Titel: | Ueber die Verfälschungen des Mehls; von L. R. Le Canu. |
Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XVI., S. 55 |
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XVI.
Ueber die Verfälschungen des Mehls; von L. R. Le Canu.
Aus dem Journal de Pharmacie, April 1849, S.
241.
Mit Abbildungen.
Le Canu, über die Verfälschungen des Mehls.
Das Studium der Mehlarten hinsichtlich ihrer möglichen Verfälschungen ist unstreitig
von großer Wichtigkeit; aber ungeachtet der vielen darüber angestellten Forschungen,
in Italien von Galvany, in Deutschland von Fresenius, in Belgien von Martens und ganz neuerlich von Donny
Polytechn. Journal Bd. CVI S.
297., in Frankreich von Barruel, Barse, Boland,
Chevallier, Lassaigne, Louyet, Parisot, Robine,
Rodriguez, Villain etc., ist von dem diese
Betrügereien bedeckenden Schleier bis jetzt nur ein Theil gelüftet. Ich war mit
Benutzung der bisherigen Resultate bemüht, dieses Feld weiter zu bebauen.
Zuerst will ich die Verfälschungen des Mehls mit Kartoffelstärke, und dann seine
Verfälschungen mit den Samen der Hülsenfrüchte (Bohnen, Weißbohnen, Erbsen, Linsen,
Wicken) vornehmen.
Verfälschungen mit
Kartoffelstärkmehl.
Durch Beimengung von Kartoffelstärkmehl wird das Getreidemehl (Weizenmehl) in seiner
Weiße, im Geschmack und Geruch nicht verändert; die feinsten und geübtesten Sinne
vermögen diese Verfälschungen nicht zu entdecken. Das so verfälschte Mehl
verschluckt aber weniger Wasser als das reine, und gibt folglich bei gleichem
Gewicht weniger Brod; ferner machen 25 Proc. Kartoffelstärke das Mehl zur
Brodbildung ungeeignet, und das Brod welches Kartoffelstärke, gleichviel in welchem
Mengenverhältniß, enthält, verliert an Nahrungskraft.
Daß die Kartoffelstärke die Eigenschaften des Mehls nicht merklich verändert, ist
begreiflich, wenn man bedenkt, daß sie dieselbe chemische Zusammensetzung hat wie
der Hauptbestandtheil des Mehls, nämlich das Getreide-Stärkmehl. Daraus geht
Hervor, daß die Entdeckung des Starkmehls im Mehl nur in dem Grade möglich ist, als
man zwischen beiden Physische Unterschiede und ein abweichendes Verhalten gegen
gewisse Reagentien auffindet, welches nach ihrer Vermengung noch wahrnehmbar ist und
wo möglich auch ihre Trennung gestattet. Die durch beigemengtes Kartoffelmehl
bedingte Verminderung der übrigen Bestandtheile des Mehls, hauptsächlich des Klebers
(Glutens), oder wohl auch des Stickstoffs (im Kleber und Eiweiß), kann keinen
genügenden Anhaltspunkt liefern; denn einerseits ist das Mengenverhältniß der
Bestandtheile des Mehls so verschieden, daß gewisse kleber-, folglich
stickstoffreiche Mehlarten nach der Vermengung mit Kartoffelstärke noch immer mehr
Kleber oder Stickstoff enthalten würden als andere, nicht mit Kartoffelstärke
verfälschte, aber an Kleber arme Mehlsorten; andererseits würde die Beimengung jeder
fremdartigen stickstofffreien Substanz eben so das Mengenverhältniß des Klebers,
also auch des Stickstoffs, vermindern.
Nach den bisher bekannten und meinen eigenen Beobachtungen kann ich zwischen dem
Getreide-Stärkmehl und der Kartoffelstärke folgende Parallele ziehen.
Die Kartoffelstärke ist weißer, glänzender als das Amidon oder
Getreide-Stärkmehl; sie ist rauh anzufühlen, das Amidon zart. Jene lauft wie
eine Flüssigkeit – so beweglich sind ihre Molecüle – letzteres verhält
sich in dieser Hinsicht wie andere Pulver.
Dem bloßen Auge erscheint die Kartoffelstärke, besonders im durchgehenden Lichte, aus
glänzenden Theilchen gebildet, welche ihr das Ansehen zusammengehäufter
Krystallstückchen geben; das Amidon, theils aus glänzenden, theils aus matten
Theilchen bestehend, gleicht hingegen dem Schnee. Eine nur mäßig vergrößernde Lupe
läßt bei jener deutlich sphärische Theilchen wahrnehmen, bei diesem aber die Gestalt
unentschieden.
Bei einer Vergrößerung = 100 erscheinen die Theilchen beider kugelförmig, jedoch an
Volum und Gestalt sehr verschieden.
Ich will hier keineswegs die Resultate der von Löwenhoeck
im J. 1791, von Raspail im J. 1820 und von Payen im J. 1839 angestellten mikroskopischen
Untersuchungen wiederholen und bemerke bloß, daß mit einem 300fach vergrößernden
einfachen Mikroskop die Kartoffelstärke und das Weizenmehl Bilder liefern, welche untenstehende
Figuren hinsichtlich der Größe und Gestalt der Kügelchen ziemlich genau
darstellen.
