Titel: Ueber die Wirkung des Wassers auf bleierne Leitungsröhren; von E. N. Horsford, Professor der Chemie an der Universität Cambridge in Nordamerika.
Fundstelle: Band 114, Jahrgang 1849, Nr. LIV., S. 299
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LIV. Ueber die Wirkung des Wassers auf bleierne Leitungsröhren; von E. N. Horsford, Professor der Chemie an der Universität Cambridge in Nordamerika. Aus der Chemical Gazette, August 1849, S. 295. Horsford, über die Wirkung des Wassers auf bleierne Leitungsröhren. Folgendes ist einer Untersuchung über diesen Gegenstand entnommen, welche in den Berichten der nordamerikanischen Akademie der Wissenschaften und Künste veröffentlicht wurde; diese Untersuchung wurde auf Veranlassung des Medicinalcollegiums zu Boston angestellt und füllt 50 enggedruckte Seiten. Wir theilen daraus die Schlußsätze des Verfassers mit, welche kein bloß locales Interesse darbieten, so wie sein Verfahren kleine Mengen Bleies zu bestimmen, welches bei derlei Untersuchungen sehr gute Dienste zu leisten verspricht. Die Wasser, deren man sich zu verschiedenen Getränken und in der Küche bedient, zerfallen in zwei Classen, nämlich: 1) Offene Wasser, die von Regenfällen und zu Tage liegenden Gerinnen herrühren, wie Teiche, Seen, Flüsse und einige Quellen; und 2) dem Sonnenlicht entzogene Wasser, welche durch das Erdreich oder Gebirgsarten von größerer oder geringerer Tiefe aus ihren Zufluß erhalten, wie Brunnen und gewisse Quellen. Dieselben unterscheiden sich von einander a) in der Temperatur; das Brunnenwasser ist den größten Theil des Jahrs hindurch kälter als See-, Teich- oder Flußwasser; b) im Procentgehalt der darin aufgelösten Gase; frisch geschöpftes Brunnenwasser läßt, besonders im Sommer, der Temperatur der Erdoberfläche ausgesetzt, eine gewisse Menge Luft fahren. Im Winter kehren sich diese Verhältnisse in gewissem Grade um, und zwar in höhern Breiten auf längere, in niederern Breiten auf kürzere Zeit. c) Ferner unterscheiden sie sich durch den Procentgehalt der in ihnen aufgelösten anorganischen Stoffe; die Brunnenwasser enthalten von solchen mehr; d) in ihrem relativen Salzgehalt; die Brunnenwasser enthalten mehr salpetersaure und salzsaure Salze, und e) in ihrem Procentgehalt an organischer Materie; die Brunnenwasser enthalten deren weniger. Verhalten des Bleies zu Luft und Wasser. a) Das Blei oxydirt sich nicht in trockener Luft, oder b) in reinem, luftfreiem Wasser. c) Es oxydirt sich hingegen in Wasser, unter übrigens gleichen Umständen, in der Regel im Verhältniß des darin aufgelösten freien Sauerstoffs; d) salpetersaure Salze, wenn sie in erforderlicher Menge vorhanden sind, werden in neutralen Wassern in gewissem Grade durch Blei reducirt; e) salpetersaure und salzsaure Salze befördern die Auflösung einiger am Blei sich bildender Ueberzüge. f) Die organische Materie spielt bei der Einwirkung des Wassers auf das Blei eine Rolle; wenn sie nämlich unauflöslich ist, so schwächt sie die Einwirkung dadurch, daß sie die Entweichung der Luft erleichtert; ist sie aber auflöslich, so thut sie es durch Consumtion des aufgelösten Sauerstoffs und Reduction der etwa vorhandenen salpetersauren Salze. Die sogenannten grünen Gewächse und Thierchen, welche Sauerstoff entwickeln, bemerkt man nur bei warmem Wetter in den offenen Wassern in großer Menge, also wenn die Fähigkeit des Wassers, Luft in Auflösung zu erhalten, am geringsten ist; obgleich in offenen Wassern durch diese mikroskopischen Organismen Sauerstoff erzeugt wird, verstärkt derselbe also doch deren Einwirkung auf das Blei nicht. g) Eisenoxydhydrat (Rost) wird im Wasser durch Blei nicht reducirt. Daraus folgt, daß bleierne Röhren, welche durch eiserne Hauptröhren verbunden sind, durch Reduction des pulverigen Eisenoxyds nicht zerfressen werden können. h) Salzsaure Alkalien in luftfreien natürlichen Wassern zerfressen das Blei nicht. i) Ueberhaupt schwächen Salze die Einwirkung der Wasser auf das Blei, indem sie die Auflösungskraft des Wassers für Luft und andere Salze vermindern. Ein mehr oder weniger durchdringlicher Ueberzug bildet sich auf dem Blei in allen Wassern; der erste derartige Ueberzug (j) ist ein bloßes Bleisuboxyd, welches in Wasser und im Allgemeinen in Salzlösungen absolut unlöslich ist. In einigen Wassern wird dasselbe in ein höheres Oxyd verwandelt, welches