Titel: | Bericht über die Resultate angestellter vergleichender Gerbeversuche mit Eichen- und Ellernrinde, Catechu und Dividivi; von Hrn. W. Kampffmeyer. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. CXVII., S. 436 |
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CXVII.
Bericht uͤber die Resultate angestellter
vergleichender Gerbeversuche mit Eichen- und Ellernrinde, Catechu und Dividivi;
von Hrn. W.
Kampffmeyer.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1845, 4te Lieferung.
(Fortsezung des im polytechn. Journal Bd. XCIV S. 154 mitgetheilten
Berichts.)
Kampffmeyer, über die Gerbeversuche mit Eichen- und
Ellernrinde etc.
Zu den vorliegenden Versuchen wurden 20 Stük Wildhäute (Buenos-Ayres) von möglichst gleicher Beschaffenheit ausgewählt. Von
diesen wurden 6 mit Eichenrinde, 4 mit Ellernrinde, 5 mit Dividivi und 5 mit Catechu
gegerbt. Das Enthaaren wurde zum Theil durch Aez-, theils durch Gaskalk
bewerkstelligt, und sind die Resultate im Wesentlichen dieselben, wie die über die
Versuche auf Kalbfelle mitgetheilten. Den rohen Ledern wurde die laufende Nummer 1
bis 20 im Kopf eingebrannt. Von den mit
Eichenrinde
gegerbten Ledern wurden durch Gastalk enthaart Nr. 9, 20, 14,
welche roh 64⅜ Pfd. und gahr 72½ Pfd. wogen, mithin 8⅛ Pfd.
Uebergewicht hatten. Zum Gerben von 64⅜ Pfd. Leder wurden verwandt 431 Pfd. Eichenlohe,
mithin zu 1 Pfd. Leber etwa 6¾. Pfd.
Durch Aezkalk wurden enthaart Nr. 5, 18, 10, gewogen roh 67½ Pfd.; gahr wieder
gewogen 75 Pfd.; Uebergewicht 7½ Pfd. 67½ Pfd. Leder wurden gegerbt
mit 418 Pfd. Eichenlohe, 1 Pfd. Leder demnach mit 6 1/5 Pfd. Lohe.
Da das hier, so wie auch bei den andern Gerbarten angegebene Uebergewicht der Leder
vielen Sachkundigen zu gering erscheinen wird, glaube ich vorweg die Bemerkung
machen zu müssen daß, um genaue Resultate zu gewinnen, die Leder so troken wie nur
möglich gemacht wurden, und daher jede Haut bei vollkommen reeller Troknung ein
Mehrgewicht von 2 bis 3 Pfd. haben könnte.
Die Farbe der mit Eichenlohe gegerbten Leder ist heller und schöner, als die aller
übrigen; im Schnitt zeigen sie sich innig gemengt und schön fest; die Gahre könnte
noch etwas vollkommener seyn, und würde dadurch der Schnitt ein dunkelbrauneres
glänzenderes Ansehen, namentlich bei den Gaskalkledern, erhalten haben.
Zur vollkommenen Gerbung würden bei gleicher Qualität der Lohe zu Gaskalkledern
7¼ Pfd. und zu Aezkalkledern 6 2/5 Pfd. für 1 Pfd. Leder nöthig seyn, und
würde sich hiedurch ein verhältnißmäßiges Mehrgewicht herausstellen.
Ellernrinde.
Mit Ellernrinde wurden gegerbt und durch Gaskalk enthaart Nr. 12, 1, welche roh
31½ Pfd. und gahr 36 Pfd. wogen, also ein Uebergewicht von 4½ Pfd.
hatten. Zum Gerben von 31½ Pfd. Leder wurden 564½ Pfd. Ellernrinde
verbraucht, daher auf 1 Pfd. Leder 18 Pfd. Lohe.
