Titel: | Verfahren dem Papier und andern Substanzen verzierte (irisirende) Oberflächen zu ertheilen, welches sich Thomas de la Rue am 15. Aug. 1848 für England patentiren ließ. |
Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XXXIV., S. 121 |
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XXXIV.
Verfahren dem Papier und andern Substanzen
verzierte (irisirende) Oberflächen zu ertheilen, welches sich Thomas de la Rue am 15. Aug. 1848 für England patentiren
ließ.
Aus dem London Journal of arts, Mai 1849, S.
261.
de la Rue's Verfahren dem Papier etc. verzierte Oberflächen zu
ertheilen.
Die Erfindung bezweckt, auf der Oberfläche des Papiers und anderer Körper eine
irisirende (Regenbogen-) Haut hervorzubringen, so daß sie mit den Farben der
sogenannten Newton'schen Ringe verziert werden.
Bekanntlich nimmt Stahl, auf verschiedene Temperaturen unter der Rothglühhitze
erhitzt, gewisse Farben an, welche von der angewandten Temperatur abhängen; diese
Farben werden durch das auf der Oberfläche des Stahls entstehende
Eisenoxyd-Häutchen hervorgebracht. Wird eine Platte von polirtem Eisen oder
einem andern Metall, in eine Auflösung von essigsaurem Blei getaucht und mit dem
positiven Pol einer galvanischen Batterie verbunden (während man den negativen Pol
in die Flüssigkeit taucht), so bekommt sie allmählich einen Ueberzug von Bleioxyd,
welcher je nach seiner Dicke vom Lichte modificirt wird, so daß er die sogenannten
Nobili'schen Farben zeigt. Beim
Daguerréotyp-Proceß erzeugt der Jod- oder Bromdunst, indem er auf die
Silberplatte wirkt, dünne Häutchen, deren Farben dem Photograph den Zeitpunkt
andeuten, wo er dem Processe Einhalt thun muß. Eine sehr dünne Seifenblase zeigt das
schönste und mannichfaltigste Farbenspiel; Glaskugeln, wenn sie recht dünn geblasen
sind, zeigen manchmal dieselbe Erscheinung; so auch fein gespaltene Talk-
oder Glimmerblättchen. Diese Bemerkungen wurden vorausgeschickt, damit man sich eine
klare Vorstellung von den Farben machen kann, welche der Patentträger
hervorbringt.
Er erzeugt nämlich ein dünnes Häutchen von Firniß oder einer sonstigen geeigneten
Substanz auf der Oberfläche von Flüssigkeiten und überträgt dann diese Häutchen auf
die zu verzierende Fläche, wenn sie nicht unmittelbar auf letzterer erzeugt wurden.
Zu diesem Behufe wird ein offenes Gefäß von größern Dimensionen als der zu
verzierende Gegenstand, mit reinem Wasser gefüllt und dann der Gegenstand, z.B. ein
glasirtes Kartenpapier, unter den Wasserspiegel gebracht. Auf die Oberfläche des
Wassers tropft man, nachdem es zur Ruhe gekommen, eine kleine Menge Firniß, durch
Auflösen eines Harzes in Weingeist, Aether etc. bereitet, oder andere flüssige
Körper, welche eine dünne und irisirende Haut erzeugen. In dem Maaße als das
Auflösungsmittel des Körpers oder der Körper selbst eintrocknet, wird das Häutchen
immer dünner Proceß und verändert seine Farben. Nachdem das Häutchen einige
Festigkeit erlangt hat, aber noch biegsam ist, wird das Kartenpapier in geneigter
Richtung aus dem Wasser gezogen, damit sich das Häutchen auf der Oberfläche
desselben anlegt und das dazwischen befindliche Wasser abfließt. Das Kartenpapier
wird nun behufs des Trocknens auf ein schräges Brett gelegt und zeigt dann die
Farben des Häutchens.
Soll ein Basrelief oder sonst ein Gegenstand von unebener Oberfläche mit einem
solchen Häutchen überzogen werden, so legt man denselben mit der zu verzierenden
Fläche nach oben auf einen durchlöcherten falschen Boden, welcher mit Handheben
versehen ist, die über das Wasser im Gefäße herauf reichen und verfährt wie
angegeben. Der Gegenstand wird ebenfalls in geneigter Stellung aus dem Wasser
gezogen. Soll eine Statue verziert werden, so dreht man sie während des Heraushebens
aus dem Wasser allmählich um, damit die verschiedenen Theile der Oberfläche, sowie
sie oben auf kommen, sich mit dem Häutchen bedecken; zu diesem Behufe wird sie,
statt auf dem falschen Boden zu liegen, in Drähten aufgehangen. Man kann auch, statt
den Gegenstand aus dem Wasser emporzuheben, letzteres durch eine unten am Gefäße befindliche Oeffnung
ablaufen lassen; doch muß der Gegenstand dann vorher schief gestellt werden.
Man hat die entstehenden Töne bis zu einem gewissen Grad in seiner Gewalt; um einen
bestimmten Effect hervorzubringen, überzeugt man sich vorher von der Wirkung des
anzuwendenden Firnisses durch ein paar Versuche, indem man ihn in verschiedenen
Quantitäten auf Wasser träufelt und so die von ihm anzuwendende Menge genau
ermittelt. Man wird finden, daß beim Einträufeln desselben auf verschiedene Stellen
jeder Tropfen den Focus einer Anzahl farbiger Ringe bildet, welche, indem sie sich
vermengen, schöne Combinationen hervorbringen, und diese können mittelst eines Kamms
oder durch Anblasen der Oberfläche, bevor der Firniß trocknet, auch wieder
gekräuselt und vermannichfaltigt werden; auch können die Töne durch Verdünnen des
Häutchens, ehe es trocken und so lange es noch auf dem Wasser ist, nämlich durch
allmähliches Hinwegziehen von Theilen des Häutchens gegen die Seite des Gefäßes
(mittelst einer Spatel) vermannichfaltigt werden. Damit der Firniß etc. bald ein
Häutchen bilde, wird ihm Lavendel-, Spick- oder ein anderes
ätherisches Oel zugesetzt. Dem weißen, harten Firniß gibt der Patentträger vor
andern den Vorzug und löst ihn in seinem gleichen Volum ätherischen Oels auf.
Nicht alle Körper liefern, mit solchen Häutchen überzogen, das Farbenspiel gleich
gut; namentlich muß eine Silberfläche vorher gedunkelt werden, indem man sie dem
Jod- oder Bromdunste aussetzt. Brunirte schwarze und mit Graphit bestrichene
Flächen geben sehr schöne Farben. Papier ebenfalls; deßgleichen Gyps, wenn seine
Oberfläche vorher mit einer Mischung von Seife und Wachs präparirt wurde. Stark
glänzende, weiße Metallflächen liefern in der Regel die Farben nicht.
Man kann solche Häutchen auf eine Papierfläche oder einen andern biegsamen Körper
durch allmähliches Zusammenbringen der nassen Fläche mit der obern Seite eines
Häutchens übertragen; auch läßt sich ein Häutchen auf der Oberfläche eines Körpers
durch bloßes Befeuchten desselben und nachheriges Aufträufeln oder Auftragen des
Firnisses etc. erzeugen.