Titel: Bemerkungen über die praktische Anwendung der Galvanoplastik; von W. De la Rue.
Fundstelle: Band 99, Jahrgang 1846, Nr. LXXXIX., S. 371
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LXXXIX. Bemerkungen über die praktische Anwendung der Galvanoplastik; von W. De la Rue. Aus dem Technologiste, Febr. 1846, S. 212. De la Rue, über die praktische Anwendung der Galvanoplastik. Folgende Bemerkungen sind das Resultat einer sehr großen Anzahl von Versuchen über die praktische Anwendung der galvanoplastischen Verfahrungsarten. Alle diejenigen, welche sich mit der Galvanoplastik beschäftigt haben, wissen daß die metallischen Niederschläge ein sehr verschiedenes Aussehen haben, daß sie nämlich entweder deutlich krystallinisch oder schwach krystallinisch, hämmerbar, sandartig oder schwammig sind; letzteres ist der Fall, wenn die Batterie zu kräftig, und ersteres wenn sie zu schwach im Verhältniß zur Concentration der angewandten Metallauflösung war. Alle diese Niederschläge sind übrigens nur Modificationen von einander; sie sind alle im wesentlichen krystallinisch, und selbst der sogenannte hämmerbare oder mit andern Worten derjenige darunter, welcher die größte Cohäsion besitzt, steht hinsichtlich der Widerstandskraft weit hinter den Metallen zurück, welche man auf gewöhnlichem Wege dargestellt hat. In der Regel muß man suchen diesen hämmerbaren Niederschlag hervorzubringen; bei aller Uebung und Geschicklichkeit bleibt es jedoch sehr schwierig ihn eine gewisse Zeit lang gleichförmig hervorzubringen, weil die Kraft der Batterie, die Temperatur der Luft und folglich das Leitungsvermögen der Flüssigkeiten, woraus der Strom besteht, fortwährend Veränderungen in ihrem Verhältniß zur Concentration des zu zersetzenden Elektrolyts erleiden. Andere Ursachen tragen ebenfalls dazu bei diese Schwierigkeiten zu vergrößern; dieselben werden begreiflicher, wenn man die Wirkung studirt hat, welche die Form der Matrize und die Beschaffenheit ihrer ursprünglichen Oberfläche ausüben. Bekanntlich erschöpfen sich die Auflösungen, woraus man die Metalle vermittelst der galvanischen Elektricität niederschlägt, an der Kathode immer mehr, und werden in dem Grade ärmer an Metallgehalt daß, wenn man diese Kathode an die Oberfläche der Flüssigkeit bringt, alle Wirkung in kurzer Zeit aufhört; da die erschöpfte Flüssigkeit specifisch leichter ist, so kann keine neue Flüssigkeit von selbst an die Oberfläche gelangen und folglich wird die Operation unterbrochen. Diese Erschöpfung des Elektrolyts ist die Hauptursache der Schwierigkeit des Verfahrens. Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man eine Höhlung mit niedergeschlagenem Metall auszufüllen versucht: in dem Maaße als sich die Seitenwände nähern, wird diese Höhlung so eng, daß die Capillarität, welche nun auch intervenirt, sich der Erneuerung der in der Höhlung enthaltenen Flüssigkeit widersetzt, welche sich also bald erschöpft, worauf alle Wirkung aufhört. Dasselbe ist der Fall in den hohlen Theilen der hölzernen Vignetten, wenn man auf galvanischem Wege Copien davon machen will, so daß man genöthigt ist hiebei die zu scharfen Kanten und Winkel derselben so viel als möglich abzurunden. Aus diesen Thatsachen geht hervor, daß die Oberfläche der Form auf den Niederschlag einen Einfluß ausüben muß, weil es keine Oberfläche gibt, welche eine vollkommene Politur darbietet. Je allmählicher die Oberfläche sich an den einzelnen Stellen vertieft und wellenförmig wird, desto mehr Cohäsion hat der Niederschlag. Eine Matrize aus Wachs ist vorzüglich geeignet um Metall darauf niederzuschlagen, während der Abguß, welcher von einer hölzernen Vignette genommen wird, wenn die Legirung nahe daran ist zu erstarren, dazu sehr ungeeignet ist. In demselben sind nämlich alle Poren des Holzes copirt, und er zeigt unter dem Mikroskop eine krystallinische höchst ungleiche Oberfläche. Jede Ungleichheit auf der gemeinschaftlichen Ebene übt einen ungünstigen Einfluß auf den Niederschlag aus, welcher mit der Tiefe zunimmt. So sorgfältig man auch einen galvanischen Niederschlag hervorbringen mag, so beweist die Beobachtung desselben unter dem Mikroskop, daß seine Structur im wesentlichen immer krystallinisch ist. Die dünnsten Schichten haben schon diesen Charakter, und die Krystalle nehmen mit der Dicke dieser Schichten an Dimension zu. Diese Krystalle veranlassen natürlich Ungleichförmigkeiten