Fig. 1., Bd. 113, S. 57
Fig. 1. –
Kartoffelstärkekügelchen.
Fig. 2., Bd. 113, S. 57
Fig. 2. – Kügelchen der
Weizenstärke.
Wirkung des Wassers. – Bei gewöhnlicher Temperatur
hat das Wasser auf beide keine andere Wirkung, als daß es die Kügelchen aufschwellt.
Es löst sie nicht auf und erlangt durch ihre Berührung die Eigenschaft, von Jod blau
gefärbt zu werden, nur in dem Grade, als durch eine zufällige Ursache, namentlich
durch Reibung, die Hüllen dieser Kügelchen zerrissen wurden, so daß das Wasser in
das Innere derselben dringen kann.
Diese Wirkung tritt beim Amidon auffallend schwerer ein als bei der Kartoffelstärke
(Gay-Lussac) – ein Beweis, daß jenes
mehr Cohäsion hat, daher es auch im Allgemeinen dem Auflösungsmittel mehr
widersteht.
Wenn man beide Substanzen, jede für sich, mit Wasser anrührt, und die nacheinander
sich ablagernden Bodensätze mit dem Mikroskop untersucht, so findet man diejenigen
vom Amidon viel reicher an großen Stärkekügelchen, als diejenigen von der
Kartoffelstärke; letztere hingegen reicher an kleinen Kügelchen als erstere.
Durch öfters wiederholte Operationen lassen sich die Molecüle beider nach ihren
relativen Großen fast vollkommen trennen, so daß man leicht Massen kleiner oder großer
Amidon- oder Kartoffelstärke-Kügelchen erhalten kann.
Aehnliche, jedoch minder scharfe Resultate erhält man, wenn man beide Stärkmehlarten
durch Gewebe von verschiedener Dichtheit hindurchknetet. Gewöhnlicher Calico
insbesondere läßt nur die kleinen Kartoffelstärke-Kügelchen hindurch und hält
die großen zurück.
Wirkung gesättigter Auflösungen von kohlensaurem Natron und
Aetzammoniak. – Das Kartoffel- und Getreide-Stärkmehl
erleiden bei gewöhnlicher Temperatur weder durch eine gesättigte Auflösung von
kohlensaurem Natron, noch durch Aetzammoniak eine Veränderung und lösen sich nicht
darin auf. Nach zweistündiger Berührung war keine Veränderung in der Gestalt oder
Größe der Kügelchen wahrzunehmen. Die Flüssigkeit, in welcher sie sich abgesetzt
hatten, wurde nach dem Neutralisiren von Jodwasser nicht gefärbt.
Wirkung der Aetzkalilösungen. – Eine
Aetzkalilösung von nur 1 Proc. Gehalt hat bei gewöhnlicher Temperatur auf beide
Stärkearten fast keine Einwirkung.
Nach mehrstündiger Berührung war in Größe und Gestalt der Kügelchen keine merkliche
Veränderung erfolgt; kaum daß die filtrirte Flüssigkeit von Alkohol getrübt, von
angesäuertem Jodwasser gefärbt wurde.
Nur beobachtete ich auf einigen Kartoffelstärke-Kügelchen Spuren einer
kleinen, gewöhnlich kreisrunden, zuweilen aber auch kreuzförmigen Oeffnung, welche
im trockenen Zustande, sowie bei bloßer Befeuchtung der Stärke nicht zu sehen waren.
(„Nabel“ [Hylus] der
Mikrographen.) Die Amidon-Kügelchen zeigten nichts Aehnliches.
Auflösungen von 1,50 und 1,75 Kali auf 100 Wasser zeigen keine größere Einwirkung auf
die Getreide-Stärke; die Amidon-Körner, welche undurchsichtig und
widerstehend bleiben, sondern sich in der Ruhe von der alkalischen Flüssigkeit ab
(deren Dichtigkeit nicht zuzunehmen scheint) und zeigen unter dem Mikroskop weder
eine Gestaltveränderung noch eine Anschwellung.
Auf die Kartoffelstärke hingegen wirken diese Auflösungen; ein Theil Kartoffelstärke
und etwa 30 Theile solcher Kalilösung bilden bei einer Temperatur von + 12 bis
16° R. in einigen Minuten eine durchsichtige Gallerte.
Kalilösungen von 3,75 bis 4 Proc. Alkaligehalt wirken auf beide Stärkearten heftig ein; die Kügelchen schwellen an, verändern ihre
Gestalt, verwandeln sich in Gallerte und zerbrechen bald ihre Hüllen. In der Wärme
erfolgt die Zerstörung der Kügelchen rasch; aber auch dann löst sich die Stärkesubstanz
nicht ganz auf, sondern behält eine Klebrigkeit, daher sie nur mit vielem Wasser
verdünnt durch die Filter geht.
