Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. , S. 430 |
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Miscellen.
Miscellen.
Dr. Gintl's ambulanter Telegraph.
Es unterliegt gewiß keinem Zweifel, daß sich bei gehöriger Instandhaltung und
pünktlicher Bedienung des Telegraphen, jede Eisenbahn, wenn sie auch nur ein Geleise
besitzt, doch mit derselben Sicherheit und Frequenz befahren läßt, als wären ihrer
ganzen Ausdehnung nach zwei Schienenwege vorhanden, wodurch das Maximum ihrer
Ertragsfähigkeit ohne alle Schwierigkeit erreicht, und in der Folge der kostspielige
Bau von Doppelbahnen gänzlich vermieden werden kann.
Um jedoch den Betrieb der Eisenbahnen mittelst des Telegraphen auf diese Höhe zu
bringen, darf sich seine Wirksamkeit nicht bloß auf die einzelnen Bahnstationen
beschranken, sondern es müssen auch alle längs derselben verkehrenden Züge in der
Lage seyn sich augenblicklich unter den Einfluß des elektrischen Stroms zu stellen,
so daß sie von jedem Punkte der Bahn mit den benachbarten
Stationen telegraphisch correspondiren, und da wo es noth thut, zur Beseitigung
der ihnen entgegenstehenden Hindernisse die erforliche Hülfe herbeirufen
können.
Man hat zu diesem Behufe nur für einen transportablen Telegraphen zu sorgen, welcher
in dem Wagen der Conducteure aufgestellt, und mit der Leitungsfette der Bahnlinie an jener Stelle
verbunden wird, von wo aus die Correspondenz zwischen dem Zuge und der benachbarten
Station geführt werden soll.
Diese Art von Telegraphen-Ambulance besteht im wesentlichen aus einem dazu
paffend gewählten Stromerreger und einem Signalapparat, welcher demselben Systeme
entspricht, dessen sich die einzelnen Bahnstationen bei ihrer telegraphischen
Correspondenz unter einander bedienen.
Stöhrer in Leipzig construirte zwar schon vor längerer
Zeit einen sinnreichen Inductionsapparat für Eisenbahnzüge, welcher aber bei den
damit an den österreichischen Telegraphenlinien vorgenommenen Versuchen unzureichend
befunden wurde, weil der durch die magneto-elektrische Rotationsmaschine
erzeugte Strom zu schwach war, um in den entfernteren Stationen, an den daselbst
befindlichen Indicatoren, noch deutliche Zeichen hervorzubringen, um sich mit dem
Bahnzuge zu verständigen. Aus diesem Grunde hat der österreichische
Staats-Telegraphen-Director Dr. W. Gintl statt der Induction als Stromerreger, eine nach Young's Princip gebaute galvanische Batterie in Anwendung
gebracht, bei welcher aber der flüssige Leiter durch eine feste hygroskopische
Substanz ersetzt, mithin zum Transporte vollkommen geeignet, und überdieß so kräftig
ist daß der von ihr gelieferte Strom die selbst 30 bis 40 Meilen entfernten
Stationsapparate noch ganz deutlich zu afficiren vermag. Die aus 30 Elementen von 4
Quadratzoll Fläche zusammengesetzte Batterie ist in einem kleinen Kästchen
eingeschlossen, und behält die zur Führung einer verständlichen Correspondenz
nöthige Kraft durch nahe 3 Wochen, nach welcher Zeit sie nur einer schwachen
Benetzung des in Plattenform zwischen den einzelnen Elementen befindlichen
hygroskopischen Leiters bedarf, um die ursprüngliche Stromstärke wieder zu erlangen.
Mit dieser Batterie ist ein kleiner Indicator verbunden, welcher in die
Leitungskette der Linie, überall wo es die Umstände erfordern, mittelst zweier
Drähte eingeschaltet werden kann, um sich vom Zuge aus mit den übrigen Bahnstationen
in Korrespondenz zu setzen.
