Titel: Beschreibung eines neuen Pyrometers; von Alexander Miller in Liverpool.
Fundstelle: Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XXII., S. 115
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XXII. Beschreibung eines neuen Pyrometers; von Alexander Miller in Liverpool. Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Jan. 1848, S. 126. Mit einer Abbildung auf Tab. III. Miller's Pyrometer. Da die gewöhnlichen Thermometer zum Messen höherer Hitzgrade unanwendbar sind, suchte Muschenbroek im J. 1730 die Ausdehnung von Metallstangen statt jener des Quecksilbers zu diesem Zweck zu benützen. Seitdem wurden Pyrometer und Metallthermometer, mit wenig Ausnahmen, nach diesem Princip verfertigt, wenn sie auch in der Gestalt abweichen; die Expansion der Metallstangen wurde dabei als der Temperatur proportional angenommen. Die Ausnahmen von Muschenbroek's Methode will ich hier nur kurz andeuten. Wedgwood's Pyrometer gründet sich auf die Eigenschaft des Thons, sich in der Hitze zusammenzuziehen. Das Achard'sche glich dem gewöhnlichen Thermometer; halb durchsichtiges Porzellan vertrat die Stelle des Glases und eine leichtflüssige Legirung die des Quecksilbers. Hr. Prinsep, Münzwardein in Benares, schlug die Anwendung verschiedener Metalllegirungen vor, welche bei verschiedenen Graden schmelzen. Auch die Ausdehnung der Luft durch die Wärme wurde zum Messen hoher Temperaturen angewandt. Das Princip, auf welchem mein Pyrometer beruht, ist nach der Ansicht von Männern (den Professoren Faraday und Melson), auf deren Urtheil ich mehr vertraue als auf mein eigenes, neu in seiner AnwendungDieß ist es keineswegs. Schon vor mehr als 20 Jahren hat man in englischen Manufacturen die Temperatur der Schornsteine nach einem Verfahren bestimmt, welches auf demselben Princip wie das neue Pyrometer beruht. Man hängt nämlich in der Mitte des Schornsteins ein Stück Eisen von bekanntem Gewicht so lange auf, daß es die nämliche Temperatur wie der Schornstein erhalten kann; man zieht es dann heraus und wirft es in Wasser, dessen Gewicht und Temperatur man kennt; das Eisen verliert darin allen überflüssigen Wärmestoff und man untersucht mit dem Thermometer, um wie viel sich die Temperatur des Wassers dadurch erhöht hat. Um die Temperatur des Schornsteins zu erfahren, multiplicirt man die Differenz zwischen derjenigen des Wassers vor und nach der Operation, mit dem Verhältniß seines Gewichtes zu demjenigen des Eisens, und das so erhaltene Product wird mit der Differenz der specifischen Wärme der beiden angewandten Substanzen multiplicirt.E. D. und theoretisch richtig; die praktische Nützlichkeit dieser Erfindung aber bedarf erst noch der Bestätigung. Die mit der Erfindung eines derartigen Instruments, welches bei seinem Gebrauch der heftigen Einwirkung des Feuers ausgesetzt ist, verbundenen Schwierigkeiten ersieht man schon aus dem Mangel an Uebereinstimmung in den Tabellen hinsichtlich der Temperaturen über dem Siedepunkt des Quecksilbers. Mein Zweck war, das Quecksilber-Thermometer zum Messen hoher Hitzgrade anwendbar zu machen. Wie in der Mechanik ein verhältnißmäßig kleines Gewicht, an dem Hebel einer Schnellwaage angebracht, das Gewicht der Last aufwiegt und anzeigt, so schien es auch durch irgend ein Verfahren möglich, mittelst des gewöhnlichen Thermometers Temperaturen zu bestimmen, die den Siedepunkt des Quecksilbers übersteigen. In dieser Absicht wurden