Titel: Verfahrungsarten zur Bereitung von Cyan (zur Blutlaugensalz-Fabrication), Ammoniak etc. aus Theeröl und analogen Substanzen, worauf sich Christopher Binks, Chemiker in Friars Goose House, Grafschaft Durham, am 3. Nov. 1845 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 103, Jahrgang 1847, Nr. XCIX., S. 424
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XCIX. Verfahrungsarten zur Bereitung von Cyan (zur Blutlaugensalz-Fabrication), Ammoniak etc. aus Theeröl und analogen Substanzen, worauf sich Christopher Binks, Chemiker in Friars Goose House, Grafschaft Durham, am 3. Nov. 1845 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Dec. 1846, S. 337. Mit Abbildungen auf Tab. VIII. Binks' Verfahren Cyan und Blutlaugensalz aus Theeröl etc. zu bereiten. A. Bereitung von Cyan, indem man als Kohlenstoff-Quelle die Dämpfe von Steinkohlentheer, Theeröl, Steinöl, Terpenthin oder Harz benutzt. Ich vermische die Dämpfe einer oder mehrerer dieser Substanzen mit: 1) atmosphärischer Luft und erhitze diese Mischung bis zu ihrer Zersetzung. Wenn die Operation auf unten angegebene Weise gehörig ausgeführt wird, bildet sich Cyan, theils frei und theils in Verbindung mit Cyanwasserstoff, nebst etwas Wasser, Kohlenoxyd und viel freiem Kohlenstoff in Form von Lampenschwarz. Wenn die atmosphärische Luft in einem gewissen Ueberschuß ist, bildet sich viel Ammoniak nebst Ammoniaksalzen; wenn aber verhältnißmäßig zu wenig atmosphärische Luft vorhanden und der Kohlenwasserstoff in Ueberschuß ist, entsteht wenig oder kein Ammoniak und der Stickstoff wird hauptsächlich in Cyanverbindungen verwandelt. Wenn man folglich als Hauptresultat Cyanverbindungen zu erhalten beabsichtigt, so muß man nur so viel Luft beimischen, daß deren Sauerstoff hinreicht den Wasserstoff im Kohlenwasserstoff in Wasser zu verwandeln; beobachtet man diese Regel, so erhält man eine reichliche Menge Cyan und Cyanwasserstoff, gewöhnlich mit blausaurem Ammoniak und anderen Verbindungen vermischt. Will man hingegen als Hauptproduct ammoniakalische Verbindungen erhalten, so vergrößert man die Menge der Luft, welche aber nie so viel betragen darf, daß durch ihren Sauerstoff nicht bloß aller Wasserstoff im Kohlenwasserstoff in Wasser, sondern auch der Kohlenstoff desselben in Kohlensäure oder Kohlenoxyd verwandelt werden könnte. Wenn so viel oder noch mehr atmosphärische Luft angewandt würde, erhielte man weder Ammoniak noch Cyan, sondern nur Kohlenoxyd nebst Wasser und freiem Stickstoff. Um das Cyan und die Cyanverbindungen, welche entstehen, in Handelsartikel zu verwandeln, bringe ich sie mit geschmolzenem kohlensaurem Alkali oder mit einer stark erhitzten Mischung von Holzkohle und Alkali in Berührung, um Cyankalium oder Cyannatrium zu erzeugen. 2) Oder ich vermische die erwähnten Kohlenwasserstoffdämpfe (anstatt der atmosphärischen Luft) mit Stickgas, und erhitze die Mischung bis zur Zersetzung. Als Stickgas benutzt man die Gasarten welche bei der Desoxydation der Luft durch Kohle etc. entstehen. 3) Bisweilen benutze ich auch statt der atmosphärischen Luft oder des Stickgases zu diesem Zweck ein Stickstoffoxyd, z.B. Salpetergas oder salpetersaure Dämpfe. Man erhält dann beim Erhitzen des Gasgemisches durch dessen Zersetzung Cyan und Ammoniak, letzteres an Cyanwasserstoff und Cyansäure gebunden, nebst Wasser, Kohlenoxyd und einer Menge freiem Kohlenstoff (Lampenschwarz). Hinsichtlich der Anwendung dieser Producte bemerke ich, daß wenn man cyanwasserstoffsaures Ammoniak in die Auflösung eines Eisensalzes leitet, man Cyaneisen (Berlinerblau) und ein Ammoniaksalz erhält. Man kann aber auch das cyanwasserstoffsaure Ammoniak in eine alkalische Auflösung leiten, in welcher Eisenoxydul oder Schwefeleisen suspendirt ist, wo man dann Blutlaugensalz und Ammoniak oder ein Ammoniaksalz erhält. 