Die im Monate März d. J. auf der nördlichen Staatseisenbahn mit dieser
Telegraphen-Ambulance vor einer technischen Commission angestellten Versuche
sind so befriedigend ausgefallen, daß man sich in dem darüber ausgefertigten
Protokolle für die Einführung der ambulanten Telegraphen auf den österreichischen
Staatseisenbahnen um so eher aussprach, als der Kostenaufwand für den vollständigen
Apparat nur 50 fl. C. M. beträgt, und wenn dessenungeachtet diese Ambulance bis
jetzt noch nicht ins Leben trat, so ist die Ursache davon vorzüglich in den daselbst
herrschenden eigenthümlichen Betriebsverhältnissen zu suchen, die sich aber also
gleich ganz anders und, wie wir mit Zuversicht hoffen, gewiß auch viel besser
gestalten werden, sobald die Staatsverwaltung den Betrieb der Eisenbahnen selbst
übernimmt, bei welcher Gelegenheit die Telegraphie überhaupt die gehörige Würdigung
erst finden, und ihre Anwendung auf alle Eisenbahnzüge insbesondere zur Ausführung
kommen wird.
Nebstdem beabsichtiger aber die österreichische Staatstelegraphendirection auch noch
das Signalement für die einzelnen Bahnwächter durch den Telegraphen zu reguliren,
und in dieser Hinsicht hat Dr. Gintl bereits einen Apparat einrichten lassen, welcher in allen
Wächterhäusern aufgestellt werden, und das Bahnaufsichtspersonal durch hinreichend
starkes Glockengeläute von den auf der Bahn zunächst stattfindenden Vorgängen
mittelst eines Zeigerwerks in Kenntniß setzen soll, so daß die Wächter beim Ertönen
der Glocke nur auf den Apparat zu sehen, und dort die betreffende Ordre zu empfangen
haben, um darnach die zur Sicherheit der Fahrt erforderlichen Vorkehrungen in ihrer
Bahnstrecke zu treffen, und den Verkehr der Züge selbst bei neblichter Witterung
gefahrlos zu machen. (Allg. Ztg.)
Bryson's
sich selbst regulirende meteorologische Uhr, welche auch den Stand der Ebbe und
Fluth angibt.
Dieses sehr leicht verständliche Instrument ist in einem der Wartsäle für Passagiere
im Hafen von Glasgow seit mehreren Monaten beständig und regelmäßig im Gange. Es
wurde von der Hafendirection bei den HHrn. Bryson, den
bekannten Chronometermachern in Edinburgh, bestellt, die sechs verschiedene Indicatoren sehr
sinnreich mit einander verbanden:
1) eine Uhr;
2) einen Barometer, welcher jede Stunde den Druck der Atmosphäre notirt;
3) einen Indicator zum Messen der Höhe von Ebbe und Fluth mit Angabe der Zeit;
4) ein Instrument, welches die Kraft des Windes in Pfunden auf den Quadratfuß
ausdrückt;
5) eine Vorrichtung, welche die Richtung des Windes mit der Zeit desselben
angibt;
6) einen Regenmesser, durch welchen die Menge des gefallenen Regens, die Zeit in
welcher er fiel, und die Dauer des Regenfalles bestimmt wird.
Alle diese Instrumente notiren auf Papier, so daß man später zu jeder beliebigen Zeit
sich von dem früheren Stande eines jeden derselben überzeugen kann. (Practical Mechanic's Journal, Septbr. 1849, S. 130.)
Chenot's
neues Verfahren die Eisenerze zu behandeln.
Bisher hat man die Eisenerze immer zu Roheisen reducirt, um letzteres dann in
hämmerbares Eisen zu verwandeln; das heißt man verbindet das Eisen mit Kohlenstoff,
Silicium und Schwefel, um dann diese fremdartigen Körper wieder daraus zu entfernen.
Da aber die Eisenerze in der Regel aus Oxyden bestehen, welche mehr oder weniger mit
Schwefelmetallen gemengt sind, so wäre es einfacher, diese Oxyde und Sulfuride zu
Metall zu reduciren; dieß findet in der ersten Periode des Hohofenprocesses statt
und dieses Verfahren wendet auch Hr. Chenot an.
