Titel: | Ueber Arsenik- und Phosphorgehalt des Eisens; von Prof. Dr. Schafhäutl in München. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XCVII., S. 443 |
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XCVII.
Ueber Arsenik- und Phosphorgehalt des
Eisens; von Prof. Dr.
Schafhäutl in München.
Aus Erdmann's Journal für praktische Chemie, 1847 Nr.
5.
Schafhäutl, über Arsenik- und Phosphorgehalt des
Eisens.
Das wiederholte Auffinden von Arsenik in Eisenerzen durch Hrn. Professor Walchner (polytechn. Journal Bd. CIII S. 227) hat viel Aufsehen gemacht
(obwohl der Arsenikgehalt der meisten Eisenerze schon früher bekannt war) und
endlich zur Entdeckung eines Arsenikgehaltes selbst in den Niederschlägen der
Mineralwässer geführt. So hat z.B. Dr. Buchner
jun. in dem Bodensatze der Kissinger Quelle nicht nur
Arsenik gefunden, sondern in andern ähnlichen Niederschlägen bayerischer Quellen
sogar Kupfer und Zinn.
Während meiner Reisen in England, Frankreich und Spanien von 1833–42 hatte ich
die meisten englischen, französischen und schwedischen Eisenerze, Gußeisen-,
Stabeisen- und Stahlsorten analysirt, wobei sich ein nur selten fehlender
Arsenik-, Antimon-, Zinn und Phosphorgehalt ergab. An den Zinn-
und Antimongehalt in Roheisensorten hatte wohl früher noch Niemand gedacht.
In den Jahren 1839 trug ich die Ergebnisse meiner analytischen Untersuchungen in
einer der Sitzungen der englischen Naturforscher zu Birmingham vor, und im London and Edinburgh philosophical Magazine, Jahrg.
1839–40, machte ich einen Aufsatz über denselben Gegenstand bekannt, welcher
im Journal für praktische Chemie Bd. XIX bis XXI in seiner ganzen Ausdehnung ins
Deutsche übertragen wurde. Auf S. 129 des XXIsten Bandes heißt es wörtlich:
„Kaum bei irgend einem analytischen Verfahren ist die Anwesenheit
elektro-negativer Metalle mehr übersehen worden, als bei den Analysen von
Gußeisen, Stahl und Schmiedeisen. Die besten schwedischen Eisensorten enthalten
eine beträchtliche Menge Arsenik und das berühmte englische Low-Mooreisen
enthält noch mehr. Beim Schmieden des besten englischen Gußstahls (aus
Dannemora-Eisen verfertigt) verflüchtigt sich Arsenik und kann sehr bald
am Geruch erkannt werden, und die Schmiede, welche Low-Mooreisen
verarbeiten, beklagen sich häufig über den unangenehmen Geruch während des
Schmiedens, den sie Schwefelgeruch nennen und der ihnen oft geschwollene Lippen
verursacht. Aus diesem Grunde übertrifft das Low-Mooreisen alles andere
englische Eisen an Härte und Zähigkeit. Dasselbe Eisen ist wegen seiner
Eigenschaft bekannt, sich leicht in Stangenstahl zu Kutschfedern umwandeln zu
lassen, obwohl es keinen höhern Grad von Umwandlung (Cementation) verträgt.
Bekanntlich ist Wootz oder indischer Stahl ebensowohl als Gußstahl, welcher aus
Dannemora-Eisen bereitet wurde, ganz besonders zu Schneidinstrumenten
geeignet, welche eine äußerst feine und scharfe Schneide erfordern. Aber in
solchen Fällen, wo eine große Zähigkeit ohne ein
besonders feines Korn erforderlich ist, oder wo der Stahl in einem hohen
Hitzgrade und in großen Massen geschweißt werden soll, dazu ist das berühmte
russische, in England sogenannte CCND-Eisen
(aus den Eisenwerken der Familie v. Demidoff zu
Nischnetagilsk, 24 Meilen von Katharinenburg) weit vorzuziehen, welches außer
Silicium und Mangan auch eine bedeutende Quantität Phosphor enthält.“
Aus obigem geht hervor, daß das schwedische Dannemora-Eisen neben seiner
Eigenthümlichkeit, die es durch das rasche Frischverfahren erhält, einen Theil
seiner guten Eigenschaften auch dem darin enthaltenen Arsenikeisen verdankt. Ich
habe ein ähnliches Eisen für solchen Stahl auch auf künstlichem Wege zu erzeugen
gelehrt, wovon der Artikel Stahl in dem zunächst
erscheinenden Bande der Prechtl'schen technologischen
Encyklopädie das Nähere berichten wird.
Neben Arsenik in englischem und französischem Roheisen und
Eisensort habe ich das Vorkommen von Antimon und Zinn in einigen englischen
Roheisenarten in der oben citirten Abhandlung zuerst nachgewiesen.
Ein Jahr später machte Wöhler gleichfalls die Bemerkung:
„im Roheisen scheint häufiger Arsenik vorzukommen als man vermuthet
etc.“ und es ist dabei auf meine Abhandlung hingewiesen worden.