Durch Aezkalk wurden enthaart Nr. 6 und 13, roh gewogen 33½ Pfd., gahr 43
Pfd.; Uebergewicht 5 Pfd. 38½ Pfd. wurden gegerbt mit 588 Pfd. Ellernrinde,
mithin 1 Pfd. Leder durch 15 3/11 Pfd.
Wie schon bei den Versuchen mit Kalbfellen hat auch hier die Ellernrinde sich als das
in jeder Beziehung unzwekmäßigste Gerbematerial herausgestellt. Bei der großen Menge
(mehr als das 2½fache der Eichenrinde), welche zu diesen Ledern verbraucht
wurde, sind sie zwar vollständig durchgegerbt, im Vergleich zu den durch Eichenrinde
gegerbten aber befriedigt die Gahre keineswegs. Der Schnitt ist weniger glänzend und
auch nicht ganz so innig gemengt. Die Gerbung hat bei gehöriger Festigkeit nicht die
nöthige Milde, wodurch ein leichtes Brechen der Leder zu erwarten ist. Die Farbe ist
nicht recht lebhaft und besonders vom Fleisch schmuzig braun.
Nach dem eben Angeführten läßt sich nicht leicht eine Anwendung der Ellernrinde
erwarten; betrachtet man aber noch den sehr geringen Gerbstoffgehalt derselben, so
erscheint, da sie sich mit der Eichenrinde ziemlich gleich im Preise stellen wird,
und sich deßhalb im Vergleich mit dieser die Fabricationskosten beinahe
verdreifachen würden, die Anwendung ganz unmöglich.
Catechu.
Von den mit Catechu gegerbten Ledern wurden durch Gaskalk enthaart Nr. 8, 15 und 19;
gewogen roh 60⅜ Pfd., gahr wieder gewogen 66¼ Pfd.; Uebergewicht
5⅞ Pfd. 60⅜ Pfd. Leder wurden gegerbt mit 81 Pfd. Catechu, mithin 1
Pfd. Leder mit 1⅓ Pfd.
Durch Aezkalk wurden enthaart Nr. 17 und 4, welche roh 35½ Pfd. und gahr 38
Pfd. wogen, mithin an Uebergewicht 2½ Pfd. 3½ Pfd. Leder mit 46 Pfd.
Catechu gegerbt, daher 1 Pfd. Leder durch 1 2/7 Pfd.
Diese Leder wurden mit einer Auflösung von Catechu in Wasser so lange behandelt, bis
die schwächeren Stellen vollständig durchgegerbt waren; dann wurde auf die starke
Stellen eine sehr concentrirte Auflösung aufgetragen und darauf die ganzen Leder mit
schon gebrauchter Eichenlohe bestreut. Auf diese Weise sind sie zwar vollkommen gahr
geworden, haben aber nicht die wünschenswerthe Festigkeit erlangt, vielmehr ein so
schwammiges und loses Fabricat geliefert, daß diese Leder weder großen Schuz gegen
Feuchtigkeit, noch eine lange Dauer versprechen. Die Farbe ist hochgelb, eben so der
Schnitt, welcher wegen der losen Textur der Leder wenig glänzend erscheint. Die
weißen Flekchen, welche sich bei den mit Catechu gegerbten Kalbfellen bemerkbar
machten, sind bei diesen Ledern nicht aufzufinden.
Das Catechu ist schon mehrfach, namentlich in Sachsen, in Gerbereien angewendet
worden, und häufig in Verbindung mit Eichenrinde; die Mehrzahl dieser Fabricate sind
aber als die geringsten, welche nach den Meßpläzen gebracht werden, bekannt.
Die englischen Gerbereien, deren Fabricate als die vorzüglichsten allgemein anerkannt
sind, sollen sehr bedeutende Quantitäten Catechu consumiren. An allem englischen
Leder indeß, was ich bisher gesehen, war keine Spur von einer Gerbung durch Catechu
zu entdeken.
