Titel: | Ueber Verarbeitung der Gutta-percha; von Hrn. Wedding. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. CX., S. 456 |
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CX.
Ueber Verarbeitung der
Gutta-percha; von Hrn. Wedding.
Aus den Verhandl. des preuß. Gewerbevereins 1847, 6te Lief.
Wedding, über Verarbeitung der
Gutta-percha.
Die Gutta-percha, welche über Singapor nach England
gelangt, und gegenwärtig, wo eine umfangreichere Verwendung
stattfindet, einen Handelsartikel abgibt und im Preise gestiegen
ist, wurde früher aus den gefällten Bäumen gewonnen. Jetzt, wo
eine größere Nachfrage stattfindet, wird der Saft des Baumes
durch Anbohren erzielt, und soll letzteres demselben nicht
schaden, wenn es nur alle zwei Jahre vorgenommen wird. Behufs
des leichteren Transports wird der ablaufende Saft in Würfel von
etwa 1 1/2 Kubikfuß Inhalt geformt. Im Monat Juli vorigen Jahres
wurden in England 100 Pfd. mit 25–28 Thlrn., je nach der
Güte, bezahlt. Beim Ausschmelzen des gewonnenen Saftes aus den
gefällten Bäumen wird ebensowenig sorgfältig, als beim Auffangen
desselben von angebohrten Bäumen verfahren. Die Masse enthält
eine Menge Unreinigkeiten, welche daraus entfernt werden müssen.
Nächstdem aber gewinnt, den angestellten Versuchen zufolge, die
gereinigte Masse durch eine tüchtige Bearbeitung
bedeutend an Bildungsfähigkeit und Festigkeit.
Die Reinigung und das nachherige Durcharbeiten der gereinigten
Masse und deren Verwendung zu Treibriemen, Schnüren, Röhren,
Schuhsohlen, Kutschenledern, Mänteln, Cigarren- und
Geldtaschen und plastischen Gegenständen habe ich während meiner
Anwesenheit in London und Paris zu sehen Gelegenheit gehabt, und
theile in Nachstehendem so viel davon mit, als dieß, ohne
Zeichnungen der mechanischen Vorrichtungen, zur Verständigung
nöthig seyn dürfte.
In der Fabrik in London, welche von der in Paris darin abwich,
daß sie mehr mechanische Mittel zur Reinigung und zum
Durcharbeiten verwendete, während letztere für die Reinigung
chemische Mittel benutzte, wurden die Würfel mit Hülfe von
Handbeilen in dünne und kleine Scheiben zerlegt, in mit Wasser
gefüllte, etwa 5 Fuß lange, 3 1/2 Fuß breite und 3 Fuß tiefe,
aus hölzernen Bohlen construirte und mit Deckeln versehene
Gefäße geworfen, und bei Zuführung von etwa 90° R. heißen
Wasserdämpfen in Röhren, die fast am Boden der Gefäße
ausmündeten, mit Krücken aus Holz tüchtig und stundenlang
durchgearbeitet.
Statt des mühsamen Zerlegens der Würfel mit Handbeilen sollte
später eine eben im Bau begriffene Maschine zur Anwendung
kommen, welche in der ganzen Zusammensetzung den gebräuchlichen
Hechselladen glich. Sie bestand nämlich aus einem Troge, in
welchen die Würfel hinter einander eingelegt und durch eine
Scheibe mit Schraube nach und nach dem Stirnende zugeschoben
wurden. Unmittelbar vor letzterem streichen sichelförmig
gebogene und an den Armen eines Schwungrades befestigte Messer
vorbei, welche natürlich von den vorgeschobenen Flächen der
Würfel dünne Scheiben abschnitten. Muthmaßlich muß diese
Zerlegung der Würfel in ganz dünne Scheiben bessere Dienste
leisten, als das Zerhauen mit Handbeilen, welche Stücke von
verschiedener Stärke liefern.
