Titel: | Ueber Signale auf Eisenbahnen; von G. A. Treutler. |
Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. XIX., S. 84 |
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XIX.
Ueber Signale auf Eisenbahnen; von G. A. Treutler.
Treutler, über Signale auf Eisenbahnen.
Wir haben im polytechnischen Journal Bd. XCVIII S. 417 die Beschreibung des Treutler'schen Tag- und Nachttelegraphen nach
Abbildungen mitgetheilt und tragen über dessen Anwendung zum Signalisiren auf
einfachen und doppelten Eisenbahnen nach einer vom Erfinder uns mitgetheilten
Druckschrift „Ueber Signale auf Eisenbahnen etc. Hirschberg 1845“
Folgendes nach:
Alle bisher angewendeten Signale, sagt der Verfasser, sind entweder akustische, oder optische (am
Tage bewegliche Körper, in der Nacht weißes und farbiges Licht), oder elektro-magnetische. Ein gutes Signal soll bei Tag und Nacht:
a) die Bahn von einem Bahnhofe zum andern schnell und
sicher durchlaufen, ohne von atmosphärischen Verhältnissen gehindert zu werden.
b) Es soll für die Dauer der
Fahrt dem Wärter wie dem Locomotive- und Zugführer wahrnehmbar
seyn.
c) Es soll dem Wärter ein Mittel seyn, eine von ihm
wahrgenommene Gefahr dem Zuge sicher anzuzeigen.
d) Es soll von jeder Wärterstation aus vor- und
rückwärts bis zum nächsten Bahnhofe rasch und leicht in Thätigkeit zu setzen
seyn.
e) Es soll die Handhabung leicht, und eine
augenblickliche Bildung jedes Zeichens möglich seyn.
f) Es sollen alle Zeichen gleich scharf, übersichtlich
und einfach seyn, und endlich
g) soll die Unterhaltung für die Nacht möglichst wenig
Kosten verursachen.
Schon beim ersten Ueberblick dieser Forderungen wird man sich gestehen, daß auf keinem der vorgedachten Wege eine unbedingte und vollkommene Erfüllung derselben
zu erwarten ist. Wollte man auch einen derselben mit einem anderen, ja alle drei mit
einander verbinden, so werden auch dann noch Fälle vorkommen, wo die Leistung hinter
der Anforderung zurück bleibt. Auch streitet gegen ein solches Verbinden zweier oder
aller Wege das Gebot der Einfachheit und der Kostenpunkt, weßhalb die Bahnen immer
nur sich für den einen oder anderen entscheiden; es ist demnach zu ermitteln, auf
welcher Basis ein Signalsystem zu finden ist, welches der Erfüllung sämmtlicher
aufgestellten Anforderungen sich am meisten nähert.
Diese Anforderungen auf dem akustischen Wege zu erreichen,
hat man, mit Ausnahme der vom Zuge aus durch die Dampfpfeife zu ertheilenden
Zeichen, bei uns in Deutschland aufgegeben. Die Gründe sind naheliegend.
Auf dem optischen Wege zerfallen die bis jetzt zur
Anwendung gekommenen Systeme in zwei Classen; man hat entweder:
1) besondere Tag- und ganz davon abweichende Nacht-Signale, oder
2) für Tag und Nacht ganz gleiche Zeichen.
Die ad 1) für das Tagsignal zuerst in Anwendung
gekommenen durchbrochenen und undurchbrochenen, bemalten und unbemalten Scheiben,
Fahnen aller Art und was dergleichen mehr, sind durch den zweiarmigen Telegraphen verdrängt worden, weil derselbe für den Tag die
nöthige Zahl der Zeichen bei leichter Bildung und Schärfe derselben bietet, und viel mehr als alle jene die von a bis g aufgestellten Anforderungen erfüllt,
dagegen nur bei überwiegendem Nebel, gleich ihnen, seinen Zweck verfehlt. Es ist
daher dieser Telegraph als in den meisten Fällen ausreichend erkannt und mehr und
mehr eingeführt worden.
