Titel: Ueber das photochromatische Bild des Sonnenspectrums und die Erzeugung farbiger Bilder in der Camera obscura; von E. Becquerel.
Fundstelle: Band 114, Jahrgang 1849, Nr. IX., S. 44
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IX. Ueber das photochromatische Bild des Sonnenspectrums und die Erzeugung farbiger Bilder in der Camera obscura; von E. Becquerel. Aus den Annales de Chimie et de Physique, April 1849, S. 447. Mit einer Abbildung. Becquerel, über Erzeugung farbiger Lichtbilder. I. Zubereitung der empfindlichen Substanz. Anfangs vorigen Jahres beobachtete ich die neue Thatsache, daß es möglich ist, eine für das Licht empfindliche Schicht so zuzubereiten, daß sie sich genau mit den Farben der darauf einfallenden Strahlen färbt. Ueber die Substanz, welche diese sonderbare Eigenschaft besitzt, habe ich in den Annal. de Chim. et de Phys. Bd. XXII S. 451 bereits einiges Detail veröffentlichtPolytechn. Journal Bd. CX S. 25. Später erstatteten Biot, Chevreul und Regnault der franz. Akademie der Wissenschaften über Becquerel's Untersuchungen und Resultate einen Bericht, welcher im polytechn. Journal Bd. CXII S. 29 mitgetheilt wurde.; sie ist ein Chlorsilber, welches man erhält, wenn man eine polirte Silberplatte unter gewissen Bedingungen von Chlor angreifen läßt. Die ersten Färbungen beobachtete ich an einer Silberplatte, welche dem von einem bei 10° C. gesättigten Chlorwasser ausdunstenden Chlor ausgesetzt war. Später gelang es mir ähnliche Effecte zu erhalten, indem ich die empfindliche Schicht durch Eintauchung einer silberplattirten Platte in Chloride (von Kupfer, Eisen etc.) oder in unterchlorigsaure Salze (von Kalk, Natron etc.) bereitete; die besten Resultate erhielt ich aber immer, wenn ich die Metallplatte, in ein durch Chlorwasserstoffsäure (Salzsäure) angesäuertes Wasser gestellt, zum positiven Pol einer Volta'schen Säule machte, so daß das Chlor im Zustande seines Freiwerdens mit dieser Platte zusammen kam. Trockenes Chlor gab mir kein genügendes Resultat. Obgleich sich auf diesen verschiedenen Wegen nur Verbindungen von Chlor und Silber bilden, so geben doch die so zubereiteten Oberflächen bei weitem nicht gleiche Effecte. Fast alle färben sich im weißen Lichte grau oder dunkelviolett, mit Ausnahme derjenigen, welche man durch Eintauchung in eine verdünnte Lösung von KupferchloridMan bereitet diese Lösung aus 150 Gram. Chlornatrium (Kochsalz), 50 Gram. Kupfervitriol und 1000 Gram. Wasser. erhält. Letztere Schicht gibt im weißen Licht ein weißes Abbild, wie ich in meiner früheren Abhandlung zeigte; überdieß wird sie rascher angegriffen als ein auf anderem Wege dargestelltes Chlorsilber, gibt aber nicht alle Farben des Spectrums. Von den Verfahrungsarten, die ich einschlug, um eine Fläche zu erhalten, auf welcher sich alle darauf fallenden Strahlenarten mit ihren Farben abmalen, lieferte mir folgende bisher die besten Resultate. Textabbildung Bd. 114, S. 45 Nachdem die silberplattirte Platte M, N mit Englischroth und Tripel polirt worden ist, hängt man sie an zwei Kupferdrähte ab, a'b' auf, die an ihren Enden b', b' und in ihren Mitten a, a' hakenförmig so gebogen sind, daß die Stücke ab, a'b' sich hinter der Platte befinden. Darauf vereinigen sich beide Drähte in d, um mit dem positiven Pol einer Säule verbunden zu werden. Will man mit Platten von 25 Centimeter Seite experimentiren, so sind zwei schwach geladene Bunsen'sche Becher hinreichend. Hat man die Platte in angegebener Weise aufgehängt, so taucht man sie in ein Gemisch von 125 Kubikcentimet. gewöhnlicher Chlorwasserstoffsäure auf 1 Liter destillirten Wassers. Das Gefäß, worin dieß Gemisch enthalten ist, muß 8 bis 10 Liter fassen können. Sogleich, fast parallel mit der Platte, nachdem die mit dem positiven Pol der Säule verbundene Platte in das saure Wasser getaucht worden, taucht man in dasselbe Gefäß einen Platinstab, der mit dem negativen Pol verknüpft ist. Die Flüssigkeit wird nun durch den elektrischen Strom zersetzt, das Chlor der Chlorwasserstoffsäure begibt sich zur