Titel: | Ueber die Fuchs'sche hallymetrische Bierprobe und ihre Anwendung zur Bestimmung der Tarifmäßigkeit der Biere; von Prof. Dr. Schafhäutl. |
Autor: | Karl Emil Schafhäutl [GND] |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XI., S. 51 |
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XI.
Ueber die Fuchs'sche
hallymetrische Bierprobe und ihre Anwendung zur Bestimmung der Tarifmäßigkeit der Biere;
von Prof. Dr. Schafhäutl.
Schafhäutl, über die hallymetrische Bierprobe.
Hr. Prof. Schafhäutl veröffentlicht im Kunst- und
Gewerbeblatt des polytechn. Vereins für Bayern, Maiheft 1848, S. 277–308
Untersuchungen und Betrachtungen über die hallymetrische Bierprobe in Bezug auf eine
allgemeine Norm zur Bestimmung der Tarifmäßigkeit der bayerischen Biere. Im Eingang
dieser interessanten Abhandlung widerlegt der Verfasser mehrere Vorwürfe, welche Hr.
Prof. Balling im Supplementbande seiner Gährungschemie
(Prag 1847) der hallymetrischen Bierprobe machte; dann verbreitet er sich über die
Genauigkeit dieser Probe im Vergleich mit andern Prüfungsarten und über ihre
Anwendung zu dem erwähnten speciellen Zweck; den wesentlichen Inhalt seiner
Abhandlung in letzteren Beziehungen theilen wir in folgendem Auszuge mit.
I. Genauigkeit der hallymetrischen
Bierprobe; Berichtigung der Tabelle zur Berechnung des Alkoholgehalts der
Biere.
Die Genauigkeit der hallymetrischen Bierprobe, welche man Hrn. Oberbergrath Fuchs in München verdankt (mitgetheilt im polytechn.
Journal Bd. LXII S.
302), ist hinsichtlich der Bestimmung des Bierextracts durch mehr als
zehnjährige Erfahrungen vollkommen bestätigt. Als Beleg wollen wir nur eine
chemische Bieranalyse anführen, welche von einer Commission Sachverständiger in
München unternommen worden ist.
Im Junius und Julius 1847 wurde Schenkbier aus der
Brauerei von G. S. in München chemisch und zugleich nach anderen Methoden
untersucht. Die chemischen Analysen unternahmen die Universitätsprofessoren Dr. Buchner
jun. und Dr. M. Pettenkofer in Verbindung mit dem k. Leibapotheker Dr. Pettenkofer.
Zur Bestimmung der Extractmengen wurde ein gewogenes Bierquantum auf die gewöhnliche
Weise vorsichtig eingedampft und in einer Temperatur erhalten, welche den Siedepunkt
nur um 1–2 Grade überschritt. Die Operation wurde dreimal wiederholt und man
erhielt folgende Resultate:
Extract.
1ster Versuch
57,20
2ter Versuch
57,40
3ter Versuch
57,30.
Die Temperatur wurde hierauf in einem eigenen Apparate mit Thermometer von 100 bis
auf 120° R. gesteigert. Das Extract wog nun beim
1sten Versuche
53,97
2ten Versuche
54,33
also im Mittel
54,33.
Die Zersetzung des Extracts begann erst zwischen 129 und 130° R.
Die hallymetrische Untersuchung gab Extract 5,57.
Zur chemischen Bestimmung des Alkohols wurden drei Destillationsversuche gemacht. Die
Destillation von 2000 Gran Bier dauerte im Durchschnitte ¾ Stunden, und man
erhielt Alkohol für 1000 Th. im
1sten Versuche
37,50
2ten Versuche
37,04
3ten Versuche
37,43
–––––––
Mittel
37,32.
Die hallymetrische Probe gab 3,0 Procent.
Der Weingeist besaß einen etwas fuseligen Geruch. Um zu sehen, ob nicht eine
bedeutende Quantität Fuselöl den Alkoholgehalt vermehre, hat Hr. Prof. Pettenkofer den vom Bier abdestillirten Alkohol über
glühendes Kupferoxyd im Liebig'schen Apparate geleitet. Bei drei Versuchen betrug
der Alkohol aus der durch Verbrennung erhaltenen Kohlensäure und dem Wasser
berechnet 37,3, ein Beweis, daß das dem Weingeist beigemischte Fuselöl von zu
geringer Menge war, als daß es das Resultat hätte afficiren können.