Die Nachtsignale werden (ad 1) gegeben, indem man an dem
Telegraphenmast Laternen:
α) höher oder niedriger aufzieht,
β) durch sie weißes oder buntes Licht gibt,
oder
γ) dergleichen in senkrechter, wagerechter oder
sonst verschiedener Stellung anbringt.
Was zunächst das Signalisiren durch höhere oder niedrigere Anbringung von
Lichtpunkten betrifft, so ist dagegen zu bemerken, daß bei ganz finsterer oder nebeliger
Nacht, wo dem Auge die Beziehung zu andern Gegenständen fehlt, der Begriff über hoch
und niedrig ganz aufhört; es ist daher nichts leichter, als daß der Bahnwärter ein
falsches, dem Zuge auf ein oder andere Weise gefahrbringendes Zeichen seinerseits gibt. Dieser Beweis
dürfte genügen, um das Unzureichende dieser Art Signale darzuthun.
Gegen das Signalisiren mit weißem und farbigem Licht spricht Folgendes: Gesetzt eine
gewisse Stellung der Laternen mit weißem Licht sey das
Fahrzeichen, es stößt dem Zuge ein Unfall zu, so daß derselbe eine Hülfslocomotive
bedarf; es wird nun zu diesem Behuf dasselbe Zeichen, aber mit rothem Licht gegeben. Um dieß bewerkstelligen zu können, muß der Wärter
die Laternen erst herablassen, rothes Glas vorsetzen und sie wieder aufziehen, und
erst wenn diese Operation ganz beendet ist, kann der nächste Posten diese mit seinen
Laternen beginnen, und so ferner. Danach kann ein im Augenblick gebotenes Zeichen
nur sehr langsam die Bahn durchlaufen, und dieser Zeitverlust kann störend für den
Nach- oder Gegenzug seyn, indem die Bahn nicht so rasch frei wird, wie es bei
größerer Schnelligkeit des Signals möglich wäre. Dieß ist jedoch der weniger
erhebliche Nachtheil. Ein viel wichtigerer und bedeutender liegt darin, daß unter
gewissen atmosphärischen Verhältnissen, bei Beobachtung mit unbewaffnetem Auge, wie es auf Eisenbahnen
der Fall, schon auf Entfernungen von 500 Schritt und darunter, die Farben der Lichter nicht mehr mit Sicherheit zu unterscheiden sind.
— Es gibt nämlich Fälle, wo auf solche Entfernungen ein weißes Licht roth und umgekehrt ein rothes
Licht weißlich erscheint, ja selbst Fälle wo, wenn ein
weißes und ein rothes Licht neben einander aufgestellt sind, man beide nicht mit
Sicherheit, oft aber auch gar nicht von einander
unterscheiden kann. Aehnlich verhält es sich mit grün;
diese beiden Farben kommen aber hier nur in Betracht, da alle andern völlig
unbrauchbar sind. — Hieraus folgt, daß bei den verschiedenen atmosphärischen
Verhältnissen, die auf einer Meile Ausdehnung, der geringsten Entfernung von einem
Bahnhofe zum andern, nicht nur vorkommen können, sondern
in der That und vorzugsweise des Abends und Nachts sehr häufig
wirklich vorkommen, die Wärter, von solchen getäuscht, ein falsches Zeichen
geben können.
Beide Arten des Signalisirens sind also mangelhaft und gefährlich, und es leiten die Betrachtungen daher ganz einfach und
natürlich darauf hin, daß auf optischem Wege ein gutes Signal für die Nacht, gleich
dem für den Tag, einzig und allein von der Form des
Zeichens zu erwarten seyn wird.
Diesen Zweck erreicht annähernd die dritte Art der Nachtsignale, nämlich Laternen in
verschiedener Richtung zu einander aufzustellen, und es
verdient diese unbedingt den Vorzug vor jenen beiden. Neben schwerfälliger
Handhabung zeigt sich aber auch hier noch ein großer Mangel. In finsterer oder
nebeliger Nacht erlischt nämlich jedes Urtheil über Entfernung, es kann also ein in
die Verlängerung der Bahn treffendes, nicht zu ihr
gehöriges Licht ein falsches Signal für den vorhergehenden Posten bilden, und diesen
veranlassen solches zu befördern, wodurch, wie bei den beiden vorhergehenden,
Störung oder Unglück erfolgen kann.
