Titel: Ueber E. H. Schlarbaum's patentirte Verbesserungen an dem Petschaft, und dessen patentirten Oekonomie-Siegellack.
Autor: H.
Fundstelle: Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XLVI., S. 195
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XLVI. Ueber E. H. Schlarbaum's patentirte Verbesserungen an dem Petschaft, und dessen patentirten Oekonomie-Siegellack. Mit Abbildungen auf Tab. III. Schlarbaum's Patentpetschaft. Der Gewerbfleiß hat in der neuesten Zeit in allen Richtungen so viel Schönes geschaffen, er hat sich jedes, auch des unbedeutendsten Gegenstandes angenommen, um ihn den theils eingebildeten, theils begründeten Bedürfnissen der Menge und dem Standpunkt der Gesittung anzupassen; er hat namentlich jede neue Richtung, in welcher irgend ein Erfolg nur möglich schien, mit so großem Eifer aufgesucht und verfolgt, daß wohl kein Zweifel darüber bestehen kann, wie schwer es unter diesen Umständen seyn müsse, jetzt noch irgend etwas aufzufinden, das, neben einer ganz allgemeinen Verbreitung, auch noch einer wesentlichen Veränderung und Verbesserung fähig wäre. Ein solcher Gegenstand ist aber Schlarbaum's Patentpetschaft, und es muß uns billig wundern, daß ein Werkzeug, welches in den Händen eines jeden sich befindet, noch Niemanden auf die Ideen geführt hat, welche in diesem Aufsatze näher erörtert werden sollen. Jedermann ist bekannt, daß das gewöhnliche, auf warmen Siegellack abgedruckte Petschaft ringsherum mehr oder weniger starke Ränder bildet, welche sich aus demjenigen Siegellack erzeugen, das theils dem Drucke des Petschafts gar nicht unterliegt, theils diesem ausweichen und daher hervorquellen muß. Diese Ränder sind fast in allen Fällen sehr unregelmäßig und unschön; sie verunzieren daher eben so sehr den Brief als das darauf gedruckte Wappen; sie sind überdieß unnöthig und sollen vernünftigerweise deßhalb wegbleiben. Diese Aufgabe angemessen gelöst zu haben, ist allerdings ein sehr geringes Verdienst, denn jeder sachverständige Mechaniker hätte es gekonnt; ein größeres läge allenfalls darin, Sinn und Augen gehabt zu haben für die tagtäglich vorkommende Unregelmäßigkeit jener Siegel, an deren Gestalt sich Jedermann so sehr gewöhnt hatte, daß er das Garstige daran gar nicht mehr sah. Die wulstartigen Ränder rings um die in Siegellack abgedruckten Briefverschlüsse und Siegel entstehen, indem die weiche Lackmasse, an der Peripherie keinen Halt findend, dem Druck des Petschafts ausweichen und sich folglich mehr oder weniger als Ring erheben muß, je nachdem eine größere oder geringere Lackmasse angewendet worden war. Um diesem zu begegnen, trägt das Patentpetschaft an seinem Umkreise einen beweglichen Metallring, welcher durch eine Feder stets nach einer Richtung getrieben wird. Dieser dicht anschließende Metallring bildet gleichsam die Umfassungswände des zu erzeugenden Siegels, denn in ihm bewegt sich die gravirte Fläche des Petschafts und breitet durch ihren Druck den auf einen etwas kleineren Haufen vereinigten warmen Siegellack so lange aus, bis er ringsum anliegt und die ganze Fläche bedeckt. Wird das Petschaft dann abgehoben, so hat das zurückbleibende Siegel genau die Form, welche eben jene Umfassungswand ihm vorschrieb. Die Abbildungen Fig. 22, 23, 24 und 24b geben ein Bild des so eingerichteten Petschafts, und zwar ist Fig. 22 die äußere Ansicht desselben, welche, wie sich von selbst versteht, bezüglich des Heftes jeder beliebigen Modification unterliegt; Fig. 23 ist ein Schnitt durch die verticale Achse, aus welchem die innere Einrichtung ersichtlich ist; Fig. 24 ist eben ein solcher Schnitt, das Petschaft ist aber in der Stellung gedreht, die es annimmt wenn ein mäßiger Druck darauf ausgeübt wird; Fig. 24b zeigt den Grundriß der untern Petschaftfläche. So wie nun diese letztere im vorliegenden Falle oval ist, läßt der Erfinder sie auch kreisrund, achteckig, vierseitig