Der Kohlensäuregehalt wurde auf chemischem Wege durch Aetzbaryt bestimmt. Man
berechnete:
Kohlensäure
2,60
2,44
2,84
–––––––
Mittel
2,66.
Hallymetrisch erhielt man Kohlensäure 1,8.
Wir haben soeben gesehen, daß der Alkoholgehalt nach der hallymetrischen Probe im
Vergleich mit der Destillationsprobe zu gering ausfällt, und dieß ist constant der
Fall bei allen bisher unternommenen vergleichenden Versuchen.
Da nun der Zuckergehalt der Würze aus dem Alkohol des
Bieres berechnet werden muß, so fällt dieser Gesammtgehalt bei zu geringem
Alkoholgehalte auch zu klein aus.
Dieß veranlaßte den Verfasser, die Elemente näher zu untersuchen, auf welche die den
Beschreibungen der Fuchs'schen hallymetrischen Bierprobe
beigegebenen Tafeln (polytechn. Journal Bd. LXII S. 320) basirt waren, um so bei
sorgfältiger Prüfung des ganzen Ganges der Interpolation vielleicht den Fehler
aufzufinden, welcher den Irrthum in den Tafeln veranlaßte.
Fuchs mischte nämlich eine bekannte Quantität destillirten
Wassers mit gewogenen Quantitäten absoluten Alkohols, und bestimmte dann den
wirklichen Alkoholgehalt so genau als möglich durch das specifische Gewicht. So bereitete er sich zehn Sorten Weingeist von genau
bekanntem Alkoholgehalt in 1000 Theilen, nämlich von 5,4 bis zu 497,5. Diese
alkoholhaltigen Flüssigkeiten wurden nun mit Kochsalz versetzt nach hallymetrischer
Weise, und aus dem gelösten Kochsalze das Wasser berechnet, welches das Kochsalz dem
Weingeist entzog. Das übrigbleibende Wasser hielt nun die in jeder Flüssigkeit
bekannte ganze Alkoholmenge gebunden, und man wußte dadurch: wie viel Wasser der
Weingeist von verschiedener Stärke der Kochsalzlösung gegenüber, oder vielmehr in
Verbindung mit der Kochsalzlösung zurückbehielt.
So einfach diese Versuche erscheinen, so viel Aufmerksamkeit und Sorgfalt in der
Ausführung erfordern sie, und Fuchs hat gleich anfangs
eine große Anzahl dieser Experimente veranstaltet, und dabei alle möglichen
Gegenversuche zur Controle gemacht. Die Resultate wurden natürlich in Tabellen
zusammengestellt.
Bei Durchrechnung einer dieser Tabellen fand sich denn bald, daß in den Versuchen c, d und e der Tafel in der Columne 3 und 4, von welchen die eine
den Weingeist der Salzauflösung gegenüber, die andere den
Procentgehalt dieses Weingeistes an Alkohol enthielt,
und aus deren Interpolation gerade die oben erwähnte Tafel entstanden ist, —
beim Eintragen mit einander verwechselt worden waren, woraus sich also die obige
Differenz dieser Tafel mit den Experimenten der Destillation sehr leicht ergab.
Nachdem die Resultate der zwei Columnen wieder geordnet waren, fand sich jedoch, daß
der Umfang der obigen, den Beschreibungen der hallymetrischen Probe beigegebenen
Tafel gerade zwischen die Experimente e und f fiel, die sehr weit auseinander lagen, so daß es nicht
räthlich schien, selbst mit Berücksichtigung der vorausgehenden und nachfolgenden
Glieder eine Reihe zu interpoliren, deren Exponenten und Natur überhaupt nicht mit voller
Sicherheit zu entwickeln war.
Es wurden deßhalb neue Experimente zwischen den zwei oben angegebenen Gränzen e und f rathsam, um einige
Zwischenglieder zu erhalten, welche als Basis der Interpolation dienen konnten.
Hr. Professor Dr. Pettenkofer
unterzog sich dieser Arbeit, und führte sie mit seiner bekannten Genauigkeit
aus.
