Titel: Analytische Untersuchung der in der Porzellanmalerei gebräuchlichen rothen Farben; von Salvétat, Chemiker an der Porzellanfabrik zu Sèvres.
Fundstelle: Band 115, Jahrgang 1850, Nr. LXXV., S. 367
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LXXV. Analytische Untersuchung der in der Porzellanmalerei gebräuchlichen rothen Farben; von Salvétat, Chemiker an der Porzellanfabrik zu Sèvres. Aus den Annales de Chimie et de Physique, Novbr. 1849, S. 333. Salvétat, über die in der Porzellanmalerei gebräuchlichen rothen Farben. Die rothen Farben sind für die Porzellanmalerei von großer Wichtigkeit; mittelst ihrer bringen die Figurenmaler die Fleischfarbe hervor; durch die rothen Farben mit Beihülfe der aus Gold bereiteten, werden von den Blumenmalern die rothen und rosenrothen Blumen dargestellt; selbst die Landschaftmaler bedienen sich derselben häufig. Man bereitet sie mit Eisenoxyd, welches je nach dem gewünschten Ton verschiedenen Temperaturen ausgesetzt wurde. Bekanntlich wechselt die Farbe des Eisenoxyds von Orangeroth bis zum dunklen Violettroth je nach der Temperatur auf welche es erhitzt wurde. Man vermengt das Oxyd vom verlangten Ton mit seinem dreifachen Gewicht Fluß für Grau, welcher aus 1 (calcinirtem) Borax, 2 Sand und 6 Mennige besteht, und reibt sie zusammen, ohne zu schmelzen. Ungeachtet dieser einfachen Verhältnisse und der leichten Bereitung des Eisenoxyds in reinem Zustande, werden die rothen Porzellanfarben unter diejenigen gerechnet, welche sehr schwer mit allen zu wünschenden Eigenschaften darzustellen sind. Die ersten schönen rothen Farben wurden von Dihl dargestellt, welcher sie aus einem Oxyd bereitete, das er, wie man sagt, aus Preußen kommen ließ; der Chemiker Bourgeois zu Paris bereitete solche ebenfalls sehr schön; den größten Ruf erwarben sich aber die von Hrn. Pannetier für Madame Jaquotot bereiteten rothen Farben, welche in den Meisterwerken dieser Künstlerin in ihrem vollen Glanze zu sehen sind. Die ausgezeichnetsten Maler erkennen einstimmig die Lebhaftigkeit, die Durchsichtigkeit und den Schmelz dieser Farben an, welche die rothen Farben anderer Chemiker nicht besitzen. Die Reihe der rothen Farben des Hrn. Pannetier besteht aus eilf Nüancen, welche sich von Orange bis zum Grau in folgender Ordnung abstufen: Benennung zu Sèvres. Orange Nr. 55 Orangeroth. Roth Nr. 1 56 Kapuzinerkreßroth. Roth Nr. 2 58 Blutroth. Roth Nr. 3 62 Fleischroth. Roth Nr. 4 63 Karminroth. Roth Nr. 5 64 Lackroth. Eisenviolett Nr. 6 66 Blaßviolettroth. Eisenviolett Nr. 7 66 A Violettroth. Eisenviolett Nr. 8 66 B Dunkelviolettroth. Eisenviolett Nr. 9 66 C sehr dunkles Violettroth. Eisengrau Nr. 10 66 D Eisengrau. Diese Nüancen, von der ersten bis zur letzten, bilden eine Reihe von Typen, welchen man sich wohl hie und da anzunähern vermochte, von denen man aber oft, besonders bei Bereitung der äußersten Glieder, sehr entfernt blieb; in der That hat man bis auf den heutigen Tag noch nichts dargestellt, was sich dem fraglichen Orangeroth oder Eisengrau näherte. Ich hielt es von