Titel: | Kupfergehalt einiger im Handel vorkommenden Oelkuchensorten; von Prof. Schloßberger in Tübingen. |
Autor: | Schloßberger |
Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. LXIV., S. 306 |
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LXIV.
Kupfergehalt einiger im Handel vorkommenden
Oelkuchensorten; von Prof. Schloßberger in Tübingen.
Schloßberger, über Kupfergehalt von Oelkuchensorten.
Die Theurung und Lebensmittelnoth des letzten Winters, die nun Gottlob bei uns für
den Augenblick völlig überwunden scheint, brachte neben einer Legion anderer
Vorschläge aus andern Ländern, so auch von Oesterreich aus eine enthusiastische
Anempfehlung eines neuen Brodsurrogats zum Vorschein. Ein Hr. Pollack nämlich wollte gefunden haben (Augsb.
Allg. Zeitung, 30. März 1847), daß die Oelkuchen aus Rübsamen nach einer gewissen
Vorbereitung zur Erzielung eines wohlschmeckenden und gesunden Brodes sehr geeignet
seyen; sein Rath fand selbst in sehr hohen Kreisen Oesterreichs viele Beachtung und
nicht geringe Unterstützung, und wurde namentlich in Böhmen und Schlesien in
ziemlichem Maaßstab (laut Zeitungsberichten) in Ausführung gebracht. Die große Nahrhaftigkeit der
Oelkuchen, wie sie sowohl die chemische Untersuchung als die Erfahrung der
Landwirthe (die darin ein so treffliches Viehfutter erprobten) festgestellt haben,
schien überdieß jenen Vorschlag höchst annehmbar zu machen.
Gar bald aber zeigte sich das Irrthümliche der anfänglichen Hoffnungen und es wurden
von verschiedenen Seiten große Klagen laut über die Übeln Folgen des Genusses
jener sogenannten Oelkuchenbrode. Es erfolgten außer zahlreichen leichteren
Störungen des Verdauungsgeschäftes einige schweren Erkrankungen bei armen Leuten,
die viel von jenen Broden genossen hatten, und die ganze Sache nahm eine so
bedenkliche Wendung, daß laut der öffentlichen Nachrichten bald hernach der Genuß
jenes Brodes den Menschen der dortigen Gegenden nicht nur abgerathen, sondern sogar
polizeilich strenge verboten worden seyn soll.
Es ist nun zwar unzweifelhaft, daß viele dieser Indigestionen sich einfach und allein
schon daraus erklären lassen, daß manche der im Handel vorkommenden Oelkuchen
entweder durch schimmelige Verderbniß oder durch einen
großen Gehalt von ranzigem Oel, wenn sie genossen wurden,
der Gesundheit sehr nachtheilig wirken mußten. Hatten doch schon mehrere, besonders
französische Landwirthe, selbst beim Rindvieh, dessen Verdauungsorgane viel weniger
empfindlich und wählerisch sind, in einzelnen Ausnahmefällen beobachtet, daß dasselbe die Oelkuchen nur mit großem
Widerwillen fraß, und in diesen Fällen entweder erkrankte oder mindestens davon
schlecht ernährt wurde – Wirkungen, die Gasparin
der Verderbniß der angewandten Oelkuchen zuschreiben zu müssen glaubte.
Einige jener Erkrankungen übrigens, die bei den Menschen nach dem Genusse von
Oelkuchenbroden entstanden, hatten so heftige Symptome zur Folge, daß man dabei
leicht an eine Art Vergiftung denken konnte. Wenn man nun bedenkt, daß an manchen
Orten das Erwärmen der öligen Samen vor dem Auspressen in kupfernen Schalen
geschieht (s. Boussingault, Économie rurale,
Uebersetzung S. 220), daß ferner öfters das Auspressen in kupfernen Schalen erfolgt,
daß endlich nicht sogar selten das Oel, wie es im Handel vorkommt, Spuren von
Kupfersalzen aufgelöst enthält, so liegt die Vermuthung nahe, daß die in kupfernen
Gefäßen behandelten Oelkuchen, zumal bei Mangel der nöthigen Reinlichkeit und
Vorsicht, hie und da mit Kupfer verunreinigt in Handel
gebracht werden dürften.
