Titel: | Neue Dampfkesselanordnung für Schiffe von Hrn. Lemaître, Maschinenfabrikant zu Chapelle-Saint-Denis. |
Fundstelle: | Band 100, Jahrgang 1846, Nr. LXII., S. 345 |
Download: | XML |
LXII.
Neue Dampfkesselanordnung für Schiffe von Hrn.
Lemaître,
Maschinenfabrikant zu Chapelle-Saint-Denis.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Jan. 1846, S. 8.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Lemaître's Dampfkesselanordnung für Schiffe.
Die meisten in Frankreich und England gebräuchlichen Dampfkessel für Schiffe sind aus
einzelnen Abtheilungen zusammengesetzt, deren Endflächen in einer Verticalebene
liegen. In Amerika bestehen sie am häufigsten aus Cylindern und Röhren, welche außen
mit Wasser umgeben sind und in denen das Feuer und die heiße Luft circulirt. Die
Röhrenkessel, welche im Jahre 1828 von Hrn. Seguin erfunden wurden und bis jetzt
ausschließlich für die Locomotiven angewandt wurden, scheinen jedoch auch eine
Anwendung für sehr große Dampfboote zuzulassen. Hr. Cochot baute Kessel nach diesem Systeme für
Schiffe, welche die obere Seine befahren (sie sind im polytechn. Journal Bd. LXVII S. 321 beschrieben).
Am 5. Januar 1844 nahm Hr. Lemaître ein Erfindungspatent auf ein
Schiffs-Dampfkesselsystem, welches er gemischte Kessel (chaudières mixtes) nennt; in seiner
Patentbeschreibung theilt er mehrere Anordnungsarten für die Röhren mit, jedoch gibt
er derjenigen den Vorzug, bei welcher der Röhrenbündel unter dem Heizraume
angebracht ist, wie aus Fig. 3 und 4 zu ersehen ist.
Um sich Gewißheit über die Vorzüge dieser Kessel zu verschaffen, stellte Hr.
Lemaître
vergleichende Versuche mit einem solchen und einem gewöhnlichen Cylinderkessel mit
aufsteigender Flamme an, deren Resultate in der unten folgenden Tabelle enthalten
sind.
Hr. Lemaître richtete
sein Augenmerk vorzüglich darauf, daß man den oberen Theil des Ofens leicht sollte
reinigen können, und daß die Flamme mit den Stellen des Kessels in Berührung kommen
sollte, welche die niedrigste Temperatur haben, damit sie ihre Wärme so viel als
möglich abgeben kann. Dieß war nun wirklich der Fall, aber auf Kosten des Zuges. Daraus ging hervor,
daß man in einer gegebenen Zeit etwas weniger Dampf erzeugen konnte, als wenn man
einen Kessel anwendet, bei welchem die Röhren über dem Heizraume liegen, wie dieß
bei den Kesseln Fig.
1 und 2 der Fall ist. Dessenungeachtet blieb der Vortheil in Bezug auf
Brennmaterial-Ersparniß auf Seite derjenigen Kessel, bei welchen die Röhren
unter dem Heizraume liegen. Bei der ersten Anordnung, welche getroffen wurde,
gelangten die durch die Verbrennung erzeugten Gase niemals ohne auszulöschen bis zu
dem Ende a', Fig. 2 und 4 der Röhren, welches
gegen den Kamin gekehrt ist, während sie bei der zweiten Anordnung zeitenweise dahin
brennend gelangten. Wenn alle 10 Minuten frisches Brennmaterial in den Ofen geworfen
wurde, so bemerkte Hr. Lemaître durch die kleinen Oeffnungen, welche deßhalb in die
Rück- und Vorderwand des Kesselofens gemacht wurden, daß unmittelbar nach dem
Heizen die Gase erlöschten, sobald sie zu den Röhren gelangten; einige Augenblicke
nachher fingen sie an brennend in die Röhren einzutreten, und nach Verlauf von 3
Minuten traten sie noch brennend an den Röhrenenden a'
aus; dieß dauerte wieder ungefähr 3 Minuten, dann ließ die Heftigkeit des Feuers
nach und aus den Röhrenenden trat nur noch ein weißlicher Rauch.
Um sehen zu können was während dieses letzten Zeitraums vorging, steckte Hr.
Lemaître
mehreremale eine kleine eiserne Röhre von 1 Centim. Durchmesser, die vollkommen
gerade war, durch die Mitte einer der Röhren, um sich ihrer gleichsam als Visir zu
bedienen, und durch dieselbe das Fortschreiten der Flamme beobachten zu können.
Nachdem diese Beobachtung mehreremale wiederholt worden war, wobei man die Visirröhre
in der Kessel röhre ließ, bemerkte Hr. Lemaître, daß sich die Flamme in dieser Röhre mehr
verlängere, als in den andern, welche durchaus leer waren. Diese Erscheinung schrieb
er anfangs der Luft zu, welche durch die Visirröhre eindringen und zur Entzündung
der Gase hätte beitragen können; um sich davon zu überzeugen, brachte er in vier
Röhren Eisenstangen, welche so lang als die Röhren waren; nachdem dieselben eine
gewisse Temperatur erlangt hatten, reichte die Flamme bis an die Röhrenenden, die
gegen den Kamin zu lagen. Hr. Lemaître konnte nicht ermitteln, ob dieß von der hohen
Temperatur herrührt, welche die Eisenstangen beibehielten und die brennenden Gase
unterhielten, oder ob sich auf der Oberfläche der Stangen ein Luftzug bildet.
