Titel: | Ueber Cody's Apparat zum Abdampfen des Runkelrübensaftes; ein der Société industrielle zu Mülhausen von Dr. Penot erstatteter Bericht. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XXXIII., S. 117 |
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XXXIII.
Ueber Cody's Apparat zum Abdampfen des
Runkelruͤbensaftes; ein der Société industrielle zu
Muͤlhausen von Dr. Penot erstatteter Bericht.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1845, No. 90.
Mit Abbildungen auf Tab.
II
Penot, über Cody's Apparat zum Abdampfen des
Runkelrübensaftes.
Hr. Cody
sen. zu Straßburg hat der Gesellschaft einen Apparat zum
Abdampfen des Runkelrübensaftes zur Prüfung übergeben; er sagt in seinem Schreiben,
daß er während einer 34jährigen Praxis im Raffiniren und in der Fabrication des
Zukers die Vortheile und Nachtheile fast aller gebräuchlichen Abdampfapparate sowohl
mittelst Dampf und des luftverdünnten Raums, als mit directer Heizung oder freiem
Luftzutritt kennen zu lernen im Stande war. Nach ihm haben die verschiedenen
Abdampfmethoden neuerer Erfindung zwar wesentliche Dienste geleistet, aber die
Apparate lassen noch Vervollkommnungen wünschen, sowohl hinsichtlich ihrer Preise
als ihres Brennmaterial-Verbrauchs oder der zum Abdampfen des Syrups auf die
gehörige Stärke erforderlichen Zeit, welche auf die Güte der Producte von Einfluß
ist.
An den Apparaten, welche mittelst des luftverdünnten Raums wirken, tadelt Hr. Cody insbesondere, daß sie einen Verlust an Zuker
verursachen; er sagt, es finde ein so rasches Sieden statt, daß ein Theil des Zukers
mit dem Dampf fortgerissen wird, wovon er sich durch wiederholte Versuche
überzeugte, indem er das durch Verdichtung dieses Dampfs entstandene Wasser bis zur
Trokne abdampfte, welches ihm stets 3–4 Proc. des im Syrup enthaltenen Zukers
lieferte.Diese Thatsache ist den Zukerraffineurs laͤngst bekannt; man
vergleiche daruͤber polytechn. Journal Bd. LIV S.
448.A. d. R. Wer weiß, daß der Dampf eines
Kessels, welcher mit
kalkhaltigem Wasser gespeist wird, eine beträchtliche Menge fester Stoffe und zwar
weit in die Röhren mit sich reißt, wird sich darüber nicht wundern.
Hr. Cody führt dann einen andern bedeutenden Uebelstand
an, welchen nach seiner Ansicht die Apparate mit luftverdünntem Raum zum Abdampfen
des Runkelrübensaftes darbieten. Damit dieselben dem Gewicht (Druk) der Atmosphäre
widerstehen können, gibt man ihnen eine kugelförmige Gestalt, wobei eine große
Quantität Flüssigkeit erforderlich ist, um das Schlangenrohr zu bedeken, welches
sich nur 10 bis 11 Centimeter (3″ 8′″ bis 4″) unter der
Oberfläche der siedenden Flüssigkeit befindet. Sobald die Verdampfung einige Zeit
gedauert hat, ist der obere Theil des Schlangenrohrs bloß gelegt und der Zuker,
welcher darauf bleibt oder es während des Siedens überzieht, verbrennt darauf, d. h.
verwandelt sich zum Theil in Melasse. Endlich muß man für eine vollständige Kochung
von Klärsel — und dieß betrachtet Hr. Cody als den
größten Fehler dieser Apparate — sie sechs-, sieben- bis
achtmal beschiken, je nach der Dichtigkeit des Runkelrübensaftes. Die Flüssigkeit
von den ersten Beschikungen ist daher zu lange der Wirkung des Dampfs ausgesezt, so
daß der darin enthaltene Zuker verbrennt und das Vermögen zu krystallisiren
verliert.
