Titel: | Ueber eine von Hrn. Farcot construirte Dampfmaschine von 25 Pferdekräften; Bericht des Hrn. le Chatelier. |
Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber eine von Hrn. Farcot construirte Dampfmaschine von 25
Pferdekräften; Bericht des Hrn. le Chatelier.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement,
Jan. 1849, S. 6.
le Chatelier, über Farcot's Dampfmaschine.
Diese Dampfmaschine wurde gebaut, um in La Villette die Pumpen in Bewegung zu setzen,
welche das aus den Senkgruben von Paris durch Absetzen geklärte Wasser bis nach
Bondy schaffen müssen. Diese Maschine Farcot's hat nach
dem Systeme von Woolf zwei Cylinder und einen Balancier.
Die beiden Cylinder sind getrennt und wirken auf ein und dasselbe Ende des
Balanciers; jeder von ihnen ist mit einem Mantel umgeben, in welchem der Dampf, wie
er aus dem Kessel kommt, circulirt. Die Mäntel selbst sind in Blechgehäuse
eingehüllt, und der Zwischenraum zwischen Mantel und Blechgehäuse ist mit
Holzkohlenklein ausgefüllt. Der Boden der Cylinder ist nicht mit dem Mantel
verbunden, wird aber ebenfalls vom Dampfe bespült. Die Deckel sind doppelt, und
zwischen denselben befindet sich ebenfalls eine Dampfschichte von der Temperatur wie
sie im Kessel ist. Die Dampfvertheilung im kleinen Cylinder geschieht auf dieselbe
Weise wie bei den gewöhnlichen Maschinen, welche Hr. Farcot baut; sie wird mit großer Genauigkeit durch den
Centrifugalregulator regulirt. Der Schieber und die Oeffnungen sind so angeordnet,
daß sie den Dampf, welcher auf die beiden Kolbenstächen gewirkt hat, durch zwei
verschiedene Röhren ausströmen lassen. Der Dampf geht bei seinem Uebergange aus dem
kleinen in den großen Cylinder durch einen besonderen Apparat, welchen Hr. Farcot auf Anrathen des Hrn. Combes anbrachte, um das Ausströmen vor beendigtem Kolbenhube zu
unterbrechen und den Dampf in den schädlichen Räumen zu comprimiren. Die Vertheilung
im großen Cylinder geschieht mittelst vier Klappen, von denen zwei das richtige
Einströmen in den Cylinder zu besorgen haben, und zwei die Verbindung mit dem
Condensator herstellen müssen.
Der Kessel besteht aus einem Cylinder von 1 Meter Durchmesser, und vier Siederöhren
von 0,36 Meter Durchmesser bei einer Länge von 6 Metern. Die Siederöhren sind
seitwärts angebracht, und die Flamme bestreicht sie allmählich. Das Speisewasser
wird am Ende des Systemes eingebracht, und gelangt aus einer Siederöhre in die
andere, und zwar in der der Flamme entgegengesetzten Richtung.
Die Maschine, welche in allen ihren Details wohl überdacht ist, wurde schon längst
aufgestellt, aber die Arbeiten des Etablissements und unvorhergesehene
Schwierigkeiten haben die Prüfung derselben hinausgeschoben, so daß diese erst am 7.
November vorigen Jahres ausgeführt werden konnte. Hr. Sentis, Bergwerksingenieur, Nahm mit mir die Data des Versuches auf,
welchem auch Hr. Combes einige Zeit beiwohnte.
Die Maschine war lange Zeit stille gestanden, und da der Compressionsapparat nicht so
in Ordnung war, daß er arbeiten konnte, so wurde er ganz beseitigt, weßhalb er auch
keinen Einfluß auf die erhaltenen Resultate haben konnte.
Die Dimensionen der Maschine sind folgende:
Kolbenhub im kleinen Cylinder
0,750 Meter
„
im großen Cylinder
1,300 Meter
Durchmesser des kleinen Cylinders
0,420 Meter
„ des
großen Cylinders
0,600 Meter
Inhalt des kleinen Cylinders
104 Liter
„ des
großen Cylinders
367 „
Inhalt des Condensatorraumes
252 „
Hub der Luftpumpe
0,430 Meter
Durchmesser derselben
0,450 Meter
Hub der Speisepumpe
0,500 Meter
Durchmesser derselben
0,080 Meter
Aeußerer Durchmesser des Kessels
1,000 Meter
„
der Siederöhren
0,400 Meter
Länge des Kessels und der Siederöhren
6,000 Meter
Heizfläche
39 Quadtmet.
Rostfläche
0,84 „
Durchmesser des Schwungrades
6,10 Meter
Gewicht desselben
5000 Kilogr.
Das Condensationswasser wurde aus dem Canal geschöpft, mit welchem der Condensator in
gleichem Niveau liegt. Die Temperatur des Wassers betrug 4°C. Das
Brennmaterial war englische Steinkohle in Stücken, welche Hr. Farcot von Calais kommen ließ, um dieselben Umstände herzustellen, welche
bei den Versuchen mit der Maschine der HHrn. le Gavrian
und Farinaux
Man vergl. die Beschreibung derselben im polytechn. Journal Bd. CXI S. 241. stattfanden. Die Anordnung des Rostes ließ einiges zu wünschen übrig, denn
die Heizthür glühte während der Dauer des ganzen Versuches.
Der Zaum, welcher in guten Zustand versetzt war, wirkte sehr regelmäßig. Ein
Zählerwerk gab genau die Anzahl der Umdrehungen an.