mit abgerundeten Ecken, kurz in mannichfachen Formen und in allen gebräuchlichen Größen anfertigen; die damit hervorgebrachten Siegel haben alle die entsprechend gefällige Form. Um sie bei Anwendung des gewöhnlichen Verfahrens mittelst Stangensiegellack darzustellen, ist nur nöthig, daß die flüssig herabtropfende Lackmasse auf einen kleineren Raum als die Fläche des Petschafts gebracht werde. Man stellt dann das Patentpetschaft mit seinem vorspringenden Rande vorsichtig über die noch weiche Lackmasse, drückt diesen Rand sanft gegen das zu besiegelnde, etwas elastisch unterlegte Papier, und prägt mit der rechten Hand wie gewöhnlich, aber nur mäßig drückend ab. Diese ganze Operation ist demnach so einfach, daß sie auch dem gänzlich Ungeübten gleich bei seinen ersten Versuchen vollkommen gelingen kann. Die so eingerichteten Patentpetschafte können auf ihrer Fläche mit jedem erforderlichen Wappen, mit Namenszügen und Inschriften aller Art geziert werden, und stehen in dieser Beziehung den bisherigen völlig gleich. Sie übertreffen aber die bisherigen durch die Schärfe der Abdrücke, denn da der Siegellack nicht mehr ausweichen kann, so werden alle kleinen und großen Vertiefungen der Gravirung vollkommener abgeprägt. Die patentirte Vorrichtung läßt sich auch bei schon gravirten Petschaften, seyen diese von Metall oder Stein, recht leicht anbringen, jedoch erwachsen aus solchen vereinzelten Arbeiten etwas größere Kosten, und schon wegen des Porto nach und von der Fabrik ist dieß nur bei solchen Petschaften anzurathen, welche eine sehr kunstreiche und werthvolle Gravirung haben. Die Vortheile, welche durch dieses höchst einfache Petschaft ohne besondere Mühe erreicht werden, springen in die Augen, vorzüglich wenn man einen Abdruck davon sieht; dennoch fassen wir sie folgendermaßen zusammen: 1) es wird durch das neue Petschaft eine nicht unbedeutende Ersparung in Bezug auf den benöthigten Siegellack erreicht. Die in dieser Hinsicht angestellten Versuche ergaben, daß mit dem verbesserten Petschaft aus derselben Siegellackstange doppelt so viel Siegel gepreßt werden können, als bei den bisher im Gebrauch gewesenen Siegeln; 2) wird durch dasselbe eine regelmäßige und stets gleiche Form und Größe des Siegels gesichert, es trägt also auch wesentlich zum äußeren Schmuck des besiegelten Gegenstandes bei; 3) wird durch dasselbe eine viel schärfere Ausprägung selbst der kleinsten Wappenbilder und Schriften erreicht, indem die weiche Siegellackmasse rundum gefangen ist, und daher einem mäßigen Druck unterworfen werden kann, der sie bis in die feinsten und tiefsten Linien der Gravirung preßt; 4) das damit hervorgebrachte Siegel ist dünn und ohne alle hervorstehenden Ränder, so daß die Verpackung besiegelter Schriften und Briefe angemessener erfolgen kann; 5) wegen der geringen Dicke und scharfen Begränzung der damit erzeugten Siegel ist jedwedes betrügliche Wegnehmen derselben sehr erschwert und fast unmöglich gemacht; 6) die siegelnde Fläche des Petschafts ist durch die stets hervorstehende Umfassungswand vor allen Verunreinigungen, Stößen und Beschädigungen geschützt, so daß dasselbe eine viel längere Dauer besitzen, oder bei gleicher Dauer viel länger die schönen scharfen Umrisse des Eingravirten behalten muß, als die bisherigen Petschafte; 7) das verbesserte Petschaft ist nichts weniger als gebrechlich oder in irgend einem seiner Theile so beschaffen, daß es unbrauchbar werden und Kosten verursachen könnte; auch ist dasselbe nur um ein Unbedeutendes theurer als die bisherigen Petschafte. So vortheilhaft wie das verbesserte Petschaft bei dem Gebrauche mit Siegellack ist, eben so anwendbar ist es auch für Oblaten; auch kann ihm eine solche Form und Construction gegeben werden, daß es sich unter der Siegelpresse und auf dem Siegelstocke unter dem Holzhammer abwechselnd für Oblaten und für Siegellack benutzen läßt. Die sich