Wenn man die Temperatur nicht mit großer Sorgfalt regulirt, kann überdieß der Zuker
in Masse im Apparat krystallisiren. Dann muß man die Arbeit zwei bis drei Tage
unterbrechen, weil man den Helm abnehmen, die Erkaltung abwarten, mit einem
Instrument die Zukermasse zerschlagen und kochendes Wasser darin circuliren lassen
muß: bei diesen Operationen wird aber der doppelte Boden und das Schlangenrohr
leicht beschädigt.
Die Apparate mit luftverdünntem Raum erheischen überdieß eine beträchtliche Menge
Wasser zum Verdichten der Dämpfe. Bei dem Roth'schen
Apparat braucht man zum Kochen eines Zukerbrods 60 Liter Wasser; da nun jede Kochung
aus 24 Broden besteht und die Anzahl der Kochungen täglich 25 beträgt, so sind für
diese Reihe von Operationen 360 Hektoliter Wasser erforderlich. Mehrere Fabriken
konnten auch den Roth'schen Apparat nicht anschaffen,
weil sie nicht über eine so große Wassermasse verfügen können.
Ein Apparat mit luftverdünntem Raum kostet durchschnittlich 35,000 Francs; er
erfordert einen geschikten Siedemeister und kann nur durch besondere Leute und mit
großen Kosten aufgestellt werden, was seinen Preis auf 40,000 Fr. steigert.
Nach Hrn. Cody ist sein Abdampfapparat mit freiem
Luftzutritt bei weitem vorzuziehen. Der Rübensaft lauft darin über eine schwach geneigte, durch einen
Dampfstrom erhizte Fläche, indem er eine Schicht von nur 4 Millimeter (1
7/10′″) Dike bildet, so daß dieser Saft nur 5 Minuten braucht, um die
ganze Länge des Apparats zu durchlaufen und auf 32° des Aräometers gebracht
zu werden; dieß ist aber die geeignetste Concentration, um ihn mit Ochsenblut zu
klären und dann einzukochen. Der Zuker kann daher keinen Schaden leiden.
Mit einer Ausgabe von 6000 Fr. erreicht man also bei Anwendung des Cody'schen Apparats dasselbe wie mittelst eines Apparats
mit luftverdünntem Raum, welcher 40,000 Fr. kostet. Lezterer erfordert überdieß
einen geschikten Siedemeister, dessen Jahresgehalt 2000 Fr. beträgt, während für
ersteren ein gewöhnlicher Arbeiter genügt, dem man jährlich 800 Fr. bezahlt. Endlich
erfordert Cody's Apparat nur ¾ des Brennmaterials,
welches ein Apparat mit luftverdünntem Raum erheischt; er kann auch ganz
zusammengesezt versandt werden, so daß man ihn bloß mit dem Dampfkessel zu verbinden
braucht. Cody's Apparat muß wegen der großen Menge Dampf,
welche davon entweicht, im Freien unter einem Schoppen functioniren.
„Meine Abdampfmethode, sagt Hr. Cody, ist
besonders für den Runkelrübensaft geeignet; einige Hektoliter Rübensaft, die ich
in meinem Apparat abgedampft hatte, konnte ich geradezu in vier Formen (für
raffinirten Zuker) bringen; der Zuker ertrug das Deken ganz gut und troknete
auch sehr gut. Der Unterschied zwischen diesen Broden und anderen, welche aus
der Trokenstube kommen, war so unbedeutend, daß man sie kaum von einander
unterscheiden konnte; bei einiger Uebung dürfte man es folglich in den
Rübenzukerfabriken dahin bringen, daß man keinen Rohzuker mehr zu machen
braucht. Ich habe vergebens versucht, mit Rübensaft, welcher im luftverdünnten
Raum concentrirt worden war, zu demselben Resultat zu gelangen.“
Hr. Cody stellt die Vortheile seines Apparats schließlich
folgendermaßen zusammen:
1) kostet er fast siebenmal weniger als ein Apparat mit luftverdünntem Raum, während
er in derselben Zeit eben so viel Saft abdampft;
2) ist seine Anwendung leichter und weniger kostspielig;
3) erfordert er kein Wasser, um den aus dem Saft erzeugten Dampf zu verdichten;
4) ist er tragbar und kann überall hin versezt werden, ohne daß man ihn zu zerlegen
braucht;
5) liefert er vorzüglichere Producte und erfordert nur einen gewöhnlichen Arbeiter zu
seiner Direction.
