffnet sind, und das aufzuschleußende Fahrzeug in die Schleußenkammer
hineingefuͤhrt wird, schwimmt der leere Blechkasten auf seinem
Behaͤlter, in welchem die Wasseroberflaͤche mit der in der
Schleußenkammer in gleicher Hoͤhe liegt; vermoͤge seines Gewichtes
taucht der Blechkasten ein wenig unter den Wasserspiegel, und es wird diese
Eintauchungstiefe auch hier zu 50 Millimet. angenommen; um dieselbe Tiefe liegen nun
natuͤrlich auch der untere und obere Boden des Blechkastens unter dem Niveau
der unteren und oberen Canalhaltung, und bei Oeffnung der Verbindungen wird nach
Schließung des unteren Schleußenthores sich aus beiden eine Wassermasse in beide
Abtheilungen des Blechkastens ergießen, von welcher vorausgesezt wird, daß die in
die obere Abtheilung einstroͤmende genau der in die untere
einstroͤmenden gleich ist. Sammelt sich nun in jeder Abtheilung eine
Wasserhoͤhe x, so wird der Kasten in seinem
Behaͤlter um eine Tiefe 2 x gegen die
Wasseroberflaͤche sinken muͤssen, und da dieser Behaͤlter
unterhalb mit der Schleußenkammer in Verbindung steht, so wird sich in beiden der
Wasserspiegel um x heben und daher absolut genommen der
Wasserkasten nur um den Betrag x gegen seine erste Lage
sinken. Hienach wird auch in jedem Augenblike das Niveau einer jeden Canalhaltung um
den bereits vorher angegebenen Betrag von 50 Millimet. hoͤher liegen als das
Niveau der betreffenden Abtheilung des Behaͤlters.
Bei dem umgekehrten Spiele, wenn sich der Wasserspiegel der Schleußenkammer
erniedrigen soll, schuͤtten die beiden Behaͤlter das aufgenommene
Wasser wieder in die obere und untere Canalhaltung aus, und es ist, um die eine oder
andere Bewegung des Wassers hervorzubringen, nur erforderlich, die
anfaͤngliche Niveaudifferenz von 50 Millimet. hier eben so hervorzurufen, wie
bei dem vorhergehenden Systeme. Da hier in den schwimmenden Blechkasten von der
oberen und unteren Canalhaltung aus gleichzeitig Wasser eingeschuͤttet wird,
so entsteht eine schnellere Bewegung, eine geringere Ausdehnung der Graͤnzen
derselben, eine geringere Tiefe des zur Seite anzubringenden Wasserbehaͤlters
und eine geringere Hoͤhe des Kastens selbst.
Die Kosten fuͤr die Herstellung einer Girard'schen
Schwimmerschleuße werden zu 45,000 Fr. geschaͤzt und duͤrften bei
Gefaͤllen von 3–4 Meter hoͤchstens um die Haͤlfte der
Summe hoͤher kommen. Es werden diese Anlegekosten aber fuͤr Punkte
fuͤr gar nicht zu hoch gehalten, wo die Schifffahrt wegen Wassermangel durch
Canalfuͤhrungen entweder unterbleiben muß, oder die Unterhaltung kraͤftiger
Dampfmaschinen voraussezt, durch welche das bei jeder Durchschleußung herabgesunkene
Wasser wieder in die Hoͤhe gehoben wird.
Bei den angegebenen Vorrichtungen betraͤgt der nach jedem Spiel der Schleuße
nothwendig verbundene Wasserverlust unter der Voraussezung, daß eine Niveaudifferenz
von 50 Millimeter genuͤge, um den Mechanismus mit gehoͤriger
Geschwindigkeit in erwuͤnschten Gang zu sezen, so viel als der Inhalt eines
Wasserprismas von 200 Millim. Hoͤhe und einer Grundflaͤche gleich dem
Querschnitt der Schleußenkammer, und es wuͤrde bei der Frage uͤber
Raͤthlichkeit der Anlage noch ganz besonders mit zu beachten seyn, daß durch
die Dauer des Durchschleußens, welches bei vorausgesezter Gleichheit aller
uͤbrigen Umstaͤnde von der Geschwindigkeit des Wasserzuflusses
abhaͤngt, nicht etwa der Vortheil einer Wasserersparniß aufgehoben werde.
