Titel: | Untersuchung der Krusten einiger Dampfkessel, von Professor W. Johnson. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXXXVII., S. 360 |
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LXXXVII.
Untersuchung der Krusten
einiger Dampfkessel, von Professor W. Johnson.
Aus dem London Journal of arts, Jan. 1848, S. 449.
Johnson's Untersuchung der Krusten einiger
Dampfkessel.
Die Krusten aus dem Kessel des Dampfboots „W. L.
Marcy“ hatten ein spec. Gewicht = 2,695; sie sind
blätterig und krystallinisch, von kleinen krystallinischen
Säulen durchkreuzt. Ihre Farbe ist fast rein weiß; nur die
Seite, welche mit dem Metall in Berührung war, zeigt kleine
schwarze Flecken, offenbar aus Eisenoxyd bestehend. Man kann
diese Kruste mit dem Nagel ritzen, aber die Seite, welche dem
Eisen adhärirte, ist merklich härter als die andere. Mit Säuren
braust diese Kruste nicht auf.
Man hatte behauptet, daß durch die Anwendung von Salmiak im
Kessel das Ansetzen dieser Krusten verhindert worden sey;
andererseits wurde bezweifelt, daß dieser Erfolg einer
chemischen Reaction zuzuschreiben sey.
Um zu erfahren ob der Salmiak diese Kruste aufzulösen vermag,
stellte ich folgende Versuche an. Ich kochte 38 Gran der Kruste
in kleinen Stückchen (nicht als Pulver) eine Stunde lang mit 27
Gran Salmiak in etwa 4 Unzen destillirten Wassers, bis keine
Wirkung mehr stattzufinden schien. Die Stückchen waren dadurch
zerreiblicher geworden, hatten aber ihre Form und Structur nicht
verändert.
Die Flüssigkeit, mit dem Waschwasser der unaufgelösten Stücke
vereinigt, gab mit salzsaurem Baryt 4,05 Gran schwefelsauren
Baryt, daher beiläufig 1,39 Gran Schwefelsäure schon in die
Auflösung übergegangen waren. Die unaufgelöste Kruste, bei
80° R. getrocknet, hatte 2,9 Gran oder 7,6 Proc.
verloren.
Der Rückstand wurde nun in einer Auflösung von kohlensaurem Kali
gekocht; der entstandene Niederschlag wurde abfiltrirt,
ausgewaschen, getrocknet und nicht ganz auf die Rothglühhitze
gebracht; er löste sich in Salzsäure, Salpetersäure und
Essigsäure mit Aufbrausen vollständig auf und bestand aus
kohlensaurem Kalk.
Die Flüssigkeit, welche nach dem Kochen mit Salmiak vom
schwefelsauren Baryt abfiltrirt worden war, zuvor vom
überschüssigen Baryt mittelst Schwefelsäure befreit, gab mit
kleesaurem Ammoniak einen reichlichen Niederschlag, ein Beweis,
daß Kalk aufgelöst worden war. Andererseits gab die vom
kohlensauren Kalk abfiltrirte Flüssigkeit, nachdem man sie
angesäuert und gekocht hatte, mit salzsaurem Baryt eine starke
Reaction auf Schwefelsäure.
Die vorhergehenden Versuche beweisen, daß der Salmiak allerdings
chemisch auf die fragliche Kruste (welche aus Gyps besteht)
reagiren und sie zum Theil auflösen kann; ferner daß
kohlensaures Kali sie zersetzt, wobei unauflöslicher
kohlensaurer Kalk zurückbleibt, welcher unter gewissen Umständen
allerdings wieder eine Kruste bilden kann.
Durch eine quantitative Analyse habe ich mich dann überzeugt, daß
der Gyps, welcher die fragliche Kruste bildet, aus 2 Aequiv.
schwefelsaurem Kalk und 1 Aequiv. Wasser besteht = 2 CaO, SO³ + HO.
Um das Verhalten der Kruste zu den Auflösungsmitteln genauer zu
ermitteln, wurden 10 Gran derselben fein gepulvert, dann 20
Minuten dunkler Rothglühhitze ausgesetzt, wobei sie 3 Proc.