Beschreibung des Apparats. — Fig. 45 ist der Grundriß
und Fig. 46
der Längenaufriß des Apparats; Fig. 47 ist ein
senkrechter Durchschnitt auf C′, D′ und Fig. 48 ein
Querdurchschnitt auf A′, B′.
Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Gegenstände in allen Figuren.
Der abgebildete Apparat enthält eine Reihe von sieben Röhren oder
Concentrations-Canälen; die Anzahl derselben, so wie die Länge des Apparats
ist willkürlich und muß zur Ausdehnung der Fabrication, der Leistung des
Dampfkessels und der Dampfmenge, die man aufwenden will, im Verhältniß stehen.
A Speisungsrohr, welches von einem Dampfkessel her den
Dampf empfängt und ihn dem Quer-Recipient B
zuführt, von dem aus er in sechs Canälen von halb-cylindrischer Form mit
platten Oberflächen Nr. 1, 2, 3, 4, 5 und 6 vertheilt wird; drei derselben befinden
sich zur Rechten und drei zur Linken des in der Mitte angebrachten Sammelcanals und
sie durchlaufen so die ganze Länge des Apparats bis zu seinem Ende, wo das
Gesammtproduct der Canäle Nr. 1 bis 6 sich in dem Rohr oder Quer-Recipient
C sammelt, an welchem ein Recipient O angebracht ist. Lezterer Recipient ist mit einem
Ablaßhahn Q versehen, um das Condensations-Wasser
von den sieben Röhren des Apparats aufzunehmen, und so construirt, daß er dieses
Wasser ohne Dampfverlust aufnimmt.
Von diesem Rohr C gelangt der Dampf durch den in der
Mitte befindlichen Canal Nr. 7 wieder bis zum obersten Theil des Apparats hinauf und
tritt dann in das Schlangenrohr D, um durch seine
Circulation, welche durch Pfeile angedeutet ist, die im Vorbereitungskessel E enthaltene Flüssigkeit G
zu erhizen, bis er durch das mit einem Sperrhahn versehene Ablaßrohr austritt.
Das Schlangenrohr D ist in dem flachen und offenen
Vorbereitungskessel E befestigt, worin es die zu
concentrirende Flüssigkeit G bald ins Kochen bringt.
Nach dieser Vorbereitung lauft die Flüssigkeit durch das Rohr H aus, welches sie in das Querrohr I ergießt,
von wo sie durch die Hähne Nr. 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 13 in den sieben langen
Canälen vertheilt wird, deren oberer Theil platt ist. Am Anfang dieser Canäle und in
jedem derselben befindet sich eine durchlöcherte Zwischenwand L, um das Auslaufen der Flüssigkeit zu reguliren, welche dann behufs ihrer
allmählichen Concentration die ganze Länge der Canäle bis zum unteren Ende
durchlauft, wo sie durch die Oeffnungen Nr. 12, 13, 14, 15, 16, 17 und 18 austritt
und in den Querrecipient M gelangt. Diesem Recipient
gibt man die
erforderliche Neigung, daß die concentrirte Flüssigkeit leicht in irgend ein Gefäß
auslaufen kann.
a hölzernes Gestell oder Gehäuse, worin der kupferne
Leitungsapparat angebracht ist; b Querbaum, worauf das
Gestell aufliegt; derselbe kann in der Mitte oder in beliebiger Entfernung von den
beiden Enden angebracht werden, nach der gewünschten Beweglichkeit und Neigung.
Die aus Fig.
46 ersichtliche Neigung ist für Zukersiedereien die geeignetste; man kann
sie übrigens mittelst einer Schraube N beliebig
abändern.
Der Querbaum b kann auch in Form einer Achse aus Holz
construirt werden, um zwei Räder daran anzubringen; dadurch wird der Apparat
beweglich, so daß man ihn nach Belieben transportiren und drehen kann.
Der beschriebene Apparat unterscheidet sich von demjenigen, welcher zu unseren
Versuchen diente, dadurch, daß lezterer nur 5 Canäle anstatt 7 hatte.