Um seinen Eisenschwamm zu erhalten, reducirt er die Eisenerze, Oxyde und Sulfuride,
mit den Gasen welche man beim Zersetzen des Wasserdampfs durch Kohle erhält; diese
Gase sind eine Mischung von Wasserstoff- und Kohlenoxydgas, welche man in die
Blechkästen leitet, worin sich das zu reducirende Eisenerz befindet, und die man zu
diesem Zweck durch Erhitzen von Außen auf der Rothglühhitze erhält.
Nach Verlauf einer gewissen Zeit ist die Reduction (mittelst Cementation) bis in das
Centrum der compactesten Massen fortgeschritten; die Erze haben ihre Härte verloren,
und wenn sie vor der Behandlung am Stahl Funken gaben, so kann man sie nach der
Behandlung mit dem Messer schneiden.
Da die fragliche Behandlung nicht auf die Gangart wirkt, so hat Hr. Chenot verschiedene Verfahrungsarten ersonnen, um die
Gangart durch die Wärme in flüssigeren Zustand zu versetzen und sie durch Hämmern
des weißglühend gemachten Eisenschwamms beseitigen zu können.
Dieses Verfahren reinigt die Erze vom Schwefel, Arsenik und anderen mineralischen
Stoffen, welche hauptsächlich die Qualität des Eisens verschlechtern.
Hr. Chenot hat außer seinem Eisenschwamm der Société d'Encouragement in Paris einige
Proben von gehämmertem Eisen übergeben; deßgleichen eine Reihe von Versuchen über
die Umwandlung des Roheisens in weiches Eisen mittelst Verbrennung des Kohlenstoffs
auf dem Wege der Cementation. Ueber diese Versuche wird der vereinigte Ausschuß für
Mechanik und technische Chemie einen Bericht erstatten (Bulletin de la Société d'Encouragement, Octbr. 1849, S.
496.)
Verbesserung in der Zubereitung des photographischen Papiers
für das automatische Registriren, wobei eine lange fortgesetzte Wirkung erforderlich
ist; von C. Brooke.
Zum Registriren des Thermometer- und Barometerstandes etc. (man vergleiche
darüber polytechn. Journal Bd. XCIX S. 38
und 40) wird das photographische Papier gewöhnlich auf folgende
Art zubereitet: Man überzieht es mittelst einer Bürste mit einer Auflösung von 12
Gran Bromkalium, 8 Gran Jodkalium und 4 Gran Hausenblase in 1 Unze destillirten
Wassers und trocknet es schnell. Soll es gebraucht werden, so überzieht man es
mittelst einer Bürste mit einer Auflösung von 50 Gran salpetersaurem Silber in 1
Unze Wasser und befestigt es auf dem Cylinder des Registrirapparats, auf welchem es
24 Stunden lang in Wirkung bleibt. Nach dem Abnehmen bringt man den Eindruck des
Lichts dadurch zum Vorschein, daß man das Papier mit einer warmen Auflösung von
Gallussäure überbürstet, welche 20 Gran derselben in 1 Unze Wasser enthält und mit
einer kleinen Menge starker Essigsäure versetzt ist; endlich fixirt man den
Lichteindruck auf gewöhnliche Art mit einer Auflösung von unterschwefligsaurem
Natron.
Die Verbesserung besteht darin, daß man das Papier nach dem Austragen der
salpetersauren Silberauflösung in Wasser spült, die überflüssige Feuchtigkeit mit
Fließpapier ausdrückt und dann die Oberfläche des Papiers mit etwas mehr
Silberauflösung tränkt. Dieß geschieht am besten auf die Art, daß man von derselben
eine kleine Menge auf das Papier gießt und dann einen Glasstab oder eine Glasröhre
schwach über das Papier drückt, wodurch die Auflösung gleichmäßig über die
Oberfläche vertheilt und eine Berührung mit organischer Materie vermieden wird. Die
größere Empfindlichkeit und Reinheit des so behandelten Papiers erklären sich
dadurch, daß das salpetersaure Kali ausgewaschen wird, welches durch wechselseitige
Zersetzung der Salze auf der Oberfläche des Papiers entstand. (Chemical Gazette, 1849 Nr. 168)
Ueber einige explosive Substanzen.
