Titel: Neues System der Rübenzuckerfabrication; von Karl Hanewald.
Autor: Karl Hanewald
Fundstelle: Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XLIII., S. 208
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XLIII. Neues System der Rübenzuckerfabrication; von Karl Hanewald.Ueber die Principien worauf das in den preußischen und österreichischen Staaten patentirte Hanewald'sche Verfahren der Rübenzuckerfabrication beruht, wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CIII S. 298 von einem Sachverständigen berichtet. Die ausgezeichneten Erfolge welche der Erfinder noch zuletzt in Mährisch-Ostrau erzielte, haben ihn veranlaßt selbst Näheres über seine Methode zu veröffentlichen.Man kann die zur Rübenzuckerfabrication nach dem neuen System erforderlichen Apparate, sowohl im Ganzen als im Einzelnen, von Hrn. C. Hanewald selbst zu verhältnißmäßig sehr billigen Preisen beziehen. Derselbe liefert die nöthigen Bauzeichnungen für die zu errichtenden Fabriken, läßt die Maschinen und Apparate aufstellen und in Gang bringen; er verschafft den Unternehmern auf Verlangen Vorarbeiter, nicht nur für den Fabrikbetrieb, sondern auch für den Rübenbau.A. d. R. Hanewald's neues System der Rübenzuckerfabrication. Die Hauptaufgabe, welche ich mir stellte, war, aus der bekannten Methode den Zucker durch Reiben und Pressen der Runkelrüben zu gewinnen, ein möglichst zusammengedrängtes, abgekürztes Verfahren zu schaffen, wobei sämmtliche Operationen in einem continuirlichen Apparate durchgeführt werden können, so daß nicht nur gegen die frühere Methode Zeit und Kosten erspart werden, sondern auch von dem Zucker ein geringerer Antheil eine Veränderung oder Zersetzung erleidet, während überdieß die landwirtschaftlichen Nebenvortheile, welche bei der Schützenbach'schen Trockenmethode geopfert werden, wie früher bei diesem Industriezweig fortbestehen. Vor Allem war ich bemüht zur Erleichterung der Arbeit und ihrer Beaufsichtigung, die sonst in verschiedenen Localitäten aufgestellten Apparate für die einzelnen Operationen in einem gemeinschaftlichen Raum zusammenzudrängen; dieß gestattete zugleich die Höhe und Stärke des Gebäudes bedeutend zu vermindern. In einem zweistöckigen Gebäude lassen sich hiebei alle Fabricationsräume anbringen; hinter demselben in seiner Mitte lehnt sich das Kesselgebäude an, damit der Dampf allen Apparaten so nahe als möglich ist. Das Hauptgebäude enthält auf der einen Seite Rübenlocal und Rübenwäsche; in der Mitte die sämmtlichen Apparate und Maschinen, wovon ein Theil auf einer erhöhten Estrade steht; auf der anderen Seite die Zuckerböden, wobei für Raffinadeformen der obere Boden, für die Rohzuckerformen der mittlere und für die Syrupzuckerformen der untere dient. In dem untersten Local dieser Seite steht der Syrup-Kochapparat, welcher die Syrupe von den Raffinaden und Rohzuckern absaugt und solche sogleich verkocht. Die Untersuchungen der Chemiker und die Erfahrungen der besten Zuckerfabrikanten stellen unzweifelhaft fest, daß die Rüben ursprünglich nur krystallisirbaren Zucker enthalten, und dieser erst durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft und andauernder höherer Wärme in Schleimzucker (der nicht krystallisirt) umgewandelt werde. Dieser Umstand erklärt, warum bei den bisherigen Fabricationsweisen nicht mehr Zucker aus den Rüben gezogen werden konnte, und er deutet den Weg an, auf welchem eine größere Ausbeute sich erzielen läßt; er ist es zugleich, der mich veranlaßte mein neues System der Zuckerfabrication aus Runkelrüben aufzustellen. Das angeführte Gesetz erheischt, daß man im luftverdünnten Raum arbeite und nicht dauernd mit höherer Wärme. Um dieß durchzuführen, konnte man leicht auf Einrichtungen gerathen, von einer Kostbarkeit, welche die größere Ausbeute an Zucker