Hr. Cody überschikte uns mit der Zeichnung seines Apparats
Zeugnisse von mehreren Zukerfabrikanten, woraus hervorgeht, daß sie durch denselben
nicht nur an Brennmaterial ersparten, sondern auch viel vorzüglichere Producte
erhielten.
Der Ausschuß (der Société industrielle) für Chemie hat
Hrn. Royet und mich beauftragt, mit Cody's Apparat Versuche anzustellen. Aus den sogleich anzugebenden Gründen
konnte in unserer Gegenwart nur ein einziger Versuch von kurzer Dauer angestellt
werden und zwar unter wenig günstigen Umständen; so daß die erhaltenen Resultate
nicht als das lezte Wort über diesen Apparat zu betrachten sind. So unvollkommen
dieser Versuch aber auch ist, so lassen sich daraus doch einige interessante
Folgerungen ziehen.
Der Apparat war in der Dampf-Oehlmühle des Hrn. Weiler zu Straßburg aufgestellt. Die Speisepumpe des Dampfkessels wird
durch eine Dampfmaschine getrieben, welche an diesem Tage nicht in Gang war; da also
das verdampfte Wasser nicht wieder ersezt wurde, so hielten wir es für rathsam, den
Versuch nur eine Stunde dauern zu lassen, welchen wir erst begannen, nachdem der
Dampf einen Druk von 3½ Atmosphären erreicht hatte. Als dann der
Vorbereitungskessel des Apparats voll kalten Wassers war, ließen wir den Dampf
einige Minuten im Apparat circuliren, um ihn ein wenig zu erwärmen und ihn der
Temperatur, welche er während des Versuchs beibehalten mußte, so nahe als möglich zu bringen.
Hierauf ließen wir die kleinen Hähne öffnen, welche das Wasser des
Vorbereitungskessels auf den Abdampfapparat führen. Wir bemerkten, daß die
Flüssigkeit, welche sich als ein breiter Fall von vier bis fünf Millimeter (1 7/10
bis 2 2/10′″) Dike in den Canälen verbreitet, unmittelbar ins Sieden
kommt und viele Dämpfe verbreitet, die sich in der Luft verlieren. Unglüklicherweise
waren die verschiedenen Haupttheile des Apparats nach Dimensionen construirt, welche
nicht mit einander übereinstimmen, so daß die Hähne nicht genug Wasser lieferten, um
die ganze Oberfläche der fünf Canäle des Abdampfapparats zu bedeken. Es ging daher
viel Wärme durch die Berührung mit der Luft unnüz verloren; bei einer besseren
Anordnung wäre dieser Verlust, welcher nicht der einzige war, vermieden worden. Wir
beobachteten auch wirklich, daß die Ränder der Canäle über dem Wasser und die Räume,
welche die Canäle unter einander trennen, sehr heiß waren und Wassertropfen, welche
man darauf fallen ließ, unmittelbar verdampften. Dieser Umstand war schon Hrn. Cody bei einem früheren Versuch aufgefallen und er zeigte
uns ein neues Modell, wobei die Ränder der Canäle viel niedriger sind, so daß das
Wasser die ganze Oberfläche des Apparats bedeken kann. Endlich communicirte der
ganze untere Theil des Apparats frei mit der Luft, was auch einen sehr großen
Wärmeverlust verursachte, den man leicht dadurch vermeiden kann, daß man diesen
Theil mit einer diken Schicht eines schlechten Wärmeleiters überzieht.