H. Reinsch stellte mehrere explosive Verbindungen dar,
indem er verschiedene indifferente Stoffe mit dem bekannten Gemisch von
Salpetersäure und Schwefelsäure behandelte. Zu diesem Zwecke wurde in die abgekühlte
Mischung der beiden Säuren Zucker langsam und weniger als 1/5 von dem Gewichte der
angewendeten Säure eingetragen. Die Mischung ging ohne Entzündung von statten. Der
Zucker wurde anfangs schleimig, dann zähe und nach vier Stunden gelblich und hart.
Die abfiltrirte Masse wurde erst an der Luft und dann bei 38° C. getrocknet.
Sie bildet ein schneeweißes Pulver von intensivem, rein bitterem Geschmack. Auf
einem glühenden Bleche entzündet sie sich und explodirt heftig; dasselbe geschieht
unter dem Hammer. Mit einem glühenden Span entzündet, verbrennt sie langsam unter
Zischen; in einem Porzellantiegel erhitzt, schmilzt sie zu einer durchsichtigen
Masse, später entwickeln sich nitröse Dämpfe und der Zucker verdampft ohne
Explosion. Sie löst sich in Alkohol von 80 und von 100 Proc.; durch freiwilliges
Verdunsten der Lösung bilden sich sternförmige, durchsichtige Krystalle. Die Masse
löst sich ebenfalls in Aether.
Explosiver Milchzucker. Auf dieselbe Weise wie die vorige
Verbindung, nur der leichtern Entzündbarkeit wegen, mit weit größerer Vorsicht
dargestellt, bildet diese Verbindung ein weißes sandiges Pulver, das sich ebenso wie
der vorige Körper in Alkohol und Aether löst, aber kaum bitter schmeckt. Eine
Quantität von 60 Grammen explodirte schon bei 75°. C. Unter dem Hammer
explodirte diese Verbindung weit heftiger als der explosive Zucker.
Explosiver Mannit. Auf gleiche Weise wie die beiden
vorhergehenden Körper dargestellt und bei 50° C. getrocknet, erscheint er
schneeweiß, ist fast geschmacklos; einige Körperchen auf eine heiße Platte gestreut,
verpuffen mit leuchtender Flamme. Eine Quantität von 10 Centigrammen, auf einem
Amboß mit dem Hammer geschlagen, explodirt mit einem Knalle ähnlich dem eines
Pistolenschusses. Die explosive Kraft dieser Verbindung scheint demnach größer zu
seyn, als die des Knallquecksilbers; vor letzterer hat sie den Vorzug, daß sie ohne
Gefahr darzustellen ist und durch Reibung nicht entzündet wird. Sie löst sich fast
nicht in kaltem und siedendem Wasser, leicht aber in Alkohol und Aether. Die aus der
alkoholischen Lösung sich ausscheidenden Krystalle scheinen etwas explosiver zu
seyn, als die nicht krystallisirte Substanz. Als der Verfasser explosiven Mannit in
ätherhaltigem Alkohol von 90 Procent auflöste, zu der Lösung Kalilauge setzte, die entstandene röthliche
Lösung von der schweren dunkelbraunen abgoß und erstere der freiwilligen Verdunstung
überließ, so bildeten sich gelbe zarte Prismen, die, mit Schwefelsäure bis zur
sauren Reaction vermischt, beim Abdampfen eine gelbe krystallinische Masse gaben,
aus der sich durch Alkohol eine harzartige, aber ebenfalls krystallisirende Substanz
auswaschen ließ. Zurück blieb ein weißes Pulver, das mit Schwefelsäure ein in zarten
Prismen krystallisirendes Salz gab. Reinsch betrachtet
diese Verbindung als das schwefelsaure Salz einer neuen künstlich dargestellten
organischen Base, und schlägt für letztere den Namen Mannitrin vor. Der Verfasser meint, daß es nicht unwahrscheinlich sey, daß
auf diese Weise Alkaloide künstlich dargestellt werden können.
