Titel: Ueber die Wiedergewinnung des Silbers und des Goldes aus Cyankalium-Lösungen, welche zum Versilbern und Vergolden auf galvanische Weise längere Zeit hindurch angewandt worden sind; von Dr. L. Elsner.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXXVI., S. 302
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LXXVI. Ueber die Wiedergewinnung des Silbers und des Goldes aus Cyankalium-Lösungen, welche zum Versilbern und Vergolden auf galvanische Weise längere Zeit hindurch angewandt worden sind; von Dr. L. Elsner. Aus dem Berliner Gewerbe-, Industrie- und Handelsblatt, 1846 Nr. 10. Elsner, über die Wiedergewinnung des Silbers und des Goldes aus Cyankalium-Lösungen. Ich habe eine Reihe von Versuchen über den in Rede stehenden Gegenstand angestellt, deren Resultate ich hiemit zur Oeffentlichkeit zu bringen nicht unterlassen will; bevor ich jedoch dieses thue, finde ich es für angemessen, die Resultate derjenigen Versuche vorangehen zu lassen, auf welche die weiter unten anzugebende Methode, einer Ausscheidung des Silbers sowohl wie des Goldes aus cyankaliumhaltigen Lösungen, sich basiren. 1) Wird eine reine Cyankalium-Silberlösung mit Salzsäure so lange versetzt, bis die Flüssigkeit auf blaues Lackmuspapier röthend reagirt, so entsteht ein weißer Niederschlag, er ist Chlorsilber (salzsaures Silber, Hornsilber); dann getrocknet, schmilzt derselbe zu einer gelben Masse; wäre er Cyansilber, so würde sich beim Rothglühen desselben regulinisches Silber ausscheiden. Durch die Salzsäure wird alles in der Lösung vorhandene Silber als Chlorsilber niedergeschlagen. 2) Wird eine Cyankaliumsilberlösung zur Trockniß eingedampft und der Rückstand so lange rothglühend erhitzt, bis die Masse ruhig fließt, wobei sie eine braune Farbe annimmt, so bleibt beim Auslaugen der erkalteten Masse mit Wasser poröses, pulveriges, metallisches Silber zurück; die von demselben abfiltrirte Flüssigkeit enthält noch etwas Silber aufgelöst, denn Salzsäure erzeugt in derselben noch einen Niederschlag von Chlorsilber (beim Glühen eines Cyankalium-Goldsalzes findet ganz dasselbe statt), denn es bleibt zwar metallisches Gold zurück, aber in der, mit Salzsäure angesäuerten Auslaugeflüssigkeit gibt Schwefelwasserstoff noch einen braunen Niederschlag (Schwefelgold) und Zinnsalz einen violetten (Purpur des Cassius); diese Flüssigkeit enthält demnach auch noch etwas Gold aufgelöst. 3) Wird fein zertheiltes metallisches Silber, z. B. Blattsilber oder durch Zink aus Silberlösungen gefälltes, poröses Silber mit einer ziemlich concentrirten Lösung von Cyankalium bei gewöhnlicher Temperatur einige Zeit unter öfterem Umschütteln hingestellt, so enthält die Flüssigkeit Silber aufgelöst, denn in ihr entsteht durch Salzsäure ein starker Niederschlag von Chlorsilber. Diese Erfahrung erklärt, daß in den Auslauge-Flüssigkeiten der geglühten Cyankalium-Gold- und Silber-Verbindungen sich Gold sowohl wie Silber noch nachweisen läßt, denn die Auslauge-Flüssigkeiten enthalten noch Cyankalium, und daß auch Gold von Cyankalium-Lösungen aufgelöst wird, ist eine schon lange bekannte Thatsache. 