Interesse zu wissen, ob das Eisenoxyd allein diese mit dem Orangeroth Nr. 55 beginnende und mit dem Eisengrau Nr. 66 D endende Farben-Abstufung hervorzubringen vermag, und falls diese Nüancen nur durch Gemische erzielt werden könnten, welcher Art dieselben sind und wie man sie zusammensetzen müsse. Auch schien es mir von Nutzen zu ermitteln, ob Hr. Pannetier ganz denselben Fluß anwandte wie die anderen Chemiker; endlich war ich begierig zu erfahren, ob das Verhältniß zwischen dem Fluß und dem färbenden Stoff dasselbe ist wie es in den Lehrbüchern der technischen Chemie angegeben wird. Aus diesen Gründen unternahm ich die Analyse der Pannetier'schen rothen Farben und die erhaltenen Resultate setzten mich in Stand, die rothen Palettefarben von Sèvres bedeutend zu verbessern. I. – Orangeroth (Pannetier). – Nr. 55 Orangeroth (Sèvres). Orange. – Erster Farbenkreis (chromatische Sphäre) von Chevreul. Diese Farbe entspricht in ihrer Nüance dem Orange des ersten Chevreul'schen Farbenkreises. Meines Wissens hat bisher kein Chemiker außer Hrn. Pannetier mittelst Eisen eine dem normalen Orange so nahekommende Nüance dargestellt; alle Versuche, welche ich selbst früher mit reinem Eisenoxyd anstellte, gaben mir stets eine zu rothe Farbe, welche mit dem darauffolgenden Kapuzinerkreßroth übereinstimmte. Durch die Analyse überzeugte ich mich, daß in Pannetier's Orange Zinkoxyd enthalten ist, wodurch sich der schwach ockerige Ton dieses Roth vollkommen erklärt. Mit dem Orange des ersten Chevreul'schen Farbenkreises verglichen, ist Pannetier's Orangeroth in der That durch Spuren von Braun gebrochen. Durch Behandlung der Farbe mit Flußsäure entdeckte ich darin Kieselerde, Borsäure, Natron und Bleioxyd, welche den Fluß ausmachen; ferner Eisenoxyd und Zinkoxyd mit Spuren von Thonerde, die den Farbstoff bilden. Die quantitative Analyse ergab folgende Bestandtheile: Kieselerde 17,48 Bleioxyd 51,54 Borax 13,08 Eisenoxyd 14,10 Zinkoxyd 3,80 Thonerde Spuren –––––– 100,00 Mittelst einer nach diesen Daten bereiteten Verbindung von Zink- und Eisenoxyd konnte ich ohne Anstand das Pannetier'sche Orange mit dem gelben Ton erzeugen, welchen mit reinem Eisenoxyd hervorzubringen mir nie gelang. Man vermischt zu diesem Behufe die kalt bereiteten Auflösungen von 10 Theilen metallischen Eisens und 5 Theilen destillirten Zinks in Salzsäure, präcipitirt die Mischung mit kohlensaurem Natron, wascht den grünlichen Niederschlag aus und trocknet ihn nicht eher, als bis er in Berührung mit der Luft und dem Waschwasser in vollkommenes Oxyd übergegangen ist. Man läßt ihn dann trocknen und setzt das Oxyd der dunkeln Rothglühhitze aus; endlich vermengt man 1 Thl. dieses zinkhaltigen Oxyds mit 1 Theil des vierten orangerothen Oxyds. Dieses zusammengesetzte Oxyd wird mit dem Fluß, welcher aus 1 Sand, 3/4 geschmolzenem Borax und 3 Mennige besteht, im Verhältniß von 475 Theilen Fluß auf 100 Theile Oxyd vermengt. Erst weiter unten werden wir uns mit der Vergleichung dieses Flusses mit dem Fluß für Grau beschäftigen, und bemerken nur noch, daß