auf der Oberfläche, welche sich niemals vollkommen ausfüllen, und tragen somit bei eine poröse Structur hervorzubringen. Dazu kommt noch daß die Krystallisation sich seitlich von der Spitze einer Metallgruppe zu den benachbarten fortführt und man begreift, daß sich dann leere Räume bilden müssen, welche nicht ausgefüllt werden können, wenn die Flüssigkeit kein Metall mehr zu liefern vermag. Die mikroskopischen Beobachtungen lassen keinen Zweifel darüber, daß ein auf galvanischem Wege erzeugter metallischer Niederschlag in der That nur ein Gewebe von ineinander verschlungenen, keineswegs aber einander adhärirenden Krystallen ist. Wir können zwar die Stärke der Batterie im Verhältniß zur Concentration des Elektrolyts vermindern, so daß sich unter diesen günstigen Umständen gut ausgebildete große Krystalle erzeugen; wir können ihre Stärke auch erhöhen, und immer schneller Krystalle erzeugen, welche folglich immer kleiner und weniger vollkommen ausfallen müssen, aber am Ende tritt ein Punkt ein, wo, wenn man auch mehr Elektricität überträgt, der Elektrolyt sich nicht mehr schnell genug an der Oberfläche der Kathode erneuern kann und man folglich größere Räume hat, die leer bleiben, das heißt wo man einen sandartigen Niederschlag hervorbringt. Endlich können wir auch die Stärke der Batterie in dem Grade erhöhen, daß das Metall eine schwammartige Structur annimmt, die jedoch stets krystallinisch ist. Um auf die galvanischen Copien zurückzukommen, so lehrt uns das Mikroskop, daß bei einem Holzschnitt jeder Strich in der Mitte einen leeren Raum hat. In der That sind diese Copien hohl und man begreift daher, daß es vortheilhaft ist sie zu verzinnen, nachdem man sie von der Matrize abgenommen hat. Das Zinn dringt in eine Menge Poren ein und verbindet so alle Theile gehörig mit einander. Diese Verzinnung kann mit ein wenig Zinnsalz sehr leicht bewerkstelligt werden, ohne daß man die Structur durch die Feile ändert. Eine sonderbare Eigenschaft der galvanischen Copien besteht darin, daß man sie nicht mit Zinnoberfarbe abdrucken kann, was doch bei den gewöhnlichen gestochenen Kupferplatten der Fall ist; überzieht man eine solche Copie mit Zinnoberfarbe, so wird, nachdem einige Abdrücke gemacht sind, der Zinnober schwarz, und wenn man mit dem Drucken fortfährt, so wird das Kupfer weiß und es schlägt sich so viel Quecksilber auf seine Oberfläche nieder, daß ihr die Farbe nicht mehr anhängt. Ich glaube daß die poröse und offene Structur der galvanischen Copie die einzige Ursache der Zersetzung des Zinnobers ist, und daß die Reinheit des Kupfers dazu nichts beiträgt. Die vorhergehenden Beobachtungen gelten auch für Copien aus Gold, Silber und anderen Metallen, und so schätzbar die Galvanoplastik im allgemeinen seyn mag, so gibt es doch Fälle, wo man sie nicht anwenden sollte, z. B. um ein Metall mit einem andern Metall zu überziehen, falls letzteres den Zweck hat das andere gegen die Einwirkung gewisser Flüssigkeiten zu schützen; wenigstens sollte man in allen Fällen wo es möglich ist, die Vorsichtsmaaßregel anwenden, das schützende Metall zum Theil in Fluß zu bringen. Bijouteriegegenstände, welche man auf galvanischem Wege erzeugt, oder versilbert und vergoldet hat und die der Reibung nur wenig ausgesetzt werden, treffen natürlich obige Einwendungen nicht. Platin und Palladium müssen, wenn man sie je auf galvanischem Wege in Blechform darstellen kann, nachher dem Proceß des Schweißens und Hämmerns unterworfen werden. Man hat vorgeschlagen den Boden der Schiffe auf galvanischem Wege zu verkupfern, aber abgesehen von den beträchtlichen Schwierigkeiten, welche diese Operation im Großen darbieten würde, wäre das Kupfer nach meiner Ansicht zu diesem Zweck zu zerreiblich. Galvanische Copien in Kupfer von gravirten Stahl- oder Kupferplatten sind bekanntlich bei weitem nicht so dauerhaft wie die Originalplatten; sie lassen sich jedoch mit Vortheil anwenden, nur nicht wenn eine große Anzahl von Abdrücken gemacht werden muß. Man hat vor einiger Zeit gefragt, ob es nicht möglich wäre das Innere der Luftpumpen und die Ventilseiten großer Schiffsdampfmaschinen auf galvanoplastischem Wege zu verkupfern; man ersieht aus dem Vorhergehenden, daß dieß eine wenig vortheilhafte Anwendung der neuen Kunst wäre, deren Mängel man niemals aus dem Gesicht verlieren darf, um sie nicht bei Gegenständen zu benützen, wozu sie sich keineswegs eignet.