Die erwähnten Gallerten, namentlich die mit Kartoffelstärke und Kalilösungen von 1,50
bis 1,75 Gehalt erhaltenen zeigen, in dünnen Schichten auf Glasplatten ausgebreitet,
unter dem Mikroskop bald faltige, chagrinirte Häutchen von mohrähnlichem Glanz, bald
aneinander klebende Bläschen, welche auf den ersten Anblick nebeneinander liegenden
Zellen gleichen. Benetzt man sie auf dem Glase mit Jodwasser, welches man mit
Salzsäure ansäuerte, oder rührt man sie noch ehe man sie auf die Glasfläche bringt,
in diese saure Flüssigkeit, so zeigen sich sogleich in blauer Farbe entweder zum
Theil ausgebreitete und zum Theil übereinander gefaltete Häutchen, oder wirkliche
Blasen, je nachdem die Einwirkung auf die Kügelchen eine mehr oder weniger
tiefgehende war. Ihre blasenartige Beschaffenheit läßt sich, wenn ihnen die
Flüssigkeit, worin sie schweben, eine zugleich fortschreitende und rotirende
Bewegung mittheilt, wunderbar leicht wahrnehmen.
Ferner zeigt sich durch vergleichende Beobachtung der großen und kleinen
Kartoffelstärke-Kügelchen, daß die erzeugten Bläschen um so größer sind, je
größer die Kügelchen waren von denen sie abstammen, woraus folgt, daß ein sehr
kleines Kartoffelstärke-Kügelchen ein Bläschen von geringerm Durchmesser
geben kann, als ein großes Weizenstärke-Kügelchen.
In der Regel sind die Bläschen von Weizenstärke weniger ausgedehnt und mehr
abgerundet, als diejenigen von Kartoffelstärke. Das Einsinken ihrer Wände macht sie
oft linsenförmigen Scheiben ähnlich.
Rührt man diese Gallerten mit Alkohol an, so erzeugen sich gelblichweiße Flocken von
harzähnlichem Aussehen, die, mit Jodtinktur befeuchtet, unter dem Mikroskop wieder
Bläschen oder Häutchen geben und an der Luft, in Folge der Verdunstung des Alkohols,
wieder ihre frühere Durchsichtigkeit und ihr gallertartiges Aussehen annehmen. Das
verschiedenartige Verhalten einer Kalilösung von 1,75 Procent Gehalt zu
Kartoffel- und Weizenstärke wurde bekanntlich von Hrn. Payen entdeckt.
Dadurch haben wir ein Mittel zur Trennung der Weizenstärke und Kartoffelstärke. Man
braucht nur das Gemenge in die Kalilösung einzurühren, etwa 1/2 Stunde lang damit in
Berührung zu lassen, manchmal umzuschütteln und dann mit Wasser zu verdünnen, um das
Nieder der schwebenden Theilchen zu begünstigen; dann heftig zu schütteln, um das
Zerreißen der Kartoffelstärkebläschen zu befördern, endlich einen Augenblick ruhen
zu lassen und abzugießen. Die Weizenstärke wird sich beinahe vollständig auf dem Boden des Gefäßes
befinden, während die Kartoffelstärke in Gallerte umgewandelt, dann aufgelöst, oder
vielmehr zerstört wird.
Wenn man ein solches Gemenge von Weizen- und Kartoffelstärke unter dem
Mikroskop untersucht, nachdem man etwas davon auf eine Glasplatte gelegt, auf
derselben mittelst eines Glasröhrchens in Kalilösung zerrührt hat und auf die
entstandene gallertartige Schicht einige Tropfen angesäuerten Jodwassers ließ, so
nimmt man die Kügelchen der Weizenstärke, deren Volum sich gleich bleibt, und die
Bläschen der Kartoffelstärke, deren Volum 5–6 mal größer wird (als dasjenige
der ursprünglichen Kügelchen) deutlich wahr.
Wirkung der Salzsäure. – Mit ihrem doppelten Volum
Wasser, oder noch mehr verdünnte Salzsäure, wirkt bei gewöhnlicher Temperatur weder
auf Weizen- noch auf Kartoffelstärke. Ihre Kügelchen hatten nach Mündiger
Berührung nicht nur ihre Gestalt nicht verändert, sondern die filtrirte Flüssigkeit
wurde auch von Jodwasser nicht gefärbt und durch Alkohol nicht getrübt Die
concentrirte Salzsäure aber, sogar mit ihrem gleichen Volum oder mit 2/3 ihres
Gewichts Wasser verdünnte, wirken bei derselben Temperatur auf beide Stärkearten,
verwandeln sie in durchsichtige, farblose und in einer genügenden Wassermenge
auflösliche Gallerten. Die concentrirte Säure scheint diese Stärkearten sogar ganz
in Zucker zu verwandeln; wenigstens wird die entstandene Auflösung von Jodwasser
nicht gefärbt und durch Alkohol nicht gefällt. Bei der Siedhitze des Wassers werden
sie von Salzsäure, die mit ihrem 50fachen Gewicht Wasser verdünnt ist, langsam
aufgelöst und zuletzt in Zucker verwandelt.
Sowohl in verdünntem als in concentrirtem Zustand ist die Salzsäure ein den
alkalischen Flüssigkeiten bei weitem vorzuziehendes Auflösungsmittel der
Kartoffel- und der Weizenstärke.
Auch muß ich bemerken, daß während die Kartoffelstärke sich ohne allen Rückstand
darin auflöst, die Weizenstärke, mag sie auch noch so weiß seyn, einen Rückstand
hinterläßt, der alle Eigenschaften eines Gemenges von Kleie und Zellengewebe
besitzt,
unlöslich ist in Wasser von jeder Temperatur und keine
Gallerte mit demselben bildet; deßgleichen unlöslich ist in
kochender concentrirter Salzsäure, Aetzkalilauge von
ig Proc. Gehalt, mit Salzsäure geschärftem Alkohol, einer alkoholischen
Kalilösung.