der größere Flußzusatz hier den Zweck hat, die Entwickelung der dem kieselsauren Blei und Eisen eigenthümlichen gelben Nüance zu begünstigen. II. Roth Nr. 1 (Pannetier). – Nr. 56. Kapuzinerkreßroth (Sèvres). Viertes Orangeroth. – Erster Farbenkreis (Chevreul). Dieses Roth, welches für das Auge weniger Gelb enthält als das vorige und sich folglich mehr dem reinen Roth nähert, entspricht dem vierten Orangeroth des ersten Chevreul'schen Farbenkreises, mit welchem Namen ich es zu bezeichnen vorschlage. Man erhält es leicht mit reinem Eisenoxyd. Es ist dieß das am meisten in Orange stechende Roth, welches bis jetzt mittelst reinen wasserfreien Eisenoxyds erhalten werden konnte; ich sage wasserfreiem und reinem, denn das Eisenoxydhydrat, in welchem das Wasser durch Zinkoxyd, wahrscheinlich auch durch andere Oxyde ersetzt werden kann, ohne daß seine Farbe dadurch, selbst bei starker Rothglühhitze verändert wird, bildet eine mehr gelbe Nüance, die unter dem Namen Ocker oder Gelbbraun bekannt ist. Die Analyse ergab in diesem Roth dieselben Bestandtheile wie im obigen, mit Ausnahme des Zinkoxyds, welches ganz fehlt; auch Spuren von Thonerde wurden gefunden. Es besteht aus: Kieselerde 16,60 Bleioxyd 50,39 Borax 12,51 Eisenoxyd 20,50 Thonerde Spuren –––––– 100,00 Das Eisenoxyd von der angegebenen Nüance bereitet man durch Calciniren des schwefelsauren Eisenoxyduls (Eisenvitriols) bei möglichst niedriger Temperatur; es muß jedoch erwähnte Nüance auch bei einer Temperatur von 800° C. noch behalten. Es schadet nicht, wenn man diesen Hitzgrad nicht erreicht; es ist sogar besser, darunter zu bleiben. Man wäscht das Oxyd mit warmem Wasser aus und trocknet es. III. Roth Nr. 2 (Pannetier). – Nr. 58. Blutroth (Sèvres). Drittes Orangeroth. – Erster Farbenkreis (Chevreul). Das Blutroth ist entschiedener roth und enthält für das Auge noch weniger Gelb als das Kapuzinerkreßroth; es entspricht dem dritten Orangeroth des ersten Farbenkreises Chevreul's. Mit dieser Farbe konnte ich die Normalfarbe dieses ersten Kreises darstellen; ich benenne sie daher drittes Orangeroth. Man erhält sie mit dem reinen Eisenoxyd, welches durch Calciniren des Eisenvitriols bei etwas intensiverer Hitze als bei Bereitung des vierten orangerothen Oxyds dargestellt wurde. Ich konnte in dieser Farbe kein anderes Oxyd als im Roth Nr. 1 entdecken. Die quantitative Analyse ergab als Bestandtheile: Kieselerde 16,90 Bleioxyd 49,51 Borax 13,39 Eisenoxyd 19,70 Thonerde 0,50 –––––– 100,00 IV. Roth Nr. 3 (Pannetier). – Nr. 62. Fleischroth (Sèvres). Zweites Orangeroth. – Erster Farbenkreis (Chevreul). Die Benennung Fleischroth bezeichnet den Ton dieser Farbe hinlänglich; sie ist röther als die vorige und entspricht dem zweiten Orangeroth des ersten Chevreul'schen Farbenkreises; ich benenne sie daher zweites Orangeroth. Es verdient erwähnt zu werden, daß diese Farbe das reinste Roth ist, welches man für Porzellan zuwegegebracht hat; umsomehr gereicht es den Künstlern zum Lobe, daß sie durch geschickte Zusammensetzungen und glückliche Gegensätze