Wir kommen nun zu dem oben 2) genannten Signalsystem, bei welchem Tag- und Nachtsignale
ganz gleich sind. Der von mir erfundene Tag- und
Nachttelegraph ist dazu das Mittel. Wenn wir schon oben bemerkten, daß ein gutes
Nachtsignal nur von der Form des Zeichens zu erwarten sey; wenn ferner dargethan
wurde, daß der zweiarmige Telegraph für den Tag als Bestes sich herausgestellt habe,
dann wird ein auf diese Principien gebrachtes Nachtsignal unstreitig auch das Beste leisten, was auf dem optischen Wege zu
erreichen ist.
Der von mir erfundene Telegraph kann allerdings wie die vorgedachten Systeme durch
überwiegenden Nebel in seiner Wirkung gehindert seyn, dieß ist aber auch sein alleiniger Mangel, da er alle andern Anforderungen gleich dem
Tagtelegraphen bei Tag und Nacht erfüllt. Es gibt derselbe nämlich bei Tag und Nacht:
1) deutliche und dauernde Zeichen; ist
2) dem Wärter ein Mittel sich mit dem Locomotivführer zu verständigen und kann
3) von jeder Wärterstation rasch und leicht in Thätigkeit gefetzt werden.
4) Die Handhabung ist ganz leicht; der Wärter hat des Nachts, sobald die Laternen
aufgezogen, an diesen nie etwas vorzunehmen, sondern es kann, da die Beleuchtung der Arme völlig unabhängig von ihrer Bewegung ist,
jedes Zeichen im Augenblick gegeben werden.
5) Die Zeichen sind Tag und Nacht gleich, mithin in beiden Fällen wie am Tage scharf,
übersichtlich und einfach, und das Personal hat also nur die halbe Zahl von Zeichen
einzuüben.
6) Die Unterhaltungskosten des Nachts kommen mit denen der Bahnen, die zwei Laternen
pro Signalstation verwenden, überein.
Die Leistungen dieses Telegraphen am Tage sind denen anderer ganz gleich, seine
Wirkung des Nachts ist aber viel kräftiger als am Tag, durch ihn kehrt sich also das
bisherige Verhältniß um, indem, wenn das Tagsignal bisher besser als das Nachtsignal
war, nun das Nachtsignal, bei derselben Güte des Tagsignals, noch besser als dieses ist. Der Lichtreichthum dieses Telegraphen
überwindet, wie es ausgezeichnete Techniker bekunden und wie es die Erfahrung
bestätigte, unbestreitbar höhere Grade von Nebel, als dieß Laternensignale bisher
vermochten. Es zeigt derselbe nämlich vor- und rückwärts ein starkes
Centrumlicht und jeden Arm wie von fünf
Astral-Lampenflammen erleuchtet, so daß, wenn beide Arme gezogen sind, man
vor- und rückwärts stets eilf Astralflammen, je nach den Zeichen, in gerader
oder gebrochener Linie erblickt. Dieß alles ist der Effect von nur zwei Laternen.
Wir wenden uns nun zur Betrachtung des elektro-magnetischen Weges. Obschon uns
hier von vornherein der große Uebelstand, die leichte Verletzbarkeit einer solchen
Linie in jedem Punkte, entgegen tritt, so scheint
derselbe vorzugsweise mehr als alles Vorhergehende den unbedingten Durchgang des Signals von Bahnhof zu Bahnhof zuzulassen;
dagegen gewährt derselbe auch nicht eine von allen
übrigen, für die allgemeine Sicherheit unerläßlichen Forderungen, und beschränkt
sich seine Thätigkeit einzig und allein auf den Bericht von Bahnhof zu Bahnhof. Dieser aber ist,
mit alleiniger Ausnahme, daß eine Hülfs-Locomotive nicht vom nächsten,
sondern erst vom folgenden Bahnhofe beordert werden müßte, für den Verkehr am
leichtesten entbehrlich, da derselbe allenfalls durch genaue Zeitbestimmung zu
ersetzen ist. Man weiß die Zeit, wenn der Zug von einer Station abgeht, wenn
derselbe auf der nächsten ankömmt; danach können die Wärter in dieser Zeit ihre
Strecke revidirt und die Barrieren geschlossen haben. Extrazüge gibt in der Regel
der Hauptzug an. Bei Anwendung des elektromagnetischen Telegraphen aber bleibt der
Wärter wie der Führer ohne alles Zeichen, und das Wichtigste, für das Ungewöhnliche
bei unvollendeter Fahrt ein Zeichen geben zu können, als: „langsam
Fahren,“
„Halten“ oder „Hülfe,“ also gerade die,
auf die es für die Sicherheit des Publicums ankömmt, gestattet derselbe nicht.