Auf der vorjährigen Gewerbeausstellung waren lakirte Kalbfelle von Albert Henkell in Kassel, welche mit gleichen Theilen Catechu
und Eichenrinde gegerbt waren, und jeder Anforderung entsprachen, da die größere
Milde bei lakirten Fellen nur angenehm ist, der Lak aber den nöthigen Widerstand
gegen Feuchtigkeit leistet und die Dauer des Leders der des Lakes gewiß
gleichkömmt.
Dividivi.
Mit Dividivi wurden gegerbt und durch Gaskalk enthaart Nr. 3, 7, 16, gewogen roh 58
Pfd., gahr wieder gewogen 63½ Pfd.; Uebergewicht 5½ Pfd. 58 Pfd. Leder
wurden gegerbt mit 79½ Pfd. Dividivi; 1 Pfd. Leder mit 1⅓, Pfd.
Durch Aezkalk wurden enthaart Nr. 2 und 11. Diese wogen roh 41 Pfd., gahr 44 Pfd.,
mithin Uebergewicht 3 Pfd. 41 Pfd. Leder wurden gegerbt mit 47½ Pfd.
Dividivi; 1 Pfd. Leder mit 1 1/6 Pfd.
Unter den verschiedenen hier aufgeführten Surrogaten der Eichenrinde hat der Dividivi
die günstigsten Resultate geliefert.
Es wurden diese Leder anfangs mit Dividivi-Extract behandelt. Da indeß nach
mehreren vergeblichen Versuchen das Vermahlen des Dividivi zwischen Steinen
mittlerweile gelungen war, wurden die noch nicht völlig gahren stärkeren Stellen der
Leder mit einer dünnen Dividivi-Schicht begeben und dann die ganze Haut mit
schon gebrauchter, kraftloser Eichenlohe bestreut.
Es haben diese Leder von allen die vollkommenste Gahre; sie zeigen sich im Schnitt so
schön fest und glänzend und so innig gemengt, daß sie meiner Ansicht nach in dieser
Beziehung den mit Eichenrinde gegerbten völlig gleich zu stellen sind. Weniger hat
die Farbe der Leder meinen Erwartungen entsprochen, die, anstatt wie ich glaubte,
sehr hell zu seyn, mehr olivenfarbig ist, und daher sich weniger zum Bleichen eignen
würde, wie ich mich bei den Versuchen mit Kalbfellen dahin aussprach. Bei den
meisten lohgahren Ledern ist die Farbe indeß sehr unwesentlich, da, wo sehr helle
Farben erforderlich sind, schon jezt andere Surrogate als Eichenrinde angewandt
werden, und würde sich zu den gewöhnlichen hellfarbigen Sattlerledern eine eben so
gute Farbe durch eine Mischung von Dividivi und Sumach erzielen lassen, wie jezt
durch Eichenlohe und Sumach.
Die Dauerhaftigkeit ist bei lohgahrem Leder immer die Hauptsache, auf die es ankömmt,
und dem äußeren Anschein nach müssen die mit Dividivi gegerbten Leder den mit
Eichenrinde gegerbten hierin völlig gleichkommen. Stiefeln, die ich mir aus mit
Dividivi gegerbtem Leder anfertigen ließ und seit längerer Zeit trage, haben sich
bis jezt vollkommen bewährt.
Die Dauer des Leders aber ist bei gleich guter Gerbung immer eine sehr verschiedene,
da nicht allein die einzelnen Theile einer Haut von sehr verschiedener Haltbarkeit
sind, sondern die Natur der rohen Haut überhaupt schon die Dauer bestimmt. Fütterung,
Klima, das Alter der Thiere und die Jahreszeit des Schlachtens sind hier von kaum
glaublicher Einwirkung. Um indeß auch über die Dauer zu ganz bestimmten Resultaten
zu gelangen, bin ich jezt beschäftigt, von einzelnen Ledern die Hälften mit
verschiedenen Gerbmaterialien, und zwar die eine Hälfte mit Eichenrinde, die andere
mit Dividivi zu proben, da, wie aus dem Vorhergehenden sich herausstellt, sowohl
Catechu als auch Ellernrinde nicht leicht Anwendung finden werden.