nicht nur ohne diese Farbe zurecht kamen, sondern noch glauben machten, sie besäßen dieselbe. Wir müssen gestehen, daß es für die Palette des Porzellanmalers an rothen Farben fehlt und daß alle Töne, welche dem 1sten Orangeroth, Orangeroth, 5ten, 4ten, 3ten, 2ten, 1sten Roth, Roth, 5ten, 4ten, 3ten Rothviolett entsprechen, bis jetzt nicht in verglasbaren Farben dargestellt werden konnten; es ist dieß eine zur Zeit schwer auszufüllende Lücke; aber es ist die einzige; von den 72 Farben, welche der Kreis enthält, ist es mir gelungen die 60 übrigen durch sehr einfache Mittel darzustellen, welche ich demnächst mittheilen werde, um die Anwendung der Farbentafel, welche für die Künste und Wissenschaften so nützlich zu werden verspricht, mehr zu verbreiten. In dem Roth Nr. 3 von Pannetier fand ich: Kieselerde 16,60 Bleioxyd 49,18 Borax 14,22 Eisenoxyd 20,00 Thonerde Spuren –––––– 100,00 V. Roth Nr. 4 (Pannetier). – Nr. 63. Karminroth (Sèvres).Ein Gemenge von ungefähr gleichen Theilen Roth Nr. 2, 3 und 4 wurde mit Flußsäure behandelt; ich fand:Bleioxyd50,06Borax12,12Eisenoxyd20,50 Die in Sèvres für dieses und die folgenden Roth gewählte Benennung bezeichnet die Verschiedenheiten ihrer Nüancen hinreichend. Die Zusammensetzung dieser Farbe ist folgende: Kieselerde 16,30 Bleioxyd 50,02 Borax 13,68 Eisenoxyd 20,00 Thonerde Spuren –––––– 100,00 VI. Roth Nr. 5 (Pannetier). – Nr. 64. Lackartiges Roth (Sèvres). Kieselerde 16,80 Bleioxyd 49,44 Borax 15,96 Eisenoxyd 18,20 Thonerde Spuren –––––– 100,00 VII. Eisenviolett (Pannetier). – Nr. 66. Blasses Violettroth (Sèvres). Kieselerde 16,85 Bleioxyd 50,66 Borax 12,66 Eisenoxyd 19,83 Thonerde Spuren –––––– 100,00 VIII. Eisenviolett Nr. 7 (Pannetier). – Nr. 66 A. Violettroth (Sèvres). Kieselerde 16,39 Bleioxyd 50,52 Borax 12,01 Eisenoxyd 21,08 Thonerde Spuren –––––– 100,00 Alle diese Oxyde bereitet man auf die Art, daß man die durch Calciniren des Eisenvitriols erhaltenen Oxyde einer immer intensiveren Hitze unterwirft. IX. Eisenviolett Nr. 8 (Pannetier). – Nr. 66 B. Dunkles Violettroth (Sèvres). Das reine Eisenoxyd vermag, im stärksten Feuer geglüht, keinen dunklern Ton mehr anzunehmen als das Violett Nr. 7 ist, welches sonach als Gränze der Intensität zu betrachten ist, die mit dem Eisenoxyd ohne Beihülfe eines andern Oxyds erreicht werden kann. Alle meine Versuche, ein dunkleres Violett zu erhalten, führten zu keinem Resultat. Ich mußte daher untersuchen, ob das Violett Nr. 8 frei ist von andern Oxyden. Ich erkannte darin leicht Manganoxyd, welches ich nicht von dem Eisenoxyd zu trennen suchte; es genügte zu wissen, daß solches vorhanden ist. Ich fand als Zusammensetzung der Farbe: Kieselerde 16 56 Bleioxyd 50,09 Borax 15,36 Eisen- und Manganoxyd 17,99 Thonerde Spuren –––––– 100,00 X. Eisenviolett Nr. 9 (Pannetier). – Nr. 66 C. Sehr dunkles Violettroth (Sèvres). Diese Farbe ist von einem so dunkeln Ton, daß er für das Auge nur mehr eine schwache Nüance von Blau darbietet. Sie enthält ebenfalls mit dem Eisenoxyd innig verbundenes Manganoxyd, und zwar in größerer