Titel: Neue Art hydraulischen Motors.
Autor: C. Walther
Fundstelle: Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XXXII., S. 181
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XXXII. Neue Art hydraulischen Motors. Mit einer Abbildung. Neue Art hydraulischen Motors. Denkt man sich eine mit Wasser gefüllte verticale Röhre durch den Boden eines mit gehörigem Zuflusse versehenen Reservoirs gehend, so daß das Wasser durch die Röhre aus dem Behälter abfließen kann, so wird, wenn man in die Nähe der mit Wasser ganz bedeckten obern Röhrenöffnung einen Deckel bringt, dieser plötzlich gegen die Mündung der Röhre angedrückt werden. Die vorher bewegte Wassersäule in der Röhre kommt dadurch plötzlich zur Ruhe oder oscillirt etwas, so daß im rechten Augenblicke der Deckel sich wieder leicht abnehmen läßt, welcher aber, sobald das Wasser wieder abzufließen anfängt, plötzlich aufs Neue von der fließenden Wassersäule auf die Röhrenmündung angedrückt wird. Dieselbe Erscheinung hat man an jedem Stoßheber oder hydraulischen Widder; denn das Ventil, durch welches das Treibwasser abfließt, schließt sich von selbst und öffnet sich auch wieder durch sein eigenes Gewicht. Ist nämlich die Wassersäule in Ruhe, so kann die Schwere des Ventiles größer seyn als der Druck der ruhenden Wassersäule auf das Ventil, und letzteres wird sich nun öffnen; durch dieses Oeffnen kommt die Wassersäule in Bewegung und das Ventil bekommt jetzt zum Drucke des Wassers auch noch den Stoß desselben, wodurch es plötzlich wieder gehoben oder geschlossen wird. Diese abwechselnde Bewegung eines Ventiles oder einer Klappe benützt nun sehr einfach Hr. Franz Schwärzler in Bregenz, um eine rotirende Bewegung hervorzubringen. Aus der beigedruckten Skizze wird die Einrichtung des Schwärzler'schen Apparates deutlich werden. Textabbildung Bd. 111, S. 181 A ist ein Reservoir, welches beständig so weit mit Wasser gefüllt bleiben muß, daß beide Röhrenmündungen vollständig von demselben bedeckt bleiben. Durch den Boden dieses Reservoirs gehen zwei Röhren B und C und sind mit demselben wasserdicht verbunden. Diese Röhren sind oben einander entgegengesetzt umgebogen, so daß die Mündungen derselben nahezu vertical stehen. Zwei Klappen D und E, welche abwechslungsweise bald die eine, bald die andere Röhrenmündung verschließen, sind durch Scharniere mit den Röhren verbunden, so daß sie sich um eine horizontal liegende Achse drehen können. Beide Klappen sind oben durch eine Stange F vereinigt, welche die Klappe E veranlaßt sich zu öffnen, wenn sich D schließt, und umgekehrt. Mit der Verbindungsstange F ist eine kleine Zugstange G vereinigt, deren anderes Ende an einen kleinen Krummzapfen H angehängt ist, auf dessen Achse sich das Schwungrad I befindet. Wird die in der Skizze offene Klappe D vom Wasser zugedrückt, so öffnet sich E, und die Kurbel hat mit dem Schwungrade eine halbe Umdrehung gemacht. Ist dieß geschehen, so befindet sich die Klappe E in derselben Lage wie vorher D; sie wird durch das Wasser wieder geschlossen und veranlaßt dabei das Schwungrad zur zweiten halben Umdrehung u.s.f. Das kleine Modell, welches Hr. Schwärzler anfertigen ließ, macht bei einem Gefälle von 1 Fuß 8 bis 10 Umdrehungen in der Secunde. Der Wasserabfluß kann durch einen Schieber oder eine Klappe an den untern Röhrenmündungen regulirt werden. Wird das Gefälle größer, so nimmt natürlich auch die Geschwindigkeit des Schwungrades zu, und der Apparat möchte sich wohl da zur Anwendung eignen, wo große Geschwindigkeit verlangt wird und Aufschlagwasser genug vorhanden ist. Die Schwungradwelle ließe sich wohl auch vertical stellen, statt horizontal zu liegen. Uebersteigt das Gefälle die Höhe, bis zu welcher der Luftdruck das Wasser in den Röhren B und C heben kann, so müßte das Reservoir oben geschlossen und das Aufschlagwasser durch eine Röhre in dasselbe geleitet werden. Eine Stange, welche zur Verbindung der Klappen mit der Zugstange dient, müßte dann durch eine Stopfbüchse in der Wand des Reservoirs gehen, so daß die Zugstange mit Schwungrad außerhalb des Behälters liegen könnte. Bei einem oben offenen Behälter könnten die Klappen auch horizontal liegen, und die Röhren gerade seyn. Die Verbindungsstange F müßte dann in einen Hebel verwandelt werden, der seine Drehungsachse in der Mitte hätte. Mit dem einen Ende desselben könnte die Zugstange in Verbindung seyn, so daß dieselbe aufrecht stünde und das Schwungrad über das Reservoir zu liegen käme. Die Röhren B und C müssen, wie erwähnt, unten geschlossen werden können, damit sich dieselben vollständig mit Wasser füllen können, und alle in demselben enthaltene Luft sich entfernen kann. Erst nachdem die Röhren gefüllt sind, kann der Apparat in Thätigkeit gebracht werden. Die Idee dieses von Hrn. Schwärzler erfundenen Apparates ist originell, und sicherlich wird derselbe hie und da Anwendung finden und noch vervollkommnet werden können. C. Walther.