Explosives Stärkmehl. Diese Verbindung theilt die
Eigenschaften mit den vorhergehenden Körpern, scheidet sich aber aus der
alkoholischen Lösung nicht krystallinisch ab. Das explosive
Gummi ist ein weißes, sandiges, geschmackloses, ziemlich stark
explodirendes Pulver. (Buchner's Repert. der Pharmacie
Bd. III Heft 6.)
Die Schmirgel-Formation in Kleinasien.
Der Schmirgel scheint sich in Kleinasien in ausgedehnten Lagern zu finden. Tchihatheff fand denselben im December 1847 zwischen
Eskihissar und Melas (Comptes rendus vom 20 März 1828);
der amerikanische Mineralog Lawrence Smith, nachdem er im
November 1846 Schmirgel zu sehen bekommen hatte, der angeblich aus Kula (80 engl.
Meilen östlich von Smyrna) war, bereiste die Gegend schon früh im J. 1847, und fand
ihn bei Gumuchkenny und auf der Höhe von Gumuchdagh als Lager und zerstreut
umherliegend. Im Mai desselben Jahres schickte die türkische Regierung eine
Commission mit ihm dahin, um die Schmirgellager näher zu untersuchen Das Monopol
ihrer Ausbeutung wurde zuerst von Hrn. Langdon zu Smyrna
und dann von dem Hause Abbott und Comp. für die Summe von
12,000,000 Piaster jährlich gekauft, und im Monat August waren bereits circa 800
Tonnen davon in England angelangt. Hervorzuheben ist, daß Smith Zirkonerde im Schmirgel gefunden hat; auch entdeckte er ein dort
überall mit dem Schmirgel vorkommendes neues Mineral, welches in 100 Theilen aus 30
Kieselerde, 50 Thonerde, 4 Zirkonerde, 13 Kalk, Eisenoxyd und Mangan, und 3 Kali
besteht und von ihm Emerylit benannt wurde. (Edinburgh new philos. Journal Jul.-Oct.
1849.)
Chrom und Meerschaum in Kleinasien.
Lawrence Smith entdeckte auf seinen Reisen in Anatolien
(Kleinasien) große Serpentin- und andere Talkerdegebirge; an südlichern
Stellen (bei Hermanjick) fand er Chromeisenstein in
diesen Gesteinen eingestreut. (Die Elemente dazu sind im Serpentin enthalten.) Es
ist dieß eine für die Industrie wichtige Entdeckung, welche zu benützen die
türkische Regierung nicht versäumen wird. Mehr nordöstlich, in den Ebenen von
Eskihi-scher, fand er Meerschaum unter Talkerde- und
Hornblende-Gesteinen, die sich von den nahen Bergen her in Trümmern hier
angesammelt hatten. (Edinburgh new philosophical
Journal, Juli-Octbr. 1849.)
Ueber chinesischen Gallus; von W. Stein in Dresden.
Dieser höchst interessante, neue Handelsartikel ist, soviel mir bekannt, vor Nicht zu
langer Zeit aus dem Hafen von Canton nach Europa gebracht worden, um die, in diesem, Augenblicke
so hoch im Preise stehenden Galläpfel zu ersetzen. Die nachfolgende Mittheilung wird
den Beweis liefern, daß er hierzu nicht allein vollkommen berechtigt ist, sondern
vielleicht sogar bestimmt seyn dürfte, jene gänzlich zu verdrängen, die Möglichkeit
vorausgesetzt, ihn in hinreichender Menge herbeizuschaffen. In Rücksicht auf die
technische Wichtigkeit des Gegenstandes habe ich denn auch geglaubt, die
Bekanntmachung dieser vorläufigen Notizen nicht länger zurückhalten zu dürfen, und
behalte mir vor, nach Beendigung der gründlichern Untersuchung, weitere
Mittheilungen folgen zu lassen.
