Titel: | Das rotirende Dreieck; mitgetheilt von Dr. G..... |
Autor: | G..... |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. II., S. 12 |
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II.
Das rotirende Dreieck;
mitgetheilt von Dr. G.....
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Ueber das rotirende Dreieck.
Es ist bekannt, daß seit der Erfindung der Dampfpumpen und der
nach diesem Princip eingerichteten Dampfmaschinen so viele
vergebliche Versuche zur Construction rotirender Dampfmaschinen gemacht wurden, daß sie die
Aufmerksamkeit der Freunde einer verbesserten Dampfwirkung fast
ermüdeten. Denn bei den meisten war es augenfällig, ihre
Erfinder hatten vergessen daß der Dampf nicht, wie das Wasser,
in einer bestimmten Richtung, sondern nach allen Richtungen mit
gleicher Kraft wirke. Daher machte die sehr unvollständige
Beschreibung nebst der kaum 1 Zoll im Durchmesser haltenden
Abbildung einer rotirenden Dampfmaschine im
polytechn. Journal Bd. XCII S. 1, auf welche der Graf de Crouy in London sich am 25. März
1843 ein Patent hatte geben lassen, auf den Verfasser dieser
Mittheilung anfangs wenig Eindruck. Später jedoch und bei
genauerer Erwägung schien ihm die Hauptidee richtig und, bei
einigen Veränderungen in der Ausführung, sich Bahn brechen zu
müssen. Um so größer war seine Verwunderung, weder in diesem
Blatt noch durch gelegentliche Erkundigung in England etwas zu
erfahren, das seiner Erwartung entsprochen hätte. Daher läßt
sich freilich vermuthen, daß sich bei der Ausführung (vielleicht
bei der Liederung) Schwierigkeiten gefunden haben. Da jedoch
diese nicht viel größer und weniger störend zu seyn scheinen,
als bei andern Dampfmaschinen, so erlaubt er sich, den deutschen
Erfindungsgeist zur Wegräumung derselben aufzufordern. Deßwegen
theilt er jene Idee nebst den Veränderungen, welche er für
nothwendig oder ersprießlich hält, im Folgenden mit.
Die eben erwähnten Veränderungen betreffen nämlich hauptsächlich:
1) die Verwandlung des geradlinigen Dreiecks in ein sphärisches, weil dadurch der
Dampfraum gleichförmiger und länger wird, die Rotationsklappen
aber kürzer seyn können; 2) die Hinzufügung von Absperrungsklappen oder Hähnen in den
beiden Zuleitungsröhren des Dampfs, für die Zeit des Durchgangs
der Dreiecksspitzen unter der Rotationsklappe, um den Widerstand
derselben zu beseitigen; 3) die eben dadurch ermöglichte und
vielleicht noch etwas zu vergrößernde Annäherung zwischen den Zu- und
Ableitungsröhren; 4) in dem Trichter zum Schmieren.
Die Hauptsache der Maschine besteht nun nach der verticalen Durchschnittsabbildung, Fig. 5, in einem schmalen inwendig vollkommen
kreisförmigen und polirtem Ringe
a aus gegossenem Messing von völlig
gleicher fein abgeschliffener Höhe (etwa 1/8 bis 1/10 des
Durchmessers), an welchen zwei inwendig eben polirte Scheiben (von welchen hier nur Theile
der hinteren s, s, s sichtbar sind)
von gegossenem Eisen durch die im Ring angebrachten Löcher
dampfdicht angeschroben werden, um die beiden Grundflächen des
Cylinders zu bilden. Innerhalb desselben wird vermittelst der
sechs schmiedeisernen Speichen
b, b etc. die vollkommen centrirte
Achse
c durch das sphärische Dreieck
c, c, c gedreht, dessen eben und
fein polirte Oberfläche aus gegossenem Messing besteht, und
dessen Spitzen genau abgeschliffen sind, um die innere Fläche
des Ringes ohne erhebliche Friction möglichst dampfdicht zu
berühren. Auch die Seitenflächen des gegossenen Dreiecks sind so
abzuschleifen, daß sie die innere Seite der beiden Grundflächen
möglichst dampfdicht berühren, ohne eine
nachtheilige Reibung zu verursachen. Zu diesem Zweck läßt sich
rechts oben bei z, wo sich niemals
eingeschlossener Dampf befindet, zu beiden Seiten des Rings ein
mit Oel gefüllter Trichter
z anbringen, der durch eine feine
Oeffnung y tropfenweise so viel Oel
herabfallen läßt, als zum Schmieren der Oberfläche und Kanten
des Dreiecks und zugleich zur Verdichtung nöthig ist. Um jedoch
dem Ausströmen des Dampfs in das Innere des Dreiecks umsomehr
zuvorzukommen, dürfte es rathsam seyn, auch die beiden
Grundflächen seines Prismas durch aufgelegte Blechplatten dampfdicht zu
verschließen, von denen ebenfalls nur die hintere g hier sichtbar werden kann.
