Titel: Ueber die Anwendung des Chlorjods in der Photographie; von Dr. Fr. Heeren in Hannover.
Fundstelle: Band 101, Jahrgang 1846, Nr. V., S. 15
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V. Ueber die Anwendung des Chlorjods in der Photographie; von Dr. Fr. Heeren in Hannover. Aus den polytechnischen Mittheilungen von Volz und Karmarsch, 3tes und 4tes Heft. Heeren, über die Anwendung des Chlorjods in der Photographie. Unter den verschiedenen, bis jetzt empfohlenen Beschleunigungsmitteln finden unstreitig die Brompräparate die häufigste Anwendung; ja, in den vorhandenen gedruckten Anleitungen zur Daguerreotypie geschieht, mit seltenen Ausnahmen, des Chlors nur beiläufig kurze Erwähnung. Seit längerer Zeit bei meinen photographischen Versuchen vorzugsweise das Chlorjod benutzend, nachdem in früheren Jahren mit Brom und Bromverbindungen gearbeitet wurde, habe ich Gelegenheit gehabt, über die außerordentliche Bequemlichkeit und Sicherheit in der Anwendung des Chlorjods, so wie über die Bereitung und Behandlung desselben vielfältige Erfahrungen zu sammeln, welche dem gegenwärtigen Aufsatz zu Grunde liegen. Die Schwierigkeit und Unsicherheit des Jodirens mit Bromverbindungen liegt in der so großen Veränderlichkeit dieser Präparate, so bald sie Jod und Brom in dem günstigsten Verhältnisse enthalten; und das ältere, noch jetzt so vielfältig übliche Verfahren, trocken zu jodiren, und darauf mittelst Bromwassers zu bromiren, ist der doppelten Operation wegen umständlich, und durch die Aufgabe, stets genau dasselbe Verhältniß zwischen Jod und Brom zu treffen, außerordentlich schwierig. Die feste krystallinische Verbindung von Jod und Brom, welche entsteht, wenn Brom so lange mit pulverisirtem Jod versetzt wird, bis das Ganze zu einer krystallinischen Masse erstarrt ist, bietet schon bei der Bereitung große Unsicherheit, weil es nicht möglich ist, genau den Punkt zu erkennen, wo man mit dem Zusatz des Jods aufhören muß. Dem Gewicht nach beide Theile zusammenzubringen dürfte bei der außerordentlichen Flüchtigkeit des Broms kaum ausführbar seyn, und doch bildet die richtige Zusammensetzung des Präparats besonders dann eine wesentliche Bedingung, wenn man sich, nach dem neuerdings von Knorr gemachten Vorschlag, einer Auflösung von festem Bromjod in Aether bedient, weil sich in diesem Menstruum das ganze Präparat, gleichviel, ob es einen Ueberschuß des einen oder des anderen Bestandtheils enthalte, auflösen muß. Bei Anwendung einer wässerigen Auflösung von Bromjod soll, um sicher einen Ueberschuß von Brom zu vermeiden, absichtlich mehr Jod angewendet werden, als das Brom binden kann, sofern beim nachherigen Auflösen in Wasser das überflüssige Jod sich ausscheidet. Die auf solche Art erhaltene Flüssigkeit kann zwar ziemlich lange unverändert aufbewahrt werden, allein das Jod ist in ihr zu sehr vorherrschend, wodurch die Empfindlichkeit der Jodirung gegen das Licht bedeutend abnimmt. Um diesem letzten Fehler abzuhelfen, versetzen einige Daguerreotypisten die zu jodhaltige Bromjodlösung beim Gebrauch mit Bromwasser, und richten sich dabei nach der Farbe der Flüssigkeit. Ich halte diese Methode für die leichteste und sicherste, habe jedoch selbst keine Erfahrungen darüber. In der schon vorhin erwähnten höchst lehrreichen und praktischen Abhandlung des Hrn. Knorr Polytechn. Journal Bd. XCVI S. 448. sind