Platte und der Wasserstoff zum Platin, an welchem er sich reichlich in Blasen entwickelt. Durch die Wirkung des freiwerdenden Chlors nimmt die Platte verschiedene leicht erkennbare Farben an: es sind die der dünnen Platten oder durchgelassenen Ringe, und sind denen analog, die man durch Ablagerung von Oxyden auf Metallflächen erhält. Die Operation muß in einem etwas hellen Zimmer vorgenommen werden, damit man die auf der Platte sich zeigenden Farbentöne wohl unterscheiden könne. Die Silberfläche färbt sich anfangs grau, dann gelblich, violettlich und geht darauf ins Bläuliche und Grünliche über; nun wird sie wieder gräulich und nimmt nach dieser Farbenreihe abermals eine rosenrothe, violette und endlich blaue Farbe an. Vor diesem zweiten Blau, wenn die Platte das zweite Violettroth angenommen hat, bricht man die Operation ab, zieht die Platte sogleich aus dem sauren Bade, wäscht sie mit destillirtem Wasser, trocknet sie, indem man sie sanft geneigt ein wenig über einer Weingeistlampe erhitzt und Luft auf die Oberfläche bläst, um die Verdampfung zu beschleunigen. Die so geführte Operation gibt auf der Oberfläche der silbernen oder mit Silber plattirten Platte eine dunkel violette Schicht, die sehr empfindlich ist und sich unter den günstigsten Umständen befindet, eine Färbung im Licht anzunehmen. Die Dauer der Eintauchung in das gesäuerte Wasser, während der elektrische Strom durchgeht, darf höchstens eine Minute betragen. Um den Moment, da die Platte die gehörige Farbe hat, wohl zu erfassen, zieht man die Platte während der Operation mehrmals aus dem gesäuerten Wasser, untersucht sie und taucht sie sogleich wieder hinein. Dieß Verfahren ist schneller auszuführen als zu beschreiben, und es muß etwas rasch ausgeführt werden, um die Einwirkung des sauren Wassers auf die vom elektrischen Strom gebildete Chlorsilberschicht zu verhüten. Man kann sogar, in einem schwach erhellten Zimmer, das abwechselnde Eintauchen und Herausziehen der Platte während der Wirkung des Stroms umgehen und sie in dem sauren Wasser verweilen lassen, wenn man sie im Reflex untersucht undnnd darnach ihre Farbe beurtheilt. Ließe man den Strom länger wirken, so würde die Platte dunkler und selbst schwarz werden, und am Lichte keine so guten Resultate geben als die dem Violett zweiter Ordnung entsprechende Schicht. Bewahrt man die so zubereiteten Metallplatten vor dem Licht, so behalten sie lange Zeit die weiterhin zu beschreibende Eigenschaft und verändern sich wenig. Noch muß ich bemerken, daß ehe man eine zubereitete und getrocknete Platte in Gebrauch nimmt, man sie mit einem baumwollenen Tupfbällchen streichen muß, wie wenn man sie mit demselben allein schwach poliren wollte. Dieses Bällchen nimmt eine Art Flaum von der Oberfläche der Platte fort und macht sie glänzend, was den Farben mehr Lebhaftigkeit gibt. II. Wirkung des Sonnenspectrums. Wenn die plattirte Platte, nachdem sie beschriebenermaßen zubereitet ist, dem Tageslicht ausgesetzt wird, so dunkelt sie und erlangt endlich eine violett graue Farbe, die an die erinnert, welche gewöhnliches Chlorsilber auf die Länge annimmt; projicirt man aber auf ihre Fläche ein Sonnenspectrum, welches durch eine Linse von 50 Centim. Brennweite stark concentrirt worden ist, so daß es bei einer Breite von 5 bis 10 Mill. eine Länge von 4 bis 5 Centim. hat, so bemerkt man bald, daß sie in der ganzen Strecke, wo sie von diesem Spectrum getroffen worden, und selbst darüber hinaus, einen Farbeneindruck annimmt. Der Theil, welcher sich zuerst zu verändern beginnt, entspricht dem Orange oder dem Roth; er nimmt eine röthliche Farbe an, die der Farbe des Spectrums an dieser Stelle entspricht. Diese röthliche Portion des photochromatischen Bildes wird bei andauernder Wirkung des Sonnenspectrums rasch dunkel und geht nach einer gewissen Zeit in Schwarz über. Die Färbung verbreitet sich sogar über den Fraunhofer'schen Strich A, d.h. über das Roth hinaus, d.h. bis dahin, wo die Netzhaut fast nicht mehr vom Licht ergriffen wird; in dieser Gegend nimmt die Platte