4) Anstatt mit atmosphärischen Luft, Stickgas oder einem Stickstoffoxyd, vermische ich bisweilen die Kohlenwasserstoff-Dämpfe mit Ammoniak oder einem Ammoniaksalz, hauptsächlich salpetersaurem (oder auch kohlensaurem, schwefelsaurem, harnsaurem etc.) Ammoniak, um den Stickstoff zur Erzeugung von Cyan und dessen Verbindungen zu erhalten. Beschreibung der Apparate zur Cyanerzeugung mittelst Theeröls. Obgleich ich im folgenden voraussetze, daß man als Kohlenstoff-Quelle das Steinkohlentheeröl benutzt, können doch auch die übrigen genannten Kohlenwasserstoffe anstatt desselben angewendet werden. Durch einen zum Rothglühen erhitzten eisernen Cylinder leite ich einen Strom von Theeröl-Dämpfen, welche mit atmosphärischer Luft vermischt sind. Um die glühende Oberfläche innerhalb des Cylinders zu vergrößern, füllt man ihn lose mit Backsteinstücken. Das Theeröl bringt man in eine Blase, deren Hals mit dem Cylinder verbunden wird, wie Fig. 1 zeigt. A ist die Blase welche das Theeröl enthält; B ihr Hals; C, C der Zersetzungscylinder, mit welchem das Rohr D zum Zulassen von Luft verbunden ist. E ist der Theil des Cylinders, welcher durch das jenseits des Punkts F befindliche Feuer erhitzt wird. Durch eine Saugpumpe, welche jenseits des Punkts H angebracht ist, wird bewirkt daß ein Strom durch den ganzen Apparat in der Richtung des Pfeils zieht. Die Dämpfe des Theeröls streichen aus der Blase in den Cylinder C zugleich mit einem Luftstrom, welcher durch die Oeffnung bei D hinzukommt. Beide vermischen sich an der Stelle a, wo ihre Zersetzung durch die hohe Temperatur des Cylinders nach und nach bewirkt wird. Wenn man die Luft und den Oeldampf in dem zur Cyanbildung erforderlichen Verhältniß anwendet, entsteht viel Lampenschwarz, welches mit dem Strom in die Kammer G gezogen wird, worin es sich absetzt, während die Gase durch das Rohr H austreten. Letztere kann man dann in einen Cylinder leiten, welcher geschmolzene Potasche, allein oder mit Kohle gemengt, enthält. Eine Abänderung dieses Apparats ist in Fig. 3 abgebildet. Der Zersetzungscylinder D ist hier in horizontaler Lage; das Theeröl fließt nach und nach durch eine Röhre in ihn. A ist die Röhre zum Zulassen von Luft und C die mit der Saugpumpe verbundene Röhre zum Wegziehen der gasförmigen Producte. A bezeichnet die Stelle wo sich die Oeldämpfe mit der Luft vermischen und zersetzen. Man kann auch einen äußerlich erhitzten, mit Holzkohle oder alkalisirter Holzkohle beschickten Cylinder anwenden, in dessen Mitte das Oel in flüssigem oder dampfförmigem Zustand gelangt, während zugleich die erforderliche Menge Luft oder Stickgas hineingetrieben wird; die cyanhaltigen Producte welche das Alkali nicht fixirt, werden abgezogen und auf bereits angegebene Weise behandelt. In Fig. 2 bezeichnet A den Zersetzungscylinder, in welchen die Holzkohle oder alkalisirte Holzkohle durch eine Thür B geschafft wird. Die festen Materialien, welche durch den Cylinder passiren, werden am Boden desselben durch eine rotirende Schraube C beseitigt und in der Kammer D abgelagert, aus welcher man sie von Zeit zu Zeit herausschafft, nämlich durch die mit einer luftdicht passenden Thür versehene Oeffnung E. F ist die Oeffnung durch welche das Theeröl in flüssigem