Titel: | Beobachtungen über die Kartoffelernte im Jahr 1849 und die Ursachen des Verderbens der Kartoffeln; von Ch. Girou in Buzareingues. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XCVI., S. 460 |
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XCVI.
Beobachtungen über die Kartoffelernte im Jahr
1849 und die Ursachen des Verderbens der Kartoffeln; von Ch. Girou in
Buzareingues.
Aus den Comptes rendus, Decbr. 1849, Nr.
27.
Girou's Beobachtungen über die Kartoffelkrankheit.
Da bei der Kartoffelernte vom J. 1849 im Vergleich mit den Jahren 1845 und 1846 deren
Schlechterwerden noch deutlicher hervortrat, suchte ich die Ursachen zu ergründen.
Sie liegen nicht bloß in den Jahreszeiten, denn die Ernte fiel in aneinander
gränzenden und denselben Temperaturen ausgesetzten Orten nicht gleich aus; auch ist
weder der Boden noch die Qualität der Kartoffel ausschließlich daran Schuld, indem
in meinem Garten, der durchaus gleichen Boden hat, dieselbe Sorte (Marjolin) in
zweierlei Graden verdorben war. Was wirklich die Ursache ist, glaube ich entdeckt zu
haben. Es traf sich daß ich Weizen einsäete, der vor seiner vollen Reife geschnitten
worden war, und daß die davon erhaltene Ernte vielen brandigen enthielt. Nun sind im
J. 1848 die Kartoffeln im allgemeinen nicht zu voller Reife gelangt; sollte dieß
nicht zum Theil die Ursache ihrer schlechten Beschaffenheit im J. 1849 seyn? Dieser
Ursache wäre dann der Einfluß der häufigen Regenfälle nach sehr starker Trockene am
Ende des Sommers und Anfang des Herbstes dieses Jahres wohl hinzuzurechnen.
Frühkartoffeln verderben niemals oder doch selten; deßgleichen die kleinen Sorten,
welche früher und sicherer zur Reife gelangen als die großen. Man bemerkt an
Kartoffeln eines und desselben Stockes unter den kleinem eine geringere Reife als an
den entwickelteren, weil die einen sich später erzeugten als die andern;
dessenungeachtet können unter den an demselben Tage gepflanzten Kartoffeln die
zuerst ausgenommenen reifer seyn als die zuletzt ausgenommenen, wenn nämlich das
Wetter zuerst trocken und warm und gegen das Ende des Sommers oder den Anfang des
Winters kalt und feucht war, wie im J. 1849; allein die erstern sind dann kleiner
und das Stärkmehl herrscht darin vor, während die letztern größer und vorwaltend
schleimig sind – zwei Umstände, die ihr Reifwerden verhindern. Ebenso bleiben
von den Baumfrüchten, die von Würmern oder Insecten angefressenen, klein und reifen
früher als die andern. Eine nicht ganz reife Kartoffel kann doch reif genug seyn, um
nicht zu verderben, und im darauffolgenden Jahr Kartoffeln liefern, welche, wenn der
Jahrgang zur Zeit des Wachsthums regnerisch ist, verderben, wenn die Witterung aber
warm und trocken ist, zur vollkommenen Reife gelangen; sowie auch eine ganz reife
Kartoffel im nächsten Jahr Kartoffeln tragen kann, welche wegen der Kälte und Nässe
des Bodens oder der Witterung nicht zur Reife kommen können.
Alle organischen Wesen reproduciren bei günstigem Boden und Klima vorzugsweise ihre
vorherrschenden Eigenschaften; in geringem Maaße hingegen die ihnen fehlenden; wenn
in einer Kartoffel Starkmehl in hinlänglicher Menge oder in Ueberschuß vorhanden
ist, so ist zu hoffen, daß ihr Erzeugniß von demselben ebenfalls genug enthält; ist
der Schleim vorwaltend, so ist zu befürchten, daß er das Product verdirbt und daß
dieses sich nicht erhalten könne.
Sind die Kartoffeln, wenn schon vor der gewöhnlichen Zeit der Reife ihre Blätter
welken und ihre Stengel austrocknen, noch nicht reif, so kann letzteres auch der Fall
seyn, wenn zur Zeit des Herausnehmens Blätter und Stengel noch grün sind. Im J. 1848
bemerkte ich, daß die Blätter und Stengel der Kartoffeln in meinem Garten weder welk
noch ausgetrocknet waren und die Knollen beim Ausreißen sich an ihren Wurzeln
hielten, und schloß daraus daß sie nicht reif seyen; dieser mangelnden Reife
schreibe ich zum Theil die beinahe völlig schlechte Beschaffenheit meiner
Marjolin-Kartoffeln zu, welche das Jahr vorher bei mir sowohl als bei andern
sich sehr gut gehalten hatten. Die irische Spätkartoffel ist die einzige Sorte, von
der ich immer mehrere verdorbene Knollen erhielt, wahrscheinlich weil sie groß ist
und zu Buzareingues nicht gut zur Reife kommen kann. Auf dem Gute Muret,
Granitboden, konnte die Frühkartoffel im J. 1848 reifen, und es gab im J. 1849 keine
verdorbenen. Im Thale St.-Géniez, wo Wein gebaut wird, konnte die
Kartoffel im J. 1848 reifen, und ich wundere mich nicht, daß die Landwirthe, welche
zum Legen für das Jahr 1849 die Kartoffeln aus den nicht gar zu kleinen auswählten,
dieses Jahr keine verdorbenen erhielten, und daß diejenigen, welche die spätesten
kauften, welche die kleinsten waren, viele verdorbene hatten.
Um durch die Herbstregen eine reichere Ernte zu erhalten, darf man den Vortheil nicht
auf das Spiel setzen, welcher in dem durch die trockene und warme Witterung den
Sommer über erreichten Vorherrschen des Stärkmehls liegt. Man müßte die Reife der
Kartoffeln weniger aus dem Welken der Blätter und der Trockne der Stengel ableiten,
als aus der Gesammtsumme der Wärmegrade, welche ihnen seit dem Legen geworden sind,
wenn man anders die Wirkungen dieser Wärme berechnen könnte; letztere sind aber
nicht in allen Bodenarten und allen Tiefen dieselben; sie werden sogar durch die
Regenfälle und die auf solche folgende Kälte neutralisirt oder verändert. Folglich
muß man die Kartoffeln untersuchen; die reifen sind fest und weder schleimig noch
hart.
Von der Nothwendigkeit die Kartoffeln zu behäufeln.
– Seit einem von mir angestellten Versuche sind meine Zweifel über die
Zweckmäßigkeit des Behäufelns völlig gehoben. Ich bildete nämlich im Frühjahr 1849
zwei ganz gleiche Abtheilungen von Marjolin-Kartoffeln, indem ich allemal je
zwei an Gestalt und Größe ganz gleiche Kartoffeln nahm und so fortfuhr bis beide
Abtheilungen gebildet waren, die dann beim Wägen dasselbe Gewicht zeigten. Ich legte
sie beide in dasselbe Quadrat des Gartens, nachdem ich es in vier gleiche und
gleichgedüngte Beete abgetheilt hatte. Zur Zeit des Behäufelns unterließ ich
dasselbe bei den zwei Beeten der einen Abtheilung, und nahm es bei den zwei Beeten
der andern Abtheilung vor. Von den 468 Kartoffeln, die nicht behäufelt wurden,
erhielt ich 39 Kilogr. und von den 468 behäufelten 51 1/2 Kilogr. Kartoffeln. Dieser
Unterschied von 12 1/2 Kilogr. beweist, daß man das Behäufeln nicht unterlassen
sollte.