eine flohbraune oder dunkle Amaranthen-Farbe an, welche den Uebergang des Roth im Spectrum zum Violett anzudeuten scheint. Das prismatische Grün markirt sich gut in Grün auf der Platte; ebenso prägen das Blau und das Violett ihre Farbe der Oberfläche ein. Nur das Gelb und das Orange sind wenig sichtbar, allein sie erscheinen dessenungeachtet in den ersten Momenten der Wirkung des Spectrums. Die Farben des photochromatischen Bildes, obwohl denen des Spectrums entsprechend, sind indeß dunkel, desto dunkler, je länger die Wirkung dauert; besonders jenseits A ist der Lichteindruck dunkel. Das Blau, das Indigo und das Violett sind die schönsten Partien des photochromatischen Bildes; sie zeigen die lebhaftesten Farben. Bleibt man bei einer schwachen und raschen Bestrahlung stehen, so bekommt man ein sanftes, wie das Spectrum gefärbtes Bild, gleichsam ein Andenken (souvenir) vom Spectrum. Alle Hauptfarben finden sich darin, und es ist nur zu bedauern, daß bei fortgesetzter Einwirkung diese anfänglichen Farben sich nicht halten. Im Allgemeinen kann man sagen, daß es bei allen Versuchen die ersten Momente der Wirkung des Spectrums sind, wo die photochromatischen Farben sich am meisten den prismatischen nähern. Wir haben vorhin gesagt, daß beim äußersten Roth das Abbild rasch dunkle und in dunkles Flohfarben übergehe; allein jenseits des Violetts zeigt sich auch eine Wirkung. Bekanntlich hört im Spectrum bei H das Violett bald auf sichtbar zu seyn und darüber hinaus findet man nur noch ein ziemlich schwaches Lavendelgrau. In dem photochromatischen Bilde setzt sich die violette Farbe jenseits H fort und geht sogar weiter; es bildet sich ein gräulicher Schweif, welcher sehr hervortritt, wenn man das concentrirte Spectrum 10 bis 15 Minuten lang wirken läßt. Allein wenn man die Platte behaucht, ist es merkwürdigerweise besonders der von den lavendelblauen Strahlen betroffene Theil, wo sich die Wasserdämpfe verdichten; und auf diese Weise kann man sogar nach einer ziemlich kurzen Bestrahlung die Wirkung jenseits des Violetts im Spectrum nachweisen. Der Wasserdampf, indem er sich vorzugsweise auf die zwischen G und H bis über P hinaus liegenden Portionen absetzt, zeigt in dieser Gegend eine ganz eigenthümliche Wirkung der Sonnenstrahlen an. Dieser Effect erzeugt sich in den Gegenden, wo das gewöhnliche Chlorsilber und selbst manches Silbersalz sich färbt. Dieß und die Thatsache, daß ich diese zweite Wirkung bei verschiedenen Zubereitungen der photochromatischen Substanz nicht immer beobachtet habe, lassen mich glauben, daß man je nach der Darstellungsweise ein Gemenge zweier Substanzen habe, von denen die eine die Farben gibt, die andere aber sich wie das gewöhnliche weiße Chlorsilber verhält und sich jenseits des Violetts verändert. Kurz wenn das Spectrum auf eine mit gehöriger Vorsicht galvanisch zubereitete Chlorsilberfläche wirkt, so ertheilt es dieser Fläche Farben, die den seinigen ganz entsprechen aber matter sind. Gelb und Orange sind kaum wahrnehmbar, aber Roth, Grün, Blau und Violett sind sehr schön. Jenseits des Roths und des Violetts zeigen sich die besonderen Effecte, deren vorhin erwähnt wurde. III. Wirkung der Wärme auf die photochromatisirbare Substanz. Das eben beschriebene Verfahren hat den Vortheil, obwohl dunkle, doch schönere Farben zu geben, als irgend eine andere Methode, allein der Zufall hat mich gelehrt, die schon zubereitete Platte einer Behandlung zu unterwerfen, die sie unter ganz andere Bedingungen versetzt, und zeigt, wie große Modificationen dieser so ungewöhnlich für das Licht empfindlichen Substanz beigebracht werden können. Diese Behandlung besteht darin, daß man die zubereitete Platte im Dunklen erhitzt, oder besser in einem schwach beleuchteten Zimmer, damit die Umwandlung der Substanz durch ihre Farbenänderungen besser beurtheilt werden könne. Zu dem Ende legt man die zubereitete Platte auf einen kleinen Dreifuß von 2 Decimeter Höhe, mit der versilberten Fläche oberwärts, und erwärmt sie allmählich und gleichmäßig, indem man die