die Schwierigkeiten in der Anwendung von Bromverbindungen ausführlich entwickelt, so daß sie keiner weiteren Darlegung bedürfen werden. Wenden wir uns nunmehr zu der Anwendung des Chlorjods. Nach meinem, weiter unten ausführlich vorkommenden Verfahren dargestellt, bietet dieses Jodirmittel so große Leichtigkeit in der Anwendung, daß selbst unerfahrne Personen seine Instandhaltung und Anwendung in Zeit von wenigen Stunden so gut erlernen, daß ihnen das Jodiren der Platten selten mißlingt. Eine und dieselbe Portion dieser Flüssigkeit kann Monate lang gebraucht werden, wenn man nur Sorge trägt, sie täglich Morgens durch Vergleichung ihrer Farbe mit der Farbe einer unveränderlichen Normalflüssigkeit zu untersuchen, und nöthigenfalls durch Zusatz einiger Tropfen Jodtinctur zu restauriren. In Zeit von wenigen Minuten ist dieses Geschäft verrichtet, und man kann sodann den ganzen Tag hindurch mit stets gleichem Erfolg sich ihrer bedienen. Die Flüssigkeit bleibt vom Morgen bis zum Abend in dem mit genau schließender Glasplatte versehenen Jodirkästchen stehen, und wird Abends mittelst des weiter unten beschriebenen Hebers in die Vorrathsflasche zurückgegeben. Gern gebe ich zu, daß die Empfindlichkeit des Chlors als Beschleunigungsmittel hinter der des Broms in etwas zurücksteht; wer würde aber nicht bei Anfertigung eines Bildes gern einige Secunden zugeben, wenn dadurch die Sicherheit der Arbeit wesentlich gefördert wird! Die Ursache der bei den Freunden der Daguerreotypie vielfach verbreiteten Abneigung gegen das Chlorjod liegt ohne Zweifel darin, daß die bis jetzt veröffentlichten Anweisungen zur Bereitung desselben ein Präparat liefern, welches in Folge eines zu reichlichen Gehalts an Jod allerdings eine wenig empfindliche Jodirung gibt. Man erhält bekanntlich das gebräuchliche Chlorjod, wenn zu dem in einem Kölbchen befindlichen Jod so lange Chlorgas geleitet wird, bis sich beide zu einer dunkel braunrothen Flüssigkeit verbunden haben. Das so gewonnene flüssige Chlorjod wird zum Gebrauch in Wasser gelöst, dessen, gewiß nicht gleichgültige Menge verschieden, meistens zu dem sechzehnfachen des angewendeten Chlorjods, angegeben wird. Es scheidet sich hiebei jederzeit eine kleine Quantität Jod in Gestalt eines glänzend grauen krystallinischen Pulvers aus, welches man nach einiger Ruhe durch Filtration entfernt. Die so erhaltene Flüssigkeit gibt zwar sehr kräftige Bilder, ist aber wenig empfindlich, und bessert sich erst bei langer Aufbewahrung, indem sich das Verhältniß zwischen Chlor und Jod allmählich dergestalt ändert, daß das erstere mehr und mehr zum Vorherrschen gelangt, wodurch dann empfindlichere Jodirungen entstehen. Die Ursache dieser Aenderung liegt zum Theil in einer noch lange fortdauernden Ausscheidung von Jod, zum Theil in dem Eintritt einer Säurebildung, wobei verhältnißmäßig mehr Jod als Chlor aus der Verbindung tritt. Durch Zersetzung eines Antheils Wasser nämlich wird aus dessen Wasserstoff und dem Chlor Chlorwasserstoffsäure gebildet, während sich der Sauerstoff des Wassers mit dem Jod wahrscheinlich zu jodiger Säure vereinigt. Es lag unter diesen Umständen gewiß sehr nahe, dem Präparat gleich von vornherein eine größere Menge Chlor einzuverleiben, wodurch dann eine feste Verbindung in Gestalt einer braunen krystallinischen Masse entsteht. Schon Dörffel in seiner trefflichen kleinen