Wir ließen 450 Liter Wasser von 10° C. in den Vorbereitungskessel gießen;
nachdem dasselbe die ganze Länge des Abdampfapparats durchlaufen hatte, wurde es in
einem Zuber gesammelt und in denselben Kessel zurükgebracht. Der Versuch wurde mit
Dampf von 3 Atmosphären begonnen; nach Verlauf von 8 Minuten war der Druk bloß noch
2 Atmosphären. Alsdann schloß man den Hahn ein wenig, um wo möglich das Einlassen
der Flüssigkeit zu reguliren. Dessenungeachtet war 5 Minuten hernach der Druk nur
noch 1¾ Atmosphären. Man schloß den Hahn ein wenig mehr. 3 Minuten darauf
stieg der Druk auf 1½ Atmosphären und blieb so bis zum Ende des Versuchs. Der
Druk betrug also
waͤhrend
8
Minuten
2½
AtmosphaͤrenEr hatte mit 3 begonnen, um mit 2 zu enden.,
—
5
—
1⅞
—
—
3
—
1 11/16
—
—
44
—
1½
—
was für die ganze Dauer des Versuchs nahezu einen mittleren
Druk von 1 6/10 Atmosphären gibt, für welchen die Temperatur des Dampfs nach Tredgold's Formel 114°,3 C. ist. Das Wasser begann
im Vorbereitungskessel nach Verlauf einer halben Stunde zu sieden. Wir sammelten 480
Liter Condensationswasser und verdampften 305 Liter Wasser. Als Brennmaterial
dienten Steinkohlen von Saarbrücken bester Qualität (wovon 100 Kilogr. zu Straßburg
3 Fr. 50 Ctm. kosten); während der einstündigen Dauer des Versuchs wurden davon 75
Kilogr. verbrannt. Das Feuer wurde am Ende des Versuchs gelassen wie es am Anfang
war, so daß wir mit 75 Kilogr. Steinkohlen 480 Liter Condensationswasser oder 6,4
Kilogr. Dampf mit 1 Kilogr. Steinkohlen erhielten. Das Feuer brannte schlecht, denn
der Ofen war neu und noch nicht ganz troken.
Wir wollen nun mittelst der vorhergehenden Daten die Verdampfungskraft des Cody'schen Apparats annähernd zu bestimmen versuchen.
Dieser Apparat besteht aus zwei Haupttheilen, nämlich:
1) dem Vorbereitungskessel, worin ein Schlangenrohr circulirt; dieß ist ein
gewöhnlicher Apparat zum Concentriren mittelst Dampf;
2) dem eigentlichen Abdampfapparat, aus verschiedenen Canälen gebildet, worin die
Flüssigkeit mehr oder weniger schnell dahin fließt, nach der Neigung, die man ihnen
ertheilt.
Da der Dampf im Schlangenrohr erst ankam, nachdem er beiläufig 13,5 Meter Röhren, auf
denen Wasser verdampfte, durchlaufen hatte, so war er schon abgekühlt; seine
Temperatur konnte daher diejenige des kochenden Wassers nicht viel überschreiten.
Das Sieden im Vorbereitungskessel erfolgte auch erst nach einer halben Stunde und
war immer sehr schwach. Aus diesem Grunde glauben wir annehmen zu dürfen, daß die
Temperatur des Dampfs, welche in den Canälen 114° C. betrug, im Schlangenrohr
höchstens 106° seyn konnte. Da die äußere Oberfläche dieses Schlangenrohrs
3,52 Quadratmeter betrug und ein Schlangenrohr unter den günstigsten Umständen
stündlich 9,33 Kilogr. Dampf per Quadratmeter für einen
Temperatur-Unterschied von einem Centesimalgrad condensirt, so konnten sich
in dem Vorbereitungskessel in einer halben Stunde höchstens 98 Liter Wasser
verdichten.
Die zur Verdampfung bestimmte obere Fläche der Canäle betrug 2,046 Quadratmeter; wie
ich aber bereits bemerkte, war diese Fläche nicht gänzlich mit Wasser bedekt,
sondern wenigstens ein Fünftel davon immer troken; es bleibt also in der That nur
eine Verdampfungsfläche von 1,637 Quadratmeter.
Andererseits war, theils wegen der unteren Ausbauchung dieser Canäle, theils wegen
des oberen, nicht mit Flüssigkeit bedekten Theils derselben, eine auf einer Seite
durch Dampf erhizte Fläche von 2,72 Quadratmeter mit der Luft in Berührung, wodurch
beiläufig 8 Liter Wasser verdichtet werden mußten.
Ueberdieß muß man die Wärme berüksichtigen, welche verbraucht wurde, um 450 Liter
Wasser von 10° zum Sieden zu bringen; dieß gibt 450 + 90/550 = 73,6 oder 74
Liter verdichteten Dampf.