Ich werde Sohl-, Brandsohl-, Fahl- und Kalb-Leder auf
diese Art gerben, und wird es so möglich seyn, aus denselben Theilen einer Haut
einen Stiefel von mit Eichenrinde, den andern von mit Dividivi gegerbtem Leder
anzufertigen. Wenn mit diesen Stiefeln beim Militär Versuche angestellt werden
könnten, würde es mir sehr angenehm seyn.
Durch die hier mitgetheilten Ergebnisse bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, daß
unter allen bis jezt zum Ersaz der Eichenrinde in Vorschlag gebrachten Surrogate der
Dividivi das einzige ist, welches diesen Zwek erfüllen könnte. Wenn auch die jezt
ausgelegten Dividivi-Leder noch nicht in jeder Beziehung den mit Eichenrinde
gegerbten gleichzustellen sind, so ist dieß von dem ersten Versuche, wo es
hauptsächlich darauf ankam, die Gerbekraft zu ermitteln, nicht zu verlangen, und
wird sich in der Folge bestimmt ein gleich schönes Fabricat erzielen lassen.
Ueberzeugt von der zwekmäßigen Anwendbarkeit des Dividivi in den Gerbereien habe ich
bereits zu größeren Versuchen ein Quantum von etwa 200 Cntrn. bezogen, und stellte
sich der Preis des Centners inclusive Fracht per Dampfboot von Havre und der sehr hohen Zölle hier zu
Ort mit allen Nebenunkosten auf 6 1/6 Thaler. Nehmen wir nun den niedrigsten Preis
der Eichenrinde mit 1 1/6 Thlr. auf den Centner, obgleich er häufig bis auf 1
½ Thlr. und noch höher kömmt, so stellt sich, in Betracht des 5½fachen
Gerbegehaltes des Dividivi, der Preis desselben noch etwas niedriger, als der der
Eichenrinde, deren Beschaffung von Jahr zu Jahr größere Schwierigkeiten macht,
während der Dividivi sich leicht auf kaufmännischem Wege beziehen läßt. Nicht
unwichtig würde bei Anwendung des Dividivi die mögliche Verkürzung des sonst
üblichen Verfahrens seyn, worauf ich indeß bei den vergleichenden Versuchen leine
Rüksicht nehmen konnte. Meiner Ansicht nach müßte aber bei dem 5½fachen
Gerbgehalte eine Beschränkung des Gerbprocesses auf Ein
Drittel der sonst gebräuchlichen Zeit möglich seyn, und
würden auch weit geringere Räumlichkeiten zum Geschäftstriebe nöthig seyn.
Läugnen läßt sich indeß auch nicht, daß sich der alleinigen Anwendung des Dividivi
manche Schwierigkeiten in den Weg stellen. Die bisherige Art des Gerbens würde eine
förmliche Umgestaltung erleiden, da die ganze Behandlung eine viel sorgfältigere
werden müßte; jedes Zuviel beim Begeben der Leder würde hier von großem Nachtheil
seyn, das Begeben überhaupt auch besondere Schwierigkeiten machen, da nur eine sehr
dünne Schicht aufgetragen werden könnte, und ein Verschieben desselben beim Auflegen
anderer Leder sehr leicht möglich wäre. Besser würde daher, wie es in England schon
längst geschieht, hier ein Gerben durch Extracte Anwendung finden können. Am
leichtesten wird sich der Dividivi in Verbindung mit Eichenrinde verwenden lassen,
wie ich es schon mehrfach gethan habe. Die stärkeren Stellen bekommen erst Dividivi
und dann die ganze Haut eine dünne Schicht Eichenlohe, wodurch dem Verschieben
zugleich vorgebeugt wird.