oder dampfförmigem Zustand eingebracht wird. G ist eine mit Regulirschraube versehene Oeffnung zum Zulassen von Luft. Durch die Röhre H werden mittelst einer Saugpumpe die während des Processes erzeugten Gase und Dämpfe abgezogen. I ist der mit dem Feuer communicirende Fuchs, um den Cylinder auf ähnliche Weise wie in Fig. 1 zu erhitzen. Anstatt geschlossener Cylinder kann man auch Oefen anwenden, wie Fig. 4 zeigt. A ist die Feuerstelle; B der Aschenraum; C ein Herd, auf welchen man durch die Röhre D das Theeröl stießen läßt; die Producte desselben ziehen mit der Flamme und erhitzten Luft des Feuers in die Zersetzungskammer E, worin sich die Holzkohle befindet, welche man durch die Oeffnung F hineinschafft. Am Boden der Kammer ist eine Schraube, die sich in einem Cylinder dreht, welcher sich in die Kammer öffnet; dadurch wird der Inhalt der Zersetzungskammer in den Behälter R ausgeleert. Die gasförmigen Producte werden durch den Canal P mittelst einer Saugpumpe abgezogen. Eine Abänderung dieses Apparats ist in Fig. 5 abgebildet. A ist die Zersetzungskammer und zwar in horizontaler Lage. B ist die Oeffnung zum Einlassen der Dämpfe. C die Oeffnung zum Einlassen von Luft. D ist das Rohr zum Abziehen der Gase mittelst der Saugpumpe. Eine andere Art Ofen zeigt Fig. 6 im Durchschnitt. A ist die Feuerstelle, in geneigter Lage befestigt; sie wird durch die Oeffnung B mit Kohks oder Holzkohlen gefüllt, C sind die Roststangen, D ist der Aschenraum. E eine Oeffnung zum Einlassen des flüssigen Theeröls. F ist ein besonderer Luftcanal, den man nötigenfalls anwendet. G ist der Auslaßcanal, in welchem der in A erzeugte und mit dem Stickstoff der durch das Feuer ziehenden Luft vermischte Oeldampf zersetzt wird, worauf die Producte durch einen mit G verbundenen Saugapparat abgeführt werden. H, H ist ein anderer Feuercanal, welcher nahe am Boden des Feuers anfängt und sich in einen Kamin endigt; er dient um den Canal G äußerlich zu erhitzen. Fig. 7 ist eine Abänderung des zuletzt beschriebenen Ofens; hier ziehen die Oeldämpfe mit dem Stickstoff der Luft nicht durch einen erhitzten Canal (wie bei G, Fig. 6), sondern gelangen direct in die Canäle R oder S, welche mit Schiebern T und V versehen sind, um die Richtung des Gasstroms reguliren zu können. Das Lampenschwarz, welches durch die unvollkommene Verbrennung des Theeröls in diesem Apparate entsteht, kann durch den Canal R oder S in einen geeigneten Behälter geführt werden. B. Verfahren Cyan mit Beihülfe des Stickstoffs der Steinkohlen zu fabriciren. Wenn die Steinkohlen wie bei der Leuchtgasbereitung Kohks liefern sollen, verfahre ich zur Cyanerzeugung folgendermaßen: Aus der cylindrischen Retorte in welcher die Steinkohlen wie gewöhnlich destillirt werden, leitet man die gasförmigen Producte in eine andere Retorte aus feuerbeständigem Thon, welche eine Mischung von Holzkohle und Alkali enthält, worin sich dann das Cyankalium oder Cyannatrium nebst Sulfurid bildet. Das aus letzterer Retorte entweichende Gas ist ein noch brauchbares Leuchtgas, welches weder Ammoniak, noch Cyan oder Schwefel enthält. Bei diesem Verfahren muß sowohl der Cylinder welcher das Steinkohlenklein enthält, als derjenige worin sich die alkalisirten Holzkohlen befinden, ununterbrochen mit frischem Material beschickt werden können, wozu sich der in Fig. 10 abgebildete Apparat eignet. A ist der Zersetzungscylinder, welcher eine um ihre Achse rotirende Schraube enthält, welche in den Cylinderenden in Lagern ruht und durch einen mit dem Zahnrad B verbundenen