Flamme einer Weingeistlampe darunter herumführt. Sobald die Temperatur nahe an 100° C. kommt, bemerkt man, daß die empfindliche Schicht eine schwach röthliche Farbe annimmt; bei fortgesetzter Erwärmung wird sie rosenroth und endlich bei einer gewissen Temperatur unter der Rothgluth schmilzt das Chlorsilber, vor diesem Punkt muß man sich hüten. Auf die so behandelte Platte wirkt das Licht anders als auf die nicht erhitzt gewesene. War die Temperatur etwas beträchtlich, so gibt diffuses oder weißes Licht einen weißen und zwar positiven Eindruck, statt des negativen, den die nicht erhitzte Platte gibt; überdieß sind die Farben des photochromatischen Bildes klar und haben nicht das dunkle Ansehen, welches sie zuvor besaßen. War die Platte wenig erhitzt worden, so daß sie eine Holzfarbe d.h. eine etwas röthliche Farbe besitzt, so malt sich das Spectrum mit allen seinen Farben gut ab. Das Gelb erscheint so gut wie das Grün. Blau und Violett werden vortrefflich; Orange und Roth auch gut; allein immer erscheint jenseits des Striches A, am äußersten Roth, die Amaranthen- oder Flohfarbe und diese Portion des Bildes erlangt zuletzt eine schwarze Farbe. Was den Eindruck jenseits des Violetts betrifft, so ist er im Allgemeinen schwächer, allein wir werden weiterhin auf ihn zurückkommen, wenn wir von dem Mittel reden, durch welches man ihn vernichten kann. Das weiße Licht, obwohl positiv auf die Platten wirkend, gibt nur eine graue Farbe und kein schönes Weiß, wie im Fall wo die Erhitzung stärker war. Operirt man mit stärker erhitzt gewesenen Platten, so wird das Bild des Spectrums klarer, aber die verschiedenen Farbentöne verschwinden immer mehr und mehr. Ist die empfindliche Schicht rosenroth, so zeigt das photochromatische Bild nur noch die rothen, blauen und violetten Farben recht deutlich. Grün und Gelb erscheinen in einem schwach gelblichen Weiß; dagegen aber gibt das weiße Licht eine schön weiße Farbe, und die Floh- oder Amaranthenfarbe am äußersten Roth ist nicht mehr wahrnehmbar. War endlich die Platte bis zum anfangenden Schmelzen des Chlorsilbers erhitzt gewesen, so erscheint das photochromatische Bild in gelblichem Weiß auf einem dunkleren röthlichen Grund, nur an den Enden gefärbt, einerseits blau, ins Violette fallend, andererseits roth. Die dazwischen liegenden Farben sind verschwunden und ersetzt durch einen weißen, schwach gelblichen Farbenton. In dem Maaße also, als die empfindliche Substanz einer höheren Temperatur ausgesetzt gewesen ist, geben die grünen, gelben und gelbrothen Farben, d.h. die mittleren Theile des Spectrums, ein weißes Bild, und dieses ist dadurch eben sichtbarer; dagegen aber wirkt das weiße Licht in der Weise, daß der weiße Eindruck, den es gibt, mit Papierweiß zu vergleichen ist. Es ist also zur Erlangung guter Resultate nothwendig, die Platte zu erhitzen. Allein da andererseits die Farben immer mehr verschwinden, wenn die Erhitzung der Platte über einen gewissen Punkt hinausgegangen ist, so muß man sie dergestalt regeln, daß die Farben schön seyen und dennoch von allen im Spectrum vorhandenen keine fehle. Dazu schien mir am besten, daß die empfindliche Schicht eine schwach röthlich violette oder Holzfarbe habe. Um sie zu erlangen, genügt es, wie zuvor gesagt, die auf einen Dreifuß gelegte Platte so weit zu erhitzen, bis sich die violette Farbe in Roth zu verwandeln anfängt. Auf dieser Schicht malen sich das Gelb, Orange und Grün des Spectrums deutlich ab, allein jenseits des Striches A zeigt sich noch die Flohfarbe und das weiße Licht gibt eine graue Farbe, statt einen weißen Eindruck darzubieten. Es bedarf zur Darstellung dieses Präparats einiger Uebung, auch wäre es möglich, daß mir noch einige experimentelle Bedingungen entgingen, denn von mehreren gemeinschaftlich auf dieselbe Weise zubereiteten Platten gaben einige sehr gute, andere schlechte Resultate. Ich muß überdieß erinnern, daß man vor der Erhitzung der mit Chlorsilber überzogenen Platte, oder selbst nachher dieselbe mit etwas Baumwolle überfahren muß, um die empfindliche