Wasser verloren, hierauf dreimal nacheinander in einer starken
Auflösung von Salmiak gekocht. Durch diese Behandlung war fast
genau die Hälfte des getrockneten
Pulvers aufgelöst worden. Die übrige Hälfte kochte ich mit einer
Auflösung von 20 Gran reinem kohlensaurem Kali in 4 Unzen
destillirten Wassers, wodurch sie in Salzsäure vollkommen
auflöslich gemacht wurde.
Das kohlensaure Kali könnte man wahrscheinlich durch Holzasche
ersetzen und den gebildeten kohlensauren Kalk dann in Essig,
statt in Salzsäure auflösen.
Essigsaures Kali begünstigt die Auflösung dieser Kruste, wie
folgender Versuch beweist: Essigsäure wurde mit kohlensaurem
Kali schwach übersättigt und dann gepulverte Kruste etwa eine
Stunde lang in der Auflösung gekocht. Es blieben nur einige
leichte Flocken unaufgelöst; das essigsaure Kali ist daher ein
viel besseres Auflösungsmittel der Kruste als Salmiak; es bildet
durch Zersetzung der Kruste zwei auflösliche Salze, nämlich
schwefelsaures Kali und essigsauren Kalk.
Außer der Kruste des erwähnten See-Dampfboots untersuchte
ich noch eine ähnlich aussehende aus dem stationären Kessel
einer Glasfabrik in Pittsburg. Diese Kruste hatte ebenfalls eine
krystallinische Structur und quer durch dieselbe gingen kleine
Prismen; ihre Farbe war schmutzig weiß und sie hatte an der
Seite, welche den Kessel berührte, schwarze Flecken; mit dem
Nagel ließ sie sich leicht ritzen. Von Säuren wurde sie nicht
angegriffen.
19,8 Gran wurden der hellen Rothglühhitze über eine Stunde lang
ausgesetzt und verloren dabei 0,55 Gran oder 2,77 Proc. Hienach
ist der Gyps, woraus sie besteht, dasselbe Hydrat wie in der
vorhergehenden Kruste; wahrscheinlich ist er durch
eine geringe Menge erdiger Substanzen nebst etwas thierischer
oder vegetabilischer Materie verunreinigt.
Bekanntlich wird bei einer Temperatur von 119° R. das
Wasser aus dem gewöhnlichen Gyps ausgetrieben; es ist daher
auffallend, daß sich das erwähnte Hydrat des schwefelsauren
Kalks in einem Kessel bildet, dessen Temperatur jene Gränze oft
überschreitet.
Ich untersuchte nun die Kruste aus einem Kessel in Smith's Fabrik bei Fairmount; sie ist
dunkelgrau und an vielen Stellen fast schwarz. Sie riecht
schwach nach thierischem Oel; dieser Geruch wird sehr
auffallend, wenn man sie auf 164 oder 208° R. erhitzt.
Als man sie zehn Minuten lang einer dunklen Rothglühhitze
aussetzte, verlor sie 8,65 Proc., welche fast ganz von
organischer Materie herrühren. In der Kälte mit Salzsäure
behandelt, bis das Aufbrausen aufhörte und dann mit
überschüssiger Säure gekocht, verlor sie weitere 83,66 Proc.,
ein fast schwarzes Pulver hinterlassend, welches zum Theil aus
Gyps bestand und 7,69 Proc. betrug. Der vorwiegende Bestandtheil
dieser Kruste ist also kohlensaurer Kalk. Auch bei dieser Kruste
zeigten sich schwache Spuren einer krystallinischen Structur,
welche ohne Zweifel von dem in ihr enthaltenen Gyps
herrühren.
Eine ähnliche Kruste aus einem anderen Dampfkessel bestand
ebenfalls hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk von
röthlichbrauner Farbe. Eine dritte Kruste aus dem
Verbindungsrohr eines Kessels, welcher vor einigen Jahren zu
Kensington explodirte, hat dieselbe Zusammensetzung, ist aber
weniger compact und von fleischrother Farbe. Als
Auflösungsmittel für solche Krusten kann man Essig anwenden oder
überhaupt eine Substanz, welche diese Säure dem Kalk liefern
kann.