Titel: Ueber die Elementar-Zusammensetzung der verschiedenen Holzarten und den jährlichen Ertrag einer Hektare Waldungen; von Eug. Chevandier.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. XXXV., S. 142
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XXXV. Ueber die Elementar-Zusammensetzung der verschiedenen Holzarten und den jährlichen Ertrag einer Hektare Waldungen; von Eug. Chevandier. Aus den Comptes rendus, Dec. 1845, No. 23. Chevandier, über die Elementar-Zusammensetzung der verschiedenen Holzarten. Hr. Chevandier übergab der (franz.) Akademie der Wissenschaften schon zwei Abhandlungen über die Zusammensetzung der verschiedenen Holzarten und den jährlichen Ertrag der Waldungen unter verschiedenen UmständenPolytechn. Journal Bd. XCI S. 372 und Bd. XCV S. 367.; in der vorliegenden macht er uns mit den Verfahrungsweisen bekannt, durch welche sie erhalten wurden. Diese drei Abhandlungen zeichnen sich durch die wissenschaftliche Genauigkeit aus, womit der Verf. seinen Gegenstand behandelt hat. Da Hr. Chevandier das auf einer Fläche von 4000 Hektaren gefällte Holz zu seinen Untersuchungen benutzen und das Schlagen, Messen und Wägen desselben selbst dirigiren konnte, so war er in Stand gesetzt Resultate zu erhalten, deren die Forstwissenschaft bisher ermangelte und die ihm bei den Berechnungen, welche er über die wichtigsten Fragen der Forsterträgnisse anzustellen beabsichtigt, als Basis dienen werden. Durch eine zweckmäßige Abtheilung der Producte nach den Holzarten, den Dimensionen der Theile, der Natur des Bodens und dem Alter der Bäume konnte er den Einfluß dieser verschiedenen Umstände auf das Gewicht des Sters trockenen Holzes und auf dessen chemische Zusammensetzung bestimmen. Das von ihm befolgte Verfahren, den Gewichtsverlust des Holzes durch das Austrocknen zu ermitteln, indem er drei Scheitchen (buchettes) von verschiedener Größe aus jedem Ster auswählte und trocknete, dann auch die Sägespäne eines Querschnittes derselben Scheitchen trocknete, wurde schon in dem Berichte über seine erste Abhandlung mitgetheilt. Dasselbe Verfahren wurde auch bei aus Reisbündeln jeder Holzart genommenen Stücken befolgt. Dieses Verfahren mußte der Wahrheit sehr nahe kommende Resultate geben, und namentlich bieten die aus mehreren Sters derselben Holzart gezogenen Mittelzahlen sicherlich alle wünschbare Genauigkeit dar. Die chemische Analyse, mit den gut vermengten Sägespänen aller dieser Holzproben angestellt, ergab die mittlere Zusammensetzung dieser Hölzer, von der Mitte des größten Stammholzes an bis zur Rinde, und diese inbegriffen. Diese Versuche, welche so viel Arbeit und Aufmerksamkeit erheischten, wurden mit 650 Sters verschiedener Holzarten wiederholt, und zwar mit der Steineiche (E. mit sitzenden Früchten), Stieleiche, Rothbuche, Weißbuche, Birke, Erle, Zitterespe, Weide, Tanne und Fichte; die zahlreichsten bezogen sich auf die Eichen, die Rothbuche, Birke, Tanne und Fichte, also die im nördlichen Frankreich wichtigsten Forstspecies. Diese Bäume waren auf drei geognostisch verschiedenen Böden gewachsen, dem Vogesensandstein, bunten Sandstein und Muschelkalk; diese drei Ursprungsplätze, so wie die trockene oder feuchte Beschaffenheit des Bodens und dessen Lage wurden sorgfältig aufgezeichnet und die Hölzer, womit diese Versuche angestellt wurden, nach diesen Eintheilungsgründen geordnet. Aus den zahlreichen Tabellen, welche die Resultate der Versuche enthalten, geht hervor, daß zwei sehr verschiedene Einflüsse das Gewicht des Sters trockenen Holzes bestimmen, die wirkliche Dichtigkeit des Holzes und die Gestalt der Stücke (Scheiter), welche das Maaß ausfüllen sollen. Um den ersten dieser Umstände zu ermitteln, müssen die verschiedenen Holzarten in möglichst gleichen Proben, auf welche die Gestalt der Stücke den wenigsten Einfluß hat, mit einander verglichen werden; solche sind die Stammhölzer von gespaltenen alten Baumstämmen. Diese Hölzer reihen sich nach ihrem Gewichte wie folgt: Rothbuche, Steineiche, Weißbuche, Stieleiche, Birke, Erle, Tanne, Fichte, welche Ordnung mit der Dichtigkeit des ausgewachsenen Holzes in Verhältniß zu stehen scheint. Vergleicht man das Knüppelholz