BroschüreBeschreibung des Daguerreotyps, von Dörffel. Berlin 1843. erwähnt sehr richtig, S. 22, daß die an Chlor reichere krystallinische feste Verbindung den Vorzug verdient. Sie löst sich in Wasser ohne Abscheidung von Jod vollständig auf, und besteht aus 1 Atom Jod gegen 2 Atome Chlor, ist also Doppelt-Chlorjod. Es ist nur praktisch fast unmöglich, diese Verbindung von genau constantem Chlorgehalt darzustellen, weil beim fortgesetzten Hinzuleiten des Chlorgases die flüssige Verbindung allmählich erstarrt, und sich in dem durch den Ueberzug von Chlorjod fast undurchsichtigen Glase der Augenblick nicht erkennen läßt, wo gerade alle Flüssigkeit krystallisirt ist, ohne daß die dritte noch höhere Chlorverbindung in Gestalt hellgelber Krystalle sich theilweise schon gebildet hätte. Selbst die Aufbewahrung und der Gebrauch des Doppelt-Chlorjods wird durch den Umstand unbequem, daß es an der Luft durch Verlust von Chlor gern in die jodreichere flüssige Verbindung zurückkehrt. Die Leichtlöslichkeit des Doppelt-Chlorjods im Wasser gab einen Weg an die Hand, dasselbe zum Gebrauch in flüssiger Gestalt und in genau richtiger Zusammensetzung darzustellen. Man durfte nur eine genau gewogene Menge trocknes Jod mit wenigem Wasser übergießen und sodann getrocknetes Chlorgas so lange hinzuleiten, bis das Gefäß eine bestimmte Gewichtszunahme zeigte. Es entstand dann nur noch die Aufgabe, die solchergestalt erhaltene, genau nach dem günstigsten Gewichtsverhältniß zusammengesetzte concentrirte Chlorjodlösung vor der allmählichen Säuerung zu sichern, um sie in unverändertem Zustande aufbewahren und zum Gebrauch mit Wasser verdünnen zu können. Da, allem Anschein nach, der Säurebildung die sogenannte disponirende Verwandtschaft zum Grunde liegt, oder, mit andern Worten, da die Affinität zwischen dem Wasser und der Chlorwasserstoffsäure (weniger wohl die zwischen Wasser und jodiger Säure) die Entstehung dieser Säuren aus den vorhandenen, nur noch nicht verbundenen Bestandtheilen veranlaßt, so war zu vermuthen daß, wenn dem Wasser eine andere Säure zugesetzt würde, zu welcher es ebenfalls große Affinität besitzt, dadurch die Anziehung zur Chlorwasserstoffsäure geschwächt, und somit die Säuerung des Chlors vermieden werden könne. Der Erfolg entsprach dieser Erwartung vollkommen. Ich versetzte nämlich das Wasser mit einer gewissen Menge Schwefelsäure, und habe gefunden, daß das so bereitete Chlorjod in concentrirtem Zustand, so weit meine bisherigen Erfahrungen reichen, bei der Aufbewahrung keiner Aenderung unterliegt. Bereitung des flüssigen Chlorjods. Nach Darlegung dieser Betrachtungen gehe ich nunmehr zur Darstellungsweise des Chlorjods über. Ein Gläschen, etwa ein kleines Mixturglas, wird auf einer sehr empfindlichen Wage genau ins Gleichgewicht gebracht, und hierauf das Jod, welches der genauen Gewichtsbestimmung wegen vollkommen trocken seyn muß, hinein gethan, und genau gewogen. Das Gewicht desselben betrage z.B. 100 Gran. Man setzt nun genau das doppelte Gewicht, also 200 Gran, verdünnter Schwefelsäure, durch Mischung von gewöhnlicher concentrirter, arsenikfreier Schwefelsäure mit der fünffachen Gewichtsmenge Wassers bereitet, hinzu, und beginnt sodann mit dem Hinzuleiten des Chlors, wobei natürlich das Gläschen von der Wage hinweggenommen wird. Das Chlor wird auf bekannte Art in einer gläsernen Retorte aus