Titel: Verfahren um den Gehalt der Dünger an phosphorsaurem Kalk schnell zu bestimmen; von E. Moride und Ad. Bobierre.
Fundstelle: Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXX., S. 389
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LXX. Verfahren um den Gehalt der Dünger an phosphorsaurem Kalk schnell zu bestimmen; von E. Moride und Ad. Bobierre. Aus dem Moniteur industriel, 1848 Nr. 1261. Verfahren die Knochenkohle etc. zu analysiren. Man trocknet die Knochenkohle der Zuckerraffinerien (oder den sonstigen zu probirenden Dünger) bei 80° R. aus und wiegt davon einen Gramm ab, welchen man in einem Platintiegel einäschert. Die (rothe) Asche versetzt man mit ein wenig kohlensaurem Ammoniak, um den allenfalls durch Glühen ätzend gewordenen Kalk in kohlensauren zu verwandeln und wiegt den Rückstand. Der gefundene Gewichtsunterschied zeigt den Gehalt des Düngers an Kohle und organischer Materie an. Die erhaltene Asche wird auf ein Filter gebracht und mit kochendem Wasser ausgewaschen; dadurch werden ihr die auflöslichen Salze entzogen. Wenn das Waschwasser mit Chlorbaryum keinen Niederschlag mehr gibt, verbrennt man das Filter in einem Platintiegel, glüht die ausgewaschene Achse, welche es enthielt und wiegt den Rückstand (von seinem Gewicht zieht man die durch das Filter erzeugte Asche, welche im voraus bekannt seyn muß, ab). Die Differenz zwischen dem gefundenen Gewicht und dem Gewicht der Asche vor dem Auswaschen, ergibt die Menge der im Wasser auflöslichen Salze. Sie beträgt bei der Knochenkohle der Raffinerien selten über 1 bis 2 Proc. Die Asche wird nun in einem gläsernen Kölbchen bei gelinder Wärme in der möglich geringsten Menge reiner Salpetersäure aufgelöst; hierauf gießt man das Ganze in ein Standglas, ohne daß ein Tropfen Flüssigkeit im Kolben zurückbleibt. In der so erhaltenen Flüssigkeit ist der phosphorsaure Kalk, kohlensaure Kalk, die Thonerde, das Eisenoxyd und die Bittererde aufgelöst; ferner ist darin die Kieselerde suspendirt, welche man behufs einer vollständigen Analyse bloß abzufiltriren braucht, die man aber vernachlässigt, wenn bloß der Gehalt der Knochenkohle (des Düngers) an phosphorsaurem Kalk bestimmt zu werden braucht. Man sättigt nun die Flüssigkeit genau mit reinem Ammoniak, welches man unter Umrühren mit einem Glasstab tropfenweise zusetzt. Jeder in die Auflösung fallende Tropfen erzeugt einen Niederschlag von phosphorsaurem Kalk, welcher beim Umrühren sich wieder auflöst; es tritt aber ein Zeitpunkt ein, wo er unauflöslich wird; dann muß man mit dem Zusetzen von Ammoniak aufhören. Es ist wichtig daß der Niederschlag nur eine sehr schwache Trübung bildet; in diesem Augenblick, welchen man bei einiger Uebung leicht trifft, ist die Flüssigkeit schwach sauer. Man setzt einige Tropfen Essigsäure zu, um so viel als möglich das suspendirte phosphorsaure Salz aufzulösen. Wir haben die Beobachtung gemacht, daß die Flüssigkeit fast immer trübe bleibt, wenn man den phosphorsauren Kalk bei zu starker Wärme in Salpetersäure aufgelöst hat. Das einfachste und zugleich genaueste Verfahren um schnell den Gehalt dieser Flüssigkeit an phosphorsaurem Kalk zu bestimmen, besteht in der Anwendung einer Auflösung von essigsaurem Blei als Probeflüssigkeit, welche man in die Auflösung des phosphorsauren Kalks gießt, bis Jodkalium einen Ueberschuß von Bleioxyd in der Flüssigkeit anzeigt, welche man vorher noch mit Alkohol versetzt hat. Die Bereitung unserer Probeflüssigkeit gründet sich auf die Zusammensetzung des phosphorsauren Bleies, welches unter diesen Umständen gefällt wird; dasselbe ist nämlich ein Gemenge von Sesquiphosphat mit sehr wenig Biphosphat und besteht constant aus: Phosphorsäure 20 Bleioxyd 80 –––––– 100 80 Bleioxyd werden durch 136,26 essigsaures Blei repräsentirt. Da nun 100 Theile des erhaltenen phosphorsauren Bleies durch ihre Phosphorsäure 48,35 Knochenerde repräsentiren, so sind 317,74 krystallisirtes essigsaures Blei erforderlich um die Säure von 100 Theilen phosphorsaurem Kalk zu sättigen, oder 3,107 Gramme auf einen Gramm; diese 3 Gramme und 