Titel: | Ueber die Zusammensezung der Luft in einigen Gruben; von Felix Leblanc. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XXXVIII., S. 141 |
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XXXVIII.
Ueber die Zusammensezung der Luft in einigen
Gruben; von Felix
Leblanc.
Aus den Comptes rendus, Jul. 1845, Nr.
2.
Leblanc, über die Zusammensezung der Luft in einigen
Gruben.
Ueber die Zusammensezung der Luft in den Bergwerken wurden bis jezt nur wenige
Untersuchungen angestellt. Unter den neuesten Analysen sind die von Bishop und Moyle zu erwähnen.
Erstere beziehen sich auf Kohlenwasserstoff enthaltende Atmosphären. Moyle's Untersuchungen betreffen die Luft der
Cornwall'schen Bergwerke, welche unter verschiedenen Umständen gesammelt wurde.
In jüngster Zeit wurden mittelst des Verfahrens der HHrn. Dumas und Boussingault mehrere sehr genaue
Analysen von Luft ausgeführt, welche in den von diesen Chemikern beschriebenen
Apparaten in großen Entfernungen gesammelt worden war. Ihre Methode, welche man
nothwendig anwenden muß, wenn es sich um die Bestimmung sehr kleiner Unterschiede in
der Zusammensezung der Luft handelt, hat den einzigen Uebelstand, voluminöse
Apparate zu erfordern, deren Transport schwierig und kostspielig ist; überdieß kann
die Analyse nur in einem chemischen Laboratorium angestellt werden.
Während meines Aufenthalts zu Poullaouen trachtete ich einige Luft-Analysen,
sowohl in der Grube zu Poullaouen, als in der zu Huelgoat, vorzunehmen, wozu ich
durch einige Umstände veranlaßt wurde, welche eine merkliche locale Veränderung der
Luft in diesen Gruben erwarten ließen. Der Güte des Directors der Anstalt, Hrn. Pernolet, verdankte ich die Gelegenheit, dieselben mit
der für meinen Zwek erforderlichen Genauigkeit anzustellen; einige derselben sind
wegen des Interesses, welches sie darbieten, mittheilenswerth.
Behufs der Analyse wurde die Luft in Flaschen mit eingeriebenen Stöpseln, welche
vorher mit vollkommen troknem Queksilber angefüllt worden waren, aufgefangen. Diese
Flaschen befanden sich
in einem mit Abtheilungen und einem Riemen versehenen Kasten, welchen der Operator
bei sich trug.
Die Flaschen wurden im Innern der Grube an verschiedenen Punkten, deren Atmosphäre
man kennen lernen wollte, ausgeleert und sorgfältig wieder verstopft in den Kasten
zurükgebracht, wo ihr Hals unveränderlich unter Queksilber bleiben mußte.
Nach der Zurükkunft aus der Grube wurde die so aufgefangene Luft in dem Laboratorium
zu Poullaouen analysirt. Die Kohlensäure ließ man durch eine Auflösung von Aezkali
absorbiren; der in der rükständigen Luft enthaltene Sauerstoff wurde durch
Absorption mittelst erwärmten Phosphors bestimmt. Die Analysen normaler Luft, welche
mit aller Sorgfalt nach diesem Verfahren ausgeführt wurden, gaben mir als äußerste
Zahlen 20,5 bis 20,9 Proc. Sauerstoff. Bekanntlich ist die Normalzahl 20,8.
Grube zu Poullaouen.
I. Am 19. Mai Mittags, 10 Meter hoch im Schacht König, 60
Meter unterhalb der Bodenfläche aufgefangene Luft:
Sauerstoff
20,4
Stikstoff
79,6
Tags vorher, Sonntags, hatten die Grubenleute nicht gearbeitet.
II. Schacht (foncèe) Nr. 3.
Gang im Niveau von 60 Metern auf der Nordseite, unmittelbar nach einem Minenschlag.
Temperatur 20° C. Die Lampen brennen ohne Schwierigkeit. Gefühl von
Wärme.
I.
II.
Kohlensaͤure
0,8
0,9
Sauerstoff
19,5
19 0
Stikstoff
79,7
80,1
III. Luft in einem Einschnitt nahe am nördlichen Ende des
Gangs. Die Lampe erlischt; zwei Docht an Docht vereinigte Lampen können einige Meter
weiter hinten brennen. Temperatur 20° C. zwanzig Minuten nach einigen
Minenschlägen.
I.