zuerst Versuche mit einem kurzen eisernen Cylinder von einem Zoll Durchmesser, ferner einer Röhre von Eisenblech und einem Thermometer angestellt, und dabei wie folgt verfahren: – Der eiserne Cylinder wurde, nachdem er erhitzt war, in die Röhre gesenkt; das Thermometer wurde in geringer Entfernung über ihm aufgehangen, und zwar bei allen Versuchen in derselben Entfernung, um die Einwirkung der strahlenden Wärme zu erfahren; dabei wurde das Steigen des Thermometers während einer gegebenen Zeit beobachtet. Ich setzte dabei voraus, daß die Einwirkung auf das Thermometer der Wärme-Intensität proportional sey, daß wenn z.B. das auf 100° (Fahrenheit) über die Temperatur der Atmosphäre erhitzte Eisen das Thermometer in 4 Minuten um 12° steigen macht, 200° es in derselben Zeit um 24° steigern werden. An dieser Vorrichtung wurde dann folgende Verbesserung gemacht. Das Thermometer wurde einen Zoll hoch über seiner Kugel in einen rechten Winkel gebogen; die Kugel hierauf 1/2 Zoll tief in Sand gesteckt, der sich in einer metallenen Schale befand; die Thermometerröhre wurde durch ein Loch in der Seite der Schale gesteckt und in aufrechter Stellung befestigt; ein eiserner Cylinder, etwa sechs Unzen schwer, mit einer dünnen Handhebe, wurde in Quecksilber auf verschiedene bekannte Grade erhitzt und dann an die beschützte Kugel angelegt. Bei jedem Versuch wurde der Grad, auf welchen das Thermometer während vier Minuten stieg, aufgezeichnet. Die Resultate sielen bei mäßigen Hitzgraden ziemlich gleich aus, indem eine Zunahme um 100 F. (80° R.) im Cylinder ein Steigen um etwa 12° F. (5 1/3° R.) auf der Thermometerscala bewirkte. Die Resultate mit bekannten Hitzgraden lieferten eine Scala, durch welche auf unbekannte höhere Hitzgrade geschlossen werden konnte. Da aber die Wärmecapacität des Eisens rasch zunimmt, so müssen alle Bestimmungen mittelst dieses Metalls in den höheren Hitzgraden zu hoch ausfallen. In der Ausführung war dieses Verfahren mit einigen Uebelständen verknüpft. Der die Thermometerkugel umgebende Sand zog beim trockensten Wetter Feuchtigkeit aus der Luft an; wenn der Cylinder rothglühend angelegt wurde, so verwandelte sich die Feuchtigkeit in Dampf und das Thermometer stieg schnell von etwa 70–80° F. (17–21° R.) bis auf den Kochpunkt. Es war also schwierig, die Zeit durch eine Secundenuhr und zu gleicher Zeit das Steigen des Thermometers zu beobachten. Es wurde nun ein anderes Verfahren erdacht, bei welchem die Zeit kein Element der Beobachtungen bildet und die Operation also vereinfacht ist. Das Pyrometer, in seiner jetzigen Gestalt, Fig. 30, besteht aus einem PlatincylinderDas Platin hat zwei wünschenswerthe Eigenschaften, die das Stabeisen nicht besitzt; es hält intensive Hitze aus, ohne sich zu oxydiren und seine Wärmecapacität nimmt weder unregelmäßig noch rasch zu., etwa 4 Unzen schwer; ferner 30 Unzen Quecksilber in einem Gefäß aus Eisenblech, das, mit Holzkohle dazwischen, in einem hölzernen Gefäße steckt; endlich einem bis 600° F. (252 1/2° R.) auf seiner Röhre graduirten Thermometer. Das eiserne Gefäß hat einen ebenfalls eisernen Deckel; eine unten geschlossene eiserne Röhre von größerm Durchmesser als das zu erhitzende Platinstück, ist auf dem Deckel durch eine Flansche befestigt und geht durch das Quecksilber hinab, so daß es etwa 1/8 Zoll über dem Boden des Gefäßes steht. Das Verfahren ist dem obigen ähnlich, unterscheidet sich