Nach diesen neuen Experimenten mit Zuziehung von Destillationsresultaten und des
früher stets vernachlässigten Extractgehaltes habe ich
die beiliegende neue Tafel berechnet, welche bei künstigen hallymetrischen Analysen
in Hinsicht auf Bestimmung des Alkoholgehaltes zu Grunde gelegt werden muß. Der
Bequemlichkeit halber habe ich zugleich eine neue Columne der Differenzen
hinzugefügt. Es ist wohl kaum zu erinnern nothwendig, daß wenn die Zahl des
Weingeistgehaltes neben den Ganzen noch Bruchtheile enthält, diese Bruchtheile bloß
mit der dem Weingeist in ganzen Zahlen entsprechenden Differenz multiplicirt, und
das Product zum Alkoholgehalt, der ganzen Zahl entsprechend, hinzu addirt werden
muß.
Textabbildung Bd. 109, S. 54
Weingeist der Salzlösung gegenüber;
Alkoholgehalt corrigirt nach dem Destillationsexperimente mit Berücksichtigung
des Extractgehaltes.; Differenzen.
Textabbildung Bd. 109, S. 55
Weingeist der Salzlösung
gegenüber.; Alkoholgehalt corrigirt nach dem Destillationsexperimente mit
Berücksichtigung des Extractgehaltes.; Differenzen.
II. Bestimmung der Tarifmäßigkeit der
bayerischen Biere mittelst der hallymetrischen Probe.
Es ist bei vielen Bieranalysen Hauptzweck, aus dem Gehalt der Biere auf den
ursprünglichen Gehalt der Würze zurückzuschließen, um auszufinden, ob der Bräuer die
ihm in Bayern vorgeschriebene richtige Quantität Malz zu einem gewissen Quantum Bier
verwendet habe.
Wäre die Gerste in allen Jahrgängen von gleicher Qualität, so wäre ein solches
Rückschließen einfach und sicher; der eigentliche, dem Brauer zu gute kommende
Gehalt der Gerste ändert sich aber mit dem für die Entwickelung der Getreidearten günstigeren oder
ungünstigeren Jahrgange. Um Daten zu Anhaltspunkten in dieser Beziehung zu gewinnen,
sind also mehrere, zu verschiedenen Zeiten, unter verschiedenen Umständen und in
verschiedenen Gegenden angestellte Probesude das zuverlässigste Mittel.
Vier solche Probesude haben die HHrn. Prof. Kaiser, Prof. Zierl und
Leibapotheker Pettenkofer im Monat Februar des J. 1836 im Beiseyn einer königl. Commission im königl.
Hofbräuhause zu München angestellt und dabei den Gehalt der Würze sowohl als der
fertigen Biere jedesmal hallymetrisch bestimmt. Die darauf bezüglichen Daten sind in
folgenden Tabellen zusammengestellt.
Vor der Gährung. Würze.
Textabbildung Bd. 109, S. 56
Angewandte Ingredienzien beim
Maischen und Sieden.; Gehalt der gehopften Würze vor dem Abkühlen.;
Hallymetrische Analyse, Gehalt in 1000 Theilen Würze.; Wasser in der Pfanne nach
dem Anfange.; Vor dem Abkühlen.; Nach dem Abkühlen.; Gebraute Biersorte.; Guß in
Eimern.; Pfund angewandtes Malz.; Pfund ungelöschter Malzrückstand.; Zugesetztes
Hopfenquantum. Pfund.; Eimer.; Malzextract.; Wasser.; Extract; Schenkbier;
Lagerbier; Schäffeln.
Nach der Gährung. Bier.
Textabbildung Bd. 109, S. 57
Bier auf den Gährbottichen.; Hefe
in den Gährbottichen, Tage.; im Monat Junius.; Quantität des vergohrenen
Bieres.; Zusammensetzung des Bieres.; Eimer.; Maaß.; Wasser Pfund.; Gehalt.;
Berechnung auf Würze.; Differenz zwischen dem wirklichen Extraxtgehalt der Würze
in Pfund.; Gewicht in Pfund.; Wasser.; Feste Substanz.; Dauer der Gährung.;
Blieb Bier zum Verkauf.; Procent trockener Hefe des ursprünglichen
Extractgehalts der Würze.; nicht angegeben.
Hallymetrische Analyse der Biere.
Bestandtheile in 1000 Theilen.
Textabbildung Bd. 109, S. 58
Salzrückstände v. 330 Granen.;
Trockene Hefe.; Gesammt-Wasser.; Absoluter Alkohol.; Extract.;
Kohlensäure.; Gesammtgehalt aus der Salzlösung berechnet.; Würze, berechnet nach
dem Alkohol und Extract.; Würze, berechnet nach dem Ueberrest v. Flüssigkeit
nach der Gährung.; Differenz zwischen Würze und Gesammtgehalt.; Grane.