Braunstein und Salzsäure mittelst gelinder Erwärmung entwickelt. Um es ebenfalls nur der genauen Wägung halber von anhängenden Dämpfen zu reinigen, läßt man es vorher durch ein mit Stückchen Kreide und Chlorcalcium gefülltes Gläschen streichen. Die Kreide dient zur Beseitigung der etwa mit übergehenden Salzsäure, das Chlorcalcium zur Trocknung des Gases. Das Ende des Zuleitungsrohrs darf nicht bis in die Flüssigkeit hinabreichen, sondern bleibt etwa 1/2 Zoll davon entfernt. Sobald die Chlorentwickelung, die übrigens nicht zu rasch erfolgen darf, im Gange ist, beginnt man das Gläschen fortwährend gelinde hin- und herzuschaukeln, um die Absorption des Chlors zu erleichtern. Das Jod löst sich nun in der Flüssigkeit mit braungelber Farbe allmählich auf, wobei eine sehr bemerkliche Erwärmung eintritt, der man, um jedem Verlust von Chlorjod durch Verdampfung vorzubeugen, durch Herumlegen eines mit kaltem Wasser befeuchteten Tuches begegnet. Wenn alles Jod gelöst ist, fährt man mit dem Hinzuleiten des Chlors noch eine Weile fort, und beginnt dann von Zeit zu Zeit die Gewichtszunahme des Gläschens auf der Wage zu untersuchen. Man sieht den Proceß als beendigt an, wenn das Gewicht des hinzugekommenen Chlors 66 Proc. von dem des Jods, also in unserem Beispiel 66 Gran beträgt. Um nicht aus Versehen diesen Punkt zu überschreiten, ist es rathsam, die Chlorentwickelung gegen das Ende sehr langsam fortgehen zu lassen, und die Wägung sehr oft zu wiederholen. Sollten indessen, was schwer zu vermeiden, jene 66 Proc. dennoch um ein Geringes überschritten seyn, so kann man diesen Ueberschuß durch Zusatz einer entsprechenden Menge Jods wieder ausgleichen. Die äußerste Genauigkeit ist bei diesen Wägungen erforderlich, so daß die Darstellung des Chlorjods nach meinem Verfahren auch nur von Personen ausgeführt werden kann, die in chemischen Arbeiten einige Uebung haben, und im Besitz einer sehr empfindlichen Wage sind. Die genaue Beobachtung des richtigen Verhältnisses zwischen Chlor und Jod ist so wichtig, daß schon 1 Proc. über oder unter jenen 66 einen sehr bemerklichen Einfluß auf die Güte des Jodirmittels übt. Es ist aber doch jedenfalls besser, eher etwas zu viel, als zu wenig Chlor anzuwenden, weil ein kleiner Ueberschuß desselben bei der weiter unten vorkommenden Regulirung der verdünnten Flüssigkeit mittelst Jodtinctur leicht zu beseitigen ist. Es muß hier in theoretischer Beziehung darauf hingewiesen werden, daß das Verhältniß von 100 Jod zu 66 Chlor keineswegs allgemeine Gültigkeit hat, wie es sich ja auch mit keinem einfachen stöchiometrischen Verhältnisse reimt; daß es vielmehr ein durchaus relatives, und nur unter Voraussetzung der oben vorgeschriebenen Menge Schwefelsäure und Wasser, so wie der sogleich anzugebenden Verdünnung ermittelt und gültig ist. Wollte man z.B. die Schwefelsäure mit mehr oder weniger als der fünffachen Menge Wassers verdünnen, das angegebene Verhältniß des Chlors zum Jod aber beibehalten, so würde das Präparat ganz unbrauchbar ausfallen. Das erhaltene Chlorjod bildet eine Flüssigkeit von dunkel orangegelber Farbe, und muß in einem Gläschen mit gut schließendem Glasstöpsel an einem dunkeln Orte aufbewahrt werden. Für diejenigen HHrn. Daguerreotypisten, welche Versuche mit dem hier beschriebenen Chlorjod zu machen wünschen sollten, und keine Gelegenheit haben, es sich von einem