Wie die Weizenstärke selbst, zeigt dieser Rückstand unter dem Mikroskop Büschel sich
durchkreuzender Fasern und in der Regel prismatische, cannellirte feste Körperchen;
einige farblos und fast durchsichtig, andere gelblich und durchscheinend; hier und
da Zellenmassen mit meistens länglichen Zellen.
Aus dem Vorhergehenden folgt, daß die Kartoffelstärke und die Weizenstärke in der
Größe und Gestalt ihrer Kügelchen und in ihrem Verhalten zu den Reagentien sich sehr
unterscheiden; folglich daß man sie von einander unterscheiden und ihre Vermengung
nachweisen kann.
So könnte man nach dem Vorschlag von Gay-Lussac, Boland,
Chevallier, Martens etc. einerseits reines, andererseits verdächtiges Mehl
mit Vermeidung starken Drucks, in einem Mörser reiben, das Geriebene mit kaltem
Wasser behandeln, filtriren und den Flüssigkeiten einige Tropfen Jodwasser
zusetzen.
Das mit Kartoffelstärke verfälschte Mehl würde dem Wasser die Eigenschaft ertheilen,
sich mit Jod zu bläuen, das reine Mehl aber nicht. Die Kartoffelstärkekörner, größer
und weicher, hätten einem Druck nachgegeben, welcher die minder großen und härteren
Weizenstärke-Kügelchen nicht zu zerdrücken vermocht hätte.
Auch könnte man, nach Donny's Vorschlag, das zu
untersuchende Mehl auf eine Glasplatte bringen, hier mit Kalilösung von 1,75 Proc.
Gehalt anrühren, vorsichtig austrocknen, Jodwasser zusetzen und mikroskopisch
untersuchen.
Die ungeheure Entwickelung, welche die Kartoffelstärke-Kügelchen inmitten der
unangegriffen gebliebenen Weizenstärke-Kügelchen erreichen würden, verriethe
wahrscheinlich ihre Gegenwart.
Das Zerreiben könnte jedoch nur in sehr geübten Händen ein Resultat liefern, welches
Vertrauen verdient, weil das reine Mehl nur stärker gedrückt zu werden brauchte als
das Gemengte, um das entgegengesetzte Resultat von dem richtig angestellten Versuch
zu erhalten.
Andererseits ist die Entdeckung einzelner Kartoffelstärkekörner, welche in einer
bedeutenden Masse von Weizenstärke, Kleber, Kleie etc. zerstreut sind, durch
directes Einwirkenlassen von Kalilösung auf das Mehl, um so schwieriger, da die
Kartoffelstärke-Kügelchen durch die sie umhüllenden Substanzen vor der
Berührung des Alkali's geschützt, nicht immer so aufschwellen als wenn sie frei
sind; da ferner gewisse Stärkekügelchen unter dem Einfluß jener Substanzen und in
Folge starker Entwickelung manchmal Bläschen geben, die mit jenen der
Kartoffelstärke verwechselt werden könnten.
Diese Unsicherheit verschwindet, wenn man, statt die Mehle selbst in Behandlung zu
nehmen und ohne Unterschied auf irgend einen Theil der bei ihrem Waschen erhaltenen
Stärkemasse zu sehen, einen bestimmten Theil dieser Masse in Behandlung nimmt und
ihn einer Reihe von Proben unterzieht.
Der rühmlich bekannte Bäcker Boland hat den Vorschlag
gemacht, von den verdächtigen Mehlen den Kleber abzuscheiden, die Waschwasser in
einem kegelförmigen Gefäß zu sammeln, sie darin etwa drei Stunden lang stehen zu
lassen, die klare Flüssigkeit abzugießen, dann mittelst eines Löffels die weiche,
grauliche, obere Schicht des Absatzes, ein unzusammenhängendes Gemenge von
Stärkmehl, Kleber und Eiweißstoff wegzunehmen, hierauf die kleine, am Boden des
Gesäßes angehäufte consistente Masse trocknen zu lassen, bis sie fest genug geworden
ist, daß man sie durch einen Stoß mit dem Finger gegen die Wand des Glases in einem
Stück herausnehmen kann; endlich mit der Schneide eines Messers die Spitze eines
kegelförmigen Brodes, welches hauptsächlich aus Kartoffelstärke besteht, davon zu
trennen und zu dessen Untersuchung zu schreiten.
Die von mir nachgewiesene Möglichkeit, bei einem vorliegenden Gemenge von
Weizen- und Kartoffelstärke mittelst Wasser die größten
Kartoffelstärkekügelchen fast vollständig absondern zu können, um ihre physischen
Eigenschaften zu ermitteln, führte mich zu folgender Modification des Boland'schen Verfahrens:
Man bereitet von dem verdächtigen Mehl und 40 Procenten seines Gewichts Wasser einen
zusammenhängenden gleichförmigen Teig; knetet ihn unter einem Wasserstrahl zur
Absonderung des Klebers, sammelt das Waschwasser, rührt es um, um alle abgelagerten
Theilchen wieder zu suspendiren, seiht die trübe Flüssigkeit durch ein Seidensieb,
um die mitgerissenen Kleber- und Kleientheilchen zurückzuhalten und gießt in
ein kegelförmiges Gefäß ab.