aufwiegen. Ich habe daher der Fabrication noch eine neue Wendung gegeben, die darin besteht, continuirlich mit geringeren Massen zu arbeiten, und dadurch ist es möglich geworden, dem angeführten Gesetz gemäß im luftverdünnten Raum mit mäßiger Wärme zu arbeiten, und zugleich mit Apparaten, welche beträchtlich wohlfeiler sind und weniger Raum einnehmen, als die, welche die gewöhnliche Fabrication erfordert, und endlich unter Ersparung von Brennmaterial und Arbeitskräften. Meine Reibe habe ich so construirt, daß die gewaschenen Rüben mit einem einfachen Hebel vorgedrückt werden; die Sägeblätter liegen in hölzernen Felgen, welche nach der Tiefe der Sägeblätter eingeschnitten sind. Die Zähne der Sägeblätter stehen spiralförmig um die Reibtrommel laufend, so daß ein Zahn den andern nur wenig abweichend deckt; das Schärfen der Sägeblätter geschieht bloß mit der Feile, wobei man sie nicht aus der Trommel nimmt. So wird die Trommel, welche sonst leicht durch das Quellen ihrer Hölzer ungleich wird, mit ihren Sägeblättern stets zirkelrund erhalten. Man erhält mittelst dieses Apparats den Rübenbrei stets frei von größeren oder kleineren Stückchen, welche den Pressen so schädlich sind und viel Saft zurückhalten. Der Rübenbrei fällt in den Breiwärmer, worin er durch zugeführten Dampf erwärmt wird. Durch diese Operation werden mehrere Vortheile erzielt; die Fasern, welche durch die Dämpfe erweicht wurden, lassen sich viel leichter auspressen; der klebrige Zuckersaft wird angefeuchtet und fließt besonders von sehr trockenen Rüben leichter ab; man gewinnt aus den durch die feuchte Erwärmung geöffneten Fasern schon durch eine mittelstarke Pressung leicht 80 Proc. Saft und darüber. Der gedämpfte Saft, schnell verarbeitet, zeigt sich reiner und liefert hellere Scheidungen als es bei dem gewöhnlichen Verfahren der Fall ist. Bekanntlich übt die Luft eine nachtheilige Einwirkung auf den Rübenbrei aus, wenn derselbe nicht schleunigst verpreßt wird; dieser Veränderung des Breies wird durch das Dämpfen begegnet. Der Breiwärmer ist ein herzförmiger runder eiserner Behälter mit einer durchlöcherten kurzen Schlange für den Dampfeintritt; ein Knabe besorgt das Füllen und Entleeren dieses Apparats. Zum Auspressen des Rübenbreies habe ich die Dampfpresse gewählt; dieselbe besteht in einem 3 bis 4 Fuß weiten eisernen Cylinder, in welchem zwei Kolben von je einer Kolbenstange geleitet werden; diese wirken auf den Preßtisch, auf welchem sich der Rübenbrei in Kuchen gepackt befindet. Damit die zwei über einander liegenden Kolben doppelt wirksam seyn können, ist ein Mittelboden zwischen beiden Kolben in dem großen Cylinder befestigt, so daß der Druck des Dampfs bei jedem Kolben entgegengesetzt seinen Widerstand hat. Der durch ein Einströmungsventil mit der leichtesten Bewegung zugelassene Dampf hebt und preßt beliebig schnell den Preßtisch mit seinen Kuchen. Gewöhnlich läßt man den Preßtisch schnell steigen, bis der Saft stark fließt, sperrt den Dampfzufluß dann einige Augenblicke ab, damit der Saft abfließen kann, und preßt hierauf mit voller Kraft nach. Auf diese Weise kann eine Person das Vor- und Nachpressen mit der größten Leichtigkeit verrichten und die Operation welche sonst 6 Minuten dauert, ist in 2 Minuten vollkommener ausgeführt. Nach dem Abpressen hat man nur das Dampfabzugsventil zu öffnen, damit der Preßtisch wieder herabfällt, worauf sämmtliche ausgepreßte Kuchen auf einmal herausgeschoben und auf der anderen Seite eben so viele frische Kuchen eingesetzt werden, was das Werk einer Viertelsminute ist. Hierauf beginnt sogleich eine neue Pressung. Auf diese Weise ist die Presse fast beständig in Thätigkeit. Der Dampfverbrauch ist bei derselben nicht bedeutend; der verwendete Dampf wird überdieß zu anderen Heizungen benutzt und dann nach seiner