Titel: | Ueber die Auflöslichkeit des Bleioxyds in reinem Wasser; von Ph. Yorke. |
Fundstelle: | Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXXVII., S. 308 |
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LXXVII.
Ueber die Auflöslichkeit des Bleioxyds in reinem
Wasser; von Ph.
Yorke.
Aus dem Philosophical Magazine, Januar 1846, S.
17.
Yorke, über die Auflöslichkeit des Bleioxyds in reinem
Wasser.
Im J. 1834 veröffentlichte ich eine Abhandlung über die Wirkung des Wassers und der
Luft auf Blei; die wesentlichen Ergebnisse meiner Versuche wurden von Bonsdorff bestätigt, welcher fand, daß 7000 Theile reines
Wasser, zu welchem keine Kohlensäure gelangen kann, 1 Theil Blei auflösen; meine
Versuche ergaben 1/12,000 bis 1/10,000 Seitdem erschienen von Christison und R. Phillips Abhandlungen über
diesen Gegenstand. Letzterer nimmt an, daß das Bleioxyd nicht aufgelöst, sondern
bloß mechanisch im Wasser suspendirt ist, weil die Flüssigkeit beim Filtriren durch
Papier ihren Bleigehalt verliert. Ueber diese Ansicht will ich nun meine Bemerkungen
folgen lassen.
Die Thatsache, daß die wässerige Auflösung des Bleioxyds nicht durch ein Filter geht,
hatte ich schon in meiner Abhandlung angeführt; da aber die Reagentien auf die
Flüssigkeit gerade so wie auf Bleiauflösungen wirkten und kein Unterschied in diesen
Erscheinungen stattfand, wie lange Zeit man sie auch zum Absetzen stehen lassen
mochte; da die Flüssigkeit Krystalle von Bleioxyd nicht nur auf Blei, sondern auch auf anderen
Körpern absetzte, so glaubte ich annehmen zu dürfen, daß die Zurückhaltung von
Bleioxyd durch das Filter keineswegs beweise, daß es nicht aufgelöst ist. Nun bleibt
aber noch die Frage zu beantworten, auf welche Art hält das Papier jenes Oxyd
zurück? Folgende Versuche klären diese Thatsache auf.
Ich brachte einige reine Bleistäbchen in lose verpfropfte Flaschen mit destillirtem
Wasser; nach dem Herausnehmen der Bleistäbchen hatte ich eine klare Flüssigkeit,
welche sich durch Schwefelwasserstoff dunkelbraun färbte. Nachdem man diese
Flüssigkeit durch ein doppeltes Filter passirt hatte, welches zuvor mit heißem
destillirtem Wasser ausgewaschen wurde, war ihr das Blei fast gänzlich entzogen;
nachdem zwei bis drei Unzen hindurchgegangen waren, wurden die Filter beseitigt,
ausgewaschen, dann in eine Auflösung von Schwefelwasserstoff getaucht, wieder
ausgewaschen und getrocknet. Man brachte dann einige ausgerissene Stückchen der
Filter in canadischem Balsam unter Mikroskope, welche 150 bis 400mal vergrößerten;
dabei sah man die Flachsfasern, woraus das Papier bestand, gebräunt und in vielen
Fällen konnte mand eutlich beobachten, daß sich der Farbstoff im Innern der
röhrenförmigen Faser befand. Bekanntlich vermag die Baumwolle das Bleioxyd aus
seiner Auflösung in Kalkwasser anzuziehen, und diese Eigenschaft benützt man auch
beim Gelbfärben derselben mit chromsaurem Blei. Ich fand daß, wenn man eine
Auflösung von Bleioxyd in Kalkwasser durch ein dreifaches Filter filtrirt, die
hindurchgegangene Flüssigkeit durch Schwefelwasserstoff nur noch blaßbraun gefärbt
wird, während sie ursprünglich durch denselben tief schwarz wurde. Die unfiltrirte
Flüssigkeit mußte mit ihrem dreißigfachen Volum Wasser verdünnt werden, um dieselbe
Reaction hervorzubringen wie die filtrirte. Ich versuchte dann, welchen Erfolg das
bloße Eintauchen des Papiers in die vorher angewandten wässerigen Auflösungen hat.