geübten Chemiker verfertigen zu lassen, bemerke ich, daß der Laborant des polytechnischen Instituts zu Hannover, Hr. Nicolai, dasselbe unter meiner unmittelbaren Aufsicht bereitet, und gegen portofreie Einsendung des Betrags die Unze zu 1/2 Rthlr. abgibt. Gebrauch des Chlorjods. Das concentrirte Chlorjod muß zum Gebrauch mit destillirtem Wasser in dem Verhältniß von 1 : 32 verdünnt werden, so daß mithin 1 Loth desselben zur Verdünnung 1 Pfd. Wasser erfordert. Die so erhaltene Flüssigkeit besitzt gewöhnlich anfangs eine goldgelbe Farbe, wird aber nach einigen Stunden dunkel orange, und kann erst dann gebraucht werden. Es ist daher unerläßlich, die frisch angesetzte Flüssigkeit vor dem Gebrauch mindestens 3–4 Stunden, lieber aber noch länger, etwa einen Tag stehen zu lassen. Offenbar bedürfen die in ihr wirksamen Anziehungskräfte zwischen Chlor, Jod, Wasser und Schwefelsäure einiger Zeit, um sich in den nachher bleibenden Gleichgewichtszustand zu setzen. Die so erhaltene Flüssigkeit kann zwar, wie schon oben erwähnt, Monate lang fortgebraucht werden; sie bedarf indessen von Zeit zu Zeit einer kleinen Nachhülfe zum Ersatz des abgedunsteten Jods. Beim fortgesetzten Gebrauch des verdünnten Chlorjods nämlich stellt sich eine langsam fortschreitende Mischungsänderung ein, wobei das Chlor mehr und mehr zum Vorwalten kommt, wie sich aus der matten, aschgrauen Farbe der mit einer so veränderten Flüssigkeit erhaltenen Bilder, so wie auch aus dem Hellerwerden der Flüssigkeit selbst ergibt. Ein geringer Zusatz von Jod hilft diesem Fehler sofort vollständig ab. Um sich nun in dieser Hinsicht von der richtigen Beschaffenheit der Flüssigkeit, sey dieselbe frisch angesetzt oder schon älter, zu überzeugen, richtet man sich mit großer Sicherheit nach ihrer Farbe, welche um so Heller orangegelb erscheint, je geringer der Jodgehalt, und umgekehrt. Es könnte hiegegen der Einwurf gemacht werden, daß die Farbe auch von der Concentration abhängig ist; da aber die Verdünnung des Chlorjods nach einem genau bestimmten Verhältniß (1 : 32) vorgenommen wurde, so können Unterschiede der Farbe nur von dem Verhältnisse zwischen Chlor und Jod herrühren. Zur sicheren Erkennung der Farbe bereitet man sich eine, selbst bei langer Aufbewahrung ganz unveränderliche gelbe Normalflüssigkeit durch Auflösen von doppelt-chromsaurem Kali in der 150fachen Gewichtsmenge destillirten Wassers. Die Farbe dieser Auflösung stimmt genau mit der Farbe überein, welche das, nach meiner Methode bereitete, verdünnte Chlorjod besitzen muß, vorausgesetzt, daß beide Flüssigkeiten in Gläsern von etwa 1 1/4 Zoll innerem Durchmesser sich befinden, denn in dickeren oder dünneren Schichten verglichen, ist die Uebereinstimmung nicht mehr so vollkommen. Man verschafft sich also zwei mit eingeriebenen Stöpseln versehene Glasfläschchen von dem angegebenen Durchmesser, und füllt das eine derselben ein für allemal mit der Normallösung; das andere wird dann jedesmal mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt, und beide werden neben einander gegen das helle Tageslicht gehalten. Stimmt die Farbe beider Gläser genau überein, so kann man die Flüssigkeit als richtig beschaffen in Gebrauch nehmen. Sollte dagegen die Farbe zu hell erscheinen, was, wie erwähnt, nach mehrtägigem Gebrauch der Fall zu seyn pflegt, so muß durch Zusatz von Jod nachgeholfen werden, welches