Angesehene Techniker sind daher auch der Ansicht daß, wo derselbe zur Anwendung
gebracht wird, es zur Erfüllung dieser wesentlichen Anforderungen immer nöthig
bleiben werde, nebenbei ein zweites, auf Sichtbarkeit begründetes Signalsystem
einzuführen. Sonach fiele aber die ganze Bedeutung eines elektro-magnetischen
Telegraphen außer für ganz einzelne, besondere
Bahnverhältnisse, wie z. B. bei schiefen Ebenen, dem Ausnahmsfalle eines starken Nebels weg, und für solchen Fall dürften die
Verwaltungen sich lieber zu etwas langsamerem, vorsichtigem Fahren, als zu den
bedeutenden Kosten solcher Anlage verstehen.
Bei uns in Deutschland ist der elektro-magnetische Telegraph bis jetzt allein
auf einem Theil der rheinischen Eisenbahn in Anwendung, und zwar auf der schiefen
Ebene bei Aachen, der einzigen, auf welcher bis jetzt in
Deutschland die Züge vermittelst stationärer Dampfkraft befördert werden. Wie wir
aus dem Bericht über den Betrieb derselben ersehen, sind dabei noch andere
Zwischenbahn-Signale angewandt, um, wie der Berichterstatter sagt, den Dienst
zu erleichtern und zu sichern.
England hat ganz andere atmosphärische Verhältnisse als der Continent, es ist also
erklärlich, daß dieses, durch seine ewigen Nebel gezwungen, auf andere Signalmittel
denken muß, und sonach den elektromagnetischen Telegraphen zur möglichsten
Vollkommenheit zu bringen sucht. In Frankreich finden wir die Nachahmung, wiewohl
uns dort, außer von einem wissenschaftlichen Punkte betrachtet, die Gründe dafür
nicht erheblich genug erscheinen, besonders wenn wir sogar nach mehrfachen
Erfahrungen den Hauptvorzug des
elektro-magnetischen Telegraphen, daß er durch alle Witterungsverhältnisse hindurchwirkt, gänzlich
schwinden sehen, indem Gewitterluft ihn nicht nur unfreiwillig einerseits in Thätigkeit
bringt, sondern andererseits ihn auch außer Thätigkeit
setzt, woraus nicht nur die größte Verwirrung, sondern auf Eisenbahnen auch das
größte Unglück herbeigeführt werden kann. So ließen sich auf der
Paris-Rouener Eisenbahn die Glockensignale hören, als sich am 17. Jun. v. J.
ein Gewitter über der Hauptstadt entlud, indem es den Leitungsdraht des elektrischen
Telegraphen elektrisirte, und so wurde, als am 13. Jun. v. J. bei Southampton ein
Gewitter ausbrach, eine der Nadeln des elektrischen Telegraphen daselbst ihrer
Polarität beraubt und dadurch unbrauchbar gemacht.
Für eine Eisenbahn mit einem Geleise genügt die
Einrichtung einer einfachen Säule mit zwei beweglichen Armen am oberen Ende, wie die
Abbildung Fig.