Condensation als heißes Wasser in den Dampfkessel zurückgeführt. Die Dampfpresse erheischt nur selten eine Reparatur und ist in allen Zuckerfabriken, welche mit Dampf arbeiten, den hydraulischen Pressen vorzuziehen. Mit einer Dampfpresse kann man ebensoviel wie mit zwei kräftigen, aber langsam wirkenden hydraulischen Pressen ausrichten. Von guten und frischen (nicht trockenen) Rüben habe ich oft durchschnittlich 83 bis 88 Proc. Saft abgepreßt. Der rohe Saft lauft von der Presse in das horizontale eiserne Scheidekochrohr; dasselbe hat 2 Fuß Umfang und eine dem Fabrikbetrieb angemessene Länge; es ist mit einem Doppelboden zur Dampfheizung versehen und die aus dem Kessel entweichenden Dämpfe werden durch das Saugrohr der Luftpumpe entfernt; auf ihm sind zwei Thermometer und ein Kalkzuflußhahn angebracht, um die Scheidung (Läuterung) reguliren zu können. Der eine Thermometer ist bei 1/3 der Länge vom Safteinfluß, der andere am Ende des Rohrs vor dem Abfluß angebracht. Der Saft fließt von der Presse in den Apparat, während man in den Doppelboden fortwährend Dampf einströmen läßt; das Einströmen beider regulirt man so, daß der erste Thermometer so nahe als möglich immer 60° R. zeigt; zeitweise läßt man durch den Kalkhahn, welcher sich hinter dem Thermometer befindet, den erforderlichen Kalk einlaufen; die eintretende Scheidung kann man durch angebrachte Gläser beobachten. Am Ausflußhahn muß der Thermometer stets 80° R. zeigen. Am Ende des Apparats ist ein Probehahn angebracht, durch welchen man von Zeit zu Zeit Flüssigkeit abzieht, um sich zu überzeugen ob die Scheidung gehörig bewerkstelligt ist, nach deren Befund man den Kalkzusatz und die Dampfheizung regulirt. Zu diesem Apparat gehören sechs Beutelfilter, nämlich sechs eiserne Cylinder von beiläufig 3 1/2 Fuß Durchmesser und 4 Fuß Höhe, in welchen Beutel nach Art der Taylorfilter hängen; oben können diese Filter mit einem Deckel verschlossen werden. Seitwärts läuft oben in den Cylinder die Scheidung (der geläuterte Saft) vom Scheideapparat auf die Filter ein und unten lauft er durch einen Kreuzhahn ab, von welchem eine Seite nach dem Kohlenfilter, die andere aber in ein Rohr führt, welches mit einem über den Beutelfiltern angebrachten Reservoir in Verbindung steht, das nach Belieben luftleer gemacht werden kann. In jedem eisernen Cylinder (Mantel) hängen sieben Beutel so, daß die Scheidung nur hinein, nicht daneben laufen kann. Zwei von den sechs Cylindern sind stets verschlossen zum Einlaufen der Scheidung in Gebrauch; zwei werden durch das höher stehende luftleere Reservoir abgesogen und zwei werden wieder gereinigt und mit frischen Beuteln versehen. In den verschlossenen Cylindern läuft die Scheidung so lange ein, bis man annehmen kann daß die Beutel voll Schlamm sind (2 Beutelfilter nehmen den geläuterten Saft von 20 Centner Rüben auf). Aus den stets gefüllten heißen Beuteln (welche auch doppelt genommen werden können) lauft der Saft ruhig und klar in die darunter stehenden Kohlenfilter ab. Der Auslauf der Kohlenfilter ist mit der Verdampfpfanne, welche mit Luftleere kocht, in Verbindung gesetzt. Die Verdampfpfanne liegt höher als die Scheideröhre, unter welcher die Beutelfilter liegen. Jene saugt durch die Luftleere von den Kohlenfiltern soviel Saft auf, als etwa roher Saft in das Scheiderohr lauft. Das Ansaugen der Verdampfpfanne bewirkt ein stetes Ablaufen des Saftes aus den Beutelfiltern und Kohlenfiltern und ein leichtes und sicheres Absetzen des Schlammes in den Beuteln. Nachdem die Beutel zweier Filter mit Schlamm gefüllt sind, unterbricht man das Einlaufen der Scheidung und stellt den Kreuzhahn so, daß die in ihrem heißen Cylinder hängenden Beutel durch das erwähnte Reservoir abgesogen werden; nach 1/2 bis 1stündigem Stehenlassen saugt man wieder ab, worauf