Nun wirkt der Dampf, welcher aus dem Dampfkessel durch zwei Röhren h
und i zugeleitet, und durch
zwei andere k und l abgeführt
wird, bei der in der Abbildung angenommenen Stellung auf
folgende Weise:
Indem er durch die geöffnete Sperrklappe
m (rechts) vermittelst der
Zuleitungsröhre i in den Cylinder
eingedrungen ist, hat er die Rotationsklappe f (deren Kanten und Scharnier
sorgfältig geebnet und polirt sind um möglichst dampfdicht zu
schließen), nachdem sie von der Spitze n frei geworden ist, gegen die glatte Oberfläche des
rotirenden Dreiecks gedrängt, und sowohl dadurch als durch
seinen Druck auf diese Oberfläche die Spitze n bis zu dem in der Abbildung
dargestellten Punkte fortgeschoben, indem beides
gemeinschaftlich auf die vordere Fläche des Dreiecks wie auf
einen einarmigen Hebel wirkt. Zwar bleibt nun dieses Verhältniß
nicht so vortheilhaft, wenn die Rotationsklappe bei weiterem
Fortrücken der Spitze n die mittlere
Speiche passirt hat, weil jetzt ein zweiarmiger Hebel entsteht;
doch drückt die Rotationsklappe noch immer auf den kürzeren
Hebel, bis links die zweite Spitze o
fortgetrieben wird und der eingeschlossene Dampf ohne Nachtheil
durch die Abzugsröhre h entweichen
kann. Diese kann auch etwas näher an i hinangerückt werden, wenn jenes veränderte
Verhältniß sich zuletzt sogar als ein Hinderniß beweisen sollte,
welches jedoch nicht wahrscheinlich ist.
Während die Spitze n an dem in der
Zeichnung angenommenen Punkte noch mit der vollen Kraft des
einarmigen Hebels fortgetrieben wird, befindet sich die zweite
Spitze o schon nahe vor der
Rotationsklappe e auf dem Punkt, wo
durch die Steuerung die Absperrungsklappe p geschlossen wird, während zugleich die obere
Ableitungsröhre l anfängt von der
Spitze q frei zu werden, also sich
zu öffnen. Die Spitze o findet daher
keinen Widerstand, die Rotationsklappe e in den Ausschnitt der innern Ringfläche
zurückzuschieben und unter denselben durchzugehen; worauf die
Klappe p sich wieder öffnet, und der
Dampf die Spitze o wieder eben so
fortschiebt, als es vorher bei der Spitze n geschah u.s.w. Dieser ganze Verlauf wird Jedem
sogleich einleuchten, wenn man ein sphärisches Dreieck von der
nämlichen Größe aus Papier schneidet und um den Mittelpunkt der
Achse c dreht.
Für stehende (zumal Hochdruck-)
Dampfmaschinen scheint diese Construction ungemeine Vortheile zu
versprechen, da ihre große Einfachheit die Anschaffungskosten um
ein Bedeutendes vermindern muß, und die stets in einer Richtung
fortschreitende Bewegung denjenigen Kraftverlust vermeidet, den
die entgegengesetzte Bewegung der Pumpenstängel und ihre
Uebertragung auf die Kurbel nebst der Friction der vielen
Hülfsapparate nothwendig verursacht. Dabei vertritt das
rotirende Dreieck (zumal wenn es zwischen den Deckblechen mit
einer passenden Masse ausgefüllt wird) vielleicht hinreichend
die Stelle des Schwungrades. Ob auch bei Niederdruck der
Condensator entbehrlich sey, lasse ich dahin gestellt, obgleich
ich es vermuthe, bei Hochdruck aber dürfte er um so leichter
entbehrt werden können. Sogar eine unvollkommene
Dampfdichtigkeit wird von geringerem Nachtheil seyn, weil sie,
wenn auch nicht ohne Kraftverlust, doch nirgends der Bewegung
hinderlich wird. Da jedoch beim Mangel des Condensators die
eintretende Luft zwischen k und r, so wie zwischen l und t
zusammengepreßt wird, so wird es nöthig seyn, bei r und t
Oeffnungen im Ring zu machen, die stets unverschlossen bleiben
können weil in jenen Strecken sich niemals eingesperrter Dampf
befindet.
Dagegen scheint die Umsetzung der Bewegung
in eine rückläufige wegen der Rotationsklappen so große
Schwierigkeiten darzubieten, daß für die wünschenswerthe
Anwendung des rotirenden Dreiecks auf die Dampfschiffe und
Locomotiven wohl wenig Hoffnung bleiben möchte.
Augustenburg, im December 1847.