Titel: Ueber die einfachste Bereitungsweise des Chloroform; von Prof. Böttger.
Fundstelle: Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXXII., S. 302
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LXXII. Ueber die einfachste Bereitungsweise des Chloroform; von Prof. Böttger. Aus Böttger's Polytechn. Notizblatt, 1848 Nr. 1. Böttger, über die Bereitung des Chloroform. Die zwei Stoffe, aus denen ich das Chloroform darstelle, sind: der gewöhnliche käufliche Chlorkalk (der kein freies Chlor enthalten darf, sondern den bekannten faden Geruch nach unterchloriger Säure besitzen muß) und krystallisirtes reines essigsaures Natron. Beide Stoffe werden zu gleichen Gewichtstheilen in einer Reibschale recht innig mit einander im gepülvertem Zustande gemengt, hierauf in eine irdene, porzellanene oder eiserne, mit einer guten Kühlröhre versehene Retorte gebracht und dann bei starkem Kohlenfeuer der Destillation unterworfen. Die Destillation, die ohne das mindeste Aufblähen oder Steigen der Masse von statten geht, wird so lange fortgesetzt, bis kein Tropfen Flüssigkeit mehr übergeht. Als Destillat gewinnt man eine bedeutende Quantität verdünntes Aceton und eine verhältnißmäßig geringe Menge von schwach gelblich gefärbtem Chloroform; ersteres lagert wegen seiner geringeren specifischen Schwere über letzterem. Hatte man 1 Pfd. (à 16 Unzen) essigsaures Natron und 1 Pfd. Chlorkalk in Arbeit genommen, so wird man ungefähr 12 Unzen wässeriges Aceton und 1 1/4 Loth Chloroform erhalten. Jetzt saugt man mittelst eines Hebers oder einer Pipette das Chloroform auf und bringt es in ein reines trockenes Glas, während man die ganze Quantität Aceton mit einer neuen Portion Chlorkalk, und zwar mit so viel in einer Glasretorte mengt, daß dadurch eine breiartige (nicht flüssige) Masse entsteht. Hiebei erwärmt sich das Gemisch nicht unbedeutend. Man verbindet daher die Retorte bald mit der Kühlröhre, erwärmt sie anfangs schwach, zuletzt stark mit einer Spirituslampe mit doppeltem Luftzug, und hat dann die Freude, bei dieser zweiten Operation eine sehr bedeutende Quantität des reinsten Chloroform nebst noch unzersetzt gebliebenem Aceton übergehen zu sehen. Man bringt das aus dieser Destillation resultirende Chloroform zu dem früher gewonnenen, überschüttet von neuem eine frische Portion Chlorkalk mit dem übergegangenen Aceton, destillirt abermals, und fährt auf diese Weise so lange fort, bis man bemerkt, daß sich kein Chloroform mehr ausscheidet. Ist dieser Zeitpunkt (gewöhnlich nach drei bis vier Destillationen, die stets nur wenige Minuten Zeit erfordern) eingetreten, so enthält auch die nunmehr übergegangene Flüssigkeit kein Aceton mehr, sondern besteht fast lediglich aus Wasser. Die Ausbeute an Chloroform beträgt aus einem Pfunde ursprünglich angewandten essigsauren Natrons und einem Pfunde Chlorkalk durchschnittlich 4 Unzen oder 8 Loth! Um dasselbe endlich vollkommen rein zu erhalten, destillirt man es über gröblich gepulverten Aetzkalk unter Mitanwendung einer einfachen Weingeistlampe. Da nun 1 Pfd. reines essigsaures Natron zu 42 Kreuzer, und 1 Pfd. Chlorkalk zu 10 Kreuzer im Handel zu haben ist, so stellt sich, bei Außerachtlassung der Mühe und des Brennmaterials, der Preis eines Lothes Chloroform auf circa 16 bis 18 Kreuzer. Hat man reines Aceton (welches gegenwärtig bereits im Handel zu haben ist) zur Hand, so läßt sich aus diesem, indem man darin so viel gepülverten Chlorkalk einschüttet, daß dadurch eine breiartige Masse entsteht, auf directem Wege und in der allerkürzesten Zeit eine große Menge Chloroform in gewöhnlichen Glasretorten, die man nur mit einer einfachen Weingeistlampe zu erhitzen braucht, erzeugen. Aus 1 Unze Aceton gewinnt man 1 Unze und 2 Drachm. Chloroform. Bei dieser Bereitung versäume man nicht, das erste wasserklar übergehende Destillat mit einem gleichen Raumtheile Wasser zu vermischen, wodurch augenblicklich das in dem Destillat gelöste Chloroform abgeschieden wird, und verfahre dann mit dem darüber stehenden verdünnten Aceton auf dieselbe Weise, wie vorhin angegeben. – Auch aus reinem, mit dem doppelten Volumen Wasser verdünnten Holzgeist habe ich große Quantitäten Chloroform gewonnen.