Titel: Verfahrungsarten zur Gewinnung des Jods und Broms aus der Varech-Soda.
Fundstelle: Band 100, Jahrgang 1846, Nr. XXXIX., S. 190
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XXXIX. Verfahrungsarten zur Gewinnung des Jods und Broms aus der Varech-Soda. Aus dem Journal de Chimie médicale, März 1846, S. 163. Verfahrungsarten zur Gewinnung des Jods und Broms aus der Varech-Soda. I. Verfahren des Hrn. Paquereau zur Gewinnung des Jods. Man gießt in die Mutterlauge, welche man durch Auswaschen der Varech-Soda erhielt, so lange Kupfervitriol, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Alsdann setzt man Eisenschrot (Eisenkörner) zu und rührt anderthalb oder zwei Stunden lang um. Man gießt das überstehende Wasser ab und sammelt den Niederschlag, welchen man mit Aetzkalilauge von 15° Baumé vermischt. Nachdem das Jodkupfer gänzlich zersetzt ist, zieht man die Auflösung ab und bringt sie in gläserne Ballons, um so lange einen Strom Chlorgas hindurch zu leiten, bis sich kein Jod mehr daraus niederschlägt und man bemerkt daß die Oberfläche gelb wird. Dann unterbricht man sogleich den Chlorstrom und sammelt das niedergeschlagene Jod, welches zweimal ausgewaschen, zwischen Löschpapier getrocknet und so in den Handel geliefert wird. Hr. Soubeiran bemerkt zu diesem Verfahren, welches am 8. Dec. 1842 auf fünf Jahre für Frankreich patentirt wurde, folgendes: „Im Jahr 1827 habe ich im Journal de Pharmacie eine Abhandlung mitgetheilt, worin ich die Anwendung des Kupfervitriols und Eisenvitriols zur Behandlung der Mutterlaugen der Varech-Soda empfahl; dieß ist genau der erste Theil des patentirten Verfahrens. Hr. Liebig hat dieses Verfahren verbessert, indem er gleichzeitig den Eisenvitriol und Kupfervitriol anwenden ließ. Das in Freiheit gesetzte Jod wird von dem Eisenvitriol aufgenommen und durch den Kupfervitriol als Einfach-Jodkupfer niedergeschlagen. Zur Behandlung des Jodkupfers empfahl ich nicht Aetzkali, sondern Schwefelsäure oder Braunstein. Die Anwendung des Chlors ist offenbar dem Verfahren von Baruel entlehnt, welches jetzt in den Jodfabriken gebräuchlich ist. II. Verfahren des Hrn. Couturier in Cherbourg zur Gewinnung des Broms und Jods. Dieses am 22. Mai 1835 für zehn Jahre in Frankreich patentirte Verfahren, wodurch man das Jod und Brom gleichzeitig gewinnt gründet sich erstens darauf, daß das Jodkalium durch Chlorgas vollständig zersetzt wird; zweitens darauf, daß es vor dem Bromkalium zersetzt wird. Gewinnung des Jods. Nachdem die Mutterlaugen eingedampft worden sind und von den fremdartigen Salzen möglichst viel abgesetzt haben, sättigt man die geringe Menge kohlensaures Alkali, welches sie enthalten, mit Schwefelsäure, damit man nicht unnütz Chlor verbraucht. Wenn die Mutterlaugen unterschwefligsaure Salze enthalten, fällt während dieser Sättigung Schwefel nieder; man sammelt dann den Niederschlag entweder durch Decantiren oder durch Filtriren. Hierauf bringt man die klare Flüssigkeit in Flaschen, die man ganz anfüllt und durch welche man ganz langsam einen Strom Chlorgas streichen läßt, indem man die Flaschen von Zeit zu Zeit schüttelt. Man läßt so lange Gas einströmen, bis die klar gewordene Flüssigkeit sich durch einen neuen Zusatz von Chlor nicht mehr roth färbt; diesen Punkt darf man nicht überschreiten, weil ein Ueberschuß von Chlor das Jod auflösen würde. Man gießt dann die Flüssigkeit ab, bringt das ausgeschiedene Jod in eine Retorte und sublimirt es. Gewinnung des Broms. Das Brom, welches in den abgegossenen Mutterlaugen zurückbleibt, erhält man auf folgende Art: Man bringt diese Mutterlaugen in eine tubulirte Retorte (oder in einen Kolben), welche man nur zur Hälfte anfüllt, setzt Braunstein und Schwefelsäure zu und verbindet den Hals der Retorte mit einem Apparat, welcher aus drei Recipienten besteht, die durch eingeschliffene Glasröhren mit einander communiciren. Man schreitet langsam zur Destillation; das Brom begibt sich in den ersten Recipient als eine ölartige braungefärbte Flüssigkeit, die mit sehr viel Wasser vermischt ist. Wenn sich keine Dämpfe mehr entwickeln, erhitzt man den ersten Recipient und kühlt die beiden andern mit einem Gemenge von Eis und Salz oder einer sonstigen Kältemischung ab; man scheidet das Brom von dem über ihm stehenden Wasser mittelst eines Trichters ab, welcher mit einem Hahn versehen ist; das Brom begibt sich wegen seiner Schwere auf den Boden des Trichters. Das so abgesonderte Wasser enthält jedoch noch Brom; man sättigt es mit Aetzkali, dampft zur Trockniß ab und glüht den Rückstand mit einer kleinen Menge Kohle; hierauf löst man ihn in der genau erforderlichen Menge Wasser auf, filtrirt die Auslösung und destillirt sie wie oben angegeben wurde, mit Braunstein und Schwefelsäure. Man rectificirt dann das Brom durch eine neue Destillation. Wenn es bromhaltige Producte enthält, muß man es in Bromkalium verwandeln, dieses abdampfen und bis zum Dunkelrothglühen erhitzen, worauf man es durch Braunstein und Schwefelsäure zersetzt.