Sobald sich ein beträchtlicher Bodensatz gebildet hat, gießt man ab, ohne das Klären
des überstehenden Wassers abzuwarten, setzt es bei Seite, um es nöthigenfalls näher
zu untersuchen, und nimmt dann den Bodensatz vor, welchen man neuerdings in frisches
Wasser rührt; man läßt ein zweites Mal absetzen, wie das erste Mal, und zwar so
lange, daß nur ein Theil der suspendirten Theilchen wieder nieder konnte; diese
aufeinanderfolgenden Operationen werden fünf bis sechsmal mit dem immer kleiner
werdenden Bodensatz wiederholt. Der Bodensatz welcher sich am langsamsten bildete,
wird fast nur kleine Weizenstärkekügelchen enthalten.
Die mittlern Bodensätze enthalten große Weizenstärkekügelchen und kleine
Kartoffelstärkekügelchen.
Der Bodensatz welcher sich am schnellsten bildete (er enthielt zuerst einen starken
Antheil großer Kartoffelstärkekügelchen, und einen geringen Antheil kleiner
Kartoffelstärkekügelchen nebst großen Weizenstärkekügelchen), wird zuletzt nur noch
große Kartoffelstärkekügelchen enthalten.
Dem bloßen, noch besser dem mit einer Lupe bewaffneten Auge zeigt er den Glanz, den
Schimmer und das Korn der schönsten Runkelrüben-Cassonade; unter dem
Mikroskop beobachtet man deutlich Kügelchen welche an Größe und Gestalt den in Fig. 1 abgebildeten ähnlich sind.
In Berührung mit Kalilösung von 1,25 Proc. Gehalt, zeigen sie zum größten Theil auf
irgend einem Punkt ihrer Oberfläche eine kreisrunde Oeffnung von sehr kleinem
Durchmesser, an deren Stelle manchmal auch ein kleines Kreuz.
In einem Uhrglas mit ihrem 30fachen Gewicht Aetzkalilösung von 1,75 Proc. angerührt,
bilden sie eine gleichartige vollkommen durchsichtige Gallerte, einen wahrhaften
Schleim, welcher durch Zusatz einer größern Menge des Auflösungsmittels
verschwindet.
Die verdünnte Gallerte, in dünner Schicht auf einer Glasplatte ausgebreitet, und dann
mit ein wenig Jodwasser angefeuchtet, welches mit Salzsäure angesäuert ist, liefert
Bläschen von blauer Farbe und wenigstens 5–6 mal so großem Durchmesser, als
die ursprünglichen Kügelchen.
Zweimal wiederholte ich diesen Versuch mit bloß 50 Grammen eines Mehls, welches 2
Procent Kartoffelstärke enthielt, und jedesmal war die Menge der daraus gewonnenen
Kartoffelstärke so groß, daß ich die erwähnten Proben vorzunehmen vermochte, welche
keinen Zweifel über dessen Beschaffenheit übrig ließen.
Ich getraue mich zu behaupten, daß man bei einiger Uebung im Weizenmehl ein Procent
seines Gewichts Kartoffelstärke auffinden kann.
Ueber die Verfälschungen des
Getreidemehls mit den Samen der Hülsenfrüchte (Bohnen, Weißbohnen, Erbsen,
Linsen, Wicken).
Mit Linsen- oder Wickenmehl, welche eine braune Farbe haben, können nur die
schlechteren Sorten des Getreidemehls verfälscht werden.
Das Bohnenmehl hingegen, das Erbsenmehl, dessen wassergrüne Farbe sich in einer
großen Masse eines weißen Körpers leicht verliert, und das Weißbohnenmehl (durch
deren Einfluß sich der Teig beim Einschießen in den Ofen leicht von den Backbrettern
ablöst, so wie sie später der obern Kruste des Brods eine nicht unbeliebte röthliche
Farbe ertheilen) werden allen Arten Weizenmehls zugesetzt, ohne daß dieß, wenn das
Mengenverhältniß unter 5 Procent bleibt, durch die Sinne wahrgenommen würde.
Bei einem größeren Zusatz würde aber die Weiße, der Geruch und Geschmack des Mehls
leiden. Es würde sich durch den Druck der Hand nicht mehr ballen, hingegen fette,
zart anzufühlende, gleichsam seifenartige Teige liefern, die manchmal, besonders
wenn Bohnen zugesetzt wurden, keine regelmäßige Brodbildung mehr zulassen.
Die bisher bekannten Verfahrungsarten zur Entdeckung des Betrugs beschränken sich auf
folgende:
1) Man bestimme das Mengenverhältniß des Klebers im verdächtigen Mehle durch Kneten
desselben unter einem Wasserstrahle, nachdem man einen Teig daraus gebildet hat.
Da die Hülsenfruchtsamen keinen Kleber enthalten, so vermindert ihr Zusatz das
Mengenverhältniß des im Weizenmehl enthaltenen Klebers.
2) Man zersetze eine Portion des verdächtigen Mehls in der Hitze in einer Retorte,
die mit einer verdichtenden Vorlage verbunden ist.