Schicht glänzend zu machen. Den merkwürdigen Einfluß der Erhitzung auf das Verhalten zum Licht kann man an einer und derselben Platte darthun. Dazu braucht man nur nach dem beschriebenen Verfahren eine etwas lange Platte zuzubereiten und sie an einem Ende stark zu erhitzen, während man sie am anderen, wenigstens nahezu, in der gewöhnlichen Temperatur erhält. Man erreicht dieß, indem man die Platte zur Hälfte auf einen Dreifuß legt und zur andern Hälfte auf eine Kupfermasse von gewöhnlicher Temperatur. Man hat alsdann vom erhitzten Ende bis zum andern eine Reihe von Zonen, in denen die empfindliche Schicht einer verschiedenen Temperatur-Erhöhung ausgesetzt gewesen ist. Projicirt man nun successiv ein Spectrum auf diese verschiedenen Zonen, so wird man den Unterschied in der Wirkungsweise des Spectrums und alle vorhin erwähnten Effecte derselben deutlich wahrnehmen. Es bleibt zu wissen übrig, bis zu welchem Grad man erhitzen müsse, um diese verschiedenen Effecte mit Sicherheit zu erhalten. Ich gebrauchte zu dem Ende Bäder von siedendem Wasser und Metalllegirungen. Bei Legirungen ließ ich die Metalle in einem etwas größeren Gefäße schmelzen und stellte auf die Oberfläche des geschmolzenen Bades ein Schälchen von Eisenblech, so groß wie die Platte. Das Schälchen nimmt die Temperatur des Metallbades an, und die hineingelegte Platte ebenfalls. Um sicher zu seyn, daß man bei der Schmelztemperatur arbeite, ließ man das Metall schmelzen, setzte das Schälchen auf dessen Oberfläche, nahm das Metallbad vom Feuer, und legte die Platte erst in dem Moment in das Schälchen, da man das Metall erstarren sah. Ich operirte mit geschmolzenem Blei und mit Legirungen von Blei und Zinn. Beim schmelzenden Blei ist die Temperatur zu hoch, denn die empfindliche Schicht erlangt eine violette Rosenfarbe, welche bei der Wirkung des Spectrums kein Gelb und Grün gibt. Mit der Legirung aus gleichen Theilen Zinn und Blei ist die Temperatur niedriger und mit ihr erhält man eine empfindliche Schicht, die gute Effecte liefert. Allein, wenn man einige Minuten lang entweder im Ofen oder in dem auf dem Metallbade erhitzten Schälchen eine Temperatur von 100° C. anwendet, erhält man die Holzfarbe, d.h. jene röthlich violette Farbe, von der ich vorhin gesprochen habe, und welche grüne und gelbe Farbentöne bei der prismatischen Bestrahlung gibt.Seit der Vorlegung dieses Aufsatzes habe ich erkannt, daß eine Erwärmung von etwa 80° C., einige Minuten fortgesetzt, hinreicht, um schöne photochromatische Bilder vom Spectrum zu liefern. Hat man indeß erst ein wenig Uebung, so kann man sich durch die Farbe der empfindlichen Schicht leiten lassen und die Erhitzung mit der Weingeistlampe vornehmen. Bei allem diesen haben wir vorausgesetzt, daß man mit einem kleinen, stark concentrirten Spectrum arbeite. Diese Methode hat den Vortheil, daß man schnell arbeiten und in kurzer Zeit viele Versuche machen kann. Will man größere photochromatische Bilder haben, so bedarf es einer längeren Zeit, einer oder zwei Stunden. Eine noch beträchtlichere Zeit ist erforderlich, wenn man mit einem Bündel Sonnenstrahlen operiren will, das, nach Auffangung mittelst eines Heliostats, durch eine längliche Spalte im Fensterladen in ein finsteres Zimmer geleitet worden ist. Das Spectrum ist länglich, und wird es mittelst einer Linse concentrirt, so zeigt es die schwarzen Striche Fraunhofer's; allein die Lichtstärke ist geringer, als wenn es von einem durch ein rundes Loch gegangenen Bündel gebildet worden ist. Ich habe recht reine Abbilde des Spectrums genommen, welche die Striche sehr deutlich zeigen. Dennoch konnte ich, obwohl das Spectrum, zufolge seiner Bildungsweise, seine Lage nicht änderte, in den photochromatischen Bildern nur die Hauptstriche unterscheiden, d.h. A, B, C, F, H u.s.w.; die kleinen Striche schienen mir nicht sichtbar zu seyn. Dieß Resultat brachte mich auf die Vermuthung, daß die Dicke der empfindlichen transparenten Schicht zu einer Art Irradiation Anlaß gebe, vermöge welcher die anhaltende Wirkung der