Die Operation wurde mit aller möglichen Sorgfalt geleitet. Von dem Dampfdrucke, der
Menge des verbrauchten Wassers, dem Zustande des Ofens und den Angaben des
Zählerwerkes wurde häufig Einsicht genommen, und zahlreiche Diagramme wurden von
beiden Cylindern zugleich gemacht. Die Temperatur des Condensationswassers wurde
notirt; aber auf die Angaben des Manometers am Condensator keine Rücksicht genommen,
weil derselbe nicht in gutem Zustande zu seyn schien.
Der Versuch wurde um 10 Uhr 5 Minuten Morgens begonnen und bis um 8 Uhr Abends
fortgesetzt. Ein gleicher Zustand des Ofens wurde am Anfange der Operation und am
Ende derselben hergestellt. Da jedoch der Wasserstand im Kessel sich verringert
hatte, so wurde diese Niveau-Differenz in Rechnung gebracht.
Folgende Uebersicht enthält alle Umstände, welche bei der Untersuchung
stattfanden:
Dauer des Versuches
9 Stunden 55 Minut.
verbrauchte Steinkohlen
400 Kilogr.
verbrauchtes Wasser
2970 Kilogr.
gewöhnlicher Dampfdruck im Kessel
4,5 Atmosphären
Temperatur des Wassers aus dem Condensator
24 Grade Cels.
Zaumlänge
3,23 Meter
Belastung des Zaumes
252 Kilogr.
Anzahl der vom Zahler angegebenen Umdrehungen
15895.
Die Rechnung gibt nun:
Anzahl der Schwungradumdrehungen per Minute
26,71
Kraft der Maschine in Pferden
30,55
Stündlich per Pferdekraft verbrauchte Steinkohlen
1,32 Kilogr.
Stündlich p. Pferdekraft
verbrauchtes Wasser
9,803 Kilogr.
Wasser, welches durch 1 Kilogr.
Kohle verdampft wurde
7,425 Kilogr.
Arbeit der Achse für 1 Kilogr. Verdampften Wassers
27,370 Kil. Met.
Die im Verlauf der Untersuchung genommenen Diagramme zeigten an, daß die
Dampfvertheilung sehr gut regulirt ist, mit Ausnahme des Einlasses in den großen
Cylinder, welcher etwas zu spät geschieht. Das Vacuum stellte sich unter dem großen
Kolben nicht so gut her, wie bei den Versuchen mit der Maschine der HHrn. le Gavrian und Farinaux, da die
Temperatur des abfließenden Wassers höher ist. Die von beiden Cylindern genommenen
Diagramme sind so, wie sie gewöhnlich sind, wenn der Dampf viel Wasser mitgerissen
hat. Die Dampfproduction von einem Kilogramm Steinkohle und die von einem Kilogramm
Wasser geleistete Arbeit bleiben die eine über, die andere unter der Erwartung.
Diese Umstände zusammengenommen, lassen keinen Zweifel übrig, daß eine nicht
unbeträchtliche Wassermenge von dem Dampfe mitgerissen wird.
Hr. Farcot hatte einen Dampfhut angebracht, um das Wasser
vom Dampfe zu trennen; die erhaltenen Resultate ergaben aber, daß der Apparat den
gewünschten Zweck nicht gehörig erfüllt. Es wäre zu wünschen, daß einige
Abänderungen mit Rücksicht auf die oben erhaltenen Resultate an der Maschine gemacht
würden, und daß dann eine neue Prüfung dieser Maschine angestellt würde.
Abgesehen von den eben erwähnten Uebelständen, welche ohne Schwierigkeit beseitigt
werden können, gab die Maschine ausgezeichnete Resultate, gerade wie die Maschine
der HHrn. le Gavrian und Farinaux, welche anfangs ebenfalls den Uebelstand des Wassermitreißens
hatte. Ich zweifle nicht, daß nach Beseitigung dieses Fehlers, und durch solches
Stellen der Schieber, daß der Dampf früher aus dem kleinen Cylinder austreten und in
den großen Cylinder eintreten kann, sich ein Brennmaterialverbrauch ergeben wird,
welcher eben so gering ist, wie bei der Maschine der HHrn. le
Gavrian und Farinaux, besonders wenn der zum
Comprimiren des Dampfes in den freien Räumen dienende Apparat in Thätigkeit gesetzt
wird.
Die Berechnung des mittleren nutzbaren Dampfdruckes, welcher aus neun Diagrammen
gefunden wurde, welche beide Cylinder zugleich lieferten, ergab:
mittlerer Druck im kleinen Cylinder
1 Kil. 337 Gr.
„
„
„ großen Cylinder
0 „ 304
„
Ich würde mittelst dieser Daten die von der Achse abnehmbare und von der Pumpe
verwendete Arbeit mit der Arbeit des Dampfes auf den Kolben verglichen haben, wenn
ich nicht eingesehen hätte, daß diese Bestimmung nur ein fehlerhaftes Resultat geben
konnte, da eine Ungleichheit der Dampfvertheilung auf die beiden Kolbenstächen
stattfindet.
Es versteht sich von selbst, daß man bei diesem Versuche, wie bei dem in Lille mit
der Dampfmaschine von le Gavrian und Farinaux angestellten, nur auf den Brennmaterialverbrauch
während des Ganges der Maschine Rücksicht nahm. Bei beiden Versuchen war der Kessel
vorgeheizt und einige Tage vorher nicht benützt worden. Es war deßhalb nicht
möglich, die Kosten des Vorheizens zu bestimmen, welche man hie und da bei ähnlichen
Versuchen mit in Rechnung bringt; denn diese Kosten sind je nach der unterbrochenen
oder ununterbrochenen Anwendung der Maschine verschieden.
Die Versuche mit der Dampfmaschine von le Gavrian und Farinaux einerseits, und von Farcot andererseits, wurden angestellt, weil sich beide Mechaniker um den
von der Société d'Encouragement
ausgesetzten Preis bewarben.