Der chinesische Gallus besteht aus hohlen Körpern von sehr verschiedener Größe und
Form. Erstere wechselt von der eines Pfirsichkerns bis zu der einer Georginenknolle;
mit beiden hat auch letztere bisweilen Aehnlichkeit, doch erscheint sie öfter noch
mit unregelmäßigen Höckern in größerer oder geringerer Zahl versehen, oft bandförmig
in die Breite gezogen, oft rund, den Wassernüssen (der Frucht von Trapa natans) vergleichbar. Alle ohne Ausnahme sind aber
mit einem kurzen und dichten Filze bedeckt, der eine schmutzig gelblichgraue Farbe
besitzt und nur an wenigen Stellen, besonders an den Spitzen der Höcker abgerieben
ist, wo alsdann eine glänzende, bräunliche bis schwarze, bisweilen auch röthliche
glänzende Unterlage sichtbar wird. An dem einen Ende sind sie, gleichfalls alle ohne
Ausnahme, in eine etwas gekrümmte Spitze ausgezogen, mit der sie bisweilen noch auf
einem dünnen Pflanzenstengel aufsitzen, der, wie Hr. Hofrath Reichenbach glaubt, einem Solanum angehört.
Schon um dieses Umstandes willen würde der chinesische Gallus das wissenschaftliche
Interesse zu erregen geeignet seyn, da bis jetzt weder ein Solanum noch eine Solanee bekannt ist, die
einen den der Eiche noch übertreffenden Gehalt an Gerbstoff besitzt. Von der Spitze
laufen Streifen oder feine Längsrunzen in entgegengesetzter Richtung aus, die aber
bald verschwimmen und nirgends bis an das der Spitze entgegengesetzte Ende zu
verfolgen sind. An der Narbe, welche durch das Abreißen von den Stengeln entstanden
ist, bemerkt man, mit Hülfe der Lupe, eine kleine Oeffnung.
Die Substanz, woraus der chinesische Gallus besteht, ist spröde, daher leicht
zerbrechlich, auf dem ganz glatten Bruche fettglänzend bis glasglänzend, von
unbestimmter, im Allgemeinen der Oberfläche ähnlicher, an manchen Stellen aber,
namentlich in der Nähe der Spitze, blaßröthlicher Farbe. Die Dicke der Schicht ist
nicht an allen Stellen gleich, beträgt aber nur ungefähr 1/2 Linie, und in der
Höhlung findet sich die todte Brut des Insectes, dessen Stichen die chinesischen
Galläpfel ihre Entstehung verdanken. Beim Oeffnen entwickelt sich ein ziemlich
durchdringender, dem von getrockneten feinen Tabaksblattern nicht unähnlicher
Geruch.
Im Mörser ist die Substanz zerreiblich ohne zusammen zu backen, was jedoch beim
Erwärmen stattfindet. Mit Wasser und Spiritus zum Kochen erhitzt, wird sie
lederartig, weich und die heiße Flüssigkeit riecht lohartig.
Beim Erhitzen findet kein Schmelzen statt, und es bleibt eine schwer verbrennliche
Kohle, zuletzt 2 Procent Asche zurück, welche alkalisch reagirt und mit Säure
aufbraust, Chlor, Phosphorsäure, Kalk, Magnesia, Kali, eine Spur Kieselerde und
Eisen enthält.
Durch die Analyse, deren Einzelheiten später mitgetheilt werden sollen, wurden in 100
Theilen chinesischen Gallus folgende Stoffe in den
beigesetzten Mengenverhältnissen aufgefunden:
69,139
Gerbstoff,
circa
4,000
eines Gemisches von 2 oder 3, in ihren Eigenschaften
vom gewöhnlichen Gerbstoff verschiedenen
Gerbstoffarten,
0,972
eines grünen verseifbaren Fettes,
8,196
Stärkmehl,
4,898
Holzfaserstoff,
12,960
Wasser,
–––––––
100,165.