Die Akademie der Wissenschaften in Paris erklaͤrte die Einrichtung der Girard'schen Schleußen fuͤr eine der
gluͤklichsten Combinationen der neueren Mechanik, versprach sich bedeutende
Erfolge davon fuͤr die Schifffahrt in wasserarmen Punkten und verwendete sich
bei dem Minister der oͤffentlichen Arbeiten für Ausfuͤhrung eines
Versuches im Großen.
Poncelet hat zu dieser Schleußeneinrichtung eine
hoͤchst ausfuͤhrliche Abhandlung bearbeitet, in welcher die
mathematischen Bedingungen fuͤr die Wirksamkeit dieses neuen Schleußensystems
enthalten sind. (Aus den Comptes rendus, im polytechn.
Centralblatt 1845, 16tes Heft.)
Albano's Composition für
architektonische Verzierungen etc.
Die Basis dieser Composition fuͤr architektonische Verzierungen etc. ist der
Hanf, welcher zerrieben, dann mit einer harzigen Substanz, z. B. Theer, vermengt und
hierauf in große Blaͤtter verwandelt wird. Diese Blaͤtter legt man auf
Metallformen mit vertiefter Gravirung der zu erzeugenden Verzierung; sie werden
darin stark zusammengepreßt und kommen mit aller wuͤnschbaren Reinheit aus
den Formen. Die Substanz ist so elastisch, daß sie leicht auf krumme und
vorspringende Theile der Mauern aufgetragen werden kann; sie ist zugleich sehr hart,
sehr leicht und erleidet durch Waͤrme, Kaͤlte und Feuchtigkeit keine
Veraͤnderung. Sie wurde in England in großem Maaßstab fuͤr Karnieße,
Hausdaͤcher und für Gemaͤlderahmen angewandt, welche man beliebig
bemalen und firnissen kann. (Bulletin de la Société
d'Encouragement, August 1845, S. 370.)
Ueber die Bereitung von Cyankalium ohne Anwendung thierischer
Substanzen.
In der Chemical Society zu London entstand eine
Discussion uͤber die Erzeugung von Cyankalium durch Einwirkung des Stikstoffs
der Luft auf Holzkohlen und kohlensaures Kali, welche in Frage gestellt wurde,
obgleich sie vor einiger Zeit als Basis eines technischen Verfahrens zur Gewinnung
von Blutlaugensalz in Vorschlag kam (man vergleiche die Patentbeschreibung im
polytechnischen Journal Bd. XCV S. 293). Dr. Playfair theilte einige Resultate mit, welche Prof. Bunsen erhielt und wodurch die fruͤheren Versuche
von L. Thomson und Dr. Fownes bestaͤtigt werden, naͤmlich daß
stets Cyan auf diesem Wege erzeugt wird, wenn man die Temperatur so hoch steigert,
daß sich das eiserne Rohr, worin man die Substanzen erhizt, in Stahl verwandeln
kann. (Chemical Gazette, August 1845, No. 68.)
Verfahren zum Reinigen der Salzsäure von Eisen etc.