Reines Mehl liefert ein neutrales Product; Mehl, welchem Hülsenfruchtmehl zugesetzt
ist, ein ammoniakalisches Product. (Rodriguez.)
3) Man setze das Mehl zuerst der Einwirkung salpetersaurer Dämpfe, dann
Ammoniakdämpfen aus.
Reines Mehl nimmt eine gleichmäßige gelbe Farbe an; Mehl aber, welchem
Weißbohnen- oder Wickenmehl zugesetzt ist, eine gelbe Farbe, in welcher rothe
Punkte zerstreut sind. (Donny.)
4) Man untersuche das Mehl, nachdem man es auf einer Glasplatte mit Aetzkalilösung
von 10 Proc. Gehalt angerührt hat, unter dem Mikroskop.
Das Alkali bewirkt die Zerstörung der Stärkmehlkügelchen und legt, wenn nur etwas
Hülsenfrüchtemehl zugesetzt ist, die Reste eines netzartigen Zellengewebes mit
sechseckigen Wänden bloß. (Donny.)
5) Man läßt das Mehl in seinem doppelten Volum Wassers bei 20 bis 24° R.
maceriren, filtrirt dann und probirt mit tropfenweise zuzusetzender Essigsäure.
Bei einem Gemenge trübt sich die Flüssigkeit durch die Fällung der von Braconnot in den Hülsenfrüchtesamen entdeckten
eigenthümlichen Substanz, des Legumins (Martens).
Die erste dieser Verfahrungsweisen kann, aus den Gründen,
welche bei Besprechung der Mehlverfälschung mit Kartoffelstärke angegeben wurden,
keine wirklich befriedigenden Resultate liefern, selbst wenn man das
Mengenverhältniß des Klebers anders als auf die alte Weise bestimmen würde, um sich
vor Fehlerquellen zu schützen, die aus der von Galvany
beobachteten Eigenschaft der Hülsenfrüchtesamen entspringen könnten, dem Kleber der
Cerealien seinen Zusammenhang und seine Elasticität so zu schwächen, daß er durch
das Gewebe, in welchem er ausgewaschen wird, hindurchgeht.
Höchstens könnte als Anzeichen der Verfälschung mit Hülsenfrüchten, das mehr oder
minder vollkommene Verschwinden des Klebers oder vielmehr sein Vorkommen im Zustand
äußerst feiner Zertheilung in den durch das Gewebe gegangenen Substanzen geltend
gemacht werden.
Das zweite Verfahren läßt solche Einwürfe zu, daß nach
seinen Resultaten kein bestimmtes Urtheil möglich ist.
Denn selbst angenommen, daß ein gewöhnliches gutes Mehl bei der Destillation Säuren
und Ammoniak in solchem Verhältniß entbindet, daß sie sich stets neutralisiren, die
Mehle von Hülsenfrüchten aber in Folge der vorwiegenden stickstoffhaltigen Substanz
ammoniakalische Producte liefern; so könnte doch offenbar manches reine Weizenmehl,
welches viel Kleber enthält, alkalische Producte liefern, während manches andere,
dem eine kleine Menge von Hülfenfrüchtesamen beigemengt wurde, das aber arm an
Kleber ist, neutrale liefern müßte.
Jedenfalls würde die Alkalinität der Producte nichts anderes beweisen als das
Vorhandenseyn eines Stoffes welcher überschüssiges Ammoniak zu erzeugen vermag,
keineswegs aber daß derselbe gerade im Legunim der Hülsenfrüchte besteht.
Die rothe Färbung, welche durch den Einfluß der Salpetersäure und des Ammoniaks auf
Weißbohnen und Wicken hervorgebracht wird, betrachte ich als ein schätzbares
Zeichen, obwohl anzunehmen ist, daß noch andere Substanzen eine ähnliche Wirkung
hervorzubringen vermögen. Leider findet diese Färbung aber bei Bohnen, Erbsen und
Linsen nicht statt.
Die Merkmale welche aus dem Vorkommen eines Zellgewebes von eigenthümlicher
Gestaltung in allen Hülsenfrüchten, und eines eigenthümlichen nähern Bestandtheils
derselben, des Legumins, abgeleitet sind, haben einen ganz andern Werth. Man darf aber dabei nicht
vergessen, daß die Gegenwart eines ähnlichen Zellgewebes im Weizenmehl die Experten,
wenn sie nicht sehr große Uebung besitzen, irre leiten könnte.
Um sich davon zu überzeugen, rühre man auf Glasplatten vergleichungsweise etwas
Hülsenfruchtmehl und etwas Weizenmehl entweder mit Aetzkalilösung von 10 Procent
Gehalt, oder mit Salzsäure, welche mit ihrem gleichen Volum Wasser verdünnt ist, an,
und untersuche den Rückstand der beiden Lösungen unter dem Mikroskop.
Fig. 3., Bd. 113, S. 66
Man wird sogleich finden, daß das Zellgewebe der Hülsenfrüchte an einigen Punkten
die netzförmige Anordnung besitzt, welche Donny so
ist beschrieben hat, und die hier in Fig. 3
abgebildet ist. An den meisten Punkten aber ist diese Anordnung verschwunden und
es befinden sich an deren Stelle feste Körperchen von sehr mannichfaltiger
Gestalt und Zusammenstellung, die nur bei großer Uebung von den früher
besprochenen ähnlichen Trümmern der Cerealien unterschieden werden können.