7
Tab. VI im polytechn. Journal Bd. XCVIII zeigt. An dem Punkte H, wo sich beide Arme vereinigen, befindet sich ein sehr starkes Licht — welches in der Nacht immer stehen bleibt, um
das Centrum der Signale zu markiren (an und für sich aber nichts bedeutet). Jeder
Arm zeigt in der Nacht fünf leuchtende Punkte und erscheint somit in der Entfernung
als weiße (von beiden Seiten sichtbare) Lichtlinie. Damit
sind folgende bei Tag und Nacht ganz gleiche Hauptzeichen möglich;
1) Der Zug kommt von A nach B
Textabbildung Bd. 099, S. 90
2) Der Zug kommt von B nach A
Textabbildung Bd. 099, S. 90
3) Der Zug kommt nicht von A
nach B
Textabbildung Bd. 099, S. 90
4) Der Zug kommt nicht von B
nach A
Textabbildung Bd. 099, S. 90
5) Hülfslocomotive soll kommen von A nach B
Textabbildung Bd. 099, S. 90
6) Hülfslocomotive soll kommen von B nach A
Textabbildung Bd. 099, S. 90
7) Der Zug von A nach B soll
langsam fahren Textabbildung Bd. 099, S. 90
8) Der Zug von B nach A soll
langsam fahren Textabbildung Bd. 099, S. 90
9) Der Zug von A nach B soll halten10) Der Zug von B nach A soll
halten
Man gibt das Signal 1 oder 2 sobald es der folgende Wärter weiter gegeben
hat, winkt man mit dem linken Arme auf und ab,
bis der Zug hält.
Signal 1 und 2 bleiben stehen, bis der Zug vorbei ist; 3 und 4 werden eingelassen,
wenn der nächste Posten abgenommen hat; 5 und 6 werden, sobald die Hülfslocomotive
abfährt, in das betreffende Signal 1 oder 2 umgestellt. Bei 7 und 8 gibt der Wärter
erst das Signal 1 oder 2 und bewegt erst, wenn der nächste Posten abgenommen hat,
den linken Arm in die wagrechte Stellung.
Für eine doppelgeleisige Eisenbahn muß man jedes Geleis
selbständig mit Signalen bedienen und daher auch alle jene oben erwähnten Signale
ohne Unterschied und ohne Störung gleichzeitig für das
eine und das andere Geleis geben können.
Textabbildung Bd. 099, S. 91
Zu dem Ende reicht vollkommen ein doppelter Telegraph (siehe die Figur) aus,
welcher in der halben Höhe des Mastes noch einen dritten und vierten Arm,
ebenfalls mit Centrallicht und von ganz gleicher Einrichtung wie die obere, hat.
Da bei Nacht beide Centrallichter leuchten, so kann eine Verwechslung des obern und untern Signals nicht vorkommen. Die obern
Arme beziehen sich stets auf das Geleis, auf welchem
die Züge vom Hauptpunkt aus regelrecht fahren müssen, die unteren auf das
andere. Es wird ohne weitere bildliche Erläuterung klar seyn, daß die
Einrichtung ihrem Zweck ganz einfach entspricht.
Der Director der niederschlesisch-märkischen Eisenbahn, Hr. Henz in Berlin, gab über die auf dieser Bahn eingeführten
Treutler'schen Telegraphen (im August 1845) folgendes
Gutachten ab:
„Die Treutler'schen Telegraphen sind seit September
vorigen Jahrs auf der Liegnitz-Breslauer Strecke der
niederschlesisch-märkischen Eisenbahn im Gebrauch, und haben dieselben,
während dieses Zeitraums, welcher einen langen, schnee- und nebelreichen
Winter mit einschloß, allen Erwartungen entsprochen, welche billigerweise gehegt
werden konnten; ja die Erfahrung hat herausgestellt, daß die Nachtsignale in der
Regel deutlicher und in größerer Ferne zu erkennen waren, als es bei Tag geschehen
konnte. Daß bei starkem Schneetreiben oder ganz dichtem Nebel die Entfernung in
welcher die Zeichen gesehen werden konnten, sich verminderte, liegt in der Natur der
Sache, immer aber war diese Entfernung bedeutend größer, als unter gleichen
Umständen bei Tag oder zur Erkennung einzelner Lichte.