4) Wird eine Cyankaliumkupfercyanürlösung mit Salzsäure oder mit englischer Schwefelsäure so lange versetzt, bis daß die Flüssigkeit sauer reagirt, so entsteht ein röthlichweißer Niederschlag; dieser ist wasserfreies Cyankupfer (Kupfercyanür) — denn wird derselbe gut ausgesüßt, mit Kalilauge gekocht, so sondert sich hochrothes Kupferoxydul ab, und in der abfiltrirten alkalischen Flüssigkeit, wenn sie mit Eisenvitriollösung versetzt wird, entsteht ein schmutzig blauer Niederschlag; kohlensaure Natronlösung verhält sich ganz ähnlich, auch in ihr gibt Eisenvitriol einen schmutzig blauen Niederschlag. Wird der röthlichweiße Niederschlag in reiner Salpetersäure gelöst, so erzeugt die salpetersaure Silberlösung in der sauren Flüssigkeit einen starken weißen Niederschlag; wird dieser getrocknet und geglüht, so reducirt sich beim Glühen metallisches Silber; der Niederschlag ist demnach Cyansilber. Der röthlichweiße Niederschlag ist löslich in einem Ueberschuß von Salzsäure, Salpetersäure und Königswasser, er ist ferner löslich in Aetzammoniak und in Cyankalium-Lösung. 5) Wird eine reine Cyankalium-Goldlösung mit Salzsäure angesäuert, so fällt bei gewöhnlicher Temperatur langsam, beim Erwärmen sogleich ein gelber Niederschlag nieder, er ist Goldcyanür; die von dem ausgeschiedenen Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit enthält noch etwas Gold aufgelöst. — Wird dieselbe zur Trockniß eingedampft, stark geglüht und wieder mit Wasser ausgelaugt, so bleibt das noch aufgelöst gewesene Gold zurück. Ist eine Cyankaliumsilber-Lösung längere Zeit hindurch zur galvanischen Versilberung von Gegenständen aus Bronze und Messing gefertigt angewandt worden, so ist der durch Salzsäure in derselben entstehende Niederschlag nicht mehr rein weiß, sondern röthlich, von mit niedergefallenem röthlichweißem Kupfercyanür, da bekanntlich in längere Zeit gebrauchten Versilberungsflüssigkeiten auch Kupfer aufgelöst enthalten ist, wenn kupferhaltige Gegenstände damit versilbert worden sind; — ganz dasselbe hat seine Geltung bei Vergoldungs-Lösungen, mit denen längere Zeit hindurch Gegenstände von Silber und Kupfer (Bronze, Messing) vergoldet worden sind, d. h. die Vergoldungsflüssigkeit wird nach längerem Gebrauch außer Gold auch noch Silber und Kupfer enthalten; besonders wird letzter Fall eintreten, wenn kupferhaltige silberne Gegenstände, also aus legirtem Silber gefertigte, mit Vergoldungsflüssigkeit vergoldet worden sind. — In einem solchen Fall wird auch der Niederschlag, von Cyangold durch Salzsäure hervorgebracht, nicht die reine gelbe Farbe des Goldcyanür besitzen; so ist mir beispielsweise der Fall vorgekommen, daß die Farbe eines solchen Cyangoldes statt eine gelbe zu seyn, eine grüne war; es waren nämlich mit der Vergoldungsflüssigkeit auch Gegenstände aus Eisen gefertiget vergoldet worden, und der Niederschlag enthielt außer Goldcyanür auch noch Berlinerblau, wie seine specielle Untersuchung ergab; der grüne Niederschlag wurde nämlich mit Königswasser gekocht, von dem schmutziggrünen Rückstand abfiltrirt, das Filtrat zur Trockniß eingedampft und in etwas Salzsäure und Wasser wieder aufgelöst; in dieser Lösung gab Eisenvitriol einen braunen und Zinnsalz einen röthlichbraunen Niederschlag. Durch die Behandlung mit Königswasser war demnach das Cyangold zersetzt und in Chlorgold umgewandelt worden. Mit Zugrundlegung der so eben aufgeführten Thatsachen lassen sich nun mehrere Methoden angeben, welche bei der Wiedergewinnung des Silbers sowohl wie des Goldes aus längerer Zeit schon gebrauchten Cyankalium-Lösungen in Anwendung gebracht werden können. Man kann dabei auf eine