II.
III.
Kohlensaͤure
3,9
3,4
3,1
Sauerstoff
15,8
16,5
15,7
Bemerkung. — Dieser Gang, welcher nur mit einem
einzigen Schacht in Verbindung steht, befindet sich beim Erwarten der Wirkung eines
Schachttreibens in sehr ungünstigen Verhältnissen.
IV. Derselbe Gang, am Ende (tête); die Lampe erlischt, das Athmen wenig gehindert. Temperatur 18,2° C. Viel
eingesikertes Wasser, welches die Luft abkühlt.
I.
II.
Kohlensaͤure
3,6
3,2
Sauerstoff
17,1
16,4
Stikstoff
79,3
80,4
Die äußere Temperatur war jenen Tag und ungefähr zur selben Stunde 15,5°
C.
Am 14. Jun. I. 10 Meter hoch im Schacht König, im Niveau
(Tiefe) von 60 Metern, aufgefangene Luft. Die Arbeiter hatten sich nur sehr kurze
Zeit mit ihren Lampen auf diesem Punkt aufgehalten, den Posten erwartend, welcher
sie ablösen sollte.
I.
II.
Kohlensaͤure
0,8
1,1
Sauerstoff
19,8
19,3
Stikstoff
79,4
79,6
II. Am nördlichen Ende des Gangs in der Tiefe von 60
Metern; es müssen zwei Lampen verbunden werden, damit die Verbrennung unterhalten
wird.
Kohlensaͤure
3,0
Sauerstoff
16,6
Stikstoff
80,4
III. In den Treppen (gradins)
gesammelte Luft, 20 Minuten nach einem Grubenschlag.
I.
II.
Kohlensaͤure
2,2
1,7
Sauerstoff
—
18,1
Stikstoff
—
79,7
IV. Gang für Fuhrwerk (du
roulage) 300 Meter hoch im Schacht König. Die Grubenleute finden die Luft
schwach; nichtsdestoweniger brennt die Lampe.
I.
II.
III.
Kohlensaͤure
2,4
—
2,3
Sauerstoff
—
18,8
18,5
Grube zu Huelgoat.
I. Am 11. Mai, in einem Einschnitt, 12 Meter über dem
Gang dritten Niveau's; zweiter Kamin auf der Nordseite in der Nähe des Schachts
Humboldt, 7 Meter über einem Luftzug. Die Lampe brennt nicht. Luft schwach, aber
athembar. Temperatur 25° C.
I.
II.
Kohlensaͤure
0,4
0,2
Sauerstoff
17,6
17,5
Stikstoff
82,0
82,3
II. 3 Meter höher im Dunkeln aufgefangene Luft. In der
Respiration keine sehr merkliche Störung.
Kohlensaͤure
0,4
Sauerstoff
17,0
Stikstoff
82,6
III. In einem aufsteigenden Einschnitt 3 Meter über dem
Boden des Ablaufgangs (galerie d'écoulement) und 1 Meter
oberhalb der Krone der Galerie. Die Lampe erlischt plözlich. Die Luft ist
asphyktisch. Nach 1 oder 2 Secunden fühlt man sich ohnmächtig. Im Gang ist die Luft
frisch und athembar.
Sauerstoff
9,6
9,9
Stikstoff
90,4
90,1
Kohlensaͤure
0,0
0,0
Gasförmiges Chlor absorbirt nichts, weder im Schatten noch an der Sonne.
IV. Beim Anfang obigen Einschnitts an der Krone des Gangs
und 1,60 Meter vom Punkt, wo die vorige Luft genommen wurde, aufgesammelte Luft (die
Lampe brennt gut).
Kohlensaͤure
0,3
Sauerstoff
17,8
Stikstoff
81,9
Am 18. Jun. in der Grube zu Huelgoat gesammelte Luft.
I. 1 Meter über dem Boden des Einschnitts, welcher am 11.
Mai asphyktische Luft gegeben hatte.
Kohlensaͤure
0,4
Sauerstoff
20,4
Stikstoff
79,2
II. In dem Einschnitt, 0,80 Meter von der Krone des Gangs
genommene Luft. Die Lampe erlischt; man kann aber ununterbrochen und ohne
Schwierigkeit athmen.
I.
II.
Kohlensaͤure
0,4
0,5
Sauerstoff
15,2
15,5
Stikstoff
84,4
84,0
III. Luft von demselben Einschnitt, 4 Meter über der
Krone des Gangs.
Kohlensaͤure
0,4
Sauerstoff
17,4
Stikstoff
82,2
Im Ganzen ersieht man, daß die in Folge des Athmens und der Verbrennung in den Lampen
verdorbenste Luft Kohlensäure im Verhältniß von 3–4 Proc. enthält und dafür
eine Verminderung des Sauerstoffs im Verhältniß von 4–5 Proc. erlitt. Unter
diesen Umständen erlischt die Lampe des Grubenmanns; er arbeitet dann oft im
Dunkeln; doch kann durch Verbindung zweier Lampen Docht an Docht, die Verbrennung
oft da möglich gemacht werden, wo eine einzige Lampe erlöschen würde; die
menschliche Respiration wird etwas gehindert; doch kann die Arbeit fortgehen, so
lange die Veränderung diese Gränze nicht überschreitet und wenn die Temperatur nicht
sehr hoch ist.
Die Analyse der Luft zu Huelgoat, welche in einem aufsteigenden Einschnitt gesammelt
wurde, der von dem Ablaufgange ausgeht, wo die Luft normal ist, bietet viel
Interesse dar; man sieht hier die Quantität des Sauerstoffs sich bis auf 10 Proc.
verringern, ohne daß diese Verminderung in einer entsprechenden Quantität
neugebildeter Kohlensäure ihre Erklärung findet; übrigens war schon seit sehr langer
Zeit Niemand in den Einschnitt gedrungen. Eine solche Atmosphäre kann weder die
Verbrennung unterhalten (denn die Lampen erlöschen plözlich darin), noch können
Menschen dieselbe einathmen, ohne einer beinahe augenbliklichen Asphyxie ausgesezt
zu seyn. Als ich in den Einschnitt nur 1 Meter oberhalb der Krone des Ganges
gestiegen war, um eine mit Queksilber gefüllte Flasche zu entleeren, war ich nach
Verlauf von 1–2 Minuten von einer Ohnmacht ergriffen, ohne vorher ein
Unwohlseyn verspürt zu haben. Der Grubenaufseher, ein starker Mann, welcher mich
begleitete und ungefähr eben so lange sich in dem Einschnitt aufhielt, wurde von
Schwindel und Ueblichkeit ergriffen, welche Empfindung noch einige Augenblike in
reinerer Atmosphäre fortdauerte. Zeuge dieser Thatsachen war Hr. Letellier, zweiter Director der Grube zu Huelgoat.Unter aͤhnlichen Umstaͤnden fanden asphyktische Zufaͤlle
auch in Gang-Einschnitten zu Poullaouen statt; vor einigen Jahren
konnte ein von Asphyxie ergriffener Arbeiter, troz aller Bemuͤhungen
der Aerzte, nicht mehr zum Leben gebracht werden. Als ich mich zu Poullaouen
aufhielt, war in keinem Einschnitt die Luft asphyktisch; allein solche
Umstaͤnde koͤnnen beim Eindringen in verlassene und außerhalb
der Luftstroͤmungen befindliche Einschnitte unerwartet
eintreten.
Wenn man die Reihe der Versuche durchgeht, so findet man, daß mehrere Tage nach dem
Auffangen dieser Luft der Einschnitt keine an Sauerstoff so arme Luft mehr enthielt. Die durch
die Circulation in diesem Theil der Grube hervorgebrachte Bewegung der Luft war
hinreichend, um die Luft wieder auf einen stärkern Sauerstoffgehalt
zurükzuführen.
Ich schreibe die Veränderung in der Zusammensezung der Luft dem Einfluß der in dem
Erzgang zu Huelgoat sehr reichlich vorhandenen und in dem Gestein der
Einschnittwände sichtbaren Kiese zu. An mehreren Stellen
findet ununterbrochene Sauerstoff-Absorption statt.Durchgeht man die Analysen der Luft in den Gruben zu Cornwall, so wird man
bemerken, daß der fehlende Sauerstoff in der Regel bei weitem nicht in
Verhaͤltniß steht zur neu gebildeten Kohlensaͤure. Hr. Moyle sucht dieses Resultat nicht zu
erklaͤren, welches wahrscheinlich einen aͤhnlichen Grund hat,
wie der von mir angegebene. Die außerordentlich vitriolische
Beschaffenheit des in der Grube zu Huelgoat circulirenden Wassers steht in Beziehung
mit der thätigen Zersezung der im Gang verbreiteten Schwefelerze.