Hr. Louet reinigt die kaͤufliche Salzsaͤure
auf folgende Weise. Er sezt derselben zuerst etwas Wasser, dann eine concentrirte
Loͤsung von Cyaneisenkalium in Ueberschuß zu; es entsteht ein weißer
Niederschlag, welcher allmaͤhlich blau wird. Nachdem die Einwirkung 1 bis 2
Tage fortgedauert, wird die Saͤure durch einen Amianthstoͤpsel
filtrirt, dann aus einer mit eingeriebener Tubulatur versehenen Retorte destillirt,
die im Sandbad erhizt wird und in welche einige spiralfoͤrmig gewundene
Stuͤkchen Platindraht gebracht werden. Die ersten uͤbergegangenen
Portionen, welche etwas Blausaͤure enthalten, beseitigt man und haͤlt
mit der Operation ein, wenn drei Viertheile der Fluͤssigkeit in die Vorlage
uͤbergegangen sind. Damit beim Kochen keine Troͤpfchen der
Fluͤssigkeit in die Vorlage uͤbergeschleudert werden (da die
Fluͤssigkeit etwas Berlinerblau aufgeloͤst enthaͤlt), wird auch
der Hals der Retorte erhizt, indem zwischen ihm und dem Ofen keine schirmende
Scheidewand gebracht wird; die in den Hals gelangenden Troͤpfchen troknen
dadurch sogleich ein. Die so gewonnene Saͤure ist vollkommen rein und
farblos. (Technologiste, August 1845, S. 503.)
Ueber das Blauanlaufen des Stahls.
In fruͤheren Jahren befaßte ich mich abwechselnd mit kleinen Arbeiten in Holz,
Stahl, Eisen, Messing etc., besonders auch in Beziehung auf Gewehre und Waffen.
Dabei kam es denn auch vor, polirten Stahl und Eisen blau anlaufen zu lassen. Die
Versuche, solches Blauanlaufen mittelst gluͤhender Kohlen zu bewerkstelligen,
sagten mir nicht zu, indem sich die Erhizung des Stahls oder Eisens dabei nicht so
gut leiten und ganz gleichmaͤßig beschaffen laͤßt, um ein gleichfarbig
gutes Blau zu gewinnen; auch haͤngt sich dabei leicht mehr oder weniger
Flugasche an und verdirbt an diesen Stellen das Blau.
Ich fand mich sonach weiter veranlaßt, kleine Sachen von Stahl oder Eisen auf reines,
aschefreies, gluͤhendes Eisen gelegt blau anlaufen zu lassen, was dann reiner
und besser gelang und wobei das Vorruͤken der Farben bis zum
schoͤnsten Blau genauer beobachtet werden konnte.
Endlich gelang mir, bei den verschiedenen Formen der Stahl- und Eisenstüke,
die ich anlaufen lassen wollte, solches am besten in geschmolzenem reinem Blei
— wobei jedoch die Haut, die sich uͤber solches Blei zieht,
moͤglichst beseitiget werden muß, um sich beim Eintauchen des Stahls oder
Eisens, wie beim Herausziehen desselben nicht daran haͤngen zu
koͤnnen, weil sonst darunter das Blau verdorben wird.
Ist das Anlaufen nicht ganz nach Wunsch gerathen, so kann solches bekanntlich nach
geschehener Erneuerung der Politur mit denselben Stahl- oder
Eisenstuͤken wiederholt werden.
Je reiner und vollendeter die Politur ist, je reiner und schoͤner wird das
Blau. Hoͤchst dringend ist aber erforderlich, daß das Stuͤk Stahl oder
Eisen, was gleichfarbig und schoͤn blau anlaufen soll, voͤllig troken,
rein und frei von allem Oehl oder Fett etc. seyn muß, denn es artet sich das
Anlaufen nicht einmal gut, wenn die Politur vorher auch nur mit bloßer Hand
beruͤhrt worden ist.
Wenn Stahl- oder Eisenstuͤke, die man blau anlaufen lassen will,
durchweg oder ungefaͤhr von gleicher Dike und Breite sind, wie Uhrfedern,
Degen- oder Saͤbelklingen, Saͤgeblaͤtter und
dergleichen, so gelingt deren Anlaufen meist leicht und gut; im entgegengesezten
Fall ist dieses aber sehr unsicher, da die duͤnnen, spizen oder schmalen
Stellen daran zu fruͤh anlaufen und deren Blau wieder schwindet, unterdessen
daß die dikeren, stumpferen oder breiteren Stellen beduͤrftig heiß werden.
Berger. (Leuchs polyt.
Zeitg.)
Fabrication flüssiger Gallussäure.
