Titel: | Ueber die Cultur der hochgelegenen Wiesen; von Hrn. Deleau. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XLIII., S. 230 |
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XLIII.
Ueber die Cultur der hochgelegenen Wiesen; von
Hrn. Deleau.
Aus den Comptes rendus, März 1848, Nr.
13.
Deleau, über die Cultur der hochgelegenen Wiesen.
Die Landwirthe empfehlen den Rasen mit Dünger und Pflanzenerde zu überdecken; sie
sagen: breitet Asche, Ruß, Taubenmist etc. über der Oberfläche aus. Das wäre alles
recht gut, wenn diese Substanzen nicht so theuer zu stehen kämen. Außerdem haben die
Stalldüngerarten, welche nicht so selten sind und dem Landwirthe mehr zu Gebote
stehen, den großen Fehler, dem Futter einen Geruch mitzutheilen, weßhalb es das Vieh
nur mit Widerwillen frißt.
Ich hatte auf meinem Gute alte Mergelgruben, welche sich mit der Zeit mit Laub,
Wurzeln von Wassergewächsen, die sich übereinander lagern, angefüllt hatten, ferner
mit Regenwasser welches Erde mit sich führte, die sich mit allen diesen Körpern
vermengte. Dazu kommen noch Ueberreste von Thieren, die jedes Jahr darin erzeugt
werden und wieder
absterben. Ich ließ diese ganze Masse herausgraben und viele an dieser Stelle
getödtete Pferde darunter einscharren. Im Monat März endlich diente dieses Gemenge
zum Bestreuen meiner Wiesen mit Düngererde, wo sie dann weit mehr Futter trugen, als
in den vorhergehenden Jahren.
Bisher hatte ich den Feldbau nur auf gewöhnliche Weise betrieben und mich wohl dabei
befunden; die Pferde kamen mir wohlfeil zu stehen und ich konnte mir leicht
zerreibliche Erde verschaffen. Allein bald traten Hindernisse ein; die Erde ging mir
aus; ich mußte sie weit herholen; wegen des von den eingescharrten Leichen
verbreiteten Geruchs fingen die Bewohner des Dorfs Streit mit mir an. Ich verfiel
nun auf folgendes Aushülfsmittel: man denke sich eine Hektare hochgelegener Wiese,
die nur Regenwasser, bisweilen auch das von dem anliegenden Ackerland oder der
Straße ablaufende Wasser empfängt. Im Monat December, wenn das Erdreich mit Wasser
getränkt ist, nehme ich senkrecht zum Abhang dieser Wiese mittelst des Pfluges
6½ bis 8 Zoll breite und 2 Zoll dicke Rasenstreifen weg und bilde auf diese
Weise Rinnen, wie für bleibende Bewässerungen; dieselben werden immer in derselben
Richtung und je nach der Güte der Wiese, d. h. je nachdem letztere mehr oder weniger
Dünger erheischt, in mehr oder weniger großen Abständen vermehrt. Diese Erdstreifen
werden mit dem Grabscheite zerschnitten. Auf diese Weise erhält man 15–25
Karren voll, die in ziemlich gleichen Abständen in Haufen gelegt werden; an den
minder fruchtbaren Stellen müssen diese Haufen größer seyn.
Diese erste Arbeit, welche nicht hoch zu stehen kommt, liefert mir schon eine
vortreffliche Erde, die viel Wurzeln enthält, welche sie in Stand setzen, sich
anzusaugen, zu erwärmen und zu zertheilen; es fehlt ihr nur an thierischen
Substanzen. Bis jetzt konnte ich mir Pferde zu 3–4 Fr. per Stück verschaffen. Am Platze selbst getödtet und in Stücke
zerschnitten, werden sie vor dem Einscharren mit 8–15 Kilogr. Eisenvitriol
oder einigen Säcken gebranntem Gyps überdeckt. In einigen Wochen tritt dann die
Gährung ein, ohne einen sehr übeln Geruch zu verbreiten. Sollte es mir einmal an
Pferden fehlen, so benutze ich Dünger, Menschenexcremente, Thiere, deren auf den
Pachthöfen leider nur zu viele zu Grund gehen, sowie auch solche die sorgfältig
vertilgt werden, z. B. Ratten und Maulwürfe. Die Bewohner der Nordküsten können sich
dazu füglich der Rückstände von ihres Thrans beraubten Stockfischlebern bedienen,
die jährlich aus Neufundland ankommen; sie kosten in den Häfen der Bretagne nur
8–10 Fr. per Tonne von 200 Kilos.