Die Telegraphen haben den doppelten Zweck, alle auf die Bewegung der Züge Bezug
habenden Nachrichten von Station zu Station fortzupflanzen, dann aber auch den
Zustand der Bahn zu bezeichnen, um danach die Bewegung der Züge regeln zu können.
— Die erstgedachten Zeichen werden bei Tag durch gewisse Formen gegeben,
welche sich durch
Stellung der Telegraphenarme normal gegen einander bilden lassen, die letzteren
durch die relative Stellung eines Signalkorbs am Mast des Telegraphen.
Der wesentliche Vortheil der Treutler'schen Telegraphen
ist nun, daß beide Arten von Signalen eben so vollständig im Finstern, als bei Tag
gegeben werden können.
Die erstgedachte Art der Signale kann genau durch dieselben Formen und bei gleicher
Bedeutung durch die erleuchteten Telegraphenarme gegeben werden; dadurch vereinfacht
sich der Telegraphendienst ungemein. — Wärter, Locomotivführer und selbst die
Anwohner der Bahn lernen die Zeichen leichter unterscheiden, und die Chance einer
möglichen Verwechslung vermindert sich um die Hälfte. Die Sicherheit gewinnt aber
besonders dadurch, daß alle auf die Circulation Bezug habenden Signale nicht durch
gewisse, von atmosphärischen Einwirkungen dem Wechsel ausgesetzten Farben und eben
so wenig durch eine relative Stellung einzelner Lichte, welche nur zu leicht
Verwechselungen zulassen, sondern durch in sich abgeschlossene Figuren gegeben
werden.
Darum sind aber keineswegs die farbigen Signale bei diesem System ausgeschlossen,
dieselben sind vielmehr auf eine sinnreiche Weise in Anwendung gebracht, um den
Zustand der Bahn anzudeuten, da diese Signale, welche bei Tag durch die höhere oder
niedrige Stellung des Korbs am Telegraphenmast gegeben werden, sich im Finstern in
gleicher Art nicht wiedergeben lassen. Die Einrichtung ist daher einfach die daß, je
nachdem die Signale für die Circulation entweder im weißen, rothen oder grünen
Lichte erscheinen, die Bahn resp. mit der vollen, oder einer ermäßigten
Geschwindigkeit befahren werden kann, oder die Züge halten müssen. — Da ein
Zustand der Bahn, welcher ein langsames Fahren oder das Anhalten des Zugs bedingt,
immer nur local ist, das betreffende Zeichen daher nicht durchläuft, so kommt es
einerseits gar nicht darauf an, ob der nächste Wärter die Farbe genau unterscheiden
kann, während der sich nähernde Locomotivführer sie immer frühzeitig genug erkennt,
um die Bewegung des Zugs danach zu regeln.
Ein solcher Zustand der Bahn wechselt aber nicht plötzlich; der Wärter kann daher
gleich beim Anzünden seiner Laternen die entsprechende Farbe geben, welche bei der
folgenden Signalisirung die Arme annehmen. — Consequent hierin werden z. B.
alle Telegraphenzeichen vor den Bahnhofseinfahrten, oder den Haltestellen im grünen
Lichte gegeben, da die Züge hier zum Stillstand gebracht werden müssen. Es wird dabei ein in
dunklen Nächten leicht mögliches Zuweitfahren auf den Bahnhöfen, oder Ueberfahren
einer Haltestelle verhütet.
Alle diese Vortheile sind in der Praxis vollständig erreicht, und es ist wohl
anzunehmen daß, bei selbstredend richtiger Bedienung der Telegraphen, im Finstern
mit derselben Sicherheit als bei Tage gefahren werden kann. Daß diese Telegraphen in
der ersten Anschaffung etwas theurer sind als die gewöhnlichen, und daß wegen
Anwendung stärkerer Lampen ein größerer Oelverbrauch stattfindet als bei der
gewöhnlicher Laternen, ist nicht in Abrede zu stellen, jedoch dürfte die größere
Vollständigkeit der Signalisirung und die daraus folgende größere Sicherheit und
Schnelligkeit der Beförderung damit nicht zu theuer erkauft seyn.“