In dem von den Dämpfen zu hohem Temperaturgrade erhitzten Wasser,
welchem Soda, auch wohl Chlorkalk zugesetzt worden, um die
Unreinigkeiten lösbarer zu machen und den der
Gutta-percha eigentümlichen unangenehmen Geruch zu
beseitigen, erweichen die Stücke, und die denselben
beigemischten Unreinigkeiten lösen sich auf, so daß nach
gehöriger Zeit die erweichte Masse schon viel reiner aus den
Gefäßen geschöpft und der weiteren Bearbeitung unterworfen
werden kann. Diese besteht nun in einer nochmaligen
Zerkleinerung durch eine mit Sägeblättern besetzte Walze,
ähnlich denjenigen, welche allgemein zum Zerreiben der
Runkelrüben üblich sind. Die aus den Gefäßen entnommene Masse wird in einem Rumpfe dieser Maschine vorgelegt, und
durch einen Druck auf dieselbe, mittelst eines Hebels, dem
Abarbeiten durch die Zähne der Sägeblätter unterworfen. Eine
scharfe rotirende Bürste fegt die an den Zähnen der Sägeblätter
anhängenden Theile der Masse ab, und fördert sie in ein, aus
hölzernen Bohlen construirtes, oben 2 Fuß breites, 10 Fuß langes
und 2 Fuß tiefes Gefäß, welches mit durch Wasserdämpfe erhitztem
Wasser angefüllt ist. Mehrere in dem Gefäße angeordnete, auf
Sattelhölzern laufende und mit Rippen versehene Walzen saugen
die im Wasser vertheilte Masse an, führen sie unter ihrem Mantel
und Sattel hindurch und vertreten hier die Stelle von Rührern.
Endlich ist am Ende des Gefäßes ein schräg ansteigendes Tuch
ohne Ende angebracht, auf welches die zerkleinerte Masse
aufsteigt, um in einem vom Wasser so ziemlich befreiten Zustande
zwischen zwei aufeinander gepreßten, hohlen und durch Dämpfe
geheizten Walzen abgeführt zu werden.Man vergleiche die Verfahrungsarten und Maschinerien von
Hancock S. 25 in diesem
Bande des polytechn. Journals.
Die jetzt gereinigte und bereits ziemlich weiche Masse, welche
die Walzen in Form eines etwa 18 Zoll breiten und 1/2 Zoll
starken Bandes abführen, wird nunmehr getrocknet, mit einer
Mischung aus 6 Theilen Schwefelantimon oder Schwefelcalcium,
oder irgend eines andern Schwefelmetalls und 1 Theil Schwefel
auf 48 Gewichtstheile Gutta-percha, bestreut, und in
einem wohl verschlossenen eisernen Cylinder für eine Zeit von 1
bis 2 Stunden der Einwirkung von Dämpfen von 90° R.
ausgesetzt. Nach der Herausnahme aus dem Cylinder wird die Masse
geknetet, wozu hohle Trommeln von etwa 16 Zoll Durchmesser und 2
Fuß Länge dienen, in deren Mitte in horizontaler Lage eine grob
genarbte Walze von etwa 8 Zoll Durchmesser, mit etwa 20
Umdrehungen in der Minute herumbewegt wird. Um die Masse in die
Trommel einlegen zu können, ist dieselbe aus zwei durch
Schrauben zu vereinigenden Hälften zusammengesetzt, auch ihr
unterer Theil mit einem Mantel umgeben, um Dämpfe als
Erwärmungsmittel zu verwenden. In dem obern Theile der Trommel
ist ein länglicher Schlitz, durch welchen die Dämpfe aus dem in
der Masse noch befindlichen Wasser und auch Luft entweichen.
Die Bearbeitung in diesen Knetmaschinen wird mehreremale
wiederholt, und bei dem letztenmale der Masse etwas Terpenthinöl
und 1/6 vom Gewicht der Gutta-percha salzsaures Zinkoxyd
zugesetzt, wodurch nicht allein ihre Geschmeidigkeit,
sondern auch das äußere Ansehen angeblich gewinnen soll.