doppelte Weise verfahren; die Ausscheidung der genannten Metalle kann nämlich entweder auf dem sogenannten nassen Wege oder auf dem trocknen Wege stattfinden. I. Wiedergewinnung des Silbers. A. Ausscheidung des Silbers aus Cyankalium-Silberlösungen, auf nassem Wege. Man versetzt eine solche Flüssigkeit mit Salzsäure so lange bis blaues Lackmuspapier stark geröthet wird; der dabei entstehende Niederschlag (Chlorsilber) wird, wie oben schon bemerkt, sehr wahrscheinlich eine röthlichweiße Farbe haben, wegen mit niedergefallenem Kupfercyanür, wenn die Flüssigkeit längere Zeit zur Versilberung von kupferhaltigen Gegenständen gedient hatte. Bei der Fällung mit Salzsäure wird sich Blausäure entwickeln, daher diese Operation entweder in einem sehr guten Zug habenden Local, oder noch besser im Freien vorgenommen werden muß. Sollte der Niederschlag ziemlich stark röthlich gefärbt seyn, so muß derselbe mit Salzsäure in der Wärme behandelt werden, welche das Cyankupfer auflösen wird. Das mit Wasser ausgewaschene Chlorsilber wird nun getrocknet und in einem hessischen, inwendig mit Borax glasirten Tiegel mit Potasche auf bekannte Weise geschmolzen und hiedurch metallisches Silber erhalten. — Diese Methode ist in der That sehr einfach in ihrer Ausführung und zugleich sehr ökonomisch, da durch Salzsäure alles in der Cyankalium-Lösung vorhanden gewesene Silber niedergeschlagen wird und keine Spur mehr davon in der Flüssigkeit zurückbleibt. — Nur die bedeutende Menge entweichender Blausäure, bei Bearbeitung großer Qantitäten silberhaltiger Flüssigkeit, ist dabei ein Uebelstand, der wohl in Betracht zu ziehen, daher besonders darauf zu achten ist, daß die Dämpfe der genannten giftigen Säure sofort und gefahrlos für den Arbeiter entweichen können; wird darauf die nöthige Umsicht und Sorgfalt verwandt, so ist in der That diese Methode als sehr praktisch zu empfehlen. Auch ist zu empfehlen die Füllung in geräumigen Gefäßen vorzunehmen, weil bei dem Zusatz die Flüssigkeit gewöhnlich unter Aufschäumen bedeutend steigt. Wie mir Hr. Philipp sagte, bedient sich derselbe schon längere Zeit gleichfalls dieses Verfahrens zur Wiedergewinnung des Silbers sowohl wie des Goldes, wie ich unten noch angeben werde. B. Ausscheidung des Silbers auf trockenem Wege. Die silberhaltige Cyankalium-Flüssigkeit wird zur Trockniß eingedampft, der Rückstand rothglühend geschmolzen und die erkaltete Masse mit Wasser ausgelaugt; es bleibt hiebei poröses, metallisches Silber zurück; in der Auslaugeflüssigkeit ist noch etwas Silber enthalten und es kann dasselbe mittelst Salzsäure daraus niedergeschlagen werden. II. Wiedergewinnung des Goldes. A. Ausscheidung des Goldes aus Cyankalium-Goldlösungen auf nassem Wege. Eine Cyankalium-Goldlösung, welche längere Zeit hindurch zur Vergoldung von mit Kupfer legirten silbernen Gegenständen gedient hat, wird wie oben schon bemerkt, außer Gold, auch noch Silber, Kupfer (ja mitunter Eisen) enthalten. — Um die genannten Metalle wieder zu gewinnen kann nun folgender Weg eingeschlagen werden: die Flüssigkeit wird, wie bei den Silberlösungen, mit Salzsäure angesäuert, wobei wie gleichfalls oben schon bemerkt, wegen der sich entwickelnden Blausäure, für einen guten Zug gesorgt seyn muß; — es entsteht durch den Zusatz der Salzsäure ein Niederschlag, dieser kann nach den oben aufgestellten Voraussetzungen bestehen aus