Titel: | Versuche mit der excentrischen Universalmühle. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. V., S. 29 |
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V.
Versuche mit der excentrischen
Universalmühle.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Versuche mit der excentrischen Universalmühle.
Ueber diese Mühlen, für welche in Hannover Hr. G. Egestorff patentirt ist, enthält das
„Notizblatt des hannoverschen Gewerbevereins 1848 Nr.
6“ ausführliche Mittheilungen, denen folgendes entnommen
ist.
Die untere Mahlscheibe, welche frei auf einem Kugelzapfen steht, erhält keine directe
Bewegung, sondern wird von der obern mitgenommen; beide Scheiben haben 12''
Durchmesser und stehen um 1'' Entfernung excentrisch.
Bei den zum Mehlmahlen bestimmten Mühlen befinden sich besondere Scheiben zum
Schroten und besondere zum Mehlmachen. Von den Schrotscheibenpaaren zeigen Fig. 29 und
30 die
obere, Fig.
32 und 33 die untere Scheibe, so wie noch Fig. 34 einen
Längendurchschnitt der untern Scheibe in vergrößertem Maaßstab. Von den Mahlscheiben
ist in Fig.
35 und 36 die obere, in Fig. 37 und 38 die untere
Scheibe und in Fig.
39 ein Theil des Grundrisses in wahrer Größe abgebildet.
Dabei bemerkt man, daß wie besonders aus Fig. 29 ersichtlich, die
obere der eigentlichen Mahlplatten a, a mittelst Bolzen
b und Vorsteckstiften c
(Fig. 30)
an einer zweiten Platte d befestigt wird, welche mit dem Halse P aus einem Stücke gegossen ist, sowie daß die untere
Mahlplatte f, f auf eine ebenfalls besondere Scheibe g aufgepaßt ist, welche mit dem Kugelzapfen Z ein Ganzes bildet.
Die eigentlichen Mahlplatten a', a' der Scheiben zum
Mehlmachen (Fig.
35 bis 38) sind, nach Wegnahme der Schrotplatten, ebenso wie die Schrotplatten
zu befestigen, d.h. die obere ist ebenfalls mit Bolzen b',
b' versehen, die untere (Fig. 37) mit einer
ausgedehnten Vertiefung k', k' in welche wiederum die
Platte g, g (Fig. 32) paßt etc.
Wie aus gleichzeitiger Betrachtung der Durchschnittsfigur 29 mit der untern Ansicht
derselben Figur, d. i. Fig. 31, hervorgeht, sind
auf der Mahlfläche rippenförmige Erhöhungen angebracht, welche die Stelle der
Hauschläge gewöhnlicher Mühlsteine vertreten und die im Verbande mit den Erhöhungen
der correspondirenden Scheibe ebenfalls scherenförmig wirken, jedoch, wegen der
excentrischen Stellung beider Scheiben, bei weitem mehr scherenförmige
Schnittstellen liefern, als wie bei gewöhnlichen centrisch gestellten Mühlsteinen
der Fall ist. Bei der oberen der Schrotscheiben laufen die Erhöhungen von der Mitte
aus erst in Gestalt einer Schneckenlinie fort, welche letztere Linie jedoch bald in
concentrische Kreise von gleichen Abständen, aber verschiedenen Wanddicken übergeht.
Die untere der Schrotscheiben f, f ist gleichfalls mit
Rippen versehen (Fig. 34 im Durchschnitt und vergrößertem Maßstabe), nur sind diese
sämmtlich als concentrische Kreise neben einander gestellt (Fig. 33). Die nächst dem
Läuferauge P der obern Scheibe vorhandenen
spiralförmigen Rippen, dienen zur Zuführung oder Leitung der Körner nach der Stelle
m, m, wo das eigentliche Zerschneiden oder Mahlen
beginnt. Bei diesem Zerschneiden wird zuerst jedes Korn (und wie das aufmerksame
Betrachten des Mahlgutes zeigt, meistentheils der Länge nach) in zwei Hälften
getheilt, wovon die eine Hälfte zwischen den Rippen der obern Scheibe verbleibt und
sofort in eine weiter auswärts liegende Vertiefung geführt wird, dagegen sich die
untere Hälfte zwischen den Rippen der untern Scheibe so lange verhält, bis die auf
selbige wirkende Fliehkraft es gegen die äußere Rippenwand drückt, und endlich über
dieselbe weghebt, wenn sich der zum Durchgange nöthige Raum an der obern Scheibe,
beim Umdrehen der letztern, wieder darbietet.
Höchst eigenthümlich sind die Mahlscheiben (Fig. 35–39)
construirt. Hier sind zuerst dünne, auf die hohe Kante gestellte Stahlbleche o, o
Fig. 39, nach
concentrischen Kreisen, auf den Platten a', a' und f', f' befestigt, deren gegenseitiger Abstand, von der
Mitte an gerechnet, zuerst immer kleiner wird, sehr bald jedoch bis zum äußern Umfange derselben unverändert
bleibt. Zwischen diese Bleche sind andere p, p,
ebenfalls auf die hohe Kante gestellt, geschoben, welchen jedoch vorher, durch ein
entsprechendes Walzwerk, die gezackte (Schlangen-) Form gegeben wurde, wie
vollständig aus Fig. 39 erhellt. Der Raum r zwischen allen
diesen Blechen ist mit Gyps ausgefüllt.