Wir kennen bis jetzt keine andere Substanz, die einen gleichen Reichthum an Gerbstoff
aufzuweisen hätte, wie der chinesische Gallus, was aus einer Zusammenstellung des
Gehaltes der hauptsächlichsten gerbstoffführenden Handelsartikel am besten
ersichtlich seyn wird.
Es enthalten nämlich in runden Zahlen:
100 Th. von chin. Gallus.
Catechu von Bombay.
Beste Galläpfel
an Gerbstoff 69
54
35–40
Nehmen wir selbst an, daß in der besten Sorte von Galläpfeln der Gerbstoffgehalt bis
zu 50 Proc. steigen könne, so stehen sie dessenungeachtet noch weit hinter dem
chinesischen Gallus zurück. Es stellt sich aber für jene ein noch viel ungünstigeres
Verhältniß heraus, wenn man die in diesem Augenblicke geforderten Preise beider
Stoffe mit einander vergleicht. Der Centner chinesischer Gallus kann durch die HHrn.
Vollsack und Comp. hier in Dresden zu 50 Thlr.
bezogen werden, während dieselben für alleppsche Galläpfel 59 Thlr. verlangen
müssen. Beurtheilen wir aber den Werth beider Stoffe nach ihrem Gehalt an Gerbstoff,
wie es nicht anders möglich ist, und legen nur das Verhältniß von 50 : 69 zu Grunde,
so ergibt sich der des chinesischen Gallus zu 80 Thlr., oder mit anderen Worten, in
3 Ctr. von diesem ist so viel nutzbare Substanz enthalten, als in 4 Centner der
besten Galläpfel.
Es ließ sich voraussehen, daß das Ausziehen des Gerbstoffs aus dem chinesischen
Gallus keinerlei Schwierigkeiten darbieten werde; dessen ungeachtet wurden einige
Versuche in dieser Beziehung angestellt und gefunden, daß ein dreimaliges Auskochen
der zu gröblichem Pulver zerstoßenen Substanz mit dem 8fachen Gewichte an Wasser
dasselbe am vollständigsten bewirkt, indem der Rückstand in diesem Falle nicht
merklich mehr zusammenziehend schmeckte.
Diese wenigen Bemerkungen, denen ich nur noch die hinzufüge, daß der Gerbstoff des
chinesischen Gallus vollkommen identisch mit dem der Galläpfel ist, werden wohl
genügen, um die Bedeutsamkeit desselben für die Färbereien und Gerbereien darzuthun.
(Polytechn. Centralblatt, 1849 Liefer. 22.)
Verschwinden des Moschusgeruchs durch Mutterkorn.
Apotheker Bertot zu Bayeux theilt eine Thatsache mit,
welche vielleicht schon von anderen beobachtet worden ist, ohne daß sie weiter
besprochen wurde. Als der selbe Moschus und Mutterkornpulver zusammen mischte, um
Pillen daraus zu verfertigen, verschwand der Geruch des Moschus auf der Stelle und
so vollkommen, daß der Kranke beim Einnehmen nichts von Moschus merkte. (Pharm.
Centralbl.)
Blutrothe Monaden im Brod.
Zu verschiedenen Zeiten beobachtete man auf dem Brod und andern Nahrungsmitteln
rothe, Blutstropfen sehr ähnliche Pünktchen. Der Aberglaube ließ sie als böse
Zeichen erscheinen, so daß sie oft großen Schrecken verbreiteten; indem man sie auf
Hostien als Hexenwerke der Juden erklärte, veranlaßten sie sogar gräßliche
Verfolgungen derselben. Noch im J. 1819 glaubten die Bewohner von Pegnaro, wo
dieselbe Erscheinung im Hause eines Landmanns sich auf den verschiedenartigsten
vegetabilischen und thierischen Nahrungsmitteln zeigte, daß der Fluch des Himmels
diesen Mann getroffen habe, bis Sette im Namen einer
Commission sie für mikroskopische Pilze erklärte, die er Zoogalactina imetropha nannte und später auch näher beschrieb. Im J. 1848
lenkte dieselbe Erscheinung in Berlin die Aufmerksamkeit Ehrenberg's auf sich, welcher diese rothen Fleckchen nicht für Pilze,
sondern für Monaden (eine Familie der Infusionsthierchen) erkannte, die er Monas prodigiosa benannte. Sie bilden beinahe runde
Körperchen von 1/1800 bis 1/1300 Linien Länge, die einzeln betrachtet durchsichtig
erscheinen. Sie sind mit einem Schnabel versehen, der beinahe halb so lang ist als
ihr ganzer Körper. (Journal de Chimie médic.,
Oct. 1849.) Man vergleiche Bizio's Bemerkungen über
obenerwähnten Pilz im polytechn. Journal Bd. XCII S. 466; dann
über die rothen Brodpilze, Oïdium aurantiacum,
Payen's Untersuchungen Bd. XCI S. 200 und Bd. CX S.