aber dadurch von demselben, daß die Wärme nicht durch ihre theilweise Einwirkung während einer kurzen und bestimmten Zeit gemessen wird, sondern durch ihre Gesammtwirkung auf eine Quecksilbermasse. Das Platin wird, nachdem es die Temperatur des Ofens, des geschmolzenen Metalls etc. angenommen hat, in die Röhre hinabgesenkt, schnell Sand darüber geschüttet und die Röhre mit einem Nichtleiter verstopft. Auf das äußere Gehäuse wird ein hölzerner Deckel gedrückt; in diesem und dem darunter befindlichen eisernen Deckel sind Löcher angebracht, um das Thermometer in das Quecksilber stecken zu können; die Scala desselben über 30° F. befindet sich außerhalb. Das Gewicht des Platins beträgt ein Neuntel des dasselbe umgebenden Quecksilbers und Eisenblechs. Das Quecksilber, welches den größten Theil des Gewichts ausmacht, hat nahezu dieselbe specifische Wärme wie das Platin; wenn daher die Temperatur in der Masse zertheilt oder von ihr verdünnt wird, so wird sie auf ein Zehntheil, nicht ein Neuntheil, erniedrigt, weil das Platin seinen Antheil zurückbehält; so würde z.B. eine Temperatur von 2000° F. (die Atmosphäre zu 0° angenommen), sich auf 200° F. reduciren und durch das Thermometer meßbar werden. Die Diffusion der Wärme erfolgt immer in gleicher Zeit, nämlich in sechs Minuten, wo dann das Thermometer stationär wird. Die Scala wird, wie man sieht, durch die relativen Gewichte des Quecksilbers und Platins bestimmt und kann durch Verminderung oder Vermehrung des einen oder andern verändert werden; sie läßt sich durch Berechnung, aber genauer und leichter durch das Experiment herstellen. Die Scala von 1 zu 10 Fahrenheit'schen Graden habe ich auch zur Erleichterung der Aufzeichnung gewählt; durch Hinzusetzen einer Null zu der Anzahl von Graden, welche das Thermometer schon zeigt und dann Hinzurechnung der atmosphärischen Temperatur, erhält man die wirkliche Wärme.Beispiel. – Angenommen das Thermometer sey bei einer Lufttemperatur von 50° F. (8° R.) auf 145° F. (50,3° R.) gestiegen, so hat es um 95° F. (42,3° R.) zugenommen; eine 0 angehängt, macht 950° F. (408° R.); wird nun noch die Temperatur der Atmosphäre 50° F. (8° R.) addirt, so erhält man als die wirkliche Hitze 430,3° F. Bei vergleichenden Versuchen mit dem Thermometer wurden die Resultate übereinstimmend und gleichbleibend oder doch nahezu so gefunden, so daß 100 wirkliche Grade der Masse 10° F., 200° der Masse 20° Wärme mittheilten u.s.f. Der Siedepunkt des Leinöls, welcher zu 600° F. angenommen wird, ergab sich zu 594° F. (250° R.). Die Hitze des gewöhnlichen Feuers variirte zwischen 1200 und 1600° F. (519 und 697° R.), was vom Zug abhängt. Die Wärme des Feuers in einem Wohnzimmer wurde von dem verstorbenen Professor Daniell zu 1141° F. (493° R.) angegeben. Diese Differenz habe ich nicht erwartet und sie kann auch nicht wohl dadurch erklärt werden, daß man den Mehrbetrag meiner Bestimmung der zunehmenden specifischen Wärme des Platins zuschriebe; denn es ist anzunehmen, daß dieselbe durch die zunehmende Expansion des Platins bei der andern Bestimmung mittelst des Register-Pyrometers nahezu aufgewogen werde. Die Zunahme an Wärmecapacität und die Expansion der Metalle im allgemeinen scheinen in einem gewissen Verhältniß zu einander zu stehen; beim Platin aber sind sie beide gering. Wenn die durch mein Pyrometer für ein gewöhnliches Feuer gefundene Wärme wirklich zu groß ist, so kann meines