Lichtstrahlen sich nicht bloß auf die getroffenen Punkte beschränke, sondern sich noch rings um dieselben ausbreite, woraus dann folgt, daß die feinen Striche des Spectrums verschwinden müssen. Ich äußere diese Vermuthung nur mit Rückhalt, wiederhole aber, daß in den Bildern nur die Hauptstriche sichtbar waren. Untersucht man ein wohlgerathenes Bild vom Spectrum, das auf einer Platte von der erwähnten Holzfarbe bereitet worden ist, so gewahrt man in der Lage der Farbenzonen des Spectrums und denen des photochromatischen Bildes eine genaue Correspondenz; die Linie F findet sich so gut zu Anfange des Blau wie im Lichtspectrum, und D in der Mitte des Gelb. Beobachtet man die Bilder, die auf stark erhitzt gewesenen Platten dargestellt worden sind, so findet man, daß das Maximum der Wirkung dem Gelb oder dem Maximum der Lichtstärke des Spectrums entspricht; operirt man aber mit Platten, die nicht oder nur schwach erhitzt wurden, so scheint das Roth sich eben so rasch als das Gelb des Spectrums einzuprägen. Das Maximum der Wirkung des photochromatischen Bildes scheint also nach dem Roth hinaufzurücken. Unter diesem Umstande markirt sich der Doppelstrich A mit großer Nettigkeit und die dunkle Amaranthfarbe erstreckt sich weiter, bis außerhalb des Spectrums. Ich habe versucht, die Farben der verschiedenen Portionen des Spectrums mit den entsprechenden seines photochromatischen Bildes direct zu vergleichen, bin aber zu keinem genügenden Resultat gelangt. Denn erstlich wird das einmal erzeugte Bild bei fernerer Aussetzung an das Licht verändert, und dann ist, wegen der Politur der Platte, jede Farbe gemischt aus diffusem Licht und der eigenen Farbe der empfindlichen Schicht, die, je nachdem das Sonnenlicht mehr oder weniger stark auf die Platte gewirkt hat, mehr oder weniger verändert ist. Ich habe also auf diesen Vergleich verzichten müssen; allein ich glaube, es geht aus der Reihenfolge der prismatischen Farben, aus den Farbenveränderungen in denselben Theilen, wo diese Veränderungen in dem Lichtspectrum geschehen, und aus der Reproduction der zusammengesetzten Farben, wie das Bister u.s.w., von welcher weiterhin bei Behandlung der Reproduction der farbigen Bilder die Rede seyn wird, aufs einleuchtendste hervor, daß die Lichtstrahlen die ihnen eigenen Farben der so merkwürdigen Substanz, deren Bereitung ich beschrieb, einzuprägen trachten. IV. Wirkung der Schirme. In einer früheren Abhandlung habe ich die Wirkung farbloser und farbiger Schirme, zur Auffangung und Durchlassung der Strahlen von verschiedener Brechbarkeit, die sich verschiedenen chemisch empfindlichen Substanzen einprägen, sorgfältig studirt. Ich habe gezeigt, daß die farblosen Schirme, d.h. diejenigen gebildet aus Substanzen, welche die zwischen den äußersten Gränzen A und H des sichtbaren Spectrums liegenden Strahlen nicht absorbiren, in Bezug auf gewisse empfindliche Substanzen gefärbt seyn können, insofern diese Schirme im Stande sind außerhalb dieser Gränzen liegende Strahlen zu absorbiren. Da im Allgemeinen die eines Lichteindrucks fähigen Körper denselben nicht bloß zwischen den äußersten Gränzen der Lichtstrahlen erleiden, und das Maximum der Intensität der activen Strahlen gewöhnlich nicht mit dem Maximum der Lichtstärke des Spectrums zusammenfällt, so ist es nicht zu verwundern, daß die durchsichtigen Schirme nicht gleiche Wirkungen auf Körper wie Chlorsilber, Guajakharz, Jodsilber u.s.w. hervorbringen, da diese nicht zwischen denselben Gränzen der Strahlen empfindlich sind wie die Netzhaut. Ich habe überdieß beobachtet, daß die absorbirende Wirkung verschiedener farbloser Schirme, starrer wie flüssiger, die ich versuchen konnte, sich jenseits des Violetts, dort, wo das Chlorsilber sich so schnell schwärzt, in ungleichem Grade äußert; daß einige dieser Strahlen sogar die jenseits H liegenden Strahlen gänzlich auffangen. Ich will unter andern nur der wässerigen Lösung des schwefelsauren Chinins erwähnen, des merkwürdigsten Körpers, den ich beobachtet habe. (Man löst dazu 1 bis 2 Gram. schwefelsauren