Um dieselbe Zeit machte in Bezug auf die berüchtigte Laffarge'sche Vergiftungsgeschichte der Franzose Couerbe die Erfahrung, daß alle Eisenoxyde mehr oder weniger Arsenik
enthalten. Ich besprach denselben Gegenstand in einem englischen medicinischen
Journal „The Lancet“, 1840 S. 335,
und erklärte, daß das in der neuern Zeit in Menschenknochen gefundene Arsenik höchst
wahrscheinlich von den Eisengefäßen herrühre, in welchen
unsere Speisen gekocht und aufbewahrt würden, zum Theil mit von eisernen Werkzeugen, Messern, Gabeln, Löffeln und
dergleichen, welche immer mehr oder weniger von den Speisen angegriffen würden. Ich
unterstützte da meine Behauptung durch Beobachtungen und Experimente. In
Menschenknochen aus einer Zeit, wo noch Gefäße aus Bronze
im Gebrauch waren, konnte ich trotz aller Bemühungen keine Spur von Arsenik, wohl
aber von
Kupfer entdecken. Ferner bei consequent fortgesetzten
Versuchen an Hunden, die ich täglich mit einer genau gewogenen und analysirten
Quantität von überbasischem arseniksaurem Eisenoxyde bis zu ihrem Tode fütterte,
ergab sich nicht nur, daß die Knochen einen nicht unbedeutenden Gehalt an Arsenik
zeigten, sondern daß das in den sorgfältig gesammelten Excrementen enthaltene
Eisenoxyd noch basischer geworden war. In demselben Aufsatze berief ich mich auf
eine Erfahrung, welche ich in dieser Beziehung in unserm bayerischen Vorgebirge an
der Familie eines Arbeiters gemacht, welche an einer obwohl sehr langsam, doch mit
aller Bestimmtheit zunehmenden Abmagerung litt. Ich untersuchte den eisernen Kessel,
in welchem die tägliche Speise gekocht wurde, und rieth, ihn zu entfernen. Das Blech
des Kessels war wirklich sehr schiefrig, zeigte überall, daß es sich nur schwierig
unter dem Hammer behandeln ließ, und enthielt wirklich eine bedeutende Quantität
Arsenik, die ich jedoch damals ihrem Gewichte nach nicht genau bestimmte. Vergebens
bemühte ich mich die Schmiede aufzufinden, aus welcher der Kessel hervorgegangen
war, da die bekannten Eisenerze in diesem Gebirge kein Arsenik enthalten.
Der Phosphor findet sich nicht weniger häufig in Eisenerzen sowohl, als in dem daraus
erblasenen Roheisen. Der Phosphor ist bisher sehr häufig übersehen worden, weil bei
manchen Eisensorten der größte Theil desselben während der Auflösung in Salzsäure
als Phosphorwasserstoff und in einer noch unbekannten gasförmigen Verbindung
entweicht, welche weder von Quecksilber- noch Silbersalzen zerlegt wird. Ich
will zum Schluß dieser Bemerkungen noch eine Methode angeben, durch welche man den
gasförmigen, mit dem Wasserstoffgase entweichenden Phosphor u. dgl. sehr einfach und
direct bestimmen kann.
In den durchbohrten Korkstöpsel einer gewöhnlichen Entbindungsflasche schiebe man ein
etwa 3'' langes Glasröhrchen, vorn an der Spitze etwas zusammengezogen, gleich dem
einer gewöhnlichen Spritzflasche. Dieß Röhrchen dient als Brenner für das
entweichende Wasserstoffgas. Es muß jedoch über dem Stöpsel bei etwa 1/3 seiner
Länge seitwärts gebogen werden, so daß es einen Winkel von 25–30° mit
dem Horizont macht. In derselben Richtung befestige man eine gegen 12'' lange und
gegen 1/2'' weite, an beiden Enden offene Glasröhre, so daß ihre untere Mündung
höchstens in einer Linie Entfernung von der des Brenners zu stehen kommt. Unter dieß
untere Ende der Glasröhre setzt man ein Porzellantiegelchen. Die
Entwickelungsflasche wird hierauf mit mäßig verdünnter Salzsäure so weit gefüllt als
möglich, ohne ein Uebersteigen der Flüssigkeit befürchten zu müssen, dann das gröblich
zerstoßene zu untersuchende Eisen hineingebracht und der Gasstrom angezündet, sobald
der größte Theil atmosphärischer Luft aus der Flasche ist. Sobald man nun das
Flämmchen des brennenden Wasserstoffgases gegen die untere Mündung der eben
beschriebenen geneigten Röhre bringt, entsteht ein Luftzug in derselben, wodurch das
Flämmchen größtentheils hineingerissen wird. Alle nicht flüchtigen
Verbrennungsproducte, auch sogar das entstandene Wasser u. dgl. condensiren und
sammeln sich in dieser geneigten Röhre und fließen dann in Tropfen in das
untergesetzte Tiegelchen herab. Ein Theil der entstehenden Phosphorsäure setzt sich
gewöhnlich schon in fester Gestalt am untern Theile der glühenden Glasröhrenmündung
an, und es ist merkwürdig, daß man auf diese Weise in der Regel sogar ein genaueres
quantitatives Resultat erhält, als wenn man das Gas über glühendes Kupferchlorid
oder Schwefelkupfer leitet. Durch größere oder geringere Neigung der Röhre kann man
den Luftzug verstärken oder schwächen. Mehr werde ich darüber in einer analytischen
Arbeit über unsere deutschen Roheisensorten sagen, welche erscheinen wird, sobald
ich Zeit finden kann sie für den Druck auszuarbeiten.