Dafürhaltens der Fehler nur der zunehmenden specifischen Wärme zugeschrieben werden; bei dem Versuche mit siedendem Oel wurde keine solche Zunahme beobachtet, denn das Resultat blieb unter 600° F. Für den Schmelzpunkt des Kupfers und die Weißglüh- oder Schweißhitze des Eisens fand ich ebenfalls höhere Grade, die jedoch weit unter den von Morveau, bei seinen Correctionen der Wedgewood'schen Scala angegebenen blieben. Bemerkenswerth ist, daß die Bestimmungen mit Daniell's erstem PyrometerPolytechn. Journal Bd. XXIX S. 416. höher ausfallen, wenn man Rollen anwendet um die Expansion zu vergrößern, als die mit seinem Register-PyrometerPolytechn. Journal Bd. XLIII S. 189. erhaltenen, wobei man sich eines Hebels statt der Rollen bedient. Der Schmelzpunkt des Gußeisens ergab sich mit ersterm zu 3479° F. (1532° R.), mit letzterm zu 2786° F. (1220° R.). Dr. Brewster macht in seiner Ausgabe der Ferguson'schen Vorlesungen auf ein sonderbares Versehen in der Construction des Ferguson'schen Pyrometers aufmerksam, hinsichtlich des zur Vergrößerung der Expansion für das Auge angewandten Hebels. Er sagt: „da die Arme der zwei Hebel beständig in ihrem Längenverhältniß wechseln, so muß jedes nach dem Princip des Hebels construirte Pyrometer ein sehr unrichtiges Resultat geben.“ Die Hebel bei Ferguson's Pyrometer wirken wie Hebel der dritten Art; beim Daniell'schen wie solche der ersten Art; doch läßt sich aus der Abbildung allein, welche der Beschreibung des Register-Pyrometers beigegeben ist, nicht wohl erkennen, ob ein ähnlicher Fehler wie bei der Ferguson'schen Vorrichtung, oder ob überhaupt ein Fehler an der Daniell'schen Scala obwaltet. Ich hatte keine Gelegenheit, das Instrument selbst zu besichtigen. Alle Physiker, die sich mit Verbesserung der Pyrometer beschäftigten, bemühten sich, dasselbe dem Thermometer als Ergänzung anzuschließen, welches letztere aber, wie gegenwärtig allgemein angenommen wird, von seiner untern bis zur obern Gränze nicht vollkommen gleichen Schritt hält; eine Annäherung an eine richtige Fortsetzung der (Fahrenheit'schen) Scala ist daher alles, was man erwarten kann. Die der Lösung des Problems entgegenstehenden Schwierigkeiten scheinen herzurühren einerseits von der geringen Expansion der angewandten Metalle, welche die Vermittlung von Hebeln und Rädern erheischt, die nicht mit theoretischer Genauigkeit zu wirken vermögen; andererseits von ungleichen Ausdehnungen bei gleicher Zunahme an Wärme; und bei dem von mir vorgeschlagenen Verfahren, von der zunehmenden specifischen Wärme der Metalle. Nunmehr scheint mir es doch möglich, eine Temperatur von nicht mehr als 1200° F. (519° R.), der doppelten des kochenden Oels, wenigstens auf 100° F. (44,5° R.) hin, mittelst des leichtflüssigen Metalls und durch ein Verfahren zu bestimmen, bei welchem diese Fehlerquellen vermieden sind. Wenn mir dieß gelingt, behalte ich mir vor, das Nähere mitzutheilen. Erklärung der Abbildung. A, A ovales Gefäß von Eisenblech, mit Quecksilber beinahe gefüllt (das äußere hölzerne Gefäß ist weggenommen). B, B in das Quecksilber gesenkte eiserne Röhre, welche den erhitzten Platincylinder aufnimmt. C der Cylinder, unter welchem sich eine dünne Schicht Sand befindet. D, D Rührvorrichtung, um die Vertheilung der Wärme zu befördern. E Thermometer.

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Tafel Tab. III
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