Der starke Verbrauch von Gallaͤpfeln in den Faͤrbereien zu Lyon
veranlaßte Hrn. Michel ein Surrogat dieses
auslaͤndischen Products auszumitteln und seine Versuche wurden mit dem besten
Erfolg gekroͤnt. In der Naͤhe von Lyon sind zwei Fabriken und zwei in
dem Staͤdtchen Pont-de-Beauvoisin (Isère) mit dessen Erzeugung
beschaͤftigt. Man bereitet die Gallussaͤure aus alten
Kastanienbaͤumen, welche keine Fruͤchte mehr tragen und auch nur noch
schlechte Kohle liefern. Eine Maschine mit Kreissaͤge schneidet das Holz in
duͤnne Spaͤne; diese werden in einen durch Dampf geheizten Kessel mit
Rost gebracht, die Abkochungen in große Kufen geschuͤttet und stehen
gelassen. Die abgelassene klare Fluͤssigkeit wird in flachen Kesseln
abgedampft und wenn sie 20° Baumé zeigt, auf Faͤsser gebracht. Dieses
Decoct ersezt vollkommen das der Gallaͤpfel. 100 Theile Spaͤne von
alten
Kastanienbaͤumen liefern 16 bis 18 Thle. Decoct, welches im Handel mit dem
Namen fluͤssiger Gallussaͤure bezeichnet wird. Der Hektoliter
desselben wird zu 38 bis 42 Fr. verkauft. — Die Fabriken bestehen erst seit
kurzer Zeit und werden sich hoffentlich halten; ihr Product ist beliebt, kann aber
nur da gewonnen werden, wo es Kastanienbaͤume gibt. (Technologiste, August 1845, S. 502.)
Mikroskopische Untersuchung von Kartoffeln, welche von der
gegenwaͤrtig in Württemberg herrschenden Krankheit ergriffen waren.
Auf die in oͤffentlichen Blaͤttern erschienene Nachricht, daß in
Roßwaͤlden, Oberamts Kirchheim, eine Kartoffelkrankheit ausgebrochen sey,
wendete ich mich an das Oberamt Kirchheim mit der Bitte, mir eine Partie der
erkrankten Kartoffeln zu uͤberschiken, welcher Bitte dasselbe auch mit großer
Gefaͤlligkeit entsproch. Außerdem erhielt ich noch, ehe diese Kartoffeln
ankamen, in der hiesigen Gegend, wo die Krankheit an verschiedenen Orten, namentlich
in großer Ausdehnung bei Kirchentellinsfurt, ausgebrochen war, Gelegenheit, den
Gegenstand naͤher untersuchen zu koͤnnen.
Ich halte es fuͤr uͤberflussig, das aͤußere Bild der Krankheit
zu entwerfen, indem dieses in den Berichten der Landwirthe in hinreichendem Maaße
geschehen wird; es sey mir nur erlaubt, auf die aͤußeren Erscheinungen so
weit einzugehen, als zum Nachweise, daß die von mir untersuchten Kartoffeln an der
gegenwaͤrtig herrschenden Krankheit litten, nothwendig ist. Die Erkrankung
der Kartoffeln war mit einer Erkrankung des Krautes, die sich im Auftreten von
schwarzen Fleken am Stengel und schnellem Absterben aller oberirdischen Theile
aͤußerte, verbunden. Ob die Erkrankung der Knollen der Erkrankung des Krautes
voranging, oder umgekehrt, oder ob beide gleichzeitig waren, konnte ich bis jezt
nicht ermitteln. Die Knollen zeigten an den ergriffenen Stellen eine in
unregelmaͤßigen Fleken sich verbreitende braͤunliche Faͤrbung;
die Oberflaͤche der Knollen war anfaͤnglich an diesen Stellen eben,
sank dagegen spaͤter, offenbar in Folge einer anfangenden Vertroknung, etwas
ein und erhielt dadurch ein pokennarbiges Aussehen. Die innere Substanz zeigte unter
diesen Fleken eine Entartung, die sich durch das Auftreten von braͤunlichen,
unregelmaͤßig zerstreuten Fleken aussprach, die zuerst unterhalb der gesunden
Oberhaut des Knollens sich zeigten, spaͤter sich mehr und mehr in die Tiefe
ausbreiteten, zusammenflossen und der Schnittflaͤche ein marmorirtes Ansehen