Ich habe nun eine größere Reihe von Oelkuchensorten (von Reps, Mohn, Leindotter
u.s.w.), die ich theils direct durch Kaufleute oder von einem Oelmüller in hiesiger
Gegend bezogen, theils durch die Güte des Hrn. Prof. Riecke in Hohenheim erhalten hatte, in der sogleich zu
beschreibenden Weise auf Kupfer genau geprüft, und allerdings unter den zahlreichen
Proben nur zweimal, aber hier in nicht ganz geringer Menge, dieses giftige Metall
auffinden können. Die Oelkuchen wurden zum Behufe der Untersuchung in einer völlig
kupferfreien, aus Meißener Chamottemasse verfertigten Muffel, ganz nach der so
zweckmäßigen Empfehlung des Hrn. Prof. Erdmann, in 2–4 Stunden im gutziehenden Muffelofen weiß
gebrannt (ohne diese Vorrichtung gelingt ihre vollständige Einäscherung wegen ihres
außerordentlichen Reichthums an phosphorsauren Salzen nur sehr schwer und langsam);
ihre Asche wurde hernach mit Salpetersäure ausgezogen und in die saure Lösung
Schwefel Wasserstoff geleitet. Nur in zwei Fällen entstand hiebei eine braune
Fällung (von Schwefelkupfer, dessen Lösung in heißer Salzsäure die Reactionen des
Kupfers unzweifelhaft darstellte).
Bei sehr vielen der von mir untersuchten Proben konnte ich mit Entschiedenheit
ausmitteln, daß bei ihrer Darstellung nur eiserne Preßschalen angewandt worden
waren; in diesen Fällen fand ich denn auch nie Kupfer, das also nicht den ölgebenden
Samen selbst (als integrirender Bestandtheil, wie nach Meißner und Sarzeau derselbe in so vielen
Vegetabilien sich vorfindet) zuzuschreiben seyn dürfte. Dagegen konnte ich von den
zwei kupferhaltigen Oelkuchen nicht erfahren, aus welcher Fabrik sie stammten, und
daher eben so wenig, ob kupferne Schalen bei ihrer Gewinnung angewendet worden
waren. Doch bleibt mir letzteres immer die wahrscheinlichste Vermuthung, indem nicht
leicht abzusehen ist, wie sonst Kupfer in die Rückstände der Oelbereitung hinein
kommen sollte. Gerade diese kupferhaltigen Kuchen waren auch in bedeutendem Grade
mit ranzigem Oel durchtränkt, und hätten so sicher bei ihrer Anwendung anstatt des
Getreidebrodes aus zweifachem Grunde die übelsten Zustände erzeugen müssen.
Wenn ich auch hoffe, daß namentlich bei uns Niemand sobald wieder daran denken wird,
auf die Empfehlung des Oelkuchenbrodes zur menschlichen Nahrung zurückzukommen, so
glaube ich doch ein für allemal, besonders für etwaige
Theuerungszeiten vor diesem Brodsurrogate entschieden warnen zu müssen, soweit nicht
darüber völlige Gewißheit herrscht, daß die gerade zu dieser Verwendung bestimmten
Oelkuchen vollkommen kupferfrei sind.
Für das Vieh scheinen die Oelkuchen in den allermeisten Fällen ein ganz ausgezeichnetes Futter; es ist möglich, daß dasselbe selbst durch etwaigen
Kupfergehalt jener Rückstände nicht in seiner Gesundheit benachtheiligt wird.
Sollten aber auch in Deutschland Erkrankungen derselben vorkommen, die mit der Fütterung mit Oelkuchen
in Verbindung stehen, so wäre eine Untersuchung der letzteren auf Kupfer nicht ohne
Interesse.