im allgemeinen gerader und glatter junger Stämme mit einander, so findet man beinahe durchaus, daß der Ster solchen Holzes weniger wiegt als das Stammholz derselben Art; die Ordnung aber, in welcher sich diese Arten reihen, ist nicht mehr dieselbe, was von der Regelmäßigkeit dieser Stämme, ihrer mehr oder weniger guten Aufschichtung, und von den Verschiedenheiten, welche die Aufeinanderfolge der Vegetationsprocesse in der Dichtigkeit des Holzes hervorbringt, abhängen muß. Bei diesem jungen Holze ist die Reihenfolge der nach dem Gewichte des Sters trokenen Holzes geordneten Species: Birke, Eiche, Rothbuche, Weißbuche, Tanne, Erle, Fichte. Vergleicht man endlich die Gewichte der Sters Knüppelholz von Zweigen mit einander, so wird der Einfluß des Verfahrens beim Messen und der mehr oder weniger großen Unregelmäßigkeit der angewandten Stücke augenfälliger. Nicht nur der Ster Zweigholz wiegt immer viel weniger als das Knüppelholz von jungen Stämmen, sondern die relativen Gewichte der verschiedenen Species sind auch nicht mehr dieselben; sie ordnen sich wie folgt: Rothbuche, Weißbuche, Tanne, Fichte, Eiche und Birke. Der Einfluß der Regelmäßigkeit der Zweige auf die Ausfüllung des Maaßes ist hier augenscheinlich; aber auch außerdem ist bei Vergleichung des Stammholzes und Zweigholzes 50 bis 150 Jahre alter Bäume, mit dem Holz junger, 25 bis 40 Jahre alter Stämme, noch eine wichtige Bemerkung hinsichtlich ihrer Anwendung als Brennmaterial zu machen. Bei den Laubhölzern, Eichen, Roth- und Weißbuche, Birke und Erle gibt ohne Ausnahme das Stammholz den schwersten Ster; dann folgt das Holz der jungen Stämme, dann das der Zweige. Bei den Nadelhölzern, der Tanne und Fichte hingegen wiegt der Ster Stammholz von alten Bäumen weniger als das Knüppelholz junger Stämme und selbst der Zweigknüppel, und da diese Vergleichung zwischen den Stergewichten mit vollkommen trockenem Holze angestellt wurde, so kann dieser Umstand nur der Gegenwart bei der Temperatur der Trockenkammer nicht flüchtiger Materien im jungen Holze, welche im alten Holze verschwanden, zugeschrieben werden. Das in den jungen Stämmen, Zweigen und äußern Schichten der ältern Stämme der Coniferen so reichlich vorhandene Harz scheint die Ursache dieser Verschiedenheit zu seyn. In dieser Hinsicht erleiden demnach die Laub- und Nadelhölzer, wenn sie älter werden, umgekehrte Veränderungen; bei den erstern verstopfen sich die Holzfasern und werden schwerer, bei den andern entleeren sie sich mehr oder weniger von den darin enthaltenen Substanzen und werden leichter. Daraus folgt, daß als Brennmaterial das Holz alter Laubholzstämme bei gleichem Volum mehr Stoff liefert als die jungen Stämme; hingegen bei harzigem Holz die noch jungen Stämme von 25 bis 40 Jahren mehr Brennstoff enthalten als die Stämme alter Bäume. Die Laubhölzer, Eiche, Rothbuche und Birke anbelangend, reihen sich die mittlern Gewichte des trockenen Sters in folgender Ordnung: Stammholz; Knüppel junger Stämmchen; Zweigknüppel. Bei harzigen Bäumen ordnen sie sich beinahe umgekehrt: Knüppel junger Stämmchen; Zweigknüppel; Stammholz. Diesen Untersuchungeu über das relative Gewicht eines Sters verschiedener Holzarten in vollkommen trockenem Zustande schließt sich eine eben so umfassende Arbeit über die Elementar-Analyse dieser verschiedenen Holzarten an, wonach Hr. Chevandier die Quantität Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff berechnen konnte, welche im Mittel in einem Ster der verschiedenen Species und Qualitäten der von ihm untersuchten Holzarten enthalten sind. Das Holz derselben Species, welches in verschiedenen Böden gewachsen ist, zeigt nur sehr geringe Verschiedenheiten in der Zusammensetzung, besonders wenn man Proben von demselben Alter vergleicht, und diese Verschiedenheit scheint vernachlässigt oder in einigen Fällen auch erklärt werden zu können, namentlich bei der Birke, wo sie deutlicher hervortritt, nämlich durch die stärkere Entwickelung der Rinde in dem einen als dem andern Fall. Auch findet man ebenfalls sehr geringe, doch wie es scheint, constantere Verschiedenheiten, wenn man Proben verschiedener Theile von Bäumen derselben Species vergleicht; so