der Schlamm in den Beuteln so trocken ist, daß er kaum das Pressen lohnt. – Die Erfahrung hat gelehrt, daß der Erfolg ein besserer ist, wenn man den Rohsaft in kleinen Partien läutert; da ich nun in dem horizontalen Scheiderohr nur einen niedrigen Saftstand halte und der fortwährend einströmende Rohsaft in den kleinsten Partien geschieden wird, und zwar im verschlossenen Raum, so erhalte ich einen geläuterten Saft von vorzüglicher Güte, mit ungeschwächter Krystallisationskraft des Zuckers. Meine Kohlenfilter haben eine von den gewöhnlichen abweichende Construction; statt der großen Filter wende ich nämlich eine Batterie von kleineren an, welche durch enge Röhren mit einander verbunden sind. Ich kann so kleine Partien Kohle an- und abstellen und nehme stets einen einzelnen schon gehörig benutzten Theil der Säule weg, während ich beim Auslauf wieder einen frischen Theil mit Kohle anstelle. Um dieß leicht bewerkstelligen zu können, stehen circa 4 Fuß hohe, mit Achse und Rädern versehene Filter auf einer eiförmigen Eisenbahn ohne Ende, auf welcher sie leicht gefüllt, geleert, gereinigt und bewegt werden. Ich wende hiebei die Filtration von unten nach oben an, von deren Vortheilen ich mich schon seit langer Zeit überzeugt habe; der Saft tritt bei derselben viel gleichmäßiger und langsam in die Kohle; auch wird dabei der weiße, selbst der eingedickte Saft nicht so leicht gefärbt wie beim umgekehrten Verfahren; man erhält folglich einerseits leichter ein weißes Klärsel und nutzt andererseits die Kohle besser aus. Da auch die Erfahrung lehrte, daß der Saft die Filter von cylindrischer Form nicht gleichförmig passirt, sondern häufig auf einer Stelle mehr als auf anderen Stellen strahlenweise lauft, auch oft an den äußeren Wänden (selbst wenn sie mit Holz oder Mauerwerk umgeben sind) gar nicht filtrirt, sondern stehen bleibt, so habe ich für die Filter die Eiform gewählt, wodurch alle derartige Uebelstände gehoben sind. Da der eingetretene Saft stets ein Bestreben hat sich nach unten zu ziehen und den zufließenden heißen und leichtern Saft stellenweise vorbeiläßt, so wird ersterer nach dem von allen Seiten spitzig zugehenden Einlauf des Filters gewiesen und stets mit dem zulaufenden frischen Saft vermischt; dieselbe Vermischung findet beim Auslauf des Filters statt und die filtrirte Saftmasse wird daher stets gleichmäßig fortgedrängt, so daß die Operation mit großer Regelmäßigkeit und Sicherheit durchgeführt wird. Damit der Saft besser in die Poren der Knochenkohle eindringt, gebe ich den Filtern eine Saftdrucksäule von 10 bis 12 Fuß Höhe; auch bewahre ich dem Saft durch eine angemessene Eisenstärke des Filters und dessen Mantels die Hitze welche er stets haben muß. Zwei bis drei eiförmige Kohlenfilter von 4 bis 5 Fuß Höhe und 3 bis 4 Fuß Durchmesser stehen nebeneinander und sind durch an- und abzuschraubende Röhren und deren Hähne mit einander verbunden. Nachdem dieselben auf der einen Seite mit dem Scheiderohr und den Beutelfiltern, und auf der anderen Seite mit der Verdampfpfanne in Verbindung gesetzt wurden, filtrirt der Saft regelmäßig ohne zu befürchtende Störungen hindurch, so daß bei Anwendung von weniger Knochenkohle als gewöhnlich, ein stets weißer Saft in die Verdampfpfanne lauft. Das eiserne Verdampfrohr (Verdampfpfanne) hat 2 Fuß im Durchmesser und eine dem Fabrikbetrieb angemessene Länge; es ist mit der Luftpumpe durch einen Condensator und einen Uebersteigcylinder verbunden; das Kochen bewirkt eine 5 bis 6fache Heizschlange, welche dem geringen Quantum Saft eine verhältnißmäßig sehr große Heizfläche darbietet; die übrigen Garnituren (Thermometer, Barometer etc.) sind dieselben wie bei jeder Vacuumpfanne. Der Saft lauft also aus dem Scheidekochrohr durch die Filter in das Verdampfrohr, in welchem er während seines