Mechanismus umgetrieben wird. C ist eine Oeffnung durch welche die Beschickung allmählich eingeführt wird. D, D, D sind senkrechte Röhren welche den Cylinder mit einer gewöhnlichen cylindrischen Vorlage verbinden, die die gasförmigen Producte abführt. Wenn die Schraube in Gang ist, wird die Beschickung in der Richtung der Pfeile allmählich vorwärts getrieben, wobei sie ihre flüchtigen Producte ausgibt, und endlich durch die Oeffnung s herausgeworfen. Mit letzterer kann man die Kammer D, Fig. 2, oder R, Fig. 4, verbinden, damit sie die Producte von A aufnehmen. Wenn es nicht verlangt wird, daß man die Kohks wie gewöhnlich von den Steinkohlen erhält, verfahre ich folgendermaßen: Ich fülle einen Theil der cylindrischen Retorte mit der zu destillirenden Steinkohle und den andern mit der alkalisirten Holzkohle, durch welche die gasförmigen Producte der Steinkohle dann streichen müssen, wie Fig. 9 zeigt. In derselben ist A, B die Retorte, an beiden Enden mit Thüren versehen wie die Gasretorten. C ist das Auslaßrohr für die flüchtigen Producte; D die Feuerstelle und E der Aschenraum. Der Theil der Retorte zwischen A und X wird mit Steinkohlen und derjenige zwischen X und B mit alkalisirter Holzkohle beschickt. Um letztere zu erhalten, tränkt man 100 Pfd. Kohlenstückchen mit 5 bis 10 Pfd. Alkali; dazu benutzt man lange eiserne Cylinder, die man heiß erhält und durch deren Mitte eine schmiedeiserne Welle geht, welche mit einer Schraube versehen ist und wie in Fig. 10 um ihre Achse rotirt; man läßt die mit Alkalilösung getränkte Holzkohle nur in kleinen Portionen auf einmal in den Cylinder gelangen, an dessen anderem Ende sie dann trocken herauskommt. C. Directe Cyanbildung. Man nimmt allgemein an, daß man Alkali mit Kohle und Stickstoff erhitzen muß, damit sich Cyan bilden kann; ich habe mich aber überzeugt, daß sich durch die directe Wirkung von Stickgas auf erhitzten Kohlenstoff leicht Cyan bildet, welches man auf bekannte Weise zur Darstellung verschiedener Verbindungen benutzen kann. D. Apparat um die Schmelzkuchen der Blutlaugensalz-Fabriken auszulaugen. Um die sogenannten Schmelzkuchen (metals) der Blutlaugensalz-Fabriken auszulaugen, verfahre ich folgendermaßen: Ich schichte dieselben, in kleine Stücke zerschlagen, rings um die Seiten der Auslaugekufe über einander auf; die Kufe wird dann mit Wasser gefüllt, schwammiges Eisen zugesetzt und hierauf so lange Dampf hineingeleitet, bis alles Cyanid ausgelaugt und in eisenblausaures Salz verwandelt ist. Fig. 11 zeigt den Auslaugbottich A welcher aus Eisen, Stein oder Holz bestehen kann. B ist ein Cylinder aus demselben Material, im Centrum der Kufe A angebracht, in welchen die von einem Dampfkessel ausgehende Röhre C einmündet, D ist ein Dom oder Deckel, dessen Zweck ist, den in B aufsteigenden Strom herabzubeugen. Bei dieser Einrichtung wird die Flüssigkeit in der Kufe durch den Dampf nicht nur erhitzt, sondern auch in der Richtung der Pfeile in eine schnelle und ununterbrochene Bewegung oder Circulation versetzt. Das erwähnte schwammige Eisen, welches als Zusatz beim Auflösen der Schmelzkuchen (und auch als Zusatz zur Schmelzmasse) dient, erhält man, wenn man natürliches oder künstliches Eisenoxyd (Rotheisenstein, Colcothar) in einem Strom von Kohlenwasserstoffgas oder gewöhnlichem Leuchtgas ausglüht. Das so reducirte Eisen ist auch sehr brauchbar, um durch Kochen damit alkalische Blutlaugensalz Auflösungen von dem in ihnen enthaltenen Schwefel zu reinigen, welcher dabei als Schwefeleisen abgeschieden wird.