zurückdrückende Umfassungswand bliebe in solchen Fällen eine Zugabe, welche der vollsten Wirksamkeit hier wie dort nicht den geringsten Abbruch thäte. Die erwähnten Eigenschaften dieses Petschafts haben demselben in den weitesten Kreisen großen Beifall erworben, und der Erfinder wurde von vielen Seiten aufgefordert dergleichen zu fabriciren. Um sich selbst und dem Publicum gegenüber sicher zu gehen, und dem letzteren auch eine amtliche Bürgschaft für die vollkommene Anwendbarkeit und den Werth der kleinen Neuerung zuliefern, ersuchte derselbe den Central-Verwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereins für Bayern um einestrenge Prüfung und Begutachtung des verbesserten Petschafts, und erhielt darauf folgendes. Zeugniß vom Central-Verwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereins für Bayern. Der Mechaniker Schlarbaum dahier hat dem unterzeichneten Central-Verwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereins für Bayern eine Erfindung von ihm vorgelegt, welche, wenn sie auch auf den ersten Anblick geringfügig erscheinen sollte, doch wegen des einfach sinnreichen Gedankens und wegen der möglichen großen Ausbreitung ihrer Anwendung alle Beachtung verdient. Es ist dieses ein verbessertes Petschaft zur Siegelung mit Siegellack. Die Vortheile dieses verbesserten Petschafts sind: 1) daß der Siegel-Abdruck immer die genau begränzte Form des Siegels darstellt, während bei dem gewöhnlichen Petschaft die Abdrücke mit Siegellack in der Regel eine unregelmäßige Gestalt mit garstigen wulstartigen Rändern erhalten; 2) daß die Abdrücke ungleich schärfer werden und von jedem im Siegeln Ungeübten in gleicher Vollkommenheit hergestellt werden können; 3) daß das damit hervorgebrachte Siegel dünn und ohne alle hervorstehenden Ränder ist, was bei Verpackung besiegelter Briefe und Documente nicht geringen praktischen Vortheil gewährt; 4) daß das betrügliche Oeffnen der Siegel wegen ihrer Dünne und scharfen Begränzung sehr erschwert und nahezu unmöglich ist; 5) daß durch dessen Anwendung eine bedeutende Ersparniß an Siegellack bezweckt wird, und 6) daß der an dem Petschaft angebrachte Mechanismus einfach und daher wenig kostspielig ist und zugleich die Anwendung des Petschafts zum Siegeln mit Oblaten nicht hindert. Dieses wird dem Hrn. Mechaniker Schlarbaum mit Vergnügen bezeugt. Der Central-Verwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereins für Bayern. gez. Heindl, Vorstand. gez. Dr. Kaiser, Secretär.      Um den HHrn. Graveuren, deren Sache es zunächst den Schreibmaterialien- und Kunsthändlern seyn dürfte die neue Erfindung ins große Publicum einzuführen, noch eine weitere Bürgschaft zu geben, wendete sich der Erfinder an den ausgezeichneten Graveur Hrn. Birnböck in München, dessen Begutachtung also lautet: Zeugniß. Der Mechaniker Hr. Schlarbaum aus Berlin hat dem Unterzeichneten ein in Frankreich, Oesterreich, Preußen, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen etc. für ihn patentirtes verbessertes Petschaft zur Prüfung und Begutachtung vorgelegt, welches durch seine eigenthümlichen Vortheile die Aufmerksamkeit des Publicums und daher auch die meiner Collegen in hohem Grade verdient. Vor Allem kann ich versichern, daß das neue Petschaft nichts weniger als zerbrechlich oder complicirt eingerichtet ist, daher auch gar nicht zu befürchten ist, daß es bei einigermaßen gewaltsamer oder ungeschickter Behandlung untauglich werden oder Reparaturen unterworfen seyn könnte; selbst von ungeschickten Händen kann es mit derselben Sicherheit wie die gewöhnlichen einfachen Petschafte angewandt werden, und ist dabei in seiner schönen Wirkung so zuverlässig, daß man sich nur wundern muß, daß eine so einfache und zweckmäßige Verbesserung erst jetzt ins Leben tritt. Die Vortheile, durch welche sich das verbesserte Petschaft vor allen bisherigen auszeichnet, bestehen hauptsächlich