ich in weingeistiger Auflösung als Jodtinctur anwende. Da nun aber beim Hinzutröpfeln von Jodtinctur zu der kalten Chlorjodlösung sich gern ein Theil des Jods in Substanz ausscheidet, so ist es besser, eine kleine Menge Flüssigkeit in einem besonderen kleinen Gläschen über der Spirituslampe gelinde zu erwärmen, und unter Schütteln mit einigen Tropfen Jodtinctur zu versetzen. Hiebei scheidet sich kein Jod aus, und man bedient sich der gewonnenen, sehr jodhaltigen Flüssigkeit, nachdem sie durch Eintauchen des Gläschens in kaltes Wasser abgekühlt worden, zu dem in Rede stehenden Zweck. Man wird dieses Verfahren, die Jodixflüssigkeit nach der Farbe zu restauriren, auf den ersten Anblick vielleicht für weitläufig halten; es ist aber in der That so leicht ausführbar, daß wenige Minuten hinreichen, die Flüssigkeit mit der Normallösung auf gleiche Farbe zu bringen, worauf sie dann sofort zum Jodiren benutzt werden kann. Man mache es sich zur Regel, die Flüssigkeit so wenig, wie irgend möglich, dem Zutritt der freien Luft darzubieten, da sie sonst durch Verdunstung bedeutend verliert. Das gläserne oder porzellanene Jodirkästchen muß in dieser Absicht mit einer fast hermetisch schließenden aufgeschmirgelten Glasplatte geschlossen werden können, die beim Jodiren mit einer Pappe schnell vertauscht wird, in welche das zur Aufnahme der Platte bestimmte Loch eingeschnitten ist. Nach beendigter Jodirung, welche durchschnittlich etwa 4 Minuten erfordert, wird die Glasplatte sogleich wieder aufgelegt. Um auch beim Einfüllen der Flüssigkeit in das Jodirkästchen, so wie beim Zurückgeben in die Vorrathsflasche den Zutritt der Luft zu vermeiden, bediene ich mich eines eigenen Hebers, dessen Beschreibung hier noch um so eher eine Stelle verdienen dürfte, als er auch bei anderen Flüssigkeiten dieselbe nützliche Anwendung finden kann. Die Vorrathsflasche nämlich ist mit einem Kork verschlossen, durch welchen zwei Löcher gebohrt sind. In das eine dieser Löcher ist eine, unten nur gerade durch den Kork hindurchreichende, oben dagegen etwa 4 Zoll hervorstehende Glasröhre eingesetzt; das andere Loch enthält eine heberförmig gebogene, zweischenkelige Glasröhre, deren einer Schenkel bis auf den Boden der Flasche herabreicht, während der andere, kürzere Schenkel nur einige Zolle lang ist. Soll nun die Flüssigkeit in das Jodirkästchen gebracht werden, so schiebt man die Glasplatte desselben nur eben so weit zur Seite, um den kürzeren Schenkel des Hebers hineinbringen zu können, nimmt das aufstehende Glasrohr in den Mund, und treibt durch Blasen die nöthige Menge der Flüssigkeit durch den Heber aus. Wünscht man später die Flüssigkeit zurückzubringen, so verfährt man im Uebrigen ebenso, saugt aber, statt zu blasen, wodurch sich der Heber sogleich füllt, und nun ohne ferneres Saugen zu fließen fortfährt. Um nachher die Vorrathsflasche, an welcher der Heber sitzen bleibt, völlig zu verschließen, darf man nur das offene Glasrohr mit einem Körkchen versehen. Das Jodirkästchen wird am besten so weit gefüllt, daß die Flüssigkeit etwa 3/4 Zoll von der Platte entfernt ist. Man erhält so die gleichförmigste Jodirung. Es ist bei Anwendung des Chlorjods ziemlich gleichgültig, ob die Jodirung ein wenig stärker oder schwächer ausfällt, vorausgesetzt daß die Platte mindestens zur rothen, oder höchstens zur dunkelblauen Farbe gebracht