ertheilten. Je weiter sich diese Fleken ausdehnten, desto mehr entfaͤrbte
sich wieder die bereits krankhaft veraͤnderte Substanz der Kartoffel, so daß
die mehr und mehr sich ausbreitende Graͤnzlinie des kranken Theiles am
dunkelsten braun war. Die entartete Substanz war weniger fest als die gesunde, und
wenn die Kartoffel troken aufbewahrt wurde, weniger saftig; sie troknete auch in
manchen Faͤllen so ein, daß Zerreißungen in ihrem Innern eintraten. In andern
Faͤllen war die Entartung (wie es scheint, unter dem Einflusse der
Bodenfeuchtigkeit) weiter gegangen, die braune Substanz hatte sich wieder
entfaͤrbt und war in eine weiche, taͤsaͤhnliche Masse, welche
einen hoͤchst ekelhaften Geruch verbreitete, uͤbergegangen. An der
Luft troknete diese Substanz schnell aus, indem sie sich zugleich
schwaͤrzlich faͤrbte.
Die mikroskopische Untersuchung der braunen Stellen zeigte an denselben die Holzfaser
(die Zellenhaͤute) und die Staͤrkmehlkoͤrner voͤllig
unveraͤndert, dagegen waren die stikstoffhaltigen Bestandtheile
gebraͤunt. Dieselben bilden in der gefunden Kartoffel, wie uͤberhaupt
in allen Pflanzen, einen farblosen, schleimigen, bald gleichfoͤrmigen, bald
in nezfoͤrmige Faͤden getheilten Ueberzug der inneren Flaͤche
der Zelle, in welchem sehr feine Koͤrner sichtbar sind und welcher durch Jod
sich gelb faͤrben laͤßt. An den entarteten Stellen war diese Substanz
gelbbraun gefaͤrbt und ihre koͤrnige Structur deutlicher
hervorgetreten. Zum Theil bildete diese braune Substanz auch einen duͤnnen
Ueberzug uͤber die Amylumkoͤrner.
War die Entartung bis zur Entfaͤrbung und kaͤsartigen Erweichung
vorgeschritten, so hatten die Zellen ihren Zusammenhalt unter einander verloren und
stellten schlaffe Blaͤschen dar, wie in einer erfrorenen oder gesottenen
Kartoffel. Sie waren mit einer truͤblichen Fluͤssigkeit, in welcher
sehr feine Koͤrnchen sich fanden, die mit Jod sich gelb faͤrbten,
folglich stikstoffhaltig waren, gefuͤllt. Die Amylumkoͤrner zeigten
auch an diesen voͤllig zersezten Stellen ihre volle Integritaͤt.
Von der Bildung von schimmelaͤhnlichen Gewaͤchsen war an keiner Stelle
und in keinem Stadium der Krankheit irgend eine Spur aufzufinden.
Vergleicht man das Ergebniß dieser Untersuchung mit der Untersuchung, welche v. Martius vor einigen Jahren an Kartoffeln, die an
Stokfaͤule litten, anstellte (die Kartoffelepidemie der lezten Jahre,
Muͤnchen 1842)Polytechn. Journal Bd. LXXXVI S. 385., so
unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß die krankhafte Entartung, welche die
Kartoffeln bei der gegenwaͤrtig herrschenden Kranheit erleiden, wesentlich
von der bei der Stokfaͤule eintretenden verschieden ist, und wir
duͤrfen es vielleicht als ein Gluͤk erachten, daß die
gegenwaͤrtige Krankheit nicht mit der Bildung eines kryptogamischen
Gewaͤchses verbunden ist, indem hiemit vielleicht ein Grund der
Anstekungsfaͤhigkeit wegfaͤllt. Das Wesen der vorliegenden Krankheit
besteht offenbar in einer fauligen Zersezung der stikstoffhaltigen Bestandtheile der
Kartoffel, die nicht durch eine fremde Afterorganisation hervorgerufen ist und auch
nicht zur Bildung einer solchen und durch diese zur Fortpflanzung des Uebels
Veranlassung gibt, sondern als Folge der unguͤnstigen Witterung des
dießjaͤhrigen Sommers aufgetreten ist.