Ein Stückchen Filtrir-Papier, 10″ lang und 2″ breit, wurde in
destillirtem Wasser ausgekocht und dann in ein mit der wässerigen Auflösung
gefülltes Unzenglas gebracht; nach 6stündigem Verweilen wurde die Flüssigkeit
abgegossen und mit Schwefelwasserstoff geprüft; sie wurde blaßbraun und die nicht
mit dem Papier in Berührung gewesene Flüssigkeit mußte mit ihrem zehnfachen Volumen
Wasser verdünnt werden, um dieselbe Färbung hervorzubringen. Aus diesem Versuche ist
klar, daß die fragliche Wirkung auf der Eigenschaft des Papiers beruht, gewisse
Substanzen aus ihren Auflösungen abzuscheiden. Man sollte nun glauben daß, nachdem
die Papierfasern mit dem Bleioxyd gesättigt sind, eine Bleiauflösung hierauf
ungeschwächt durch dieselben filtriren würde; um zu sehen, ob dieß der Fall ist,
stellte ich folgende Versuche an.
Ich bereitete eine starke wässerige Auflösung von Bleioxyd durch Eintauchen von
Streifen reinen Bleies in beiläufig 3 Quart destillirten Wassers, das in einer
zweihalsigen Flasche enthalten war, durch welche ich Sauerstoffgas leitete; die so
entstandene Auflösung lieferte, wenn sie ganz klar war, ein 1/7500, geglühtes
Bleioxyd. Es wurde nun ein Papierfilter von höchstens 1/200 Zoll Dicke und 4 Zoll
Durchmesser hergerichtet und ausgewaschen; indem ich dann in einen der zwei Hälse
der Flasche einen Heber mit gleichen Schenkeln einpaßte, so daß Gay-Lussac's Apparat zum Auswaschen der Filter
entstand (mit dem Unterschied jedoch, daß ich eine Vorrichtung anwandte, um die der
Flasche zugeführte Luft nicht durch die Auflösung streichen lassen zu müssen), war
ich im Stande, das Filtriren ziemlich regelmäßig viele Stunden fortgehen zu lassen.
Die erste Portion Flüssigkeit, welche hindurchging, wurde durch Schwefelwasserstoff
blaßbraun gefärbt; nachdem 9 Unzenmaaße hindurchgegangen waren, lieferte die
Flüssigkeit dieselbe Färbung wie anfangs und es wurde eine Portion derselben (a) zur künftigen Vergleichung aufbewahrt. Nachdem 40
Unzenmaaße hindurchgegangen waren, färbte sich die Flüssigkeit, welche ganz klar
war, durch Schwefelwasserstoff viel dunkler als je zuvor; die Färbung war so
ziemlich gleich derjenigen, welche die unfiltrirte Flüssigkeit nach Verdünnung mit
ihrem gleichen Volumen Wasser lieferte, während sie (nämlich die zuletzt
hindurchfiltrirte Portion) mit ihrem doppelten Volumen Wasser verdünnt werden mußte,
um dieselbe Farbe zu liefern, wie sie die aufbewahrte flltrirte (a) gab.
Die Flüssigkeit ging nun sehr langsam durch das Filter; ich probirte sie wieder,
nachdem 8 Unzenmaaße hindurchgegangen waren, mit demselben Resultate wie zuvor, nur
war die Färbung unbedeutend dunkler.
Dieser Versuch beweist hinreichend, daß das erwartete Verhalten wirklich stattfindet
und daß man sich daher eines Papierfilters nur eine gewisse Zeit lang mit Sicherheit
bedienen kann, um Bleioxyd aus dem Wasser abzusondern.