Menge als das vorhergehende Violett, was dieser Farbe ihre eigenthümliche Kraft ertheilt. Die Analyse, wobei das Eisen- und Manganoxyd mittelst bernsteinsauren Ammoniaks getrennt wurden, ergab: Kieselerde 16,40 Bleioxyd 50,60 Borax 12,14 Eisenoxyd 18,71 Manganoxyd 12,15 Thonerde Spuren –––––– 100,00 XI. Eisengrau Nr. 10 (Pannetier). – Nr. 66 D. Eisengrau (Sèvres). Diese Farbe ist sehr beliebt und da ihr Ton beinahe schwarz und ziemlich intensiv ist, so leistet sie den Figurenmalern sehr gute Dienste um die Fleischtöne zu brechen, ohne befürchten zu müssen, daß solche durch das Brennen schwärzer werden als man beabsichtigte. Sie enthält kein Kobaltoxyd, aber ziemlich viel Manganoxyd. Die Analyse ergab: Kieselerde 17,09 Bleioxyd 47,30 Borax 17,01 Eisenoxyd und Manganoxyd 18,60 Thonerde Spuren –––––– 100,00 Die Oxyde zu den mit Nr. 66 B, 66 C und 66 D bezeichneten Farben werden auf dieselbe Weise bereitet, wie die vorhergehenden Roth. Die Einverleibung des Mangans ist eine Operation, welche sehr große Umsicht erfordert. Ich werde den geeignetsten Zustand des Manganoxyds zu diesem Zweck später in einer besondern Abhandlung erörtern. Aus vorstehenden Analysen ersieht man, daß die Eisenfarben des Hrn. Pannetier alle fast dieselben Bestandtheile haben, welche in denselben Verhältnissen verbunden sind, besonders wenn man bei jeder Farbe die Thonerde, das Eisenoxyd, Zink- und Manganoxyd zusammenrechnet. Man sieht sogleich, daß der Fluß derselbe bleibt; nur der Ton des Farbstoffs wechselt, und ich habe gezeigt, daß diese Verschiedenheit entweder von der Intensität der Hitze abhängt, welcher das Oxyd ausgesetzt wurde, oder von der Natur der Bestandtheile, oder endlich von den Verhältnissen, in welchen eben diese Bestandtheile mit einander verbunden sind. Das Mittel aller Analysen gibt folgende Zahlen: Verhältnisse. Verhältnisse. KieselerdeBleioxydBorax 133/4   16,72  49,93  13,82   80,47 4 Fluß Oxyde (Eisenoxyd, Manganoxyd,    Thonerde, Zinkoxyd)   19,53   19,53 1 Oxyd –––––– ––––– –––––––––– 100,00 100,00 5 Die Berechnung würde nach diesen Verhältnissen ergeben: Verhältnisse. Verhältnisse. KieselerdeBleioxydBorax 133/4   16,85  50,55  12,60   80 4 Fluß Oxyde (Eisenoxyd, Manganoxyd,    Thonerde, Zinkoxyd)   20,00   20 1 Oxyd –––––– –––– ––––––––––– 100,00 100 5 Diese Zahlen stimmen so viel als möglich überein. Nur bei dem Borax ergeben die Versuche einen kleinen Ueberschuß. Bei zwei directen Bestimmungen des Borax fand ich 12,51 und 12,12, welche Zahlen sich der theoretischen weit mehr nähern, die als die richtigere zu betrachten ist. Da wir nun hinsichtlich der Zusammensetzung der fraglichen rothen Farben im Reinen sind, so können wir sie mit jenen anderer Chemiker vergleichen. Letztere haben folgende Zusammensetzung. Verhältnisse. Verhältnisse. KieselerdeBleioxydBorax 131/2   16,67  50,00    8,33   75 3 Eisenoxyd   25,00   25 1 –––––– ––– –––––––––– 100,00 100 4 Vergleicht man diese Zahlen mit den vorhergehenden, so sieht man, daß das Verhältniß des Bleioxyds und des Sands constant bleibt, und