Chinins in 1/2 Liter Wasser, das man durch ein Paar Tropfen Schwefelsäure angesäuert hat.) Ein etwa 1 oder 2 Centimet. dicker Schirm von dieser Flüssigkeit, in die Bahn eines Bündels Sonnenstrahlen gestellt, nimmt die jenseits des Striches H liegenden Strahlen fast gänzlich fort; allein da diese Strahlen nur sehr schwach auf die Netzhaut wirken, so folgt daraus, daß die Substanz farblos seyn muß. Wirklich ist dieß der Fall, nur besitzt die Lösung die Eigenschaft, bei großer Dicke im Daraufsehen blau, und im Durchsehen gelblich zu seyn. Aus dem Vorhergehenden folgt, daß ein Schirm aus einer Lösung von schwefelsaurem Chinin, vor der Bildung des Spectrums in die Bahn von Sonnenstrahlen gestellt, das Spectrum verhindern muß jenseits H auf die empfindliche photochromatische Substanz zu wirken, und eben so den gräulichen Eindruck zu machen, der nach dem oben Gesagten, jenseits des Violetts in den Bildern des Spectrums entsteht. Dieß wird auch beobachtet und das erhaltene Bild des Spectrums ist bei den Strichen A und H abgegränzt. Die merkwürdige Wirkung dieses Schirms ist sehr schätzbar und hat mir zu allen Untersuchungen gedient, von denen ich weiterhin die Resultate beibringen werde. Vermöge der Absorption, welche diese Flüssigkeit auf die Strahlen des äußersten Violetts ausübt, kann man wirklich machen, daß die empfindliche Photochromatische Substanz nur zwischen denselben Gränzen wie die Netzhaut einen Eindruck erhält. Es gibt andere Flüssigkeiten, welche diese Eigenschaft mit der Lösung des schwefelsauren Chinins theilen, jedoch in geringerem Grade; dergleichen sind: Kreosot, Bittermandelöl u.s.w. Unter den starren Substanzen die ich untersuchte, besitzt auch der Dichroit diese Fähigkeit; doch gebe ich, wegen ihrer kräftigeren Wirkung, der Lösung des schwefelsauren Chinins den Vorzug. Bisher war nur von der Wirkung der Schirme auf die jenseits des Violetts liegenden Strahlen die Rede; damit indeß die Substanz, mit der man arbeitet, nur zwischen denselben Gränzen wie die Netzhaut empfindlich sey, müßte man auch die jenseits des Roth A liegenden, die Platten stark schwärzenden Strahlen fortnehmen können; allein ich kenne keinen Schirm, der diese Eigenschaft besitzt. Bläut man Wasser schwach durch ein Kupfersalz, so verschwindet zwar dieß äußerste Roth und damit auch die Flohfarbe, die bei den photochromatischen Spectren entsteht; allein man darf nicht mit diesen Substanzen arbeiten, denn wenn man die Platten erhitzt, wie §. III gesagt worden, so reducirt man die Wirkung jenseits des Rothen stark und kann sie sogar ganz vernichten. Man darf also bloß einen Schirm von schwefelsaurem Chinin anwenden, welcher die jenseits des Violett liegenden Strahlen absorbirt. Da sich die photochromatische Substanz im Spectrum mit allen Farbentönen desselben färbt, so muß sie auch unter farbigen Schirmen, z.B. gefärbten Gläsern, der Wirkung des Tages- oder Sonnenlichtes ausgesetzt, die Farben dieser annehmen; allein es sind dazu gewisse Vorsichtsmaßregeln nöthig. Zuvörderst darf man mit keiner eben zubereiteten und nicht erhitzt gewesenen Platte arbeiten; denn da diese im weißen Lichte eine dunkelviolette oder schwarze Farbe annimmt, so mischt sich diese Farbe unter gewissen Schirmen oder Gläsern der von diesen erzeugten Farbe bei und verdeckt somit die Färbung, welche man beobachten soll. Es ist also nöthig mit zubereiteten und erhitzt gewesenen Platten zu arbeiten, wie im §. III gesagt worden, und dann auf die Schirme einen flüssigen Schirm von schwefelsaurer Chininlösung zu legen, damit die jenseits des Violetts befindlichen Strahlen die Wirkung nicht compliciren. Man begreift nämlich, daß es hier noch viel wichtiger ist als bei den Abdrücken des Spectrums sich dieses flüssigen Schirms zu bedienen, da bei dem Spectrum die graue Färbung zum Spectrum hinausgeworfen wird, bei den farbigen Gläsern aber diese eigenthümliche Färbung sich derjenigen, die man beobachten will, beimischt. Die Schwierigkeiten auf die man stößt, um auf erhitzt gewesenen Platten alle Nüancen der