429.
Anwendung des Mergels als Streu für das Vieh.
Ein Versuch, welchen Hr. Higonnet machte, indem er in eine
Abtrittsgrube etwa 30 Schiebkarren voll Mergel werfen ließ, um sie zu desinficiren,
gelang auf das Beste. Die Grube blieb sogar in der größten Sonnenhitze geruchlos,
und zugleich wurde dadurch ein so vortrefflicher Compost gewonnen, daß er in vier
Monaten, nachdem man ihn zweimal umgerührt hatte, für Kohl und Wiese so kräftig
wirkte wie Taubenmist. Dieser Erfolg gab Veranlassung, den Mergel auch in
Viehställen als Streu anzuwenden. Man läßt zu diesem Behufe unter den Füßen des
Rindviehs täglich Mergel ausbreiten, welcher mit etwas Streu bedeckt wird; derselbe
absorbirt mit erstaunlicher Schnelligkeit den Harn, den Koth, die kohlensauren und
ammoniakalischen Dünste, welche den Aufenthalt in Ställen sonst unerträglich machen,
besonders wenn das Vieh mit dem so stickstoffreichen Türkischkorn gefüttert wird.
Sicher beugt dieses Verfahren den beim Rindvieh so häufigen Lungenentzündungen vor.
Auch das Futter in den Scheunen oberhalb der Ställe ist dabei dem Verderben nicht
mehr so ausgesetzt. Der so gewonnene Dünger ist ausgezeichnet gut und (in
mergelreichen Gegenden) äußerst wohlfeil. (Moniteur
industriel 1849, Nr. 1378.)
Einfluß der Zeit, zu der man düngt, auf die Saat.
Sehr oft, sagt Hr. v. Gasparin, wird der Fehler begangen,
daß man die Felder nach dem Einackern des Düngers ansäet. Dieses Verfahren kann sehr
schlechte Folgen haben, wenn die Saat bei so warmer Jahreszeit stattfindet, daß die
Keime schnell zur Entwickelung kommen. Viele wildwachsende Pflanzen (Unkraut)
nämlich, deren Samen sich schon im Boden befinden oder erst durch den Dünger
hineinkommen, bemächtigen sich schnell des vom Dünger fruchtbar gewordenen Erdreichs
und umgeben die gesäete Pflanze, nehmen ihr den Raum und ersticken sie, wenn man
solche nicht durch kostspieliges Ausjäten vernichtet. Vorzüglich wird dieser Fehler
bei dem Säen der Luzerne im Frühjahr begangen, und es ist dieß die vorzügliche
Ursache großer Fröste, die das Erdreich aufweichen. Es ist daher höchst nothwendig,
das Hervorkommen dieses Unkrauts vor dem Düngen abzuwarten, um es durch das Umackern
zu vernichten ehe man säet. Die Getreidearten säet man beim Beginn des Herbstes; die
Gefahr ist hier nicht so groß, weil die Temperatur niedrig und, wenn, auch
hinreichend um die Gräser zum Aufgehen zu bringen, doch nicht hoch genug ist, um die
meisten Unkräuter herauszutreiben. Diese erscheinen erst nach starkem Thauwetter, wo
das Getreide schon des Bodens Meister geworden ist. (Moniteur
industriel, 1849 Nr. 1384.)