in Folgendem: a) die damit gefertigten Abdrücke haben eine stets gleiche, scharf begränzte Form, welche nach den Launen des Geschmackes mannichfaltig gewählt werden kann; b) die Abdrücke sind ohne allen hervorstehenden Rand, und das Eingravirte prägt sich schärfer aus als bei den bisherigen Petschaften; c) der Stempel und seine Gravirung ist vor jeder Beschädigung mehr geschützt als bisher;. d) die Siegel erfordern viel weniger Lack als bisher; e) ein heimliches Oeffnen eines Patentsiegels ist wegen seiner scharfen Contur und geringen Dicke ungemein erschwert, und dürfte ohne entdeckt zu werden nicht vorgenommen werden können; f) das Patentpetschaft ist neben seiner Hauptanwendung für Siegellack auch vollkommen tauglich für Oblaten, so daß neben den erwähnten Vortheilen keinerlei Beschränkung oder Nachtheil eintritt. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß diese scheinbar unbedeutende Verbesserung an einem so allgemein verbreiteten Werkzeug vielen Beifall finden werde, und damit es Hrn. Schlarbaum leichter werde Bedenken, welche neuen Verbesserungen so gerne entgegengesetzt werden, zu beseitigen, habe ich mit Vergnügen und der strengsten Wahrheit gemäß dieses Zeugniß ausgefertigt, und ermächtige Hrn. Schlarbaum von demselben in jeder ihm zweckdienlich erscheinenden Weise Gebrauch zu machen. gez. Thomas Birnböck, Graveur.          Die Siegellackfabrikanten gaben sich viele Mühe, schöne Lacke von verschiedenen Farben darzustellen, welche aber wenig Absatz fanden, weil beim Siegeln in Folge der Verbrennung des Lacks sich beständig Ruß bildet, welcher die Farbe des gefertigten Siegels verunreinigt; man kam deßwegen immer wieder auf das rothe Siegellack zurück, dessen Farbe durch die Vermischung mit dem gebildeten Ruß wenigstens nur gebräunt wird. Hr. Schlarbaum überzeugte sich aber bald, daß es zur Darstellung eines Siegels gar nicht nöthig sey, daß der Lack brenne, indem der Zweck eben so erreicht wird, wenn derselbe nur vollkommen geschmolzen wird. Er gibt daher seinem sogenannten Oekonomie-Siegellack von verschiedenen Farben die Form von Kügelchen und benutzt zum Schmelzen derselben besondere Löffelchen. Die Größe des Patentpetschafts entscheidet über die Anzahl der anzuwendenden Lackkugeln; auf vorläufige Versuche fußend, wählt man beliebig seine Farben, füllt den betreffenden einfachen, doppelten oder dreifachen Löffel – je nachdem man einfarbig oder marmorirt siegeln will – und läßt den Lack über einer Weingeistlampe oder einem andern brennenden Lichte langsam zergehen. Ist er sanft zerronnen, so daß keine Spur von der anfänglichen Kugel mehr übrig ist, auch die Lackmasse bei geringem Neigen des Löffels willig hin- und herfließt, so schüttet man vorsichtig den Löffel da aus wo man das Siegel braucht, worauf man mit den Löffelspitzen leicht in dem Lacke rührt. Dann legt man den Löffel bei Seite und stellt das Patentpetschaft über die noch weiche Lackmasse, so daß alles davon innen liegt. Mit dem Mittel- und Zeigefinger der linken Hand drückt man dann den Metallring des Petschafts fest gegen das Papier, welches natürlich eine elastische Unterlage (aus einigen Bogen Papier) haben muß, und prägt endlich mit der rechten Hand sanft und ruhig ab. Nachdem ein sanfter Druck einige Momente angehalten hat, entfernt man das Petschaft von dem Papier. Hr. Schlarbaum hat eine Fabrik seiner Petschafte in Nürnberg Um die Petschafte, Lacke und Löffelchen (auch vollständige Schreib- und Siegel-Necessaires in eleganter Ausstattung) zu beziehen, wendet man sich an den Ingenieur Schlarbaum (Tafelhof Nr. 72) oder an das Verschleiß-Comptoir für diese Artikel, E. Held's sel. Erben daselbst. gegründet und liefert dieselben, obgleich seine Erfindung durch Patente in den größeren deutschen Staaten und in Frankreich geschützt ist, zu einem sehr niedrigen Preise. H.

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