Ich muß den Landwirthen die Entscheidung daruͤber, ob es bei der großen Masse
der zu troknenden Kartoffeln moͤglich seyn wird, durch kuͤnstliche
Austroknung derselben dem Zersezungsprocesse einen Stillstand zu sezen,
uͤberlassen, erlaube mir aber auf den Punkt aufmerksam zu machen, daß die
Staͤrkmehlkorner voͤllig gesund bleiben und daß es ohne Zweifel
moͤglich waͤre, solche Kartoffeln, in welchen die Zersezung bereits
weit vorgeschritten ist und welche voͤllig ungenießbar geworden sind, noch
auf Gewinnung von Staͤrkmehl zu benuͤzen. Hugo v. Mohl, Prof. in Tuͤbingen. (Riecke's Wochenblatt 1845, Nr. 37.)
Ueber Maschinenpapier.
Gewoͤhnlich schreibt man dem Chlorgehalt des Papiers die nachtheiligen
Wirkungen zu, welche chemisch gebleichtes Papier so haͤufig bei dem Steindruk
aͤußert. Indessen ist nicht das Chlor hieran Schuld, sondern die Leimung,
besonders die starke mit Harzseife und Alaun, und zwar ist diese um so
nachtheiliger, je kalkhaltiger das Wasser ist. Selbst der gewoͤhnliche
thierische Leim ist nachtheilig, wenn er noch viele Fetttheile enthaͤlt, d.
h. nicht gehoͤrig abgeschaͤumt wurde, was noch von dem
Papierfabrikanten, besonders nach dem Alaunzusaz geschehen sollte. Bekanntlich
werden die Steine durch solches Papier nicht angegriffen, sondern mehr die Zeichnung
hinweggenommen. Auch nehmen die unbeschriebenen Stellen des Steins Schwaͤrze
an (versaugen). An beidem kann weder Salzsaͤure noch Chlor Ursache seyn, da
man ja oft selbst ohne Nachtheil mit Salzsaͤure aͤzt.
Papier dagegen, welches durch und durch mit Harz durchzogen ist und oft auch Oehl
(fettes und Terpenthinoͤhl) enthaͤlt, muß an der Zeichnung kleben und
diese dadurch losreißen, zugleich aber dem Stein Harz und Fett mittheilen, wodurch
derselbe zur Aufnahme der Schwaͤrze, zum Beschmuzen, geeignet wird.
Diese Uebelstaͤnde treten namentlich hervor, wenn das Papier 1) mit weichem
(terpenthinhaltigem) Harz geleimt wurde; 2) wenn mehr Alaun, als zur Zersezung der
Harzseife noͤthig, zugegeben wurde; 3) wenn man Oehl auf den
Hollaͤnder gibt (zur Beseitigung des Schaͤumens); 4) wenn nach der
Leimung der Hollaͤnder die Masse nicht gehoͤrig durchgearbeitet hat,
was bei vorsichtiger Leimung zwar nicht noͤthig, wohl aber, wenn der Alaun in
wenig Wasser geloͤst auf drei- oder viermal zugegeben wird, wobei das
Harz an den Stellen, wo der Alaun gerade hinkommt, als Harzsaͤure
abgeschieden wird, und erst durch laͤngeres Durcharbeiten wieder zu Harzseife
wird, wenn nicht zu viel Alaun vorhanden ist.
Der Alaun hat mehr Schwefelsaͤure, als zur Loͤsung der Thonerde
noͤthig ist; wenn nun die Seife (das Kali der Seife) zu gering ist
fuͤr die Menge des Alauns, so wird von lezterem nur so viel
Schwefelsaͤure gesaͤttigt, daß der Alaun noch loͤslich bleibt.