eine gewisse Menge des Oxyds in den ersteren durch ein gleiches Gewicht Borax ersetzt ist. Der Einfluß dieser Stellvertretung auf die Schmelzbarkeit der Farbe ist einleuchtend. Der Unterschied zwischen beiden Farbenreihen läßt sich noch deutlicher zeigen. In den Pannetier'schen Farben besteht nämlich der Fluß aus 1 Sand, 3/4 Borax und 3 Mennige, einer schmelzbarern Verbindung als die nur 1/2 Borax enthaltende. Ferner enthalten sie auf 1 färbendes Oxyd 4 Fluß, während die andern Farben auf 1 färbendes Oxyd nur 3 Fluß enthalten; es ist daher einleuchtend, daß jene leichter schmelzen. Ich gehe nun auf den Glanz und die Lebhaftigkeit der Pannetier'schen Farben über. Ich sagte, daß die Verschiedenheit der Nüance, welche das Eisenoxyd erhält (es ist hier nur von reinem Eisenoxyd die Rede), von der Temperatur abhängt, auf welche es erhitzt wurde, und bemerkte, daß je höher die Temperatur, desto kräftiger der Ton ist. Ich erinnere noch daran, daß alle Farben, welche das Oxyd annimmt, vom Orange bis zum Violett wechseln, d.h. daß sie sich in Gelb, Roth und Blau zersetzen können – einfache Farben, welche ein mehr oder weniger dunkles Grau geben, je nach dem Intensitätsgrad der drei Grundfarben. Je niederer die Temperatur ist, desto mehr Gelb bleibt zurück, je höher sie ist, desto mehr Blau tritt hinzu. Daraus geht hervor, daß die Farbe um so reiner seyn wird, je mehr das Oxyd, welches sie erzeugt, aus Theilchen besteht, welche bei gleicher Temperatur modificirt worden, daher identisch sind. Die Nüance wird mithin eine vollkommen reine seyn, wenn alle Molecule die zu ihrer Entwickelung nothwendige Hitze erlitten, keines entweder eine zu schwache, wobei zu viel Gelb zurückblieb, oder eine zu heftige, wodurch das Blau vorwaltend wurde. Der Kunstgriff besteht also darin, daß man die Farbe nur aus Oxydtheilchen zusammensetzt, welche derselben Temperatur ausgesetzt wurden. Diesen Zweck erreicht man leicht dadurch, daß man nur kleine Mengen auf einmal in Arbeit nimmt und die Masse beständig umrührt. Man hält mit dem Feuer inne, wenn die Temperatur lange genug gleich erhalten wurde; prüft alle nach einander erhaltenen Präparate und vermengt nur diejenigen, welche hinsichtlich der Nüance ganz gleich sind; hiezu ist ein geübtes und sehr empfindliches Auge erforderlich und ernstliche Kunststudien müssen hiebei das chemische Wissen nothwendig ergänzen. Nur auf diesem Wege konnte Pannetier es so weit bringen. Ich untersuchte aufmerksam die Rolle der Thonerde, welche einige Chemiker für vortheilhaft, ja für unentbehrlich zur leichten Bereitung recht durchsichtiger rother Farben erachten. Ich kam bald zu der Ueberzeugung, daß sie gar keine Rolle dabei spielt. Die Pannetier'schen rothen Farben (mit Ausnahme jedoch des Orange, wovon eine Probe ziemlich viel Thonerde anstatt Zinkoxyd enthielt) enthalten nur Spuren von Thonerde; und Oxyde, bei deren Bereitung ich eine gewisse Menge Thonerde einverleibte, zeigten keinen besondern Vorzug im Vergleich mit rothen Farben aus Oxyden die keine Thonerde enthielten. Um