Die so zubereitete Masse ist nun zur Verarbeitung geeignet, wird
behufs Erzielung von Treibriemen oder Schuhsolen, als denjenigen
Fabricaten, die gegenwärtig am meisten angewendet werden,
zwischen mit Dämpfen erwärmten Walzen ausgestreckt und für den
ersten Fall mittelst Kreisscheren gleich in angemessene Breiten
zerlegt. Für runde Schnüre sind die Walzen calibrirt, jedoch die
Ränder so scharf neben einander ausgedreht, daß diese die Masse
gleich zerschneiden. Um sowohl den flachen als den runden
Treibriemen und Schnüren ein gefälligeres Ansehen zu geben,
werden dieselben nach dem Auswalzen auf Trommeln unter starker
Spannung aufgewickelt und hierauf nochmals zwischen kalten
Walzen durchgewalzt, wobei sie durch Zieheisen letzteren
zugeführt werden. Dieß geschieht auch deßhalb, um bei
Treibriemen die Kantenenden zu runden, bei Schnüren, um die
Näthe zu beseitigen. Zur Verwendung der Gutta-percha für
Mäntel, Schürzen und weiter zu Cigarren- und Geldtaschen
wird die Masse ganz dünn ausgewalzt und durch eine gemusterte
Walze mit Mustern versehen. Ganz dünn ausgewalzte Masse wurde
auch mit baumwollenen und leinenen Geweben zusammengewalzt und
durch Anwendung von Terpenthinöl vereinigt. Terpenthin wird beim
Auswalzen überhaupt gebraucht, um das Anhängen der Masse an die
Walzen zu hindern.
Da nach den Versuchen Gutta-percha dem Einfluß von
Kohlengas, Säuren und Alkalien widersteht, so finden hieraus
gefertigte Röhren nicht allein hierzu, sondern insbesondere auch
zu Saug- und Druckschläuchen um so mehr zweckmäßige
Verwendung, als Gutta-percha kaum merkbare Elasticität
besitzt und Röhren davon einem Druck von 3 bis 5 Atmosphären
widerstehen.
Die Anfertigung von Röhren geschah nur in Paris, und es wurde für
diesen Zweck ein mit einem Dampfmantel umgebener und horizontal
gelagerter Cylinder mit der gut zubereiteten Masse gefüllt und
dieselbe durch Vortreiben eines Kolbens mittelst hydraulischen
Drucks durch ringförmige Oeffnungen gepreßt. Behufs des
schnellen Erkaltens wird die eben gepreßte Röhre sofort in einem
Troge mit kaltem Wasser fortgeführt und hiebei die Mündung mit
dem Finger oder einer Kappe zugehalten, um durch die in dem
Innern entstehende Luftverdünnung compactere Wandungen zu
erhalten.
Wie ich bereits im Eingange bemerkt habe, reinigen und bearbeiten
die Franzosen die Gutta-percha chemisch; die Mittel
selbst sind mir nicht mitgetheilt worden, da sie Fabrikgeheimniß
waren. Ich vermuthe indessen, dessen, daß
die Auflösung in Blasen mittelst Terpenthinöl erfolgte, die
Reinigung der gelösten Masse aber durch Auspressen in wollenen
Tüchern geschah.
In London werden Treibriemen zu 2 1/2 bis 5 Zoll Breite und 1/4
Zoll Dicke, das englische Pfund zu 2 Sh.; Schnüre von 3/8 bis
8/8 Zoll Durchmesser zu 3 1/2 Sh.; Schnüre von 1/5 bis 5/16 Zoll
Durchmesser zu 4 Sh. verkauft.
In Paris werden Röhren von
1–10
Millimeter
Durchmesser
und
von
10–15 Meter
Länge
zu
50 Cent.
bis 1 1/4 Fr.
0,015 „
„
„
„
8–10 „
„
„
1 Fr.
50 Cent.
0,018 „
„
„
„
dito „
„
„
1 „
80 „
0,022 „
„
„
„
dito „
„
„
2 „
25 „
0,026 „
„
„
„
dito „
„
„
2 „
75 „
0,035 „
„
„
„
dito „
„
„
3 „
– „
0,039 „
„
„
„
dito „
„
„
3 „
60 „
0,045 „
„
„
„
dito „
„
„
4 „
25 „
0,056 „
„
„
„
6–8 „
„
„
5 „
– „
0,062 „
„
„
„
dito „
„
„
7 „
– „
0,080 „
„
„
„
dito „
„
„
9 „
– „
0,100 „
„
„
„
5
„
„
„
13 „
75 „
0,110 „
„
„
„
dito „
„
„
16 „
– „
in der Fabrik verkauft, welche bis 4
Atmosphären Druck aushalten. Für größeren Druck muß die
Wandstärke vermehrt werden, wodurch das Gewicht auch größer wird
und daher auch den Preis erhöhet.
Da Wärme die Masse erweicht, so ist das Verbinden der Gegenstände
aus Gutta-percha mit Hülfe eines erwärmten Eisens sehr
leicht, daher jede Reparatur einer Röhre ermöglicht.