wird. Die günstigste Farbe scheint mir die röthlich violette zu seyn. Wir haben jetzt noch einige Worte über die Empfindlichkeit des Chlorjods als Beschleunigungsmittel zu sagen, in welcher Hinsicht, wie schon erwähnt, dasselbe allerdings gegen Bromverbindungen in etwas zurücksteht. Mit einem kleinen Voigtländer'schen Apparat von 18 und 19 Linien Oeffnung habe ich bei mäßig Hellem Wetter Nachmittags, die sitzende Person nach Nord-Ost gewendet, zur Herstellung hinreichend heller Bilder etwa 12–15 Secunden gebraucht. Ein großer Apparat von 36 Linien Oeffnung verlangt aus Gründen, die ich noch nicht habe entdecken können, gegen die sonst herrschende Annahme der schnelleren Wirkung, etwas mehr, etwa 20–25 Secunden. Mit der kleineren Maschine habe ich mehrfach die Mondsbahn aufgenommen, welche so kräftig hervortrat, daß sie einen fast ganz weißen Bogen auf schwarzem Hintergrunde darstellte. Zum Schluß dieses Aufsatzes mag in der Kürze das Verfahren angegeben werden, nach welchem, meinen Erfahrungen zufolge, ohne Schwierigkeit und mit großer Sicherheit eine völlig gleichmäßige hohe Politur und vollkommene Reinigung der Platten erzielt wird. Die auf dem mit Kautschuk überzogenen Polirholz festgeklebte Platte wird zuerst mit Tripel und einer Mischung von ungefähr gleichen Theilen starkem Weingeist und Aether geschliffen, wobei das Baumwollbäuschchen stets in kleinen Kreisen unter mäßigem Druck herumgeführt wird. Ist das Bäuschchen trocken, so feuchtet man die Platte wieder an und schleift abermals zur Trockne. Gute Platten bedürfen eines längeren Tripelns nicht. Hierauf wird ebenso mit Polirroth verfahren, wobei nur zu berücksichtigen ist, daß man sich eines nicht zu schwach gebrannten, also nicht zu weichen, mehr dunkelfarbigen, gehörig angreifenden Roths bediene. Es soll diese Behandlung nicht sowohl zum Poliren, als vielmehr zum Feinschleifen dienen. Nächstdem wird trocken mit ganz feinem Polirroth und Filz polirt. Der hiezu dienende Filz muß vom allerfeinsten Hasenhaar mit Sorgfalt angefertigt und nur schwach gewalkt seyn. Man reinigt ihn durch zweimaliges Auskochen mit starkem Weingeist, und Pressen. Ein Stück dieses Filzes von etwa 2 1/2 Zoll im Quadrat wird auf eine Unterlage von sehr dickem weichem Filz, und diese auf ein Brettchen von gleicher Größe geleimt. Die Oberfläche des Filzes wird nach dem Trocknen mit einer feinen Kratzbürste übergangen, wodurch sich das weiche seidenartige Haar länger hervorzieht. Beim Gebrauch wird dieser Filzballen mit ein wenig feinem Roth bestäubt, dasselbe mittelst der Kratzbürste eingerieben, und die Platte in allen Richtungen, kreuz und quer unter gelindem Druck damit polirt. Nachdem dieß einige Minuten fortgesetzt ist, folgt die letzte Politur, ebenfalls mit Filz, jedoch ohne weiteres Polirmittel und bei sehr gelindem Druck, wobei zuletzt nur in einer Richtung, quer polirt wird. Ist der Filz von guter Beschaffenheit und mit der Kratzbürste gehörig gerauht, so erhält man nicht nur eine rein schwarze Politur, sondern, was noch wichtiger, die Silberfläche ist überall gleichmäßig rein metallisch bloßgelegt, so daß die Bilder an Zartheit und Sauberkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Es versteht sich von selbst, daß die Filzballen mit größter Sorgfalt vor jeder Verunreinigung geschützt werden müssen. Sie sind dann von fast unvergänglicher Dauer.