Sind diese beiden Operationen, das Erdanhäufen und das Einscharren geschehen, so hat
man im Winter nur die erwähnten parallelen Gräben der Wiese zu überwachen; man
befördert darin möglichst die Ablagerung der Erde, welche das während der Regenfälle
und des Schmelzens des Schnees darin angesammelte Wasser mit sich führt.
Man könnte glauben, daß, wenn ich einen großen Flächenraum meiner Wiese des Rasens
beraube, ich im folgenden Jahre nicht viel Futter erhalte; die im Frühjahr noch zu
verrichtende Operation, welche mein neues Cultursystem vollendet, wird diesem
Einwurf begegnen.
Im Laufe des März, nach einigen Tagen schönen Wetters, lasse ich meine Gräben
durchrechen und säe Futtergräser hinein, die ich bei der letzten Heuernte
einsammelte; es versteht sich, daß ich hierzu die der Beschaffenheit meines Bodens
entsprechendsten wähle; ich wechsle mit den Species und setze stets solche hinzu,
die nicht ursprünglich auf der Wiese wachsen. Im Herbste werden dann die in Haufen
gebrachten Rasen umgeworfen, von Knochen befreit, bestens zerkrümelt und dann über
die ganze Wiese ausgebreitet. Zur Vollendung des Ganzen braucht dann nur noch geeggt
und gewalzt zu werden. Letzteres geschieht mittelst einer Walze von Sandstein,
welche von 3 Pferden gezogen wird; dieselbe geht hauptsächlich über die Gräben hin
und wieder zurück, und wenn der Winter sehr naß war, setzt sie dieselben mit der
Wiese in gleiches Niveau, was von großem Vortheil für die Heuernte ist.
Hat man die Beschreibung meiner Cultur hochgelegener Wiesen wohl verstanden, so sind
daraus folgende Schlüsse leicht zu ziehen:
1) Ich sammle beinahe ohne alle Kosten die zur Bildung meines Düngers nothwendige
Menge Erde;
2) meine mit dem Pflug gemachten Gräben halten den allzuraschen Abfluß des Wassers
auf und befördern die Ablagerung der von ihm mitgeführten düngenden Substanzen;
3) durch meine Saaten erhalte ich auf meiner Wiese Grasarten und Futterkräuter,
welche verschwunden waren oder sich niemals zeigten. Diese neuen Pflanzen lassen
beim Heumachen ihre Samen fallen und pflanzen sich von den Gräben über die ganze
Wiese aus;
4) die unter die Erde verscharrten thierischen Stoffe entwickeln Ammoniak, welches
den Gyps und Eisenvitriol zersetzt und ein neues Salz, schwefelsaures Ammoniak,
bildet, das bekanntlich sehr befruchtend wirkt;
5) die Anwendung der Walze bringt das Gras wieder unter Boden, zerdrückt die
Erdschollen, zerstört die Maulwurfshaufen und gestattet mit der Sense das Gras dem
Erdboden gleich abzumähen, eine Erleichterung des Mähers und Erhöhung des
Ertrags;
6) da endlich die Kosten nicht bedeutend sind, kann die Operation alle 2–3
Jahre wiederholt werden.
Wenn ein Land Cavalleriepferde liefern soll, so müssen die hochgelegenen Wiesen in
gutem Zustand erhalten und solche auf mittelmäßigem Ackerland angelegt werden; es
ist dieß das einzige Mittel Heu zu erzielen, welches in kleinem Volum ein nahrhaftes
und reizendes (stimulirendes) Futter liefert, welche Eigenschaft das Futter von den
darunter befindlichen wohlriechenden Kräutern erhält. Mit niedrig gelegenen Wiesen,
Hülsengewächsen und künstlichen Wiesen lassen sich nur dickbäuchige Pferde ohne
Temperament heranziehen.