In dieser Anordnung der Mahlscheiben liegt auch der natürliche Grund, wenn man sagt,
daß sich derartige Scheiben von selbst schärfen. Es mahlt sich nämlich stets der
Gyps etwas tiefer ab als die oberen Kanten sämmtlicher Blechstreifen, wodurch sich
eine Art Grath oder Hervorragung der Blechkanten, und somit eine stets scharfe
Schneide bildet.
Was nun die Leistung und Anwendbarkeit der fraglichen Mühle betrifft, so können wir,
den in Hannover gemachten Versuchen zufolge, nachstehendes berichten:
I. Schroten des Getreides. Aus mehrfachen, sorgfältigen
Versuchen in der königlichen Militärbäckerei erhielt man als Mittelwerth, wenn die
von uns beschriebenen Mühlen durch drei Mann umgedreht wurden, die alle 2–3
Minuten durch neue Mannschaft abgelöst werden mußten, bei circa 260 Umdrehungen der
obern Scheibe und mit Anwendung eines besondern Vorgeleges, daß per Stunde 3/4
Himten trockner, guter Roggen zu Brodschrot vermahlen werden konnte.
Bei anderen Versuchen an der polytechnischen Schule, wenn ebenfalls zwei Mann (der
muntern, starken Schüler), in Ablösungen von 1 1/2–2 Minuten, bei etwa 60
Umdrehungen per Minute der Kurbel arbeiteten, ergab sich das Mahlquantum von
1 Himten Roggen zu Brodschrot per Stunde, oder
1 1/3 Himten Weizen (ebenso fein) per Stunde.
Verglichen mit dem Schrote gewöhnlicher Mühlen zeigte sich das hier erhaltene Schrot
(die Mehltheile) etwas heller, weißer und mit platt gedrückten, nach der Länge
durchschnittenen Schalstückchen.
Wegen des zu often Wechsels der arbeitenden Mannschaft, sowie in Betracht der
ungewöhnlichen Erschöpfung derselben, ungeachtet der höchst kurzen Arbeitszeit,
glauben wir überhaupt den Schluß machen zu können:
daß sich die fragliche Mühle als Handmühle
zum Schroten durchaus nicht empfehlen läßt.
Was die Leistung der excentrischen Mühlen betrifft, wenn sie durch Elementarkraft in
Bewegung gesetzt werden, war es bislang unthunlich, mit dem kleinen beschriebenen
Exemplare Versuche anzustellen. Dagegen liegen uns Versuche vor, welche in der Egestorff'schen Fabrik mit einer derartigen Mühle
vorgenommen worden, wobei die Mahlscheiben 13 1/2 Zoll Durchmesser besaßen und wobei
sich bestimmt herausstellte: daß man mit nicht ganz zwei Pferdekräften pro Stunde
vier Himten Roggen zu Brotschrot zu vermahlen im Stande ist.
II. Vermahlen des Getreides zu Mehl. Alle in Hannover für
diesen Zweck zur Zeit angestellten Versuche haben dargethan, daß sich die
excentrische Mühle zum Mehlmachen durchaus nicht eignet, da ein derartiges inniges
Zermahlen der Schalen stattfindet, daß man selbst durch die feinsten Beutel nicht im
Stande ist die Kleie entsprechend zu entfernen.
III. Anwendbarkeit der excentrischen Mühlen zum Vermahlen
anderer Körper als Getreide. Alle Körper (vielleicht mit Ausnahme der
Eisenerze), welche recht hart und krosch sind, scheinen sich auf dieser Mühle sehr
gut vermahlen zu lassen und wird man sich zum Zerkleinern und Mahlen von
Kalksteinen, Gypssteinen, Soda, Glaubersalz, Steinkohlen und dergl. keiner besseren
Maschinen bedienen können.
Für letztere Zwecke benutzt man in der chemischen Fabrik von G. Egestorff daselbst eine excentrische Mühle von 23 Zoll Durchmesser der
Mahlscheiben bereits seit längerer Zeit mit dem besten Erfolge. Ebenso wurden
daselbst unter andern durch gedachtes Exemplar mit Anwendung einer Betriebskraft von
höchstens 2 1/2 Pferdekraft in der Zeit von einer Stunde 500 Pfd. rohen Gypssteines
zum feinsten Mehle vermahlen.
Endlich ist auch bei dem dasigen Wachstuchfabricanten Benecke eine kleine excentrische Mühle als Farbenreibe im Gange, welche
mit dem besten Erfolge arbeitet und etwa 1/2 Pferdekraft zu ihrer Bewegung
erfordert.
In der Maschinenfabrik von Egestorff in Linden vor
Hannover werden besagte excentrische Mühlen von nachbemerkten Dimensionen der
Mahlscheiben verfertigt und zu folgenden Preisen verkauft:
Zoll han.
Thlr.
Excentrische
Mühlen mit Mahlplatten von
11 Durchmesser
120
„
„
„ „
„
13
1/2 „
230
„
„
„ „
„
23 „
400
Letztere beiden Gattungen haben (nicht einfüßige, wie die Mühle unserer Abbildung)
kräftige bock- oder bogenförmige Gestelle, und sind überhaupt so stark
gebaut, daß man ihnen Entsprechendes bieten kann.