In diesem Zustand gibt er an die Harzsaͤuren keine Thonerde ab und dieselben werden dann
beim Troknen des Papiers wasserfrei und klebend, waͤhrend dieß nicht der Fall
ist, wenn sie an Thonerde gebunden sind.
Ein Hauptuͤbelstand ist es also, daß die Alaunloͤsung nicht
verduͤnnt genug in den Hollaͤnder kommt und daher durch Ausscheidung
der Harzsaͤuren, wenn nachher nicht genug durchgearbeitet wird, das Papier
flekig macht.
Die Kalkseife, welche entsteht, ist gleichfalls der Art, daß sie auf dem Stein Fleken
geben kann, indem sie oben aufschwimmt und sich an einzelnen Theilen des Zeugs
festsezt; doch trifft man selten Wasser, welche so viel Kalk enthalten, um diesen
Nachtheil hervorbringen zu koͤnnen. Leykauf. (Leuchs polytechn. Zeitg.)
Ueber Verhinderung des Betrugs mit Blutegeln.
Hr. Rey schlaͤgt Folgendes vor, um dem Betrug mit
Blutegeln zu begegnen:
1) die Blutegel, wovon das Tausend weniger als anderthalb Kilogramme wiegt, zum
medicinischen Gebrauch fuͤr untauglich zu erklaͤren;
2) daß in allen Staͤdten, wo der Blutegelhandel im Großen betrieben wird,
Agenten aufgestellt werden, welche sich zu uͤberzeugen haben, ob die zum
Verkaufe bestimmten das bestimmte Gewicht haben oder nicht, und ob sie nicht etwa
mit Blut vollgesogen sind;
3) daß Reservoirs errichtet werden, in welche die zu kleinen oder vollgesogenen
Blutegel gebracht werden, damit man sie spaͤter, wenn sie herangewachsen sind
oder ihr Blut wieder von sich gegeben haben, zum Vortheil der Krankenanstalten
verkaufen kann.
Der erste Vorschlag des Hrn. Rey kann keinen Eingang
finden, indem sonst den Aerzten die noͤthigen Blutegel nicht geliefert werden
koͤnnten und zwar aus folgenden Gruͤnden:
1) die Blutegel kommen (nach Frankreich) vom Auslande gegenwaͤrtig in
geringerer Menge als vor einigen Jahren, denn im Jahr 1833 wurden in Frankreich
eingefuͤhrt 41,654,300 Stuͤk; im Jahr 1842 20,382,358 und im Jahr 1844
gar nur 15,224,672, welche wieder in große, mittlere und mittelkleine
zerfallen;
2) außer diesen gibt es noch kleine. Die großen Blutegel
allein aber koͤnnten gebraucht werden, indem die mittlern nur 1,125 bis 1,250
Kilogr. und die mittelkleinen 625 bis 650 Gramme wiegen. (Man vergl. Chevallier's Abhandlung uͤber den Blutegelhandel
im polytechn. Journal Bd. XCVII S. 453).
3) Die Blutegel ziehen das Blut nicht im Verhaͤltniß ihrer Groͤße aus;
Hr. Alph. Samson uͤberzeugte, sich, daß mittlere
Blutegel ihr 6,69- oder beinahe 7faches Gewicht Blut, die großen hingegen nur
5,33 oder 5⅓mal ihr Gewicht gesogen hatten.
Die Ernennung von Inspectoren, welche den Betrug mit dieser Waare constatiren, ihn zu
Protokoll nehmen und die Verkaͤufer bei der Behoͤrde anzeigen, damit
Rechtens mit ihnen verfahren werde, ist gewiß sehr wuͤnschenswerth.
Der von Hrn. Rey angeregte Gegenstand liegt
gegenwaͤrtig der koͤniglichmedicinischen Akademie zur Berathung vor.
(Journal de Chimie médicale, August 1845, S.
436.)