sich mit Wasser und Kohlensäure verbindend, einen Ueberzug (k) bildet, der in seinem 7000 bis 10,000fachen Gewicht reinen Wassers auflöslich ist. Dieses Oxyd verbindet sich mit Schwefelsäure und andern Säuren, welche manchmal in dem Ueberzug (k) gefunden werden; wenn auch noch organische Materie und Eisenrost hinzukommen, entsteht ein Ueberzug (l), der im höchsten Grad beschützend ist. Die Nützlichkeit dieses und des ersten obenerwähnten Ueberzugs geht daraus hervor, daß in einem Wasser (dem Croton-Wasser von New-York), nachdem man es 12 bis 36 Stunden in Bleiröhren hatte stehen lassen, nur wenig Blei, und in einem andern (Fairmount-Wasser von Philadelphia) nach 36 Stunden, nachdem man es auf 1/36 seines Volums abgedampft hatte, gar kein Blei gefunden wurde. Verfahren kleine Quantitäten Bleies zu bestimmen. Die quantitative Bestimmung sehr kleiner Bleimengen hat oft ihre Schwierigkeiten; wenn viele und schnelle Bestimmungen erforderlich sind, ist überdieß das Filtriren, Auswaschen, Trocknen, Ausglühen und Wägen der Niederschläge zu zeitraubend. Die von mir gewählte Methode beruht auf Gay-Lussac's alkalimetrischem Verfahren (Probeflüssigkeiten von bekanntem Gehalt). Ein Gramm Blei in Form von Bleizucker, welcher drei Atome Wasser enthält, wird in 100 Grammen oder Theilen destillirten Wassers aufgelöst. Dieß bildet die Auflösung Nr. 1. 10 Theile dieser Lösung, mit 90 Theilen Wassers verdünnt, bilden die Auflösung Nr. 2. 10 Theile der Auflösung Nr. 2, mit 90 Theilen Wassers verdünnt, bilden die Auflösung Nr. 3. In gleicher Weise werden Auflösungen Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6 bereitet. 10 Theile von jeder dieser Lösungen werden in gleiche (5 Zoll lange, 5/8 Zoll weite und an einem Ende geschlossene) Probirröhrchen gebracht und Schwefelwasserstoffgas hindurchgeleitet, bis die Flüssigkeit, welche sich zuerst durch die Bildung von Schwefelblei schwärzt, klar wird. Das Probirröhrchen Nr. 1 enthält dann 1/10 Gramm Blei als Schwefelblei – als schwarzes Pulver – auf dem Boden; das Probirröhrchen Nr. 2 enthält 1/100 Gramm Schwefelblei; Nr. 3 1/1000; Nr. 4 1/1000; Nr. 5 1/100000; Nr. 6 gibt ohne vorheriges Abdampfen keinen Niederschlag. Jeder in der Reihe folgende Niederschlag beträgt, wenn man von einer kleinen Menge ausgelösten Schwefelbleies absteht, ein Zehntheil des Volums vom vorhergehenden. Ist nun diese Scala bereitet und soll der Bleigehalt einer gegebenen verdünnten Lösung bestimmt werden, so muß zuvörderst durch einen Versuch ermittelt werden, ob er groß genug ist, um mit Schwefelwasserstoffammoniak unmittelbar einen Niederschlag zu geben. Ist dieß nicht der Fall, so werden 50 Kubikcentimeter oder Gramme Wassers (welche 50 Theilen der Scala der Lösungen entsprechen) sorgfältig bis zur Trockne abgedampft und in einem kleinen Porzellantiegel ausgeglüht, um jede etwa vorhandene organische Materie zu zerstören, dann mit Salpetersäure befeuchtet, erwärmt, dann mit etwas Essigsäure und soviel Wasser versetzt, bis das Volum von 10 Kubikcentimetern erreicht ist. Man setzt nun einen Tropfen essigsaures Kali zu und läßt Schwefelwasserstoffgas durch die Flüssigkeit streichen. Entweder entsteht hiebei ein Niederschlag oder nicht. Entsteht ein solcher, so bedient man sich nun, um seinen Werth oder den Bleigehalt zu erkennen, der Scala. Obwohl es selten der Fall seyn dürfte, ihn ganz gleich mit einem von zwei Niederschlägen der Scala zu finden, so ist es doch ein Leichtes zu entscheiden, zwischen welche beide er hineinfällt, oder welchem er zunächst anzureihen ist. Wenn 50 Kubikcentimeter bei solcher Behandlung keinen Niederschlag gaben, so werden 100 Kubikcentimeter zur Trockne abgedampft und der Rückstand wie oben behandelt. Erhält man auch jetzt keinen Niederschlag, so nimmt man 500 Kubikcentimeter, oder mehr, und verfährt ebenso. Es war zu vermuthen, daß die Gegenwart fremdartiger Körper, wie sie sich in natürlichen Wassern vorfinden, der Fällung des Bleies hinderlich seyn könnte. Ich fand mich dadurch veranlaßt, eine Reihe graduirter Bleilösungen mit allen in Wassern vorkommenden Salzen zu bereiten. Als ich dieselbe auf angegebene Weise behandelte, fielen die Niederschläge, obwohl Abweichungen im Volum derselben wahrzunehmen waren, doch meistens innerhalb der Unterschiede zwischen den aufeinanderfolgenden Gliedern der graduirten Reihe.