Titel: | Ueber die galvanische Löthung; von Dr. L. Elsner. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XXVI., S. 131 |
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XXVI.
Ueber die galvanische Löthung; von Dr. L. Elsner.
Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleißes in Preußen, 1849, S. 125.
Elsner, über die galvanische Löthung.
Unter der Bezeichnung „galvanische
Löthung“ wird bekanntlich die Vereinigung zweier getrennter
Metallstücke, vermittelst eines durch den galvanischen Strom niedergeschlagenen
Metalles, verstanden. Schon seit einiger Zeit ist dieses Verfahren, auf nassem Wege zu löthen, in technischen Zeitschriften
mehrseitig empfohlen worden; andererseits hat man dagegen eingewendet, daß eine
solche Verbindung getrennter Metallstücke mittelst eines galvanisch
niedergeschlagenen Metalls sowohl praktisch als theoretisch nicht stattfinden könne.
Die letztere Ansicht hat vorzugsweise der Uhrmacher Hr. D. Philipp in Berlin geltend zu machen gesucht. Um über diesen für die
Technik wichtigen Gegenstand ins Klare zu kommen, habe ich nachstehende Versuche
angestellt, deren Resultate für die Ausführbarkeit einer
Löthung auf galvanischem Wege sprechen.
Zur Ausführung der Versuche wurde ein Blasenapparat angewendet. Als erregende
Flüssigkeiten dienten einerseits eine concentrirte, mit Schwefelsäure angesäuerte
Lösung von Kupfervitriol, die sich in dem äußeren Gefäße, und verdünnte
Schwefelsäure andererseits, die sich in dem mit Blase verschlossenen inneren Gefäße
befand; in die Schwefelsäure tauchte der Zinkblock, und in die Kupfervitriollösung
eine mit dem Blasenboden parallel gestellte Scheibe von Kupfer; beide Metalle, wie
sich von selbst versteht, durch leitende Drähte verbunden. Auf die als negative
Elektrode dienende Kupferplatte wurde ein Ring von starkem Kupferblech gelegt,
welcher an einer Stelle durchschnitten worden war (die Entfernung der beiden Enden
des durchschnittenen Ringes mochte etwa 1/4 bis 1/6 Linie betragen). Nach Verlauf
von einigen Tagen, während welcher Zeit die erregenden Flüssigkeiten mehreremale
erneuert worden waren, fand sich die durchschnittene Stelle des Ringes mit
regulinisch gefälltem Kupfer völlig ausgefüllt. Hr. Kupferstecher Knoblauch hatte die Gefälligkeit, einen Theil des Ringes
an derjenigen Stelle abzufeilen, wo früher der Durchschnitt stattgefunden hatte;
allein auch hierbei zeigte sich, mittelst der Loupe, die völlig gleichartige
Ausfüllung der früheren Durchschnittsstelle mit cohärentem festem Kupfer. Ein anderer Kupferring wurde in zwei Theile
zerschnitten und die hierdurch erhaltenen zwei Halbringe, mit ihren Schnittflächen
an einander gelegt, derselben galvanischen Einwirkung unterworfen; nach einigen
Tagen waren die beiden Halbringe an ihren Berührungsstellen völlig fest durch
niedergeschlagenes Kupfer zu einem einzigen Ringe vereinigt. Auch hier zeigte sich,
nach Abfeilen eines Stückes des Ringes an einer der früheren Berührungsstellen,
dieser Raum durch galvanisch niedergeschlagenes Kupfer völlig gleichartig und fest
vereinigt. Bei Betrachtung dieser Stelle mittelst der Loupe wurde die völlig
gleichartige Zusammenwachsung der früher getrennten Ringtheile durchweg erkannt.
Ein dritter Versuch wurde auf folgende Weise angestellt: es wurden zwei Ringe von
starkem Kupferblech mit ihren frischen Schnittflächen direct
über einander gestellt, so daß die beiden Ringe, auf einander liegend,
einen aus beiden Ringen bestehenden Cylinder bildeten; außerhalb waren die Ringe mit
einem Streifen Zinnfolie umgeben und diese mit einer Lösung von Wachs in
Terpenthinöl überstrichen worden, so daß die beiden Ringe gleichsam mit einer
leitenden Form umgeben waren. So vorgerichtet wurden die Ringe auf die Kupferplatte
des Blasenapparates gelegt und in die Kupfervitriollösung eingesenkt. Nach einigen
Tagen war die innere Seite der Ringe mit einem Kupferniederschlage bedeckt und die
Berührungsstelle zwischen den beiden Ringen mit galvanisch gefälltem Kupfer ausgefüllt.
Die Ringe wurden nicht weiter der galvanischen Erregung ausgesetzt, als eine noch
gar nicht starke Kupferschicht auf die innern Wandungen derselben sich
niedergeschlagen hatte; dessenungeachtet waren die beiden Ringe schon zu einem
völlig festen Cylinder vereinigt. Es versteht sich von selbst, daß die äußere
Umhüllung des leitenden Stanniolstreifens vor der Prüfung auf die Festigkeit des
galvanischen Niederschlages entfernt worden war. Noch ist anzuführen, daß die Ringe
nach einiger Zeit der Berührung (während der galvanischen Erregung) mit der
Kupferplatte, auf der sie lagen, durch das sich niederschlagende metallische Kupfer
so fest verwachsen sich zeigten, daß stets einige Kraftanwendung dazu gehörte, um
sie von der Unterlage abzulösen.