Schwierig ist auch noch das Zermahlen des Dividivi, jedoch würde diesem Uebelstande
noch zuerst abzuhelfen seyn. Bei sehr mäßiger Bewegung ist es zwischen Steinen, wie
es auf den gewöhnlichen Lohmühlen mit der Eichenrinde geschieht, möglich; der Druk
der Steine muß aber nur gering seyn, da im entgegengesezten Falle und bei zu
schneller Bewegung der Dividivi sich erwärmt, zusammenballt und alsdann sich nicht
weiter vermahlen läßt. Die Construction der Lohmühlen, wie wir sie hier haben, ist
aber eine viel zu unvollkommene, als daß diese Mühlen zum Vermahlen des Dividivi zu
benuzen wären; es ist dazu eine viel geregeltere Bewegung, als bei Windmühlen
überhaupt möglich und ein viel genauerer Verschluß der Steine nothwendig, da sonst
zu viel an Material verloren gehen würde. Meiner unmaßgeblichen Ansicht nach würde
hier vielleicht ein Zermahlen zwischen geschärften stellbaren Walzen anwendbar
seyn.
Gehen wir auf die Gewichtszunahme, welche sich bei der Gerbung mit den verschiedenen
Surrogaten herausstellte, etwas näher ein, so finden wir darin folgendes
Verhältniß.
Auf 10 Pfd. Leder durch Gaskalk enthaart und durch Eichenrinde
gegerbt, war eine Zunahme von
1
Pfd.
8½
Loth
10
Pfd.
Leder
(Aezkalk)
durch
Eichenrinde,
Zunahme
1
—
3½
—
10
—
—
(Gaskalk)
—
Ellernrinde
—
1
—
13¾
—
10
—
—
(Aezkalk)
—
Ellernrinde
—
1
—
9½
—
10
—
—
(Gaskalk)
—
Catechu
—
—
—
31 1/7
—
10
—
—
(Aezkalk)
—
Catechu
—
—
—
22½
—
10
—
—
(Gaskalk)
—
Dividivi
—
—
—
30⅓
—
10
—
—
(Aezkalk)
—
Dividivi
—
—
—
23½
—
Die bedeutendste Zunahme hatten demnach die mit Ellernrinde gegerbten Leder; da aber
nach dem Vorhergehenden diese, wie auch wohl das Catechu, nicht leicht in der Praxis
eine ausgedehnte Verwendung finden werden, so wollen wir hier nicht weiter darauf
eingehen.
Wichtiger erscheint indeß die auf den Centner etwa 4 Pfd. betragende
Gewichtsdifferenz zwischen mit Eichenrinde und Dividivi gegerbten Ledern, da die
Mehrzahl der Verkäufe nach dem Gewicht geschlossen wird.
Die immer geringer werdenden Eichenbestände und der von Jahr zu Jahr gesteigerte
Bedarf an Eichenrinde werden aber gewiß eine solche Steigerung der Borkpreise
veranlassen, daß auch diese Schwierigkeit bald gehoben seyn wird. — Es drängt
sich nur noch die Frage auf, ob der Dividivi auch in sehr großen Quantitäten zu
beziehen seyn wird? Nach dem, was ich darüber erfahren konnte, ist der Dividivi die
Frucht einer im südlichen Amerika sehr verbreiteten AkacieMan vergleiche polytechn. Journal Bd. XCVII S. 316., die in
großen Pflanzungen gepflegt wird. Bisher wurde derselbe in Havre versuchsweise als
Farbwaarenartikel geführt, um die levantischen Galläpfel zu ersezen, soll sich aber
dazu nicht bewährt haben, und deßhalb in dieser Art noch gar nicht zur Anwendung
gekommen seyn. In Folge des ersten Berichts sollen bedeutende Partien an rheinische
Gerber gegangen, und nach den lezten Nachrichten aus Havre durch vielseitige
Aufträge die alten Vorräthe geräumt seyn. Die gesteigerte Nachfrage würde gewiß die
Zufuhren vermehren und dürfte vorläufig wohl keine große Steigerung der Preise zu
befürchten seyn, da sich mehrere Handlungshäuser veranlaßt fühlen werden, diesen
Artikel zu führen und sich durch diese Concurrenz, wie es mit dem Catechu bereits
geschehen, eher niedrigere als höhere Preise stellen werden.