Betrachten wir diese Tabellen mit einigex Aufmerksamkeit, so ergeben sich z. B. in
Bezug auf die Concentration von der Pfanne an bis zum Biere sehr interessante
Resultate.
Wir sehen z. B. beim dritten Probesude das Quantum Malz = 12 bayerischen Schäffeln =
2640 bayerische Pfunde mit 186⅔ Eimern Wasser übergossen. Während der
Extrahirung und Zersetzung des Malzes durch Maischen und Kochen verdampften 79,75
Eimer Wasser.
In dieser Zeit hatte das Wasser den 2640 Pfd. Malz 1633,2 Pfd. auflösliche
Substanzen, also 0,618 oder über die Hälfte entzogen und die Würze enthielt in 1000
Theilen 111,2 Extract.
Die Würze kam nun aufs Kühlschiff zum raschen Abkühlen. Hier wird sie bekanntlich in
eine sehr dünne ungefähr vier Zoll hohe Schichte ausgebreitet. Nach dem Abkühlen war
der Gehalt der Würze bedeutend gestiegen, von 111,2, nämlich in 1000 Theilen bis auf
121,2. Es waren also während dieser Operation noch 1212 Pfd. Wasser = 9,92 oder
nahezu 10 Eimer Wasser — mehr verdampft. Das Bierquantum wurde nun auf die
Gährbottiche gefüllt. Die Gährung dauerte neun Tage.
Das Quantum betrug nun nur mehr 91,69 Eimer. Es waren also während dieses
Gährungsprocesses weiter 15,3 Eimer Wasser verdampft. Von diesem Bierquantum gehören
noch 3 Eimer 26 Maaß der Hefe an. Es blieben demnach nur 81 Eimer 43 Maaß auf den
Gährbottichen und von diesen waren im Monate Junius nur 74 Eimer zum Verschenken
übrig geblieben. Das Flüssigkeitsquantum hatte sich also vom Guß bis zur Verleitgabe
des Bieres um mehr als die Hälfte vermindert.
Die Würze hatte nach dem Kochen 111,2 Gehalt, nach dem Abkühlen 121,2. Das eben
vergohrene Bier hallymetrisch untersucht, und den Zuckergehalt der Würze aus dem
Alkoholgehalte berechnet, gab einen Würzegehalt von 148,98 in Tausendtheilen an.
Dazu gehörten noch die festen Bestandtheile, welche aus dem Malzextract als Hefe
abgingen.
Berechnet man den Extractgehalt des Bieres bloß aus dem Flüssigkeitsquantum nach dem
Sude und nach der Gährung, ohne daß man eine Zersetzung des ursprünglichen
Malzextractes annimmt, so erhält man, wie die Columne lehrt, 129,95; 144,77; 141,04.
Diese Quantitäten sind also meistens größer als die aus der Analyse berechneten
Würzegehalte, weil die Bestandtheile, welche sich als Hefe absonderten, bei der
Würze nicht mitgerechnet werden.
Die Hefe war bei den obigen Probesuden nicht analysirt worden. Nach meinen
Untersuchungen von mehreren Hefenarten ergaben sich im Durchschnitte 23,3 Procente
Gehalt der Bierhefe in den Gährungs-bottichen an festen Bestandtheilen, und
nach diesem ist der Gehalt der Hefe an festen Bestandtheilen in obiger Tabelle
berechnet worden.
Es gehörten also zu dem oben berechneten Malzzuckergehalte in 1000 Theilen noch
8,237; 8,439; 8,668 feste Bestandtheile, welche sich als Hefe absonderten, so daß
wir den Gesammtextractgehalt zu 146,3 . 157,6 . 147,39 in Tausendtheilen oder in
Procenten 14,63, 15,76, 14,739 annehmen dürfen; eine Uebereinstimmung, die
hinreichend ist, wenn man die Schwierigkeiten in Betracht zieht, welche dem
Experimentator bei seinen Beobachtungen im größten Maaßstabe auf jedem Schritte
begegnen.
Die Hefe ist bei gutem Verlaufe der Untergährung teigartig-speckig und enthält
nach meinen vielfältigen Untersuchungen im Mittel 23,3 bis 24 Procente trockener
Bestandtheile und diese hinterlassen 33–36 Proc. feuerfeste Salze, welche mehr
als zur Hälfte aus phosphorsaurem Kali bestehen.Gute speckige Hefe aus einer Münchner Brauerei, 8,448 Granen trockener Hefe
entsprechend, bestand nach der Analyse des Verfassers aus:2,693Kohlenstoff,0,344Wasserstoff,1,936Sauerstoff,0,695Stickstoff,1,633Phosphorsäure,0,704Kali,0,226Bittererde,0,113Kalk,0,071Kieselerde,0,030Schwefel–––––––––8,445.
Das sich während der Gährung absondernde Hefenquantum ist jedenfalls von dem
Alkohol- und Extractgehalte des Biers zugleich abhängig; bis jetzt fehlen
aber alle Daten, um das Gesetz für die Größe der Hefenbildung durch eine Formel
auszudrücken. Merkwürdig ist die Beobachtung daß, je größer das Verhältniß des
entstandenen Hefenquantums ist, — desto fester das Bier auch die Kohlensäure
zurückhält. Bekanntlich absorbiren Lösungen von einigen phosphorsauren Salzen die
Kohlensäure beinahe eben so begierig, als Lösungen von halbkohlensauren Alkalien;
enthält das Bier vielleicht desto mehr phosphorsaures Kali, je mehr Hefe es
absetzt?
Halten wir uns indessen bloß an den berechneten Malzzucker oder Würzegehalt, so
entsprächen 141,99 im Mittel berechneten Würzegehaltes im Biere einem ursprünglichen
mittlern Würzegehalt von 111,43 Theilen, oder überhaupt dem Extractgehalte aus 12
Schäffel Malz, das gesetzmäßig zu Lagerbier versotten worden ist. Der ursprüngliche
Würzegehalt war also 0,7847 des berechneten. Beim Schenkbier wäre nach Probesud 1
der ursprüngliche Würzegehalt 0,8711 des berechneten.
Indessen sehen wir bei Vergleichung der drei Probesude, bei welchen Lagerbier erzeugt
wurde, daß bei einem und demselben Verfahren der Würzegehalt oder die Quantitäten
aus dem Malze erhaltenen Extractes verschieden ausfielen, daß das Extract bei drei
Suden zwischen 61,7 und 61,8 Procente ausmachte, beim vierten Probesud jedoch 65,23
Procente auflösliche Theile ausgezogen wurden.
In unserer Tabelle bemerken wir noch ferner den merkwürdigen Umstand, daß wenn wir
jeden Sud als aus zwölf Schäffeln gemacht betrachten, die zwölf Schäffel Malz jedoch als
veränderlich, je nachdem Schenk- oder Lagerbier gesotten werden soll, das
Wasserquantum hingegen als beständige Größe nehmen, uns der Gesammtgehalt, wie er
einfach aus der ersten hallymetrischen Operation abgeleitet worden ist, wenn wir das
Comma nur um eine Stelle nach der Linken zurücksetzen und also die Tausendtheile in
Procente verwandeln, das Schäffelquantum anzeige, welches
zu dem Sude genommen worden ist.
Nach den bestehenden Verordnungen dürfen vom bayerischen Schäffel Malz nicht mehr als
7 Eimer Schenk- und 6 Eimer Lagerbier bereitet werden. Es müßten also aus 12
Schäffel Malz 84 Eimer Schenkbier (Winterbier) und 72 Eimer Lagerbier (Sommerbier)
gebraut werden.
Oder umgekehrt nach unserer gegenwärtigen Betrachtungsweise: wenn wir für 84 Eimer
Schenkbier zwölf Schäffel nehmen, so müßten wir auf dasselbe Flüssigkeitsquantum für
Lagerbier 14 Schäffel nehmen.
Daß übrigens diese verhältnißmäßige Größe nicht so genau getroffen werden kann, davon
geben uns die vier mit aller Sorgfalt angestellten Probesude einen augenscheinlichen
Beweis; indem das Bier auf den Gährbottichen für Schenkbier anstatt 84 Eimer 88,39
Eimer betrug, und also, in Bezug auf das Normalmaaß aus 11,4 Schäffel Malzes
bereitet wäre; für das Winterbier hingegen haben wir im Durchschnitte 81,64 Eimer,
also für 84 Eimer Lagerbier träfen 12,3 Schäffel Malz. Es gleicht also das durch den
ersten hallymetrischen Versuch dem Alkohol nicht mehr entziehbare Wasserquantum so
ziemlich die Concentration der Gesammtingredienzien wieder aus, welche durch die
Wasserverdampfung vom Beginne des Kühlens bis zur Beendigung der Gährung und
Ablagerung entstanden ist.
In Hinsicht auf diese Betrachtungsweise gibt uns auch der hallymetrische Versuch für
Schenkbier 11,95 Gesammtgehalt, also nahezu 12 Schäffel; dagegen das Mittel aus den
übrigen drei Experimenten 13,04 Schäffel.
(Diese Ergebnisse beziehen sich nur auf vier Biere von gleichem Alter. Um
auszumitteln, wie sich obige Angaben bei Bieren von verschiedenem Alter bewähren,
hat der Verf. zahlreiche Analysen von Münchner Bieren, welche Hr. Prof. Kaiser von dem J. 1838 bis 1848 anstellte, nach der oben
mitgetheilten Alkoholtafel neu berechnet; aus deren Zusammenstellung ergibt sich,
daß die Zeit oder das Alter der Biere auf die hallymetrischen Angaben einen höchst
unbedeutenden Einfluß hat, wenn die Biere nur einmal vergohren und also wirkliche
Biere und verkäuflich geworden sind.)
Man sieht aus allem diesem klar, daß man den ersten Theil der hallymetrischen Probe
mit voller Sicherheit benutzen könne, um den
normalmäßigen Gehalt des Bieres bis auf ein halbes Procent zu bestimmen, und es ist
hinreichend, eine bestimmte Größe festzusetzen, welche der Salzrückstand erreichen
muß, wenn das Bier als tarifmäßig erklärt werden
soll.
Die Festsetzung dieser Größe ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden; der Gehalt
der Biere kann nämlich geringer seyn als ihn das Gesetz vorschreibt, trotz dem, daß
der Brauer die vorgeschriebene Quantität Malz auf das normalmäßige
Flüssigkeitsquantum genommen hat, aus drei Ursachen:
1) Aus einer Modification des Maischverfahrens. Wenn das
Maischen, d. h. das regelmäßige ununterbrochene Durcharbeiten des gebrochenen Malzes
mit dem darüberstehenden Wasser vermittelst der eichenen Rührscheiten nicht gehörig
bewerkstelligt wird, so wird nicht alles im Wasser Auflösliche aus dem Malze
ausgezogen und folglich die Würze geringhaltiger; dem Brauer auf dem Lande kann
dieses um so leichter begegnen, weil ihm nicht immer so geübte Leute wie dem Bräuer
in der Stadt zu Gebote stehen.
2) In Folge der Beschaffenheit der Gerste, aus welcher das
Malz erzeugt wird. Das Schäffel Gerste hat je nach dem günstigeren oder
ungünstigeren Jahrgange, in welchem die Gerste gewachsen ist, ein verschiedenes
Gewicht, weßhalb auch das daraus erzeugte Malz bald mehr bald weniger wiegt. So
wiegt das Schäffel guten Malzes in München im Durchschnitt 222 Pfd.; im Jahre 18
45/46 aber war das Gewicht 196–197 Pfd.
Ein solches minder gewichtiges Malz — welches ein viel geringhaltigeres Bier
liefern muß — enthält aber überdieß den eigentlichen Bestandtheil, welcher
zum Bier verwendet wird, das Stärkmehl, in noch viel
geringerer Quantität als dieß im Verhältniß zu seinem verringerten Gewichte der Fall
seyn sollte; dagegen nimmt die Stelle desselben eine sehr dicke Hülse und ein Körper
ein, der Kleber nämlich, welcher mit dem Bier in
Verbindung dasselbe unhaltbar macht und sein Sauerwerden einleitet. Ein solches Bier
kann trotz aller Vorsicht so viel Kleber enthalten, daß es, wie die Bräuer sagen,
grün gefaßt werden muß, um es nur einigermaßen vor dem Sauerwerden zu bewahren.
Durch das Malz des Jahrganges 1846 wurden auch mehrere der ausgezeichnetsten Bräuer
in München so in Verlegenheit gesetzt, daß sie Biere erzeugten, die sich nur um
weniges von den Landbieren unterschieden.
3) In Folge der Bereitungsart des Malzes. Bekanntlich wird
die Umschaffung des Gerstenkornes in Malz durch erweckte Lebensthätigkeit des
Pflänzchens im Samenkorne hervorgebracht, dem der Mehlkörper im Samen eben so zur
ersten Nahrung dient, wie der Dotter dem jungen bebrüteten Hühnerembryo. Indem die
ersten Anfänge der Blättchen des jungen Pflänzchens aus dem Mehlkörper den Kleber
desselben als Nahrung in sich aufnehmen, treten die übrigen Bestandtheile des Mehles
im Samenkorn zu eigenthümlichen Verbindungen zusammen, wovon die merkwürdigste die
sogenannte Diastasc ist, wovon eine sehr geringe Menge
die größten Quantitäten Stärkmehl in Gummi (Dextrin) und Zucker zu verwandeln
vermag; ein Theil des Stärkmehls im Samenkorne wird auch wirklich während des
Keimens oder Wachsens in Zucker verwandelt.
Da diese Veränderung des Gerstenkorns in Malz nur durch die ersten Blättchen des
jungen Pflänzchens geschieht, so erleidet der Mehlkörper des Gerstenkorns diese
Verwandlung auch nur so weit als die Rudimente der ersten Blätter (Keimblätter) des
jungen Pflänzchens im Gerstenkorne reichen. Je mehr man dem jungen Knöspchen Zeit
läßt, sich innerhalb des Samenkorns zu entwickeln, um kräftig zu werden, desto
vollständiger geht auch die Umwandlung des Mehlkörpers in Malz vor sich, und sie ist
vollendet, wenn die Keimblättchen das dem Würzelchen entgegengesetzte Ende des
Gersten- oder Samenkorns erreicht haben, und da eine Hervorragung, ein
Knöpfchen bilden, als Zeichen des nahen Durchbruchs. Das wußten die englischen
Bräuer wieder lange vor uns — sie lassen deßhalb dem jungen Pflänzchen
vollkommen Zeit zu seiner vollständigen kräftigen Entwicklung innerhalb des
Samenkorns, und deßhalb verwenden sie zu diesem Wachsen der Gerste auch 14 Tage und
in Schottland 18–20 Tage — während unsere Bräuer in einigen Tagen mit der ganzen Operation zu Ende sind.
Je vollständiger deßhalb die Operation des Malzens durchgeführt worden ist, desto
mehr extractive Theile können auch aus derselben Quantität Malz erhalten werden, und
desto reichhaltiger wird die Würze ausfallen, ein Umstand, von welchem namentlich
viele Bräuer auf dem Lande keine Ahnung besitzen.
Aus den vier Probesuden im königl. Hofbräuhause sahen wir, daß bei Malz, wovon das
Schäffel im Durchschnitt 217,6 Pfd. wog, der Salzrückstand im Hallymeter beim
Schenkbier 13,12, beim Lagerbier, wenn wir das Experiment 3 unbeachtet lassen, 15,7
betrug. Wenn wir nun beispielshalber 12 Gran Salzrückstand im Hallymeter als
Durchschnitt annehmen, unter welchen bei normalmäßigem Malz der Biergehalt nicht sinken darf, so
könnte uns das Gewicht eines Schäffels Gerste in diesen
Jahren als Anhaltspunkt dienen, nach welchen sich der Salzrückstand im Hallymeter
richten müßte, so daß er bei geringerem Gewichte der Gerste eines Jahrganges auch
geringer seyn dürfte, um doch dem Gesetze zu
entsprechen. Das Schäffel gute Gerste wiegt im Durchschnitte 260 Pfd. In dem
verhängnißvollen Jahre 1844 wog die Gerste nur 229 bis 230 Pfd. Zufolge einer
einfachen Proportion würden wir also sagen:
Gerste
Salzrückstände
260 : 230
=
12 : 10,6
Oder: beim Gewichte eines Schäffels Gerste von 230 statt 260 Pfunden zeigte ein
Salzrückstand im Hallymeter von 10 Gran noch ein gesetzmäßig gebrautes Bier an.
Das Ausmitteln des Gewichts eines Schäffels Gerste oder noch besser eines Schäffels
Malzes könnte um so leichter geschehen, als ohnedieß die Schrannen und noch speciell
das Malz, das der Bräuer zur Mühle bringt, durch eigens
von der Regierung bestellte Commissäre überwacht wird. Es wäre dieß wohl die einzige
im Großen ausführbare Controle über die Beschaffenheit der Gerste und den
gesetzmäßigen Gehalt der Biere.