Aus der Mittheilung der bei obigen Versuchen gewonnenen Resultate ergibt sich demnach
unbezweifelt: daß eine feste Verbindung getrennter Metallstücke durch galvanisch
niedergeschlagenes Kupfer praktisch herzustellen, d.h. daß die galvanische Löthung
in der That ausführbar ist. Hieraus folgt aber, daß die feste Verbindung einzelner
metallischer Formstücke zu einer ganzen Figur durch
galvanisch-niedergeschlagenes Metall (im gewöhnlichen Falle Kupfer)
ausführbar seyn muß. Würde man mit eben so concentrirten Lösungen von Gold-
und Silbersalzen arbeiten, als dieß bei Anwendung von Kupfersalzen der Fall ist, so
ist Grund vorhanden anzunehmen, daß auch eine solche galvanische Löthung durch die
letztgenannten Metalle stattfinden wird. Hr. v. Hackewitz
theilte mir mündlich mit, daß er bei seinen Arbeiten im großen Maaßstabe,Man vergl. die Beschreibung desselben im polytechn. Journal Bd. CVIII S. 350. auch bei galvanischen Silberniederschlägen die Beobachtung gemacht habe, daß
auch in diesen eine galvanische Zusammenwachsung
einzelner getrennter Theile stattfinde.
Bei der Ausführung der oben mitgetheilten Versuche kam es mitunter vor, daß bei
verhältnißmäßig zu starker galvanischer Erregung, also bei einem zu kräftigen
Strome, die kupfernen negativen Elektroden, also die Kupferplatte und die auf
derselben liegenden Ringe von Kupfer, sich mit einem dunkelbraunen Ueberzuge
bedeckten (wie dieß bekanntlich unter ähnlichen Umständen auch bei der galvanischen
Vergoldung stattfindet). Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, diesen braunen
Ueberzug zu entfernen, fand sich endlich, daß sich derselbe dadurch leicht und
vollständig entfernen ließ, wenn die mit dem braunen Ueberzuge bedeckten Gegenstände
einige Secunden lang in eine Mischung von Schwefelsäure und Salpetersäure eingetaucht werden.
Hierbei tritt die schöne rothe Farbe des galvanisch gefällten Kupfers sofort wieder
hervor, und auf die mit Wasser gut abgespülten Gegenstände schlägt sich nun aufs
neue Kupfer nieder, wenn sie der Einwirkung der galvanischen Erregung wieder
unterworfen werden.
Die Nothwendigkeit der praktischen Ausführbarkeit der galvanischen Löthung läßt sich
auch mit wenigen Worten aus theoretischen Gründen herleiten. Die Gegenstände
befinden sich nämlich in einem elektronegativen Erregungszustande, während das Zink
positiv erregend wirkt, folglich sind sie auch an den entgegengesetzten
durchschnittenen Stellen negativ, d.h. gleichnamig elektrisch erregt; es werden sich
daher während der elektrolytischen Zersetzung des aufgelösten Metallsalzes (im
obigen Falle Kupfervitriols) die sich ausscheidenden elektropositiven
Kupfertheilchen an beide einander gegenüberstehende
Schnittflächen gleichzeitig anlegen. Auf den Gegenstand einmal erst
niedergeschlagen, bilden sie mit demselben ein gleichartiges Ganze, und sie wirken
jetzt nun selbst gegen das noch in Auflösung befindliche Kupfer negativ erregend,
und auf sie wird sich aufs neue Kupfer regulinisch niederschlagen. Dieser Proceß
wird und muß so lange fortdauern, bis der Raum zwischen den beiden getrennten
Metallstücken mit galvanisch gefälltem Kupfer ausgefüllt seyn wird, was auch die
Erfahrung bestätigt; denn durch das von beiden getrennten Metallflächen gleichsam
entgegenwachsende Kupfer wird der früher die Schnittflächen trennende Zwischenraum
immer kleiner und kleiner, und wenn sich die entgegenwachsenden Metalltheilchen
endlich berühren, so ist auch hierdurch der frühere Zwischenraum mit Kupfer völlig
erfüllt.
Was nun die Festigkeit (den Grad der Cohäsion) der galvanischen Löthung betrifft, so
ist sie dieselbe wie die des galvanisch gefällten Kupfers, oder allgemein, sie muß
die des galvanisch gefällten Metalls seyn; daß auch hierbei auf die Cohäsion des
gefällten Metalls eine z.B. verhältnißmäßig zu kräftige galvanische Erregung von
Einfluß seyn muß und wirklich ist, versteht sich von selbst, und es werden hierbei
ganz dieselben Erscheinungen stattfinden, wie sie längst bei Ausführung
galvanoplastischer Arbeiten sich herausgestellt haben.
In den oben mitgetheilten Versuchen ist zur Ausführung der galvanischen Löthung der
einfache Blasen- (Diaphragmen-) Apparat angewendet worden, obschon, so
viel ich weiß, bisher zu Versuchen über galvanische Löthung irgend ein constantes
Element in Anwendung gebracht worden ist; da nun aber auch bei Anwendung des
einfachen Blasenapparates ganz dieselben Resultate erhalten worden sind, als bei Anwendung von
hydroelektrischen constanten Elementen, so ist dieser Erfolg eine Bestätigung mehr
für die praktische Ausführbarkeit der galvanischen Löthung.