Laufes verdampft, so daß er am Ende des Rohrs 24° Baumé zeigt; aus demselben lauft er fortwährend ab in die darunter liegenden Kohlenfilter. Da der Flüssigkeitsstand im Verdampfrohr sehr niedrig gehalten wird, so verdampft der eintretende 3 bis 6° Baumé starke Saft schnell auf 24° B. und färbt sich dabei nur wenig; eine Temperatur von 50 bis 60° R. ist zu dieser Verdampfung (mit Beihülfe der Luftpumpe) die geeignetste. Wenn die Ventile gut gestellt sind, erheischt dieser Apparat wenig Beaufsichtigung. Die Kohlenfilter, welche der eingedickte Saft passirt, sind ähnliche wie sie oben beschrieben wurden; sie werden mit frischer Knochenkohle gefüllt und dann mit Dampf stark ausgedämpft. Aus ihnen lauft der Saft weiß als Klärsel in zwei verschlossene, mit der Luftpumpe in Verbindung stehende kleine Reservoirs abwechselnd ein. Die Kohlenfilter, in welchen der eingedickte Saft filtrirt worden ist, werden in bestimmten Perioden an die Stelle der für Scheidung oder dünnen Saft bestimmten Filter gestellt; aber nur eines nach dem andern, damit fortwährend benutzte Kohle durch frische ersetzt wird. Der dünne Saft von der Scheidung (Läuterung) treibt den dicken aus dem Kohlenpulver ab und letzterer wird wieder durch Wasser abgetrieben. Aus den kleinen Reservoirs nimmt nun das Kochrohr das Klärsel auf. Das Kochrohr ist mit einem Doppelboden und Heizschlange versehen und hat alle Garnituren wie die gewöhnlichen Vacuum-Apparate. In dasselbe lauft das Klärsel fortwährend ein und dann verkocht als Zuckermasse beständig wieder ab. Auf diese Art läßt sich die Arbeit viel bequemer und sicherer ausführen als nach der bisherigen Methode; das Klärsel gelbt fast gar nicht, weil der Stand der im Rohr kochenden Masse sehr niedrig ist; auch wird der Zucker weit weniger abgemattet, d.h. weniger Syrup gebildet als wenn man große Massen mit hoher Saftsäule selbst bei noch so wirksamer Luftleere verkocht. Ueberdieß erfordert das Verkochen des Klärsels bei niedriger Säule und während seines Laufes weniger Dampf oder Heizmaterial. Ich habe oft bei 43 bis 44° R. dasselbe Quantum Klärsel in zwei Drittel der Zeit abgekocht, deren ich beim Verkochen durch Sude bedurfte. Beim Auslaufen des fertig gekochten Zuckers kann sich der Siedmeister mittelst eines Probehahns von der Beschaffenheit desselben überzeugen. Unter dem Kochapparat befinden sich zwei verschlossene Kühler, welche ebenfalls mit der Luftpumpe in Verbindung stehen; sie sind mit einem Thermometer, zwei Augengläsern und oben mit einem leicht verschließbaren großen Mannloch versehen. Sie communiciren mit dem Kochrohr durch ein Abflußrohr, so daß man mittelst eines Ventiles die fertig gekochte Masse beliebig stark oder schwach in den einen oder anderen Kühler laufen lassen kann. Nachdem in den einen Kühler, welcher verschlossen und mit Luftleere wie der Kochapparat angestellt ist, eine Quantität Zuckermasse eingelaufen ist, stellt man den anderen Kühler bloß durch Umdrehen des Ventils an, ohne die Kochung zu unterbrechen. Während nun in den anderen Kühler eine Zeit lang verkochtes Klärsel einlauft, öffnet man den ersten Kühler und untersucht die Zuckermasse, ob die Körnung gehörig vor sich geht und die Kochung überhaupt nach Wunsch war. Dabei hat man Gelegenheit die Zuckermasse beliebig umzurühren, anzuheizen oder durch Luftleere abzukühlen und wenn sie nach Wunsch gekörnt ist, wieder eine frische Kochung stärker oder schwächer zulaufen zu lassen; solche auch mit der vorher schon stark gekörnten Masse nochmals unter Luftleere durchkochen zu lassen, was ohne Dampf geschehen kann, indem der Zucker – wenn er vorher durch Anstellen mit Dampf auf höhere Grade gebracht wurde – unter Luftleere von selbst zum Kochen kommt. Auf diese Weise kann man das Körnen des Zuckers vortheilhafter und viel leichter