allen Zweifel zu heben, untersuchte ich vier Proben sogenannter Mars-Oxyde von Hrn. Colcomb Bourgeois, der sie sehr gut bereitet. Dieselben enthielten: Nr. 1.Orange. Nr. 2.Roth. Nr. 3.Lackroth. Nr. 4.Violett. Sand     6,80     7,04     2,80     9,00 Eisenoxyd   88,00   85,66   82,70   76,00 Thonerde     5,00     7,04   14,00   14,40 Kalk   –   –   –     0,50 Verlust     0,20     0,26     0,50     0,10 –––––––––––––––––––––––––––––––– 100,00 100,00 100,00 100,00 Ich vermengte dieselben mit vier Theilen des Pannetier'schen Flusses und brannte die so erhaltenen Farben auf Sèvres'schem Porzellan ein. Das Resultat war nicht verschieden von demjenigen mit Oxyden ohne Thonerde; und doch war der Thonerdegehalt bedeutend, besonders in Nr. 3 und 4. – Ich will damit der Thonerde nicht allen Einfluß absprechen, welchen sie in den Marsfarben etwa für die Miniatur- oder die Oelmalerei durch Verdünnung oder Belebung der Farbe haben mag; glaube aber behaupten zu können, daß sie bei der Bereitung der verglasbaren Farben von gar keinem Nutzen ist. Im Wesentlichen glaube ich dargethan zu haben: 1) daß die Pannetier'schen Farben schmelzbarer sind als diejenigen anderer Chemiker, theils weil sie einen schmelzbarern Fluß haben, theils weil sie weniger Farbstoff enthalten; ich habe die Zusammensetzung dieses Flusses und die Verhältnisse angegeben, in welchen er dem Oxyde beizumengen ist; 2) daß das reine Eisenoxyd, je nach dem Grade, in welchem es calcinirt wird, vom vierten Orangeroth bis zum Violettroth variiren kann, ohne aber bis zum Orange herunter kommen oder an Kraft eine gewisse Gränze überschreiten zu können; in diesen beiden Fällen sind Zusähe nothwendig, und zwar von Zinkoxyd oder Thonerde, um Orange zu erhalten, und von Manganoxyd in steigendem Verhältniß für zunehmend dunklere Violett; 3) daß die Thonerde, im Widerspruch mit der herrschenden Meinung, auf die Reinheit und Lebhaftigkeit der Nüance, welche das reine Eisenoxyd unter den angeführten Umständen annimmt, ohne Einfluß ist. Die Farben, welche nicht durch andere verwandelt sind, suchte ich mit bestimmten rationelleren Namen zu bezeichnen, indem ich sie mit den Chevreul'schen Normalfarben verglich; ich glaube, die Bezeichnungen: Orange, viertes, drittes, zweites Orangeroth verdienen den Vorzug vor den vagen Benennungen: Orangeroth, Kapuzinerkreßroth, Blutroth und Fleischroth. Hoffentlich wird die von Chevreul vorgeschlagene gewissermaßen mathematische NomenclaturDie Farbenharmonie, in ihrer Anwendung bei der Malerei, bei der Fabrication von farbigen Waaren jeder Art, bei der Anlegung von Gärten, bei der Decoration von Kirchen, Theatern, Wohngebäuden etc. Ein praktisches Lehrbuch zur Kenntniß der physikalischen Gesetze, nach welchen Farben neben einander gestellt werden müssen, um einen wohlgefälligen Eindruck zu machen. Aus dem Französischen des E. Chevreul. Stuttgart 1840. Verlag von Paul Neff. künftig sowohl in der Wissenschaft als in der Technik die in den Laboratorien und Fabriken jetzt gebräuchlichen willkürlichen Benennungen verdrängen.