ist stets mehr Kohlenstoff und weniger Sauerstoff in dem Holz der Zweige als im Stammholz oder Knüppelholz junger Stämme, welche dagegen fast ganz gleiche Zusammensetzung haben. Die größten und constantesten Verschiedenheiten zeigen sich endlich unter den Hölzern von verschiedenen Species, sowohl wenn man die Analysen analoger und in demselben Boden gewachsener Proben, als wenn man die Mittelzahlen aller derselben Species angehörigen Proben vergleicht; die Unterschiede erreichen unter den Species, deren Zusammensetzung am meisten von einander abweicht, 2 Proc. des Kohlenstoff- und des Sauerstoff-Gehalts; so enthalten Weiß- und Rothbuche ungefähr 49,50 Kohlenstoff, Tanne und Fichte 51,50. Zwischen diesen beiden Extremen befinden sich die Eiche, die Espe und die Birke. Aus dem Gehalte an diesen Elementen berechnete der Verf. die Heizkraft jeder Holzart; aus dem Resultate der Analysen und dem Gewichte des im Ster jeder Holzsorte enthaltenen trokenen Holzes läßt sich auch die Heizkraft eines Ster Holzes jeder Species und jeder Sorte berechnen. Auf diese Weise erhält man eine letzte Tabelle, in welcher die Hölzer nach der Heizkraft geordnet sind, welche sich aus ihrer Zusammensetzung, ihrem Gewicht und der Art, wie sie das Maaß mehr oder weniger gut ausfüllen, ergibt. Die oberste Stelle dieser Tabelle nimmt das Stammholz der Steineiche (Quercus sessiliflora) ein. Diesem nähern sich sehr das Stammholz der Rothbuche, der Weißbuche, Stieleiche und Birke, und setzt man das erste = 1, so sind die andern zwischen 1 und 0,94 begriffen. Die harzigen Holzarten hingegen, und namentlich das Stammholz derselben, nehmen die letzten Plätze ein, denn ihre Heizkraft entspricht den Zahlen 0,76 bis 0,70. Diese Scale, welche nach sehr zahlreichen und mit aller möglichen Genauigkeit angestellten Versuchen hergestellt wurde, kann beim Schlagen der verschiedenen Waldungen zur Berechnung des Werthes der Rohproducte als Brennmaterial von großem Nutzen werden; sie zeigt, daß einem Ster Holz bei verschiedenen Holzarten und verschiedenen Sorten ein sehr verschiedener Werth beizulegen ist, und wenn diese Werthbestimmungen mit den gewöhnlich angenommenen Werthen in einigen Fällen auch in Einklang stehen, so geben sie in andern Fällen wieder Resultate, deren man sich nicht versehen hätte und welche auf das Verfahren des Holzschlagens von großem Einflusse seyn können. Hr. Chevandier hat bereits in früher der Akademie übergebenen Abhandlungen, auf die in der vorliegenden enthaltenen Untersuchungen fußend, die Anwendung dieser Ziffern auf die Production mehrerer Buchenwälder in den Vogesen und auf das Studium des Einflusses des Wassers auf die Vegetation der Wälder vorgelegtPolytechn. Journal Bd. XCIII S. 465.; auf die Vergleichung der Production der Wälder anderer Holzarten und ihrer verschiedenen Bewirthschaftung angewandt, werden die Resultate nicht minder wichtig seyn, und wir hoffen, daß die Forstwissenschaft in dieser Hinsicht bald durch genaue Berechnungen aufgehellt werden wird. Dieser Gegenstand verdient alle Beachtung vorzüglich zu einer Zeit, wo der Einfluß der Lichtung der Wälder auf den Lauf der Wässer und die Fruchtbarkeit des Bodens mit Recht ernstliches Bedenken erregt und jedermann den Nutzen anerkennt, welchen die frische Beholzung der Gebirgsgegenden bringen würde. Bald wird man auch den Vortheil einsehen, den es brächte, die Production des vegetabilischen Brennmaterials durch Benutzung der weiten, öden Strecken, welche eine nur zu große Fläche des französischen Bodens bedecken, zu diesem Zwecke zu vermehren. Um aber den möglichst großen Nutzen aus diesen Holzschöpfungen zu ziehen, müßte das Product jeder Holzart und jeder Art der Bewirthschaftung genau und vergleichend berechnet werden können, und die Versuche, über welche wir so eben Bericht erstatteten, lassen eine viel genauere Berechnung dieses Products zu, als die bisher allein übliche nach dem bloßen Volum. Das Verdienst des Hrn. Chevandier, die Schärfe der physikalischen und chemischen Wissenschaften auf einen Gegenstand übertragen zu haben, welcher derselben kaum fähig zu seyn schien, verdient die entschiedenste Anerkennung. Ad. Brongniart.