Hinsichtlich der Anordnung der Röhren zieht er diejenige vor, wobei die Röhren unter
dem Heizraume liegen, obwohl man dabei den Kamin höher und die Heizfläche größer
machen muß. Jedenfalls glaubt Hr. Lemaître, daß man die Vortheile der Röhrenkessel zu hoch
anschlägt, und zwar deßwegen, weil sie weniger dauerhaft und schwierig zu reinigen
und zu repariren sind, besonders wenn man so enge Röhren anwendet, wie sie in
England gebräuchlich sind, die höchstens 0,063 bis 0,070 Meter Durchmesser haben.
Die Röhren an dem Kessel des Hrn. Lemaître haben 0,095 Meter innern Durchmesser.
Erklärung der Abbildungen. – Fig. 1 vordere Ansicht
eines Dampfkessels mit aufsteigender Flamme. Die Röhren liegen über dem Heizraum und
der Kamin ist in der Zeichnung weggelassen, damit die Röhrenmündungen zu sehen
sind.
Fig. 2
verticaler Längendurchschnitt durch denselben Kessel mit seinem Kamine.
Fig. 3
verticaler Querdurchschnitt eines Kessels mit abwärts gehender Flamme, bei welchem
die Röhren unter dem Heizraume liegen.
Fig. 4
verticaler Längendurchschnitt desselben Kessels.
Dieselben Buchstaben bezeichnen in allen Ansichten denselben Gegenstand.
A, A Kessel, über welchem sich eine Kuppel B befindet, worin sich der Dampf sammelt.
C, C zwei getrennte Feuerräume, die aus einem fast
rechtwinkeligen Kasten bestehen, dessen Ecken abgerundet sind; sie sind ringsum von
dem Wasser im Kessel umgeben.
D, D geneigte Röste, um den Aschenräumen E, E einen größeren Hohlraum zu geben und zugleich der
Brücke F eine gewisse Höhe, damit das Brennmaterial
nicht über dieselbe gelangen und in den Raum G kommen
kann, ehe es verbrannt ist.
H, H Ofenthüren. I
Kamin.
a, a' fünfzig Feuerröhren, welche in vier horizontalen
Reihen im Innern des Kessels liegen; sie sind versetzt, so daß die Röhren der höher
liegenden Reihe zwischen je zwei Röhren der unteren Reihe zu liegen kommen; dadurch
wird die Temperatur des umgebenden Wassers erhöht und die Röhren können auf ihrer
ganzen Oberfläche die Wärme besser abgeben.
Man wird bemerken, daß in Fig. 2 die oberen
Röhrenreihen horizontal liegen, während die beiden unteren geneigt sind; in Fig. 4 ist das
Gegentheil der Fall. Diese Anordnung hat den Zweck, den Durchgang der durch die
Verbrennung erzeugten Gase und des Rauches durch die Röhren zu erleichtern. Die
Pfeile zeigen die Richtungen, in welchen dieß geschieht, damit der Rauch in den
Kamin gelangt. Die Röhren, welche ringsum und ihrer ganzen Länge nach mit Wasser
umgeben sind, bieten eine sehr große Heizoberfläche dar.
Das Wasser muß, wenn der Kessel gebraucht wird, immer 8–10 Centimeter über dem
obersten Theile des Kesselofens stehen; es ist von Wichtigkeit, daß der Wasserstand
nie so tief sinkt, daß diese oberste Wand des Kesselofens trocken liegt.
Resultat der Versuche, welche mit einem halb-röhren
förmigen Kessel mit abwärtsgehender Flamme auf einem Dampfboote von 40 Pferdekräften angestellt wurden.
Textabbildung Bd. 100, S. 348-349
Querschnitt des Feuerraums;
Heizoberfläche der Feuerkästen; Heizoberfläche der Flammenbüchse; Heizoberfläche
der verschiedenen Theile der Rauchkammer und der Röhrenplatten; Oberfläche der
Röhren; Gesammt-Oberfläche; Querschnitt der Röhren; Querschnitt der
Kamines; Höhe des Kamines; Zeitdauer der Versuche; Verbrauchtes Kohlenquantum;
Verdampftes Wasser; Steinkohlenverbrauch in einer Stunde; Dampferzeugung in
einer Stunde; Erzeugte Dampfmenge durch 1 Kil. Kohlen; Erzeugte Dampfmenge durch
1 Quadratmeter Oberfläche; Dampfdruck; Fortsetzung der Versuche mit dem
nämlichen Kessel aber mit aufsteigender Flamme; Der Rauch durchlief eine Strecke
von 5 Meter horizontal, ehe er in den Kamin gelangte; Vergleichende Versuche mit
einem Niederdruckkessel von 40 Pferdekräften, welcher flache Feuerkästen und
Galerien nach dem alten Systeme hatte; Der Himmel war überzogen, daher der Zug
nicht gut. 1/4 der Röhren verstopft. Mit einem Ventilator, bei geschlossenem
Aschenraum. Der Kamin war am Ende des Kessels