107 Milligramme Bleizucker in Wasser aufgelöst, bilden 50 Kubikcentimeter Probeflüssigkeit. Ein Liter Probeflüssigkeit muß folglich 62,14 Gr. essigsaures Blei enthalten. Um diese Probeflüssigkeit zu bereiten, zerreiben wir 62,14 Gr. krystallisirtes essigsaures Blei in einer Porzellanschale mit destillirtem Wasser, welches mit reiner Essigsäure schwach angesäuert ist. Wir setzen nach und nach noch Wasser zu, bis sich aller Bleizucker aufgelöst hat und ergänzen die Flüssigkeit (nach gehörigem Auswaschen der Reibschale) unter Umrühren auf das Volum eines Liter. Die Flüssigkeit wird in einer Glasflasche mit eingeriebenem Stöpsel zum Gebrauch aufbewahrt. Wenn man in ein Maaßgläschen (burette), welches gerade so wie für Gay-Lussac's Alkalimeter gradirt ist, 50 Kubikcentimeter einer solchen Flüssigkeit bringt, so sättigen dieselben 1 Gramm Knochenerde, d. h. da das Maaßgläschen in 100 Theile eingetheilt ist, so repräsentirt jeder Grad 1 Centigramm phosphorsauren Kalk. Die Probe wird folgendermaßen angestellt. Nachdem man das Maaßgläschen mit Probeflüssigkeit gefüllt hat, nimmt man eine Glastafel, auf welche man mit einem Glasstäbchen zehn Tropfen Jodkalium absetzt. Man gießt dann in die mit Ammoniak gesättigte Auflösung von phosphorsaurem Kalk die Probeflüssigkeit, indem man nach jedem neuen Zusatz stark schüttelt; das entstehende phosphorsaure Blei fällt augenblicklich nieder. Wenn man nun das Ende eines Glasstäbchens auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwach befeuchtet — indem man nur die obere Flüssigkeit und keineswegs den sich absetzenden phosphorsauren Kalk berührt — und hierauf den erhaltenen Tropfen auf einen der jodhaltigen Tropfen auf die Glastafel fallen läßt, so überzeugt man sich durch die entstehende Reaction leicht, ob die Flüssigkeit einen Ueberschuß von Bleioxyd enthält oder nicht. Beachtenswerth ist, daß ein Zeitpunkt eintritt, wo die Flüssigkeit sich bei der Prüfung mit Jodkalium gelb färbt, ohne daß wirklich aller phosphorsaure Kalk durch die Probeflüssigkeit zersetzt ist. In diesem Augenblick ist nämlich der phosphorsaure Kalk beinahe vollständig zersetzt und die in der Flüssigkeit enthaltene überschüssige Säure löst eine geringe Menge phosphorsaures Blei auf; so unbedeutend dieselbe ist, so reicht sie doch hin, um dem Jodkalium eine gelbe Färbung zu ertheilen. Dieser Zeitpunkt ist das Anzeichen daß man sich dem Ende der Operation nähert. Man setzt nun der Flüssigkeit zwei Drittel ihres Volums Alkohol zu, damit die überschüssige Säure kein phosphorsaures Blei mehr auflösen kann und gießt von diesem Augenblick an die Bleiauflösung vorsichtig hinein, indem man stets mit einem Glasstäbchen umrührt und den phosphorsauren Kalk sich absetzen läßt, ehe man die Oberfläche der Mischung mit dem Glasstab berührt. Sobald ein herausgenommener Tropfen sich in Berührung mit dem Jodkalium auf der Glastafel grünlich färbt, hält man mit dem Zusetzen von Probeflüssigkeit ein. Man liest auf dem Maaßgläschen den Grad ab, welcher das Volum der angewandten Probeflüssigkeit repräsentirt und erfährt so den Gehalt des untersuchten Düngers an phosphorsaurem Kalk. Bei solchen Aschen, welche voraussichtlich viel phosphorsauren Kalk enthalten, kann man 5 Grade Probeflüssigkeit auf einmal zugießen, da nach der ersten lebhaft gelben Färbung gewöhnlich noch 5 bis 7 Grade davon erforderlich sind, bis die Färbung auch nach dem Zusatz von Alkohol eintritt. Wenn man zur Probeflüssigkeit ein essigsaures Blei verwenden wollte, welches nicht vollkommen rein ist, so müßte man die bereitete Probeflüssigkeit vor der Anwendung auf ihren Gehalt prüfen, indem man einen Gramm reinen phosphorsauren Kalk (mit den oben angegebenen Vorsichtsmaßregeln) in Salpersäure auflöst und untersucht wieviel Probeflüssigkeit diese Auflösung zur Zersetzung erfordert. Nach dem gefundenen Resultat bringt man dann die Probeflüssigkeit auf den richtigen Gehalt. Sollte die zu probirende Flüssigkeit unter den phosphorsauren Salzen aber auch Thonerde enthalten, so kann man nach dieser Methode kein genaues Resultat erzielen.