farbigen Gläser zu erhalten und zugleich unter einem weißen Glase ein sehr reines Weiß hervorzubringen, sind dieselben, welche in §. III bei den prismatischen Bildern angegeben wurden. Ist die Platte zu sehr erhitzt gewesen, so gibt das farblose Glas ein sehr weißes Bild, allein die gelben und grünen Gläser geben ein gelbliches. Ist die Platte nur wenig erhitzt gewesen, so geben die gelben und grünen Gläser Abbilder von der Farbe dieser Gläser; allein das rothe Glas gibt, vermöge der Wirkung der äußersten rothen Strahlen, eine dunkle Amaranthenfarbe und das weiße Glas liefert ein schmutziges Grau. Mit etwas Sorgfalt läßt sich indeß eine Platte bereiten, welche die verschiedenen Farben der farbigen Gläser ziemlich gut gibt; nur darf man nicht erwarten Farben zu erhalten, die den in Aquarell auf Papier zu erlangenden vergleichbar wären. Die erzeugten Farben sind schwach, aber deutlich genug daß Personen, die an optische Erscheinungen gewöhnt sind, darin die Abdrücke der Farbenstrahlen erkennen können. Im Allgemeinen haben die erhaltenen Farben einen Stich ins Violette, wegen der eigenen Farbe der empfindlichen Substanz. Es gibt ein recht einfaches Mittel um sich zu überzeugen, daß die zusammengesetzten Tinten der farbigen Gläser, welche sich auf der empfindlichen Substanz erzeugen, wirklich herrühren von der Mischung der Farben der durch diese Gläser gegangenen einfachen Strahlen. Es besteht darin, daß man in die Bahn eines Bündels Sonnenstrahlen, bevor man dieß Bündel durch ein Prisma brechen läßt, das zu untersuchende farbige Glas einschaltet, und dann das erzeugte Spectrum mit der empfindlichen Substanz auffängt. Das Spectrum besteht alsdann aus hellen Zonen, mehr oder weniger getrennt durch dunkle, und es bildet sich auf einer zubereiteten Platte genau ab, bis auf die in §. II und §. III angegebenen Unvollkommenheiten, die aus der Substanz selbst entspringen. Beispielshalber will ich annehmen, daß man in die Bahn der Sonnenstrahlen, vor ihrer Brechung, ein durch Kobalt blau gefärbtes Glas einschalte. Ist dieß Glas nicht zu dunkel, so gibt es ein Spectrum mit drei breiten schwarzen Streifen, einen zwischen dem Roth und Orange, einen zwischen dem Orange und Grün, und einen zwischen dem Grün und Blau. Ist das Glas dunkel, so sieht man nur zwei helle Flecke, einen rothen und einen blau violetten. Fängt man dieß unterbrochene Spectrum mit einer zubereiteten Platte auf, so findet man nach Verlauf von. einer gewissen von der Lichtstärke abhängigen Zeit, daß das erzeugte Bild der Abdruck des Lichtspectrums ist. Da wo sich die dunklen Streifen befinden, behält die Platte ihre eigene Farbe; da wo das Licht durch das Glas gegangen, ist dagegen die Substanz gefärbt mit der Farbe des Lichts oder mit einer mehr oder weniger blassen Farbe, je nachdem die Platte, wie im vorherigen Paragraph gesagt, mehr oder weniger erhitzt worden ist. Dieser auf Bitte des Hrn. Biot angestellte Versuch, verbunden mit der ErzeugungErzeugnng der Hauptstriche des Spectrums, zeigt daß vom Moment an, da die Lichtstrahlen eines Theils vom Spectrum absorbirt sind, jede Wirkung auf die photochromatisch empfindliche Substanz aufhört; die Strahlung welche auf unsere Netzhaut einwirkt, ist also offenbar eins mit der, welche die Färbung der zubereiteten Platten verursacht. Wenn ich die feinen Striche des Spectrums nicht auf Jodsilber zum Vorschein bringen konnte, so glaube ich, wie schon gesagt, rührt dieß von einer durch die Dicke der empfindlichen Schicht bewirkten Irradiation her. Ich schließe diesen Paragraphen mit Erinnerung an die Folgerungen, welche schon in der vorhin erwähnten Abhandlung gezogen wurden, nämlich, daß es eine und dieselbe Strahlung ist, welche sowohl die bei vielen Substanzen beobachteten chemischen Effecte als auch die Phosphorescenz- und Licht-Effecte veranlaßt, und daß diese so verschiedenartigen Effecte nicht von einer Modification des wirkenden Agens, sondern von der Verschiedenheit der empfindlichen Substanzen herzuleiten sind. (Der Beschluß folgt im nächsten Heft.)