Rechnen wir nun alles Wasser zusammen, welches unabhängig von der Wirkung der
Abdampfcanäle verdichtet wurde, so finden wir:
Im Vorbereitungskessel verdichtetes Wasser
98
Liter
Durch die Beruͤhrung mit der Luft verdichtetes Wasser
8
—
Um das Wasser zum Sieden zu bringen, wurden verdichtet
74
—
––––––––
Im Ganzen
180
Liter.
Dieß ergibt für den benüzten Theil der Canäle 480 - 180 = 300 Liter auf eine Fläche
von 1,637 Quadratmet. und einen Temperatur-Unterschied von 14 Graden. Die
Verdichtung betrug also stündlich per Quadratmeter und
für einen Temperatur-Unterschied von einem Grad 12,85 Kilogr.; das günstigste
Resultat, welches Péclet in seinem Traité de la chaleur anführt, ist 9,33 Kilogr.
Abgesehen von dem Dampf, welcher durch die Berührung der Luft verdichtet wurde, ein
Verlust, der sich leicht vermeiden läßt, abgesehen ferner von der Wärme, welche
erforderlich ist, um das Wasser zum sieden zu bringen, wurden 398 Liter verdichtet;
man hatte also 398 Liter verdampftes Wasser anstatt der 305 erhalten sollen. Dieser
Unterschied von 93 Liter beweist, wie schlecht der Apparat angeordnet war und
veranlaßte uns mehr den verdichteten Dampf als das verdampfte Wasser zu
berüksichtigen. Wahrscheinlich rührt er großen Theils daher, daß der
Vorbereitungskessel viel weniger Wasser verdampfte, als bei der vorhergehenden
Berechnung angenommen wurde.
Obgleich Cody's Apparat zum Concentriren von
Runkelrübensaft bestimmt ist, haben wir ihn mit Wasser
geprüft, weil wir keinen Saft zu unserer Verfügung hatten. Wir können daher nichts
über die Vortheile sagen, welche er nach den Behauptungen des Erfinders den
Zukerfabrikanten darbieten soll. Wir bemerken bloß, daß sich dieser Apparat auch in
andern Industriezweigen mit Nuzen anwenden lassen dürfte, namentlich zum
Concentriren der Farbholz-Extracte. Die Verdampfung geht nämlich
ununterbrochen, schnell und wahrscheinlich auf ökonomische Weise von statten, so daß
die in der Flüssigkeit
aufgelösten organischen Substanzen nicht Zeit haben, sich an der Luft so sehr zu
verändern, wie bei der gewöhnlichen Verdampfung. Cody's
Apparat läßt sich überdieß mit der größten Leichtigkeit reinigen. Ohne Zweifel wird
man in der Folge Veränderungen daran vornehmen; z. B. anstatt eben so viele Hähne
anzuwenden als Abdampfcanäle vorhanden sind, wäre es einfacher das Wasser des
Vorbereitungskessels mittelst eines durchlöcherten Cylinders, wie man sie zum
Begießen der Straßen anwendet, in die Canäle gelangen zu lassen; dieser Cylinder
würde mit dem Vorbereitungskessel durch ein Rohr communiciren, welches mit einem
Hahn von großem Durchmesser versehen ist, den man mehr oder weniger öffnet.
Da sich die Neigung des Apparats nach Bedarf reguliren läßt, so kann man die
Flüssigkeit die ganze Länge des Apparats mehr oder weniger schnell durchlaufen
lassen, so daß sie von der gewünschten Concentration am Ende ankommen muß.
Obgleich unser Versuch unter ungünstigen Umständen angestellt wurde, so beweist er
doch so viel, daß Cody's Abdampfapparat eine Ersparniß an
Zeit und Brennmaterial gewährt. Uebrigens zeichnet sich dieser Apparat vor allen
bisherigen durch zwei Eigenthümlichkeiten aus: nämlich eine ununterbrochene
Verdampfung und eine solche Anordnung, daß die Wärme nur auf eine sehr dünne
Flüssigkeitsmasse wirkt.