Cyangold, Cyankupfer und Chlorsilber. — Der ausgesüßte und getrocknete Niederschlag wird mit Königswasser ausgekocht, welches Gold und Kupfer als Chlormetalle auflöst, Chlorsilber dagegen ungelöst hinterläßt. Die gold- und kupferhaltige Lösung muß zur Entfernung der überflüssigen Säure fast bis zur Trockniß eingedampft werden, hierauf wird der Rückstand mit verhältnißmäßig wenig Wasser verdünnt und durch Eisenvitriol-Lösung das Gold als braunes Pulver niedergeschlagen. Aus dem Chlorsilber wird auf schon bekannte Weise das metallische Silber wieder gewonnen. In der Flüssigkeit, aus welcher durch Salzsäure die genannten Metallverbindungen niedergeschlagen worden sind, kann noch etwas Gold enthalten seyn, ich verweise deßhalb auf den Versuch Nr. 5 im Eingang S. 303. Auch dieses Verfahren zeichnet sich durch seine große Einfachheit in der Ausführung aus und von ihm gilt ganz dasselbe, was oben über das Verfahren der Ausscheidung des Silbers auf nassem Wege schon gesagt wurde. Auch dieser Methode bedient sich Hr. Philipp schon seit längerer Zeit und er hat dieselbe für die Praxis sehr geeignet gefunden, wie derselbe sagte, als ich mit ihm über das gesammte Verfahren sprach. B. Ausscheidung des Goldes aus Cyankalium-Goldlösungen aus trocknen; Wege. Die gold-, silber- und kupferhaltige Cyankalium-Lösung wird zur Trockniß eingedampft, der Rückstand rothglühend geschmolzen und mit Wasser ausgelaugt (die Auslaugeflüssigkeiten werden noch etwas Gold und Silber enthalten, und dieser Fall wird um so mehr eintreten, wenn die Cyankaliumgold- und Silberlösungen noch viel überschüssiges Cyankalium enthalten) — der beim Auslaugen gebliebene Rückstand wird aus porösem metallischem Gold und Silber und aus Kohlenstoffkupfer (durch Zersetzung beim Glühen des Cyankupfers entstanden) bestehen. Dieser metallische Rückstand wird mit Königswasser in der Wärme behandelt, wobei ungelöst bleibendes Chlorsilber sich bildet und Gold und Kupfer als Chlormetalle sich auflösen. Die Wiedergewinnung des Silbers und Goldes im regulinischem Zustande geschieht, wie oben schon angegeben wurde. — Wird nach der Angabe des Hrn. Prof. Böttger hiebei verfahren, d. h. wird der trockne Rückstand mit einem gleichen Volumen Bleiglätte in einem bedeckten Schmelztiegel geschmolzen, so wird unter obigen Voraussetzungen der erhaltene Regulus aus Gold, Silber und Blei bestehen. — Bei der Behandlung dieser Legirung mit reiner Salpetersäure von 1, 2 spec. Gewicht in der Wärme, wird das Gold als brannes Pulver zurückbleiben, dagegen Blei und Silber sich in der Säure lösen. — Aus dieser mit destillirtem oder Regenwasser verdünnten Lösung muß alsdann das Silber vom Blei durch Fällung mittelst Salzsäure getrennt werden. Die Methode der Ausscheidung des Silbers sowohl wie des Goldes, aus cyankaliumhaltigen Flüssigkeiten auf trockenem Wege, haben in der That das Vortheilhafte daß der Arbeiter bei der Operation durch keine sich dabei entwickelnde Blausäure möglicherweise gefährdet wird (da hiebei eine solche Entwickelung gar nicht stattfindet), wie dieses der Fall seyn kann bei der Methode der Ausscheidung der genannten Metalle auf nassem Wege. Durch die in diesen Mittheilungen niedergelegten Erfahrungen wird es nun jedem, der sich für diesen Gegenstand interessirt, leicht seyn, diejenige Methode für die Anwendung zu wählen, welche ihm gerade am angemessensten erscheint!