bewerkstelligen als nach der bisherigen Methode, ohne den Zucker abzumatten und zu gelben, d.h. mehr Syrup zu erzeugen. Das Ausfüllen des Zuckers aus den Kühlern kann continuirlich geschehen, wenn sich das Korn nach Wunsch zeigte, indem man zu alter Kochung immer wieder frische Masse zuläßt; oder es können die gefüllten Kühler auf einmal gänzlich ausgefüllt werden. (Raffinaden werden in Raffinadeformen gefüllt, welche auf eisernen Röhren zum Absaugen des Syrups stehen; dieser Syrup lauft in den Syrup-Kochapparat ab, durch welchen das Absaugen geschieht.) Die ausgefüllte Masse kommt in die Siebformen, welche länglich-viereckig sind und 10 bis 12 Cntr. Masse aufnehmen. Sie bilden gleichsam die Kühler des Syrup-Kochapparats, welche, wenn sie voll sind und nach Wunsch krystallisirten, von einem sie umgebenden Mantel befreit werden, damit der kräftig und zusammenhängend krystallisirte Zucker von dem Syrup durch das unten liegende Sieb schnell befreit wird. Die Form kann, je nachdem der Zucker mehr oder weniger gut krystallisirt, früher oder später aus dem Mantel genommen werden. Die Erfahrung hat mir gelehrt, daß bei der langsamen und ungestörten Krystallisation der Syrupe, sowohl der geringeren als der besseren, weniger Zucker gewonnen wird als bei der gestörten Krystallisation. Man muß den Syrup immer gleich nach dem Kochen zur Krystallisation zu bringen suchen, weil das frühere Krystallisiren stets das ergiebigste und dankbarste ist. Um die Krystallisation einzuleiten, läßt man zu alter Masse frische Kochung laufen und rührt fortwährend um; wenn man während des Umrührens die Temperatur sinken läßt, so bilden sich anfangs zart und dann immer stärker die Krystalle, nur darf man die Temperatur nicht zu tief sinken lassen; nachdem sich die Krystalle allenthalben in der Syrupmasse gebildet haben, kann man die Temperatur während des Umrührens etwas steigen lassen, doch nicht zu hoch, damit sich die feinen Krystalle nicht auflösen. Was auf diese Weise bei zweckmäßiger Behandlung nicht in den ersten 48 Stunden (bei besseren Syrupen in 24 Stunden) herauskrystallisirt, kommt später auch nicht zum Vorschein. Man glaube ja nicht, daß das Umrühren (wenn es nicht übertrieben wird) selbst den geringsten Syrupen schade oder gar die Krystalle zerstöre; ein bereits gebildeter Krystall kann nur durch die auflösende Wirkung der Wärme zerstört werden. Die Masse zu kalt auszufüllen ist nachtheilig, denn sie bleibt dann schmierig. Nur durch Erfahrung lernt man, in welchem Zeitpunkt oder auf welcher Temperatur die Masse sowohl bei besseren als geringeren Syrupen ausgefüllt werden muß. Durch die langsame Krystallisation – das sogenannte Stehenlassen im Kühler oder in großen Reservoirs, ohne irgend eine Berührung – erhält nur der Syrup, sollte er auch noch so gut seyn, Gelegenheit auf die Krystallbildung des reinen Zuckers störend einzuwirken; man hat dieß beim Fabrikbetrieb oft übersehen, bis man zufällig ein anderes Verfahren einschlug, das bessere Resultate lieferte. Sollte man bei dem Umrühren des Syrups nicht bald Krystalle bemerken, so darf man sich dadurch nicht abschrecken lassen, sondern muß so lange langsam fortrühren, bis Krystalle erscheinen und wenn dazu auch eine geraume Zeit erforderlich ist; wenn sich überhaupt Krystalle bilden können, werden sie durch das Rühren sicher hervorgebracht. Wie gesagt, ist die erste vollständige Krystallisation allen langsamen späteren Krystallisationen bei weitem vorzuziehen. Die Rohzuckern sowie die bessern Raffinadensyrup-Zuckern fülle ich in meine Achsenformen (gußeiserne quadratische Kästen mit sanft kegelförmig gesenktem Boden), welche beiläufig 4 Cntr. Zuckermasse fassen und eine kräftige Krystallisation erzeugen; ich theile die Beschreibung derselben später mit. Mährisch-Ostrau im Mai 1848.