Andererseits ist es hinsichtlich des Legumins zu bedauern, daß Martins und nach ihm Donny sich damit begnügen
zu können glaubten, das Waschwasser des Mehls mit Essigsäure zu prüfen, um zu
erfahren ob es einen Niederschlag gibt oder nicht.
Es wäre nicht nur, wie Hr. Bussy in seinem Bericht über
Donny's ArbeitPolytechn. Journal Bd. CVI S.
300. richtig bemerkt, möglich, daß mehr oder weniger unbekannte Reactionen den
Kleber und die andern stickstoffhaltigen Materien der Cerealien auflöslich machten;
sondern es kömmt auch vor, daß Legumin-Lösungen, wenn sie sehr verdünnt sind,
von Essigsäure gar nicht mehr gefällt werden; ferner daß andere stärkehaltige
Materien als die Hülsenfrüchtesamen, wie z.B. das Türkischkorn und der Buchweizen,
dem Wasser ebenfalls die Eigenschaft ertheilen durch Essigsäure gefällt zu
werden.
Die Resultate aber zu welchen der nun anzugebende Weg der Untersuchung führt,
scheinen mir einen Grad von Gewißheit zu gewähren, welcher durch die bisherigen
nicht erreicht wird.
Das gehörig zu einem Teig verarbeitete Mehl wird mit einem Leinengewebe umhüllt und
unter einem Wasserstrahl geknetet, wobei man nicht versäumt, den Geruch der Hülsefrüchtesamen, das
fettige Ansehen welches der Teig haben könnte, das Seifenartige welches das
Waschwasser etwa zeigt, den geringen Grad von Glanz, Zähigkeit und Bildbarkeit des
klebrigen Rückstandes als Anzeichen zu berücksichtigen. Man sammelt die Waschwässer,
schüttelt sie, um etwa zu Boden gesunkene Theilchen wieder zu suspendiren, seiht sie
durch ein Seidensieb, um die Klebertheilchen zurückzuhalten und theilt sie in zwei
Portionen ab.
Die eine davon überläßt man bei einer Temperatur von 14 bis 16° R. sich
selbst, um zu sehen ob sie nicht in faule Gährung geräth, in welche die Waschwasser
der Hülsenfrüchte unter solchen Umständen überzugehen Pflegen, während das
Waschwasser der ihres Klebers beraubten Mehle nur in milchsaure Gährung übergeht und
daher bloß den Geruch sauer gewordener Milch darbietet.
Die andere Portion verdünnt man mit soviel Wasser als erforderlich ist, um sie später
filtriren zu können und das Nieder der schwebenden Theilchen zu befördern; man läßt
sie dann ruhig stehen. Nachdem die Ablagerung vollkommen erfolgt ist, gießt man ab,
um einerseits die Flüssigkeit, die ich mit A bezeichne,
andererseits den Bodensatz B näher zu untersuchen.
Die Flüssigkeit
A wird filtrirt und vorsichtig abgedampft, bis sich auf
ihrer Oberfläche ein gelbliches, durchscheinendes Häutchen bildet; man läßt sie dann
erkalten, filtrirt abermals, um einige Flocken geronnenen Eiweißstoffs, welche alle
Mehlarten liefern, abzusondern, und schüttet dann tropfenweise einen sehr schwachen
Ueberschuß von Essigsäure hinein. Wenn nur etwas Legumin darin enthalten ist, so
bildet sich ein weißer, flockiger Bodensatz, welcher gesammelt und mit reinem Wasser
ausgewaschen (bis dasselbe nicht mehr sauer reagirend abläuft) folgende
Eigenschaften besitzt:
Unter dem Mikroskop erscheint er in Blättchen mit ausgeschnittenem Rande, wie
zahlreiche andere organische Niederschläge;
er ist farblos, geruch- und geschmacklos;
durch Austrocknen wird er hart und durchscheinend wie Horn;
Jodwasser färbt ihn nicht;
kaltes und kochendes Wasser lösen ihn nicht auf und bringen ihn
nicht in gallertartigen Zustand;
auch Alkohol löst ihn nicht auf;
Aetzkali und Ammoniak lösen ihn hingegen sehr leicht auf und diese Lösungen werden
durch Salzsäure, Salpetersäure, Essigsäure, ja sogar (im Widerspruch mit Braconnots Angabe) von Oxalsäure und Citronensäure
gefällt.
Durch längere Einwirkung kochenden Wassers verliert diese Substanz ihre
Auflöslichkeit in Ammoniak, wie dieß auch beim Eiweißstoff der Fall ist, mit welchem
sie überhaupt viele Eigenschaften gemein hat.Die große Löslichkeit des Legumins in Ammoniak (durch welches Alkali
bekanntlich die Stärke bei gewöhnlicher Temperatur nicht angegriffen wird)
bietet ein Mittel um es aus dem Mehl der Bohnen, Erbsen etc. leicht
abscheiden zu können. Man braucht solches Mehl nur mit flüssigem Ammoniak zu
behandeln, die Auflösung zu filtriren, zu welchem Behufe man sie, wenn sie
zu klebrig ist, mit Wasser verdünnt, in das Filtrat einen schwachen
Ueberschuß von Essigsäure zu gießen, den Legumin-Niederschlag zu
sammeln, mit destillirtem Wasser auszuwaschen und im Wasserbad zu
trocknen.
Der Bodensatz
B wird, wie die Flüssigkeit A, in zwei ungleiche Portionen abgetheilt. In der kleinern sucht man
mittelst des Mikroskops das netzartige Gewebe der Hülsenfrüchte, nachdem man sie mit
folgenden Flüssigkeiten auf Glasplatten angerührt hat und dabei so gut als möglich
vermied das Gewebe zu zerreißen:
mit gemeinem Wasser;
mit Jodwasser, welches die Stärkekügelchen blau färbt, das sie
netzartig umhüllende Gewebe aber ungefärbt läßt;
mit Aetzkalilösung von 10 Proc. Gehalt,
mit Salzsäure, die mit ihrem gleichen Volum Wasser verdünnt ist,
durch welche beide das Gewebe von Stärke befreit wird;
Man kann auch, nachdem man diesen Bodensatz in Uhrgläsern mit so viel Kalilösung oder
verdünnter Säure behandelt hat, daß die Stärkekügelchen vollkommen aufgelöst wurden,
die durchscheinend und gallertartig gewordenen Rückstände unter dem Mikroskop
untersuchen.
Die größere Portion des Bodensatzes B wird wiederholt in
Wasser suspendirt, und jedesmal nur so lange ruhig stehen gelassen, bis die größten
Stärkekügelchen niedergefallen sind; er wird also behandelt, wie ich es oben behufs
der Abscheidung der den Weizenstärkekügelchen beigemengten Kartoffelstärkekügelchen
empfahl, und man kann dann den sich am schnellsten absetzenden, folglich an großen
Kügelchen reichsten Antheil der mikroskopischen Untersuchung unterziehen.
Man wird in diesem die Kügelchen der Hülsenfrüchte sehr leicht erkennen.
In Gestalt und Größe kommen sie wirklich den Kartoffelstärkekügelchen sehr nahe, wie
Figur 4 zeigt.
Fig. 4., Bd. 113, S. 69
Figur 4.
Fig. 5., Bd. 113, S. 69
Figur 5.
Sehr bemerkenswerth ist, daß diese großen Kügelchen in mit Wasser getränktem Zustande
untersucht, meistens entweder eine einfache Längenspalte in der Richtung ihrer
großen Achse, oder eine doppelte sich sternartig kreuzende Spalte zeigen, welche
beide durch Austrocknen sich wieder schließen und verschwinden, um bei Befeuchtung
sich wieder zu öffnen und zum Vorschein zu kommen, ohne daß übrigens die Berührung
mit Jodwasser, verdünnter Salzsäure und schwacher Kalilösung diese Erscheinung zu
verhindern im Stande wäre. (Siehe Fig. 5.)
Die Theilchen welche am längsten im Wasser schweben bleiben, sind hingegen
größtentheils Trümmer von Zellgewebe; man kann daher in diesen vorzugsweise das etwa
von Hülsenfrüchten herrührende Zellgewebe auffinden.
Hat man in einem verdächtigen Mehl die Gegenwart
netzförmigen Zellgewebes mit sechseckigen Wänden,
von Kügelchen mit linien- oder kreuzförmiger
Narbe,
vorzüglich aber des Legumins
(welche alle in den
Hülsenfrüchtesamen enthalten, imWeizen aber nicht zu finden sind)
dargethan, so kann man wohl mit Sicherheit auf das
Vorhandenseyn eines oder mehrerer Hülsengewächse schließen.
Da nun nach Donny die Bohnen, Erbsen und Linsen den Mehlen
nicht die Eigenschaft ertheilen, sich unter dem aufeinanderfolgenden Einfluß der
Salpetersäure und des Ammoniaks zu färben, wie die Weißbohnen und Wicken; da ferner
meinen Beobachtungen zufolge der zellige Rückstand, welchen man bei der Behandlung
mit Salzsäure, die mit ihrem drei- bis vierfachen Volum Wasser verdünnt ist,
im Wasserbad erhält, farblos ist, wenn er von Weizen-, Bohnen- und
Erbsenmehl herstammt, hingegen eine weinhefenrothe Farbe hat, wenn er von
Weißbohnen, Wicken oder Linsen herrührt: so kann man nöthigenfalls auch erkennen, ob
die Verfälschung mit Bohnen, oder Erbsen, Weißbohnen oder Wicken, oder mit Linsen
geschehen ist. Doch muß ich bemerken, daß das Vorhandenseyn der erwähnten einfachen
oder zweifachen Spalten als ausschließliches Merkmal der Stärkekügelchen von
Hülsenfrüchtesamen nicht ausreichen kann, weil ich sie auch an den Kügelchen des
Roggens beobachtet habe, für die sie ein um so schätzbareres Merkmal bilden, da man
bis jetzt zwischen dem Roggen- und Weizenmehl noch keine andern Unterschiede
aufgefunden hat, als den eigenthümlichen Geruch und Geschmack des Roggenmehls,
seinen Mangel an Bildbarkeit, seine braune Farbe und seinen geringeren
Klebergehalt.
Mittelst des beschriebenen Verfahrens kann man im Weizenmehl eine äußerst geringe
Menge Hülsenfrüchtemehl noch auffinden.