Mögen diese Zufuhren aber auch immerhin sehr bedeutend seyn, sie werden, wenn man
bedenkt, daß Berlin allein nach genauer Berechnung im vergangenen Jahr gegen 200,000
Cntr. Eichenrinde bezog, wonach sich ein Bedarf von etwa 36,000 Cntrn. Dividivi für
diesen Ort allein herausstellte, doch kaum zu beschaffen seyn, und wird die bisher
gebräuchliche Eichenrinde immer ihren hohen Werth behalten und sogar eine sehr
sorgfältige Pflege der jezt nur schwachen Eichenbestände nothwendig seyn.
Jedenfalls wird aber der Dividivi, selbst wenn die geeignetsten Schritte zur Schonung
der alten Eichenbestände und für großartige Anlagen von Lohheken geschehen, uns
längere Zeit ein kräftiges Aushülfsmittel gewähren müssen.
Verhandelt im Locale des
Gewerbvereins.
Berlin, am 11. März 1845.
Die Unterzeichneten hatten sich heute in dem Locale des Gewerbvereins versammelt, um
auf den Wunsch des Vereins über die von Hrn. W. Kampffmeyer hieselbst mit verschiedenem Gerbmaterial gegerbten Sohlleder
als Sachverständige ihr Urtheil über die Beschaffenheit derselben abzugeben.
Demzufolge wurde ihnen vorgelegt:
1) der vorstehend abgedrukte Bericht des Hrn. W. Kampffmeyer, welcher bereits in der März-Versammlung vorgetragen
war, und von dessen Inhalt die Unterzeichneten vollständige Kenntnißnahmen;
2) folgende Probeleder: 2 mit Eichenrinde, 2 mit Ellernrinde, 2 mit Catechu, 2 mit
Dividivi gegerbt, davon die Hälfte durch Aezkalk, die andere Hälfte durch Gaskalk
enthaart war.
Sie erklärten sich mit den in dem Bericht des Hrn. W. Kampffmeyer angegebenen Eigenschaften der Leder nach Untersuchung der
Proben vollkommen einverstanden und hatten dem darüber Gesagten nichts weiter
hinzuzufügen.
a. u. s.
gez.: Wilh. Kampffmeyer. G. A. Rosenberg. August Meyer.
Freiberg, als Protokollführer.
Gutachten der Abtheilung des Gewerbvereins
für Mathematik und Mechanik über die Construction einer Mühle zum Zermahlen von
Dividivi.
Da es sich aus dem BerichtePolytechn. Journal Bd. XCIV S. 158. des Hrn. W.
Kampffmeyer ergibt, daß sich Dividivi nicht wie die
Eichenrinde auf Steinen zermahlen läßt, indem sich derselbe in teigartigen Stüken
unter denselben zusammenballt; da dieses jedoch beim Zerreiben auf einem sogenannten
Reibeeisen nicht der Fall war, so führte dieser Versuch auf den Gedanken, daß dieses
Material unter den Steinen, welche doch eine gewisse Geschwindigkeit haben wollen,
zu sehr erhizt wird und dadurch das Zusammenballen veranlaßt worden sey. Die ferner
gemachten Versuche auf einer eisernen Schrotmühle mit gezahntem Rumpfe und conischem
Läufer, wozu Hr. W. Kampffmeyer einige Pfunde Dividivi
zukommen ließ, haben ergeben, daß sich weder die Zähne im Rumpfe, noch im Läufer
verschmiert oder verstopft haben, und es daher keinem Zweifel unterworfen seyn kann, daß sich
dieses Material auf ähnlich construirten eisernen Mühlen, wie die eisernen Lohmühlen
sind, zermahlen lassen wird.