Titel: | Ueber Bereitung des unterchlorigsauren Natron (Chlornatron); von G. Reich. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XXII., S. 123 |
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XXII.
Ueber Bereitung des unterchlorigsauren Natron
(Chlornatron); von G.
Reich.
Aus dem Gewerbevereinsblatt der Provinz Preußen, 1848 Nr.
2.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Reich, über Bereitung des unterchlorigsauren Natron.
Um das unterchlorigsaure Natron zu bereiten, schüttet man auf einen mit einem Rande
versehenen durchlöcherten Holz- oder Porzellanteller Fig. 26
A zwei Pfund an der Luft zerfallenes kohlensaures Natron
und setzt diesen in einen Porzellankessel B, der mit
einem Deckel a von Porzellan verschlossen werden kann.
Dieser Deckel ist mit zwei tubulirten Oeffnungen b und
c versehen, durch welche die gläsernen Knieröhren
d und e mit ihrem mit
Wachs durchzogenen Korke gesteckt werden und zwar so, daß die Mündung der Röhre e unter der Schicht des kohlensauren Natron zu stehen
kommt und der eine Arm der Glasröhre d in das Glasgefäß
C geleitet wird, worin sich eine wässerige Auflösung
von kohlensaurem Natron befindet. D ist ein Glasgefäß
mit Wasser, worin etwas Kalkhydrat oder kohlensaurer Kalk suspendirt ist, welches
durch die Röhre e und f mit
dem Porzellankessel B und mit dem Porzellancylinder E, welcher ebenfalls mit einem Porzellandeckel h mit zwei tubulirten Oeffnungen i und k verschlossen werden kann, in
Verbindung gebracht wird. Dieses Gefäß muß deßhalb vorgeschlagen werden, um die
Entwickelung des Gases controliren zu können.
Nachdem in dem Porzellancylinder E 4 Pfd. gepulverter
Braunstein geschüttet ist, wird der Apparat geschlossen und wenn er mit einem Kitt
aus 2 Theilen Mehl und 1 Theil Leinmehl gut verkittet ist, gießt man durch den
Trichter g ein Gemisch von 7 Theilen roher Salzsäure von
(1,16) mit 2 Pfd. concentrirter Schwefelsäure. Auf diese Weise vorbereitet, wird der
Porzellancylinder E in die für den Cylinder bestimmte
Oeffnung eines Dampfapparats gebracht, und nachdem der Porzellankessel B zur Abkühlung in das Gefäß F mit Wasser gesetzt ist, wird der Dampfapparat angeheizt. Das aus dem
Cylinder E sich entwickelnde Chlor gelangt sehr bald in
den Porzellankessel B, für dessen gehörige Abkühlung,
durch öftere Erneuerung des Wassers, Sorge getragen werden muß, und wird von dem
darin enthaltenen kohlensauren Natron begierig aufgenommen. Während dieser Operation
muß mit einem Glasstabe durch die Oeffnung b das
kohlensaure Natron auf dem Holzteller zeitweise umgerührt werden, damit immer neue
Theilchen des
kohlensauren Natron mit dem Chlorglase in Berührung kommen. Sobald die Absorption
des Chlorgases aufhört, nimmt man das fertige Chlornatron heraus und bewahrt es in
einem wohl verschlossenen mit Papier oder schwarzem Lack überzogenen Gefäße an einem
dunkeln Orte auf. Den Rückstand in dem Cylinder kann man nach dem Abstumpfen der
Säure mit Kalk, zur Gewinnung von Manganvitriol (schwefelsaures Manganoxydul)
benutzen.
Ist man nicht im Besitze von dergleichen Porzellangefäßen,Diese beiden Porzellangefäße von 24–30 Pfd. Inhalt, kann man zu
verschiedenen chemischen und pharmaceutischen Arbeiten zweckmäßig benutzen,
so kann z. B. der Kessel sowohl, als auch der Cylinder auf einem
Dampfapparat statt der Retorte, zu den verschiedensten Destillationen
gebraucht werden. so kann man sich aus Glasgefäßen zu diesem
Zweck einen ähnlichen Apparat zusammensetzen, sowie man auch zur Entwickelung des
Chlors ein Gemisch von 4 Pfd. Braunstein, 4 Pfd. Kochsalz, 10 Pfd. Schwefelsäure mit
gleichviel Wasser verdünnt, anwenden kann.
Auch kann man um das Absorbiren des Chlorgases zu befördern, 20 Theile zerfallenes
kohlensaures Natron mit 1 Theil Wasser befeuchten, indessen ist dann ein
Zusammensintern der Masse zu befürchten.
Das erhaltene Product ist ein Gemenge aus unterchlorigsaurem Natron, Chlornatrium und
etwas doppelt-kohlensaurem Natron und besitzt einen eigenthümlichen Geruch.
Ein Theil in 12 Theilen Wasser gelöst gibt das Eau de
Javelle, 1 Theil in 8 Theilen Wasser gelöst ist der Liqueur de Labarraque. Diese Flüssigkeiten werden zum Reinigen und
Bleichen der weißen Wäsche benutzt; sie machen mit Leichtigkeit farbige Flecken aus
der weißen Wäsche ohne der Faser zu schaden, indem das unterchlorigsaure Natron alle
Pflanzenfarben zerstört. Es entfernt auch Gerüche und wirkt fäulnißwidrig.
Der Labarraque'sche Liquor wird auch auf diese Weise bereitet, daß man 15 Theile
kohlensaures Natron in 40 Theilen Wasser löst, filtrirt und in die Auflösung
Chlorgas, aus einem Gemisch von 6 Theilen Salzsäure und 2 Theilen gepulvertem
Braunstein entwickelt, leitet.
Eine ähnliche Flüssigkeit erhält man, wenn man Chlorkalk (unterchlorigsaures
Kalkhydrat) 1 Theil mit einer wässerigen Auflösung entweder von kohlensauren oder
schwefelsauren Natron, 2 Theile in 45 Th. Wasser gelöst, zersetzt, und die erhaltene
Flüssigkeit filtrirt.
Mischt man 1 Theil Chlorkalk und 2 Theile kohlensaures Natron unter Zusatz von 1
Theil Wasser innig zusammen und läßt dieses Gemisch einige Zeit stehen, setzt darauf
noch 1–2 Theile Wasser zu, und filtrirt die Flüssigkeit von dem sich gebildeten
kohlensauren Kalk ab, so erhält man das unterchlorigsaure Natron krystallisirt, wenn
man das Filtrat in einer Porzellanschale in Schnee, Eis oder in eine Frostmischung
stellt.