Titel: | Ueber ein Verfahren, Schrauben ohne Hülfe der Drehbank zu machen; von O. Schmidt. |
Autor: | O. Schmidt |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XLVII., S. 163 |
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XLVII.
Ueber ein Verfahren, Schrauben ohne Huͤlfe
der Drehbank zu machen; von O.
Schmidt.
Mit Abbildungen auf Tab.
III
Schmidt, über Verfertigung der Schrauben ohne Hülfe der
Drehbank.
Das Schneideisen, dessen man sich zum Schneiden der Schrauben bedient, besteht aus
zwei verschiedenen Theilen, nämlich dem Schraubenbohrer, womit man die
Schraubenmutter macht und dem eigentlichen Schneideisen, dessen man sich zur
Anfertigung der correspondirenden Schraube bedient. Die Anwendung des Schneideisens
ist sehr einfach. Will man eine Schraubenmutter machen, so bohrt man in das Brett,
wo sich die Schraubenmutter befinden soll, mit dem Bohrer ein Loch, das im
Durchmesser dem schwächsten Theil des Schraubenbohrers gleich ist; das Maaß wird
zwischen den Schraubengaͤngen genommen. Unter Umdrehen führt man den
Schraubenbohrer in das Loch ein und sobald er von der andern Seite aus dem Brett
hervortritt, ist die Schraubenmutter vollendet.
Um die Schraube zu schneiden, rundet man vorerst mit der Raspel das äußerste Ende
eines Holzstüks ab, das in die Schraube umgewandelt werden soll. Aus diesem Holzstük
bildet man einen Cylinder, dessen Durchmesser ungefähr dem der Schraube gleich ist;
der Cylinder wird in das Schneideisen eingedreht und die Schraube ist fertig. Die
Vollkommenheit der Arbeit hängt von der Vollkommenheit des Werkzeugs ab.
Die Form der Schraubenbohrer ist sehr verschieden und man hat viele Versuche machen
müssen, bis es gelungen ist, einen Schraubenbohrer zu machen, der in jeder Hinsicht
allen Anforderungen entspricht. Ich begnüge mich hier nur zwei Arten von
Schraubenbohrern zu beschreiben; der eine wird aus Holz und der andere aus Eisen
gemacht.
Der hölzerne Schraubenbohrer kann überall leicht angefertigt werden, weßhalb ich auch
denselben nur beschreibe. Wenn man sich eine Schraube aus Buchsbaumholz verschafft
hat, die gut und von der passenden Stärke construirt ist, so nimmt man parallel zur
Achse der Schraube einen Theil von den acht oder zehn Gewinden des äußersten Endes
so weg, daß jeder Schraubengewindetheil, welcher nach dieser Operation auf der
Schraube bleibt, bei jeder der Windungen, die sich von dem äußersten Ende entfernen,
größer ist, wie dieses aus Fig. 30 hervorgeht.
Hierauf wird ein Theil des abgeschnittenen Holzes durch Nägel ersezt, die in das
Holz eingeschlagen werden und deren Köpfe man so befeilt, daß sie so zu sagen eine
Fortsezung des Schraubengewindes bilden. Man trägt Sorge, daß der erste Nagel,
welcher in die Arbeit eintreten soll, etwas weniger vorspringend als der zweite ist,
und daß der zweite etwas weniger als der dritte vorspringt. Der vierte ist so
vorspringend als das Schraubengewinde. Dieses Instrument, welches überdieß sehr
einfach und gut ist, hat den Fehler, daß sobald sich die scharfe Kante des Eisens
abgenuzt hat, der Schraubenbohrer nicht mehr rein schneidet; die Gänge der
Schraubenmutter sind unegal und holperig und das Holz ist mehr gerissen als
geschnitten.
Bei dem aus Eisen angefertigten Schraubenbohrer findet sich dieser Fehler nicht vor,
und er ist das beste Werkzeug zum Bohren der Schraubenmuttern, sobald man ihn nach
der Form construirt, welche ich nachstehend beschreiben will. Vorerst dreht man ein
Stük Eisen, an dem eine vorspringende Wulst stehen bleibt, die zur Anfertigung der
Schraubengewinde bestimmt ist. Auf diesen Ansaz wird die Schraube gezeichnet, welche
man ausführen will und man schneidet sie dann mit der Feile ein. Diese Operation
verlangt einen geschikten Arbeiter. Man gibt dieser Schraube eine etwas conische
Form und das erste am äußersten Ende befindliche Schraubengewinde ist um ein
Fünftheil weniger hoch, als das zweite Schraubengewinde; dieses ist in demselben
Verhältniß niedriger, als das dritte Schraubengewinde. Dieses Verhältniß der
Schraubengewinde zu einander wird bis zum fünften Schraubengewinde beobachtet, das
die ganze Höhe von diesen hat, die ihnen folgen. Hierauf macht man an der Schraube
parallel zu ihrer Länge vier Einschnitte, deren Breite den achten Theil des Umfangs
beträgt, und die gleichweit entfernt sind, wie dieses aus Fig. 31 hervorgeht. Soll
mit Hülfe dieses Schraubenbohrers eine Schraubenmutter angefertigt werden, so macht
man ein. Loch, das um ¼ Linie kleiner als der Umfang des ersten Gewindes ist,
und indem der Schraubenbohrer in dieses Loch eingeführt und in demselben
herumgedreht wird, entsteht eine vollkommene Schraubenmutter. Um jedoch diese
Operation gut ausführen zu können, muß man beim Einfeilen der länglichen Einschnitte
diese am Boden etwas breiter feilen als an der Oeffnung und sie etwas so in einen
einwärtsgehenden Winkel schneiden, daß jeder Zahn von jeder Seite des Einschnitts
eine Art schräge Fläche bildet. Auf diese Weise wird sowohl beim Auf- als
auch beim Abwärtssteigen des Instruments das Holz unaufhörlich geschnitten und die
Späne gehen durch die länglichen Oeffnungen.
Weit schwerer als die Anfertigung des Schraubenbohrers ist die des Schneideisens,
wovon ich das beste nachstehend beschreiben will. Das Hauptstük von diesem
Schneideisen, von dem sich in Fig. 32 eine Abbildung
befindet, besteht aus einem Brettchen von hartem Holz, das ungefähr 1 Zoll stark beinahe eine
parallelogrammische Form hat und dessen beide äußersten Enden in einer Verlängerung
sich enden, die parallel zur Achse ist und dazu dient das Instrument zu halten und
mit Kraft zu drehen. Im Mittelpunkt ist eine Schraubenmutter ausgehöhlt, die als
Form für die Schraube dient, welche man schneiden will. Da aber die hölzernen Gänge
von diesem Stük nicht im Stande seyn würden dieses Resultat hervorzubringen, so muß
man sie mit Eisen bewaffnen.
Zu diesem Zwek höhlt man parallel zur Achse und fast in der Mitte der Breite des
Instruments einen ekigen Falz mit vierekigem Grund, in den mittelst eines Keils ein
Eisen befestigt wird, dessen äußerstes Ende in eine doppelte Schräge und nach einer
dem Gewinde ganz ähnlichen Form geschnitten ist. Weil der Falz, in welchen man das
Eisen bringt, bis in die Schraubenmutter geht, so senkt man dort das Eisen auch so
ein, daß es, so zu sagen, die Verlängerung des Ganges bildet, über den es nicht
hervorstehen darf und der an diesem Punkt unterbrochen ist. Neben der eisernen Spize
befindet sich ein fast cirkelrunder Einschnitt, der den Austritt der Späne erlaubt.
Das Ganze ist von einem andern Brettchen bedekt, das dünner als das erste ist und
mit zwei Schrauben oder Bolzen befestigt wird, die in die Löcher eingelassen werden,
welche in der Figur angezeigt sind. Dieses Brettchen ist über der Schraubenmutter
des zweiten Brettchens durchbohrt, um den Cylinder einführen zu können, welchen man
schneiden will. Um sich dieses Werkzeugs zu bedienen, spannt man den Cylinder in
einen Schraubstok und bringt dessen etwas verdünntes äußeres Ende in das
Schneideisen, welches mit beiden Händen gedreht wird. Sobald als das Eisen das Holz
angeschnitten hat, dringt der Schraubengang der Schraubenmutter ein und das
Einschneiden geht so ohne Mühe fort, bis der ganze Cylinder geschnitten ist. Will
man das Eisen schärfen, so zieht man es aus dem Falz, nachdem vorher der Keil
weggenommen worden ist; man schleift die Schneide auf dem Stein und bringt das Eisen
wieder in seine vorige Lage, wobei darauf zu sehen ist, daß dessen Spize nicht über
die scharfe Kante des Ganges hervorgeht.
Das Holz, welches angewendet wird, um auf diese Weise eine Schraube zu schneiden, muß
zart und biegsam seyn; das Holz des Birnbaums, Elsebeerbaums und wilden Aepfelbaums
eignen sich vorzugsweise zur Anfertigung der Schrauben nach der hier angegebenen
Methode.