Titel: Ueber Metallfedern; von Dr. Schubert in Würzburg.
Autor: Schubert
Fundstelle: Band 98, Jahrgang 1845, Nr. LXI., S. 220
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LXI. Ueber Metallfedern; von Dr. Schubert in Wuͤrzburg. Schubert, über Metallfedern. Die Metallfedern besizen ohne Zweifel mehrere Vorzüge, welche die Kiele nicht mit ihnen theilen. Ein Hauptgebrechen der lezteren besteht namentlich darin, daß sie so schnell stumpf werden. Die Schrift verliert sichtlich von Zeile zu Zeile an Schärfe, und muß endlich wieder mit einer frisch gespizten Feder fortgefahren werden, so glaubt man oft zweierlei Handschriften zu sehen. Besonders erwünscht sind aber die Metallfedern für diejenigen, welche zwar zu schreiben, nicht aber Federn zu schneiden verstehen, abgesehen von den mancherlei Unannehmlichkeiten, welche die Sorge für das Federmesser mit sich bringt. Der Stahl empfiehlt sich allerdings vermöge seiner Elasticität und Härte unter allen Metallen am meisten als Material für Metallfedern. Auf der andern Seite hat derselbe aber auch mehrere nicht gleichgültige Unbequemlichkeiten bei dieser Anwendung gezeigt, welche viele vom Gebrauch der Metallfedern abschreken. Sie werden von der Tinte sehr bald angegriffen und dadurch nach wenig Tagen so spizig, daß sie bei aufwärtsgeführten Strichen ins Papier einstechen und dadurch ein Sprizen veranlassen, welches auch die reinste Schrift entstellt und unbrauchbar macht. Diesen Fehler kann man zwar wieder durch Stumpfschleifen verbessern, allein bald wird auch der Spalt der Feder durch die fortschreitende Auflösung des Metalls so weit, daß die Tinte nicht mehr gehörig ausfließt, die meisten Grundstriche versagen. Um die Auflösung des Stahls zu verzögern, wurde vorgeschlagen, Zink damit in Berührung zu bringen, welches gleichzeitig mit in die Tinte taucht. Ich benüzte eine solche Vorrichtung längere Zeit, ohne einen merklichen Vortheil davon zu erkennen. — Ich habe mir dann eine vollkommen kupferfreie Tinte dargestellt, weil das dann gelöste Kupfer die Auflösung des Eisens stark befördert. Bei dieser Vorsicht konnte ich eine Stahlfeder etwa 14 Tage benüzen, währenddem sie mir sonst kaum 8 Tage ging. Neutral darf aber bekanntlich die Tinte nicht seyn, weil sich sonst das gallussaure und gerbsaure Eisen nicht in der Flüssigkeit zertheilt erhält, sondern sich klumpig ablagert und die Tinte ferner nicht ins Papier eindringt, sondern nur oberflächlich anhaftet und sich mit Wasser leicht wegwaschen läßt. Außer der Reinheit der Tinte von Kupfer, verzögert besonders eine dike Consistenz, die man ihr durch starken Gummizusaz gibt, die Auflösung des Stahls. Ich konnte dadurch eine Stahlfeder einen Monat lang brauchbar erhalten. Allein auch da ist ihre Beschaffenheit nach wenigen Tagen nicht mehr von der Art, daß man sie zu einer ganz reinen Schrift benüzen kann. Ferner hat man der Stahlfeder eben wegen ihrer Auflöslichkeit die Neutralisation der Tinte zum Vorwurf gemacht, welche die erwähnte Unbrauchbarkeit derselben herbeiführt und ihren Gebrauch zu Documenten sehr bedenklich erscheinen läßt, weßwegen derselbe auch in Bayern und mehreren andern Staaten gesezlich verboten worden ist. Da nun die Gebrechen der Stahlfeder sämmtlich auf der leichten Auflöslichkeit des Eisens beruhen, hat man, so viel ich mich erinnere, in England den Versuch mit goldenen Federn gemacht, welche man wegen der Weichheit dieses Metalls mit Spizen von Iridium versah. Dieselben mögen ganz zwekmäßig seyn, sind aber bei dem enormen Preise von 12 Gulden für das Stük, welcher sich bei zunehmendem Gebrauch des Iridiums gewiß noch steigern würde, einer allgemeinen Verbreitung nicht fähig. Ich bekam vor zehn Jahren einige Federn von Messing zu kaufen. Diese waren indessen so schlecht, daß ich nur mit Mühe damit schreiben konnte. Dieß und weil ich seither keine Messingfedern mehr zu Gesicht bekam, ließ mich glauben, daß sich das Messing überhaupt nicht zu diesem Gebrauch eigne. Als ich aber später bedachte, daß die Beschaffenheit der Metallfedern damals im Allgemeinen noch sehr unvollkommen war, so hegte ich aufs Neue den Wunsch, mit Messingfedern einen Versuch zu machen. Ich ließ mir solche von einem Silberarbeiter anfertigen, und obgleich ihre Form und namentlich die Feinheit des Spalts weit hinter der der Stahlfedern zurükbleiben mußte, welche fabrikmäßig mittelst eigener Maschinen gefertigt werden, so hat mich doch der Versuch im Wesentlichen so befriedigt, daß ich so leicht nicht mehr zum Gebrauch der Stahlfedern zurükkehren werde. Sie behalten ihren Spalt bei der Unauflöslichkeit des Messings in Tinte jahrelang unverändert, zeigen also niemals das bei den Stahlfedern so lästige Sprizen und lassen also natürlich auch die Tinte unverändert, so daß ihr Gebrauch zu Documenten nicht die geringste Bedenklichkeit erregen würde. Was die Elasticität solcher Federn betrifft, so konnte ich darin beim Schreiben keinen Unterschied von den Stahlfedern bemerken. Auch ihre Härte läßt wenig zu wünschen übrig, und sind sie auch nach Monaten etwas stumpf geworden, so geht das Spizigschleifen derselben weit leichter, als das Stumpfschleifen der Stahlfedern. Uebrigens könnte man auch statt Messing die chinesische Legirung „Tamtam“ aus 4 Theilen Kupfer und 1 Theil Zinn dazu benüzen, welche bekanntlich durch langsames Erkalten nach dem Erhizen glashart wird. Werden auch die Fabrikanten nicht zu bewegen seyn, Messingfedern statt Stahlfedern zu fertigen, da erstere so viele Jahre, als leztere Tage dauern, obgleich die Messingfedern sicher eine weiter ausgedehnte Verbreitung, als leztere finden würden, so glaube ich doch dem schreibenden Publicum durch den Rath einen Dienst zu leisten, sich dieselben einstweilen bei Gürtlern oder Silberarbeitern nach dem Muster einer guten Stahlfeder fertigen zu lassen. Man kann sich bei ihrer Dauerhaftigkeit Feder und Stiel aus